soziales_kapital
wissenschaftliches journal österreichischer fachhochschul-studiengänge soziale arbeit
Nr. 3 (2009) / Rubrik "Rezensionen lang" / Standortredaktion Vorarlberg
Printversion: http://www.soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/article/viewFile/130/191.pdf
Lebensbegleitend zu lernen, d.h. sich nach der Erstausbildung permanent beruflich weiterzubilden und Bildungsaktivitäten strategisch auf die eigene Berufsbiographie auszurichten, gehört auch in sozialen Dienstleistungsbranchen zu den benötigten Kompetenzen, die einen qualitativen Nutzen für Helfer- wie Klientensysteme mit sich bringen. Zwei aktuelle Werke werfen auf diesen breit diskutierten Bereich je eine strukturelle und eine andragogische Perspektive.
Rainer Brödel & Alexander Yendell: Weiterbildungsverhalten und Eigenressourcen - NRW-Studie über Geld, Zeit und Erträge beim lebenslangen Lernen. W. Bertelsmann. Bielefeld 2008
228 Seiten / 29,90 EUR
Am Beispiel des deutschen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen zeigen die Autoren in ihrer Studie auf, inwiefern Weiterbildung zunehmend selbstverantwortlich initiiert wird bzw. werden muss, um beruflichen Anforderungen nachhaltig entsprechen zu können. Brödel und Yendell untersuchen in ihrer repräsentativen Studie das Lern- und Weiterbildungsverhalten der 16- bis 64-jährigen Bevölkerung sowie die zeitlichen und insbesondere die finanziellen Rahmenbedingungen, die damit verknüpft sind. Methodisch bestens abgesichert, zeigen die Ergebnisse, dass drei Viertel der Bevölkerung in ihrem Leben bereits Weiterbildungsveranstaltungen besuchten. Nach wie vor hängt die Weiterbildungsbereitschaft vom Schulabschluss ab: Je höher die Schulbildung, desto stärker das Weiterbildungsengagement. Im Schnitt hat im Jahr 2004 die nordrhein-westfälische Bevölkerung 678 Euro an finanziellen Eigenleistungen für die Weiterbildung aufgebracht und durchschnittlich 211 Stunden für organisiertes Lernen investiert. Diese und weitere Ergebnisse der Studie verweisen darauf, dass der Weg in die Wissensgesellschaft weit fortgeschritten ist. Auch wenn es nicht alle wahrnehmen (wollen), hat der Trend bereits jene Bildungsebenen und Branchen erfasst, die bislang meinten, davon unberührt bleiben zu können.
Claudia Grötzenbach (Hrsg.): Spiele und Methoden für ein Training mit Herz und Verstand - 70 Methoden für ein aktivierendes Training. Gabal. Offenbach 2008
175 Seiten / 29,90 EUR
Die Autorin entstammt der suggestopädischen Lehr-Lern-Tradition, und das merkt man den ausgewählten seminaristischen Aktivitätsformen an, was durchaus in der erklärten Absicht von Claudia Grötzenbach liegt. Inwiefern der hier präsentierte - in Teilen durchaus innovative - Methodenmix aus Entspannungs-, Bewegungs-, Energie-, und Kognitionsspielen nicht nur für die primäre und sekundäre sondern auch für die quartäre Bildung geeignet ist, bleibt auszuprobieren und zu diskutieren. Dafür sprechen sicher die bio-psycho-soziale menschliche Veranlagung und das menschliche Lernverhalten, das sich gerade durch "rechtshirnige" und ganzheitliche Wahrnehmungsformen abwechslungsreicher, ansprechender und motivierender gestalten lässt. Dagegen sprechen wahrscheinlich die relativ engen Rahmenvorgaben, die heterogenen Zielgruppen und die inhaltlichen Anforderungen in der beruflichen Erwachsenenbildung/Weiterbildung. Unbeachtet einer derartigen Pro-Kontra-Diskussion ist das Buch sowohl Trainerinnen und Trainern zu empfehlen, welche mit den Übungen traditionelle Seminarformen auflockern können als auch Teilnehmenden der Weiterbildung, um eine Vorstellung von innovativen Vermittlungsformen zu entwickeln bzw. davon, wie der Kurs, in dem ich gerade sitze, auch alternativ gestaltet werden könnte.
Frederic Fredersdorf / fre@fhv.at