soziales_kapital
wissenschaftliches journal österreichischer fachhochschul-studiengänge soziale arbeit
Nr. 3 (2009) / Rubrik "Rezensionen lang" / Standortredaktion Vorarlberg
Printversion: http://www.soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/article/viewFile/129/197.pdf
Soziale Arbeit ist stets salutogenetische Krisenhilfe für Menschen in prekären Lebenslagen. Zu diesem generellen Sujet stellen wir nun zwei Neuerscheinungen vor.
Sebastian Roth: Krisen-Bildung - Aus- und Weiterbildung von KriseninterventionshelferInnen. Verlag Dr. Kovač. Hamburg 2008
448 Seiten / 98,00 EUR
In seiner elaborierten Dissertationsschrift entwirft Sebastian Roth ein Bildungskonzept zur Professionalisierung ehrenamtlicher Krisenhelferinnen und -helfer. In klassischer Vorgehensweise diskutiert und analysiert er zunächst die hierfür notwendigen theoretischen Grundlagen. Dabei fällt bereits auf, dass der Autor einen ganzheitlichen und damit zumindest multi- wenn nicht sogar transdisziplinären Ansatz verfolgt, entnimmt er doch seine Bezüge dem breiten Spektrum von Medizin-, Rechts-, Wirtschafts-, Politik-, Sozial-, Gesellschafts- und Militärwissenschaft bis hin zur Pädagogik und Theologie. Mit seinem biographiehistorischen Aufhänger zu schaffensbegleitenden Krisen berühmter Künstler und einem Verständnis von lebensbegleitenden Krisen als Grundlage und Antrieb lebenslangen Lernens verlässt Roth gewohnte Erklärungspfade. Im Zuge seiner Argumentation bereichert er das traditionelle Verständnis von "Krise als Chance" um eine speziell pädagogische aber auch andragogische Komponente, bei der er nicht mit Kritik an den aktuellen Bedingungen einer aufgenötigten lebensbegleitenden Weiterbildung spart. Lebenslanges Lernen ist für ihn per se Krisenbewältigung, zumal es selbst aus einer Krise (der Bildungskrise) erwachsen sei und die postmoderne Lernkultur Ergebnis vieler Krisen darstelle.
In ihrem empirischen Teil, einer Onlinebefragung von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern deutschsprachiger Kriseninterventionsdienste aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und Südtirol, erkundet die Studie Rahmenbedingungen für eine professionelle Weiterbildung in diesem Sektor. Die Dimensionen der Umfrage richten sich auf das erkenntnisleitende Interesse nach den benötigten Kompetenzen von Kriseninterventionshelfern und die theoretische Begründung für Arbeit im KIT als eine Form lebenslangen Lernens. Die Ergebnisse der Studie legen eine Professionalisierung ehrenamtlicher Krisenhilfe durch Weiterbildung nahe, für deren kompetenzorientiertes Curriculum mit der vorliegenden Arbeit ein Grundstein gelegt werden konnte. Einzig der Preis schreckt ein wenig ab.
Martina Becker, Gerd-Bodo Carlsburg & Helmut Wehr (Hrsg.): Seelische Gesundheit und gelungenes Leben. Peter Lang. Frankfurt/M. 2008
277 Seiten / 29,90 EUR
In den Beiträgen dieses Sammelbands werden Perspektiven der Humanistischen Psychologie und Pädagogik für das Zentralthema entwickelt. Explizit betreiben die Autorinnen und Autoren den Paradigmenwechsel von einem pathogenetischen zu einem salutogenetischen Ansatz, der die positiven, stärkenden Kräfte des Menschen fokussiert. Gelungenes Leben entsteht i.E. durch die Verwirklichung des Strebens nach Freude, was eng mit seelischer und körperlicher Gesundheit verknüpft sei. Dieser Leitsatz kommt in den Schwerpunkten der Einzelbeiträge zum Ausdruck, obwohl ihnen auf der Detailebene kein gemeinsames Konzept zugrunde liegt. Dennoch regen Themen wie zum Beispiel "Therapeutische Gemeinschaft", "Seelische Gesundheit von Jungen", "Sein und Werden in Gemeinschaft", "Lehrergesundheit" oder "Persönlichkeitsentwicklung durch Körpererfahrung" vielseitig an, in ihnen den angestrebten übergreifenden Sinn zu entdecken und auf den eigenen Schaffensbereich - wenn nicht sogar auf das eigene Leben als Ganzes - zu übertragen.
Frederic Fredersdorf / fre@fhv.at