soziales_kapital
wissenschaftliches journal österreichischer fachhochschul-studiengänge soziale arbeit
Nr. 5 (2010) / Rubrik "Junge Wissenschaft" / Standortredaktion Graz
Printversion: http://www.soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/article/viewFile/182/271.pdf


Larissa Schuhmeyer & Nicole Walzl:

Soziale Arbeit im Spiegel der Ökonomisierung.


Herausforderungen und Entwicklungspotenziale in der Jugendwohlfahrt.

Dieser Beitrag bezieht sich auf die Dissertation "Soziale Arbeit im Spiegel der Ökonomisierung. Neue Steuerung, Finanzierung und Qualität Sozialer Arbeit vor dem Hintergrund aktueller politischer und gesellschaftlicher Herausforderungen. Zwei institutionelle Fallstudien aus der Jugendwohlfahrt", die von Frau Mag. (FH) Dr. Larissa Schuhmeyer (FH-Studiengang „Sozialarbeit") und von Frau Mag. Dr. Nicole Walzl (Diplomstudium „Pädagogik") in den Jahren 2006-2009 am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft der Karl-Franzens-Universität Graz (Erstbegutachter: Univ.-Prof. Dr. Josef Scheipl; Zweitbegutachter: Ao. Univ.-Prof. Dr. Arno Heimgartner) verfasst wurde. Nicht zuletzt soll diese Teamarbeit ein best practice - Beispiel für die an Bedeutung gewinnende Verschränkung von Sozialpädagogik und Sozialarbeit als Soziale Arbeit verkörpern.

1. Hintergrund
Die in den letzten Jahren zu beobachtende Dynamik der globalen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungsprozesse ist von folgenden Hauptfaktoren bestimmt:

Diese Aspekte, die zunehmende Bedeutung wirtschaftlicher Kriterien in allen Lebensbereichen, die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, Sozialstaatsreformen unter den Bedingungen der Europäisierung und das Spannungsfeld zwischen Individualität und gesellschaftlichem Zusammenhalt beeinflussen auch Soziale Arbeit. Dienstleistungen, die im Auftrag der öffentlichen Hand oder von dieser subventioniert vormals in einem geschützten Raum erbracht wurden, müssen sich nun im Wettbewerb behaupten. In den Nationalstaaten ändert sich der Zugang zur Sozialpolitik insofern, dass diese vermehrt als Kostenfaktor gesehen und anderen Politikbereichen untergeordnet wird, was zu Einsparungen in diesem Bereich führt.

Die Steuerung und Finanzierung Sozialer Arbeit werden unter dem Reformmodell des New Public Management (NPM) neu organisiert und lösen innerhalb und außerhalb sozialer Organisationen eine Effizienz- und Qualitätsdiskussion aus. Die Anforderungen an die Individuen und an lokale Gemeinschaften verändern sich durch den Wettbewerbsdruck. Es treten neue gesellschaftliche Exklusionsmechanismen auf, wodurch Soziale Arbeit mit neuen Aufgaben und Problemstellungen konfrontiert wird.

Für die empirische Herangehensweise wurde der Bereich der Jugendwohlfahrt ausgewählt, da dieses Feld in besonderem Maße aktuellen sozialpolitischen Wandlungsprozessen unterliegt und von den oben angesprochenen Ökonomisierungstendenzen betroffen ist.

Das Zusammenwirken dieser Faktoren und ihr Einfluss auf Anbieter sozialer Dienstleistungen stehen im Zentrum dieser Arbeit und werden anhand der folgenden Perspektiven untersucht:

2. Zentrale Themen des Forschungsprojekts
Die erstgenannte Perspektive umfasst vorwiegend eine Auseinandersetzung mit den strukturellen Rahmenbedingungen einer Leistungserbringung. Da die Ökonomisierung im Bereich der Jugendwohlfahrt vor allem in Verbindung mit dem New Public Management (vgl. dazu Schedler/Proeller, 2006) zunehmend diskutiert wird, bildet dieses Reformmodell den Ausgangspunkt der theoretischen Ausführungen.

Dabei handelt es sich zunächst um eine grundlegende Verwaltungsmodernisierung, die kleineren Einheiten mehr Verantwortung und Autonomie zuspricht und die Rolle des Staates als Gewährleistungsstaat thematisiert. NPM verfolgt vier wesentliche strategische Ziele - Wettbewerbs-, Wirkungs-, Qualitäts- und KundInnenorientierung, die für eine Weiterentwicklung im Erbringungsprozess sozialer Dienstleistungen - gerade in Hinblick auf neoliberale Umstrukturierungen - als zentrale Kategorien eingeschätzt werden.

Im Zusammenhang mit der Finanzierung erweisen sich vor allem die ersten beiden Zielrichtungen als besonders bedeutend. Wettbewerb vermag beispielsweise mit dem Instrument der Ausschreibungen die Art und Weise einer Finanzmittelakquirierung festzulegen. Aber auch auf interner Ebene werden Wettbewerbsmechanismen installiert mit dem Ziel, die Effizienz und Effektivität zu steigern sowie mehr Transparenz zu fordern und zu fördern, um Vergleiche zwischen den unterschiedlichen Einrichtungen anstellen zu können (vgl. Bono, 2006: 7).

Gleichzeitig rücken neuere Finanzierungsformen wie Corporate Social Responsibility (CSR) (vgl. z. B. Hutter/Scheunemann, 2007) oder Public Social Private Partnerships (PSPPs) (vgl. Leonhardt/Posch et al., 2007) in das Zentrum der Diskussion um die Leistbarkeit des Sozialstaats.

Mit den behandelten Modernisierungstendenzen entwickelt sich eine Trägerkultur heraus, die von Vereinbarungen und Verträgen geprägt ist. So wird mit dem Streben nach gesteigerter Effizienz und Effektivität eine Koppelung der Finanzierung an Ergebnisse und Wirkungen forciert, was die Implementierung einer wirkungsorientierten Steuerung (vgl. dazu Kettiger/Schröder, 2001) begünstigt und somit intensive Austausch- und Formulierungsprozesse verlangt. Betriebswirtschaftliche Funktionen wie Rechnungswesen und Controlling stellen in diesem Zusammenhang bedeutende Hilfsinstrumente dar, die das Betriebs- und Finanzergebnis abbilden und Überlegungen zur Kosten-Nutzen-Relation ermöglichen (vgl. z. B. Schellberg, 2007). Mit einer Kombination verschiedener Instrumente soll eine Balance zwischen den Funktionssystemen Wirtschaft und Soziales hergestellt werden.

In einer weiteren Perspektive sind die Möglichkeiten, Grenzen und Herausforderungen im Rahmen des Qualitätsdiskurses, der seit etwa Mitte der 1990er Jahre in den Bereich der Sozialen Arbeit Einzug gehalten hat, ins Zentrum zu rücken. Um der Komplexität und Vielschichtigkeit dieses Themas gerecht zu werden, erweist es sich als sinnvoll, es aus mehreren Perspektiven zu beleuchten. So wird auf Basis der Literatur deutlich, dass sich der Qualitätsdiskurs im Wesentlichen auf vier Ebenen verortet: auf sozialpolitischer, organisatorischer, professioneller/wissenschaftlicher Ebene sowie auf NutzerInnenebene.

Dabei umfasst die sozialpolitische Ebene in erster Linie den sozialpolitischen und rechtlichen Kontext Sozialer Arbeit (vgl. dazu Dimmel, 2007). Weiters bezieht sich der Qualitätsdiskurs hier auf die Debatte um Standards (vgl. für Österreich etwa http://www.donau-quality.at (download am 31.03.2010), welche in letzter Zeit an Brisanz gewonnen hat, sowie auf die Bedeutung von Berufsorganisationen, ArbeitnehmerInnen- und weiteren Interessenvertretungen und deren Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Qualität Sozialer Arbeit.

Auf organisatorischer Ebene dominiert nach wie vor die Diskussion um verschiedene Verfahren und Konzepte des Qualitätsmanagements (vgl. z. B. Merchel, 2004), wobei das Hauptaugenmerk in der Dissertation auf den Implementierungsprozess dieser Ansätze gerichtet ist (vgl. weiterführend auch Beckmann, 2009). Zudem beinhaltet der Qualitätsdiskurs auf dieser Ebene - gerade im Sinne eines weiteren Verständnisses von Qualitätsmanagement und -entwicklung - aktuelle fachliche Entwicklungslinien (wie z. B. Sozialraum- und Netzwerkorientierung, Sozialinformatik oder Soziale Diagnostik) sowie Dimensionen einer organisationalen Gesamtqualität (wie z. B. das Anpassungsverhalten von Organisationen oder die Qualität der Arbeitsbedingungen).

Relevante Themen auf professioneller und wissenschaftlicher Ebene sind die zunehmende Verschränkung der Qualitäts- und Professionalitätsdebatte, bisherige erziehungs- bzw. sozialarbeitswissenschaftliche Annäherungen an den Qualitätsdiskurs (vgl. dazu Köpp/Neumann, 2003; Bakic, 2007), aber auch Fragen der Aus- und Weiterbildung sowie der Akademisierung.

Eine weitere wichtige Ebene des Qualitätsdiskurses bezieht sich auf die NutzerInnen Sozialer Arbeit, deren Stellung und Beteiligungsmöglichkeiten im Laufe der letzten Jahre verstärkt in Diskussion geraten sind. Einerseits ist dieser Diskurs durch eine konsumeristisch-managerialistische Betrachtungsweise geprägt. Andererseits wird dieser ein demokratischer Ansatz der NutzerInnenpartizipation gegenübergestellt (vgl. z. B. Seckinger, 2006), der - ebenso wie die subjektorientierte Forschung (vgl. z. B. Bitzan/Bolay/Thiersch, 2006) - einen zentralen Bereich auf dieser Ebene darstellt.

3. Hauptforschungsfragen
Auf Basis der theoretischen Aufarbeitung der jeweiligen thematischen Gebiete wurden im Rahmen der empirischen Untersuchung der Dissertation folgende Hauptforschungsfragen verfolgt:

4. Forschungsdesign
Aus diesen Fragestellungen leitete sich die weitere Vorgehensweise für die methodische Untersuchung, welche sich am qualitativen Paradigma orientiert, ab. Als Forschungsdesign wurde die institutionelle Fallstudie gewählt, die in zwei großen Trägerorganisationen der Jugendwohlfahrt in den Bundesländern Salzburg und Steiermark durchgeführt wurde. Um die theoretische Generalisierbarkeit der Ergebnisse zu erhöhen, kamen unterschiedliche Methoden im Sinne einer „Triangulation" zum Einsatz. So wurden 16 ExpertInneninterviews auf unterschiedlichen Hierarchieebenen sowie zwei Gruppendiskussionen mit MitarbeiterInnen beider Jugendwohlfahrtsträger geführt. Ergänzend wurden diverse Dokumente herangezogen. Das gewonnene Datenmaterial wurde mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse und des Programms MAXqda analysiert.

5. Herausforderungen und Entwicklungspotenziale
Die zentralen Ergebnisse der empirischen Untersuchung bilden die Grundlage für die im Folgenden formulierten Herausforderungen und Entwicklungspotenziale, die als Lösungsvorschläge zur zukünftigen Bewältigung der oben erwähnten Auswirkungen einer Ökonomisierung sozialer Dienstleistungen zu betrachten sind und sich vorwiegend auf vier Ebenen verorten: auf der Ebene der Sozialpolitik und -verwaltung, der Jugendwohlfahrtsorganisationen, der Praxis und Profession sowie der Wissenschaft und Forschung.

5.1 Sozialpolitik und -verwaltung
Basierend auf der empirischen Untersuchung und der vorangegangenen Literaturrecherche stellt die Einführung österreichweiter, einheitlicher Mindeststandards die bedeutendste Forderung an die politische Ebene dar.

Erst wenn diese gemeinsame Basis geschaffen wird, kann eine flächendeckende Qualitätssicherung mit einer damit verbundenen Implementierung von Modellen wie einer wirkungsorientierten Verwaltungsführung und von sozialpädagogischen/sozialarbeiterischen Ansätzen vorangetrieben werden.

Durch die Untersuchung wurde deutlich, dass in jedem Bundesland unterschiedliche Instrumente und Prozesse zur Anwendung kommen, die im Kontext einer Wettbewerbsorientierung auch dazu verleiten, in verkürzter Form als Machtinstrumentarien missbraucht zu werden. Vor allem die Unterschiedlichkeit führt unter den Trägern zu verstärkter Konkurrenz, was Konzepten mit dem Streben nach einer „best practice", wie einer evidenzbasierten Praxis (vgl. dazu Sommerfeld, 2005), zuwiderläuft. So wiesen auch InterviewpartnerInnen darauf hin, dass diese Form des Wettbewerbs für den Bereich der Jugendwohlfahrt unangebracht ist. Benchmarkings unter den Organisationen einzuführen wäre ebenso unsinnig, da nicht alle Beteiligten dieselben Rahmenbedingungen vorfinden würden.

Mindeststandards würden zunächst eine Gleichsetzung der Tag- und Stundensätze verlangen, deren Aufschlüsselung in jedem Bundesland für alle Jugendwohlfahrtsträger transparent sein müsste. Auch die Genehmigungsverfahren der Träger und Einrichtungen sollten einer bundesweiten Standardisierung nachkommen. Zusätzlich gilt es dementsprechende Bedarfserhebungen durchzuführen. So wird auch dies noch unterschiedlich wahrgenommen - in manchen Bundesländern machen die Träger auf den Bedarf aufmerksam, in anderen treten die Länder an die Organisationen heran. Im Sinne einer effizienten und effektiven Steuerung sollte dies jedoch an einer Stelle bzw. an einem Ort einsehbar festgehalten werden.

In gleicher Weise müssten auch die Fachaufsichten und Kontrollen des Landes einheitlich strukturiert werden, was auch die Bestimmung von Mindeststandards hinsichtlich der Dokumentation verlangt - ein weiterer notwendiger Aspekt zur Qualitätssicherung.

Zwar starteten in der österreichischen Jugendwohlfahrt verschiedene Versuche, entsprechende Qualitätskataloge zu erstellen, doch wiederum nicht im Miteinander. Vielmehr wurden diese in unterschiedlichen Settings und Prozessen festgelegt und definiert. Dabei beanspruchen nicht alle Qualitätskataloge eine gesetzliche Verpflichtung, die enthaltenen Standards auch einhalten zu müssen. In diesem Zusammenhang wird vielmehr von Empfehlungen gesprochen. Die Durchführung der Dienstleistungen bzw. die Qualität des Leistungserbringungsprozesses kann letztendlich also willkürlich erfolgen.

Zum Wohle der Kinder und Jugendlichen dürfte es aber keinen Unterschied machen, in welchem Bundesland sie betreut werden. NutzerInnen, die in Grenzbezirken leben, werden nach Angaben der InterviewpartnerInnen oftmals im Nebenbezirk betreut, um ein adäquates Angebot gewährleisten zu können.

Für zusätzliche Verwirrung sorgt die gesetzliche Festlegung bestimmter Berufsgruppen zur Ausübung von Maßnahmen im Rahmen des Jugendwohlfahrtsgesetzes. In einigen Bundesländern werden diese auf PädagogInnen, PsychologInnen und SozialarbeiterInnen beschränkt, in anderen wird eine sogenannte psychosoziale Ausbildung verlangt, die sehr unterschiedlich verstanden wird und von kurzen Ausbildungskursen bis hin zu vier bis sechsjährigen Studiengängen reichen kann. Die Mehrheit der InterviewpartnerInnen berichtete, dass sie bei der Vielfalt an Ausbildungsmöglichkeiten kaum noch einschätzen könnten, welche Kompetenzen die Menschen in das Feld mitbringen.

Noch dazu sei bei der Einstellung ungewiss, ob diese für die neuen Herausforderungen mit Sozialmanagementkenntnissen gerüstet sind und wenn ja, ob es im Rahmen ihrer Ausbildung noch möglich war, das grundlegende pädagogische Handwerkszeug zu erlernen (vgl. dazu z. B. Dewe/Otto, 2005: 1400ff.).

Ersteres müsste eigentlich nicht auf politischer Ebene aufbereitet werden, doch wenn gewisse Mindeststandards hinsichtlich der geforderten Kompetenzen transparent gemacht werden würden, könnten die Ausbildungsorte sich zunehmend darauf vorbereiten bzw. dies integrieren, wie in den USA auch die evidenzbasierte Praxis bereits einen Studienlehrgang prägt.

Für die bisher Tätigen bedarf es entsprechender Ressourcen zur Fort- und Weiterbildung sowie zur Implementierung bestimmter Instrumente und technischer Unterstützungen, worin eine weitere Herausforderung für die Sozialpolitik und -verwaltung liegt - nämlich in der Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel zur Umsetzung von Qualitätssicherungsmaßnahmen.

Zuletzt müssen diese Modernisierungstendenzen von einer politischen Kultur gestützt werden, die es ermöglicht, den Jugendwohlfahrtsorganisationen nicht nur mehr Verantwortung für eine gelingende Leistungserbringung zu übertragen, sondern die auch die entsprechende Autonomie gewährleistet, die neben den geforderten Mindeststandards auch eine pädagogische Weiterentwicklung bedingen kann. Dabei müssten die Machtgefüge, die im Rahmen des Dissertationsprojekts des Öfteren angesprochen werden, überdacht werden.

5.2 Jugendwohlfahrtsorganisationen
Die letzte Forderung auf politischer Ebene richtet sich auch an die Träger der Jugendwohlfahrt. Die Ergebnisse aus den Interviews und Gruppendiskussionen zeigen, dass den Einrichtungen für eine Effizienz- und Effektivitätsforderung entsprechende Freiräume zugestanden werden müssen. In diesem Zusammenhang wird die Dimension Zeit relevant. Diese wird benötigt, zum einen für mehr Ruhe- bzw. Erholungsphasen und zum anderen, um den Anforderungen hinsichtlich der Dokumentation gerecht werden zu können.

Letztgenanntes fordert von den Organisationen auch Entwicklungsarbeit dahingehend, die MitarbeiterInnen dabei zu unterstützen, die geforderte Dokumentation sowohl effizient als auch effektiv durchzuführen (vgl. weiterführend auch Grossmann/Janes, 2004: 49). Dies ist wiederum für die Kommunikationsprozesse mit den öffentlichen Auftraggebern von Bedeutung, denn mit Hilfe dieser können Leistungserbringungsprozesse nachvollziehbarer gemacht werden und auch als Überzeugungsinstrument dienen, sofern zusätzliche Ressourcen benötigt werden.

Eine weitere Herausforderung für die Jugendwohlfahrtsorganisationen wird sein - so auch nach Ansicht der InterviewpartnerInnen - die Grundprinzipien, basierend auf den zuvor geforderten Mindeststandards, zu modifizieren bzw. zu modernisieren. Diese werden auch zukünftig sehr wichtig sein, um einerseits in der Jugendwohlfahrtslandschaft einen individuellen Charakter festzulegen und andererseits, um den in der Organisation Tätigen eine gemeinsame Linie anbieten zu können. Dies wurde auch im Zusammenhang mit Anreizsystemen diskutiert, da so eine Basis geschaffen wird, die alle MitarbeiterInnen in der Leistungserbringung mittragen können und sollen.

Daneben gilt es aber noch weitere Anreizsysteme für die MitarbeiterInnen zu schaffen. Dazu zählen beispielsweise Maßnahmen für eine verstärkte Psychohygiene wie sie laut Ergebnissen der empirischen Untersuchung für die Verwaltungskräfte vermisst werden. Dabei wurden Instrumente wie Supervision, Intervision, Klausuren, Konferenzen, MitarbeiterInnengespräche usw. in einem größeren Umfang als es bisher angeboten wurde und wird, eingefordert, aber auch der Bedarf an zusätzlichen Fortbildungsmöglichkeiten für die Führungs- und Leitungsebene wurde damit in Verbindung gebracht.

Weiters könnte die Motivation der MitarbeiterInnen auf der Seite der Organisation dahingehend gefördert werden, indem Belohnungssysteme für sie eingeführt werden. So zeigen die Ergebnisse, dass alleine die Bereitstellung eines Kaffeeautomaten die Arbeitsmotivation in den Einrichtungen stärkt.

Neben diesen internen Herausforderungen wäre es sinnvoll, mehr Lobbyarbeit mit anderen Trägern der Jugendwohlfahrt zu betreiben. Hierfür bedarf es aber entsprechender Rahmenbedingungen. Hinter einer forcierten Wettbewerbsorientierung, die bewusst mit Hilfe bestimmter Mechanismen initiiert wird, wird von einigen Befragten befürchtet, dem entgegen halten zu wollen bzw. somit Zusammenschlüsse verhindern zu wollen. Damit einhergehend ist allen Beteiligten klar, dass die Dienste benötigt werden. Wenn die Träger sich aber gemeinsam gegen bestimmte Vorgaben auflehnen würden und in letzter Instanz vielleicht sogar Streiks oder ein Boykott zustande kämen, könnte die politische Ebene unter Druck geraten.

Eine andere Forderung in diesem Zusammenhang ist jene nach mehr Öffentlichkeitsarbeit, um den Bereich der Jugendwohlfahrt generell in ein anderes Licht zu rücken. Zunächst sind diesbezüglich vor allem Dachverbände, die Jugendwohlfahrtsbeiräte, die zuständigen LandesrätInnen sowie die/der zuständige BundesministerIn aufgefordert, zu handeln (vgl. dazu z. B. Amt für Jugend und Familie/Magistrat Graz, 2000: PPQ 18). Dies könnte in Form gemeinsamer Projekte mit den Jugendwohlfahrtsorganisationen vorangetrieben werden. Trotzdem wird es auch die Aufgabe der einzelnen Organisationen sein, diesem Bereich mehr Gewicht zu schenken, da die Akzeptanz vor allem gegenüber „Jugendwohlfahrtsjugendlichen" in ländlicheren Regionen als sehr gering eingeschätzt wird. Damit könnte diesem Misstrauen gegenüber den Diensten in der Jugendwohlfahrt, das die Organisationen in der Gesellschaft wahrnehmen, nicht allein mit Zahlen, Dokumentation, Kontrollen etc. entgegengetreten werden, sondern es würde auch ein nachhaltiges Vertrauen in die Leistungserbringung fördern.

Mit Blick auf die im Rahmen des Projekts geführten Diskussionen um Finanzierungsalternativen käme diese Maßnahme zusätzlich der Spenden- und Sponsoringakquirierung zugute (vgl. dazu Urselmann, 2005). Noch bedeutender wäre es aber, den Nutzen für die Gesellschaft transparent zu machen, um damit begründen zu können, wie wichtig es ist, Teile des Sozialstaatsbudgets in das österreichische Jugendwohlfahrtssystem zu investieren.

Zur besseren Darstellung dieses Nutzens, werden Forschungen notwendig sein, die sowohl in Forschungseinrichtungen zunehmend durchgeführt werden (s. u.), aber auch innerhalb der Organisation erfolgen müssen. Zumindest sind die Jugendwohlfahrtsträger jene Orte, an denen das Informationsmaterial gesammelt und reflektiert werden kann und soll. In den Interviews wurden entsprechende Kooperationen mit den Universitäten und/oder Fachhochschulen angedacht, doch wer soll diese Ideen vorantreiben, wenn die dafür notwendigen Ressourcen nicht geschaffen werden?

Zuletzt sei darauf hingewiesen, dass beide untersuchten Jugendwohlfahrtsträger gewillt sind, sich den genannten Herausforderungen zu stellen und bereits in der Erhebungsphase des Forschungsprojekts entsprechende Veränderungen und Entwicklungen beobachtbar waren. Weiters wurde ersichtlich, dass sie der Ökonomisierung sozialer Dienstleistungen ebenfalls kritisch gegenüberstehen und der daraus resultierenden Implementierung von Instrumenten mit Vorsicht gegenübertreten. Hinsichtlich der politischen Ebene können diesbezüglich an dieser Stelle keine Einschätzungen getroffen werden, da der Zugang zu den Verantwortlichen für die Autorinnen nicht gegeben war.

5.3 Praxis und Profession
"Fremdbestimmte Profession?" Dies ist der Arbeitstitel einer Ausgabe der Zeitschrift „Sozialarbeit in Österreich" (1/2009) des OBDS. Diese Frage haben sich die Fachkräfte in der Tat zu stellen, weisen die Ergebnisse der Dissertation doch auf Tendenzen einer Überlagerung professioneller Ermessens- und Handlungsspielräume durch wirtschaftliche Aspekte hin. Qualitativ hochwertige und professionelle Arbeit soll dabei mit geringeren finanziellen Mitteln und unter unzureichenden Rahmenbedingungen, aber bei zugleich gestiegenen Anforderungen geleistet werden. Eine wesentliche Voraussetzung dabei wäre, das mangelnde Selbstbewusstsein im Bereich Sozialer Arbeit zu überwinden sowie dem teils negativ gefärbten Image der Jugendwohlfahrt entgegenzuwirken (s. o.).

Einerseits treffen diese Forderungen auf eine deutlichere Hinwendung zu Bereichen des Sozialmanagements sowie auf die Herausbildung gesellschaftspolitischer Kompetenzen. Damit ist allerdings eben nicht die "wirtschaftliche Überformung"1 sozialpädagogischer/sozialarbeiterischer Prozesse bzw. ein Zurückdrängen der Fallarbeit gemeint. Vielmehr müssten diese Kompetenzen verstärkt der Durchsetzung fachlicher Zielsetzungen dienen. Insbesondere ethische Gesichtspunkte dürften hierbei nicht zu kurz kommen, was eine kritische Betrachtung neuer Konzepte, Methoden und Arbeitsweisen, aber auch der gesamten organisatorischen Ausgestaltung der Jugendwohlfahrt unter ethischen Gesichtspunkten mit einschließt.

Andererseits wird deutlich, dass die ohnehin an die Grenzen ihrer persönlichen Kapazitäten geratenden MitarbeiterInnen in der Praxis diese Aufgaben nicht alleine bzw. zusätzlich übernehmen können. Dafür bedarf es neben organisationsinternen Maßnahmen der Unterstützung durch Interessenvertretungen, gewerkschaftliche Organisationen und Berufsorganisationen, welche es wiederum zu stärken gilt und die den Besonderheiten der einzelnen Berufsfelder und der Entwicklung hin zu einer Verschränkung von Sozialpädagogik und Sozialarbeit im Sinne der Etablierung einer professionellen Identität Sozialer Arbeit gerecht werden müssten. In derartigen Vernetzungen, aber auch weiteren organisationalen Zusammenschlüssen könnte die Chance liegen, fachliche Standards, wie sie gerade in der Jugendwohlfahrt seitens der öffentlichen Verwaltung sowie auf konzeptioneller und fachwissenschaftlicher Ebene vielfach formuliert wurden und gefordert werden, voranzutreiben. Erforderlich wäre insbesondere im Zuge der Standardentwicklung die Evaluierung und Abstimmung bisher definierter Leitlinien und Prinzipien. Ein stärker auf qualitative Aspekte ausgerichteter Qualitätsdiskurs müsste sich darauf fokussieren, eine in Folge von Standardentwicklungen vielfach befürchtete Nivellierung nach unten hin zu vermeiden. Die Dimensionen Qualität, Fachlichkeit und NutzerInnenpartizipation wären in diesem Sinne seitens der Fachkräfte deutlicher in den derzeit wirtschaftlich dominierten Diskurs einzubetten. Dadurch könnte auch der Weg in Richtung einer stärkeren Selbstbestimmung der Profession eingeschlagen werden. Zusätzlich zur Einigung auf bestimmte Standards würde eine stärker qualitativ orientierte Auseinandersetzung die Öffnung der Praxis gegenüber fachlichen Entwicklungslinien einschließen, um sich dadurch einer weiteren Professionalisierung anzunähern. Aus- und Weiterbildungsträger wären darin gefordert, diesen Professionalisierungsweg mitzugehen, indem sie ebenfalls in einen Qualitätsdiskurs mit der Praxis treten und ihr Angebot auf deren Bedürfnisse sowie aktuelle Anforderungen seitens der NutzerInnen und der Gesellschaft abstimmen.

Darüber hinaus müsste aber das gesamte System der Jugendwohlfahrt hinsichtlich einer grundsätzlichen qualitativen Weiterentwicklung bzw. Neuorientierung überdacht werden, um die Entwicklung "passgenauer", flexibler und an den Bedürfnissen der NutzerInnen orientierter Dienste zu begünstigen. Im Zuge einer solchen Umgestaltung sollte den Dimensionen der Konzept-, Netzwerk-, Nutzenpotenzial- und Nutzenqualität ein größeres Augenmerk zukommen. Die letztgenannten Dimensionen heben das WIE der Dienstleistungserbringung hervor. Demnach wäre es erforderlich, dass anstelle des technizistisch dominierten Qualitätsdiskurses der letzten Jahre die aus Sicht der Kinder und Jugendlichen bedeutenden Qualitäten (wie z. B. Zuwendung, Vertrauen oder Wertschätzung) eine Aufwertung erfahren. Nicht zuletzt darf im Rahmen der Leistungserbringung Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, ihr Leben aktiv gestalten und beeinflussen zu können, nicht vorenthalten werden. Die Schaffung und Förderung partizipativer Strukturen sollte demnach gerade in einem so sensiblen Bereich wie der Jugendwohlfahrt nicht außer Acht gelassen werden, insbesondere auf den Ebenen der Leistungserbringung und Einzelfallentscheidung, aber auch auf politischer Ebene.

Eine weitere Herausforderung in diesem Zusammenhang bezieht sich darauf, Überlegungen zu NutzerInnenorientierung und -partizipation vor dem Hintergrund eines weiteren NutzerInnenbegriffs (z. B. die Gesellschaft als Nutzerin) anzustellen. Schließlich müsste Soziale Arbeit unter einer neuen fachlichen Ausrichtung ihrem Inklusionsauftrag deutlicher als bisher gerecht werden und Ausgrenzungsmechanismen im derzeitigen Jugendwohlfahrtssystem entgegenwirken. Eine weitere Professionalisierung Sozialer Arbeit kann nur befördert werden, wenn dieser Forderung nachgekommen wird - auch und gerade wenn es sich um sogenannte "Grenzfälle", besonders "schwierige" bzw. "unbetreubare" Fälle handelt.

Professionalisierung setzt darüber hinaus voraus, dass sozialpädagogische/sozialarbeiterische Fragestellungen vermehrt einer wissenschaftlichen Perspektive zugeführt werden.

5.4 Wissenschaft und Forschung
Werden Wissenschaft und Forschung als wichtige Bestandteile „einer lernenden und sich kontinuierlich weiterentwickelnden Organisation" betrachtet (Lill-Rastern, 2008: 157) und ist davon auszugehen, dass eine erhöhte Wissenschaftlichkeit „zu einem geänderten gesellschaftlichen Diskussionspegel führen [kann], der auch an den kommunikativen, kulturellen und ökonomischen Grundlagen verändernd ansetzt" (Heimgartner, 2008: 26), müsste forschungsbezogenen Aktivitäten, wissenschaftlichen Kooperationen und der Erweiterung wissenschaftlicher Kompetenzen in der Jugendwohlfahrt jedenfalls eine verstärkte Aufmerksamkeit zukommen. Anzudenken wäre hierbei etwa ein Ausbau von Vernetzungen mit wissenschaftlichen Institutionen wie Universitäten oder Fachhochschulen. Neben der Durchführung und Begleitung wissenschaftlicher Projekte würde eine weitere Möglichkeit darin bestehen, im Rahmen eines verstärkten Ausbaus ausbildungsbegleitender Praxisstellen einen Wissenschafts-Praxis-Transfer voranzutreiben. Somit könnte zugleich der Forderung seitens der Fachkräfte nach vermehrten praxisorientierten Lehrinhalten während des Studiums nachgekommen werden. Zusätzlich wäre aber auch die Einrichtung weiterer unabhängiger Forschungsstätten oder trägerinterner Forschungsstellen erforderlich, um dem breiten Feld der Jugendwohlfahrtsforschung gerecht zu werden. Darüber hinausgehend müssten allerdings auch Bund und Länder verstärkt in die Verantwortung genommen werden, insbesondere wenn die Etablierung einer Jugendwohlfahrtsforschung auf breiterer Ebene anvisiert werden soll. Dabei ginge es neben der Durchführung verschiedener Kurz- und Langzeitstudien zu relevanten jugendwohlfahrtsspezifischen Themen (s. u.) grundsätzlich um einen Ausbau und eine Differenzierung der Jugendwohlfahrtsstatistik, um die derzeit als prekär zu bezeichnende Datenlage zu kompensieren. Aufholbedarf ist aber auch in der Jugendwohlfahrtsplanung gegeben, welche in allen Bundesländern unter Einbeziehung der freien Träger, der NutzerInnen und auf Basis einer besseren Kooperation zwischen den Ländern sowie wissenschaftlicher Zugänge vollzogen werden müsste, wie es Scheipl (2001: 298f) bereits forderte. Der derzeit in Begutachtung stehende Entwurf zu einem neuen Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz (vgl. B-KJHG, 2009) sieht zwar umfassendere Regelungen zur Planung (§ 12), Forschung (§ 13) und Statistik (§ 4) vor. Es ist jedoch zu bezweifeln, ob es dadurch gelingt, eine umfassende und den qualitativen Ansprüchen gerecht werdende Jugendwohlfahrtsforschung zu realisieren.

Auf inhaltlicher Ebene sind aufgrund der Ergebnisse der Untersuchung einige wesentliche Forschungslücken zu skizzieren. So besteht aktuell ein besonderer Bedarf an der Evaluierung bestehender Konzepte und Methoden, auf deren Basis neue, differenziertere Ansätze entwickelt werden könnten, welche den aktuellen Bedürfnissen der NutzerInnen eher gerecht werden. Im Zentrum müssten hierbei Fragen der Wirksamkeit professioneller Leistungen stehen. Dabei dürfte eine Wirkungsorientierung allerdings nicht unter einer verkürzten Perspektive betrachtet werden, sondern es müssten Wirkungen (und unerwünschte Nebeneffekte) ebenso vor dem Hintergrund des Nutzens Sozialer Arbeit, der Nutzungsprozesse sowie der Aneignungsbedingungen bzw. Nutzungsvoraussetzungen der LeistungsempfängerInnen festgemacht werden. Erforderlich wäre hierzu eine deutlichere Hinwendung zu subjektorientierten Forschungsansätzen.

Aber auch der organisatorische Kontext der Leistungserbringung sollte vermehrt ins Zentrum wissenschaftlichen Erkenntnisinteresses rücken. Dazu müssten etwa bestehende Strukturen und Routinen (wie z. B. betriebswirtschaftliche Verfahren) kritisch auf ihre Angemessenheit und Grenzen hinterfragt und organisationale Qualitäten erkannt und weiterentwickelt werden, das Interaktionsverhältnis zwischen Organisation und externem Leistungssystem, aber auch Organisation, Gesellschaft und Staat näher beleuchtet sowie die Angebots- und Organisationsentwicklung hinsichtlich ihrer Anschlussfähigkeit an aktuelle Bedarfslagen bewertet und abgestimmt werden.

Weiters wurden auf Verfahrensebene Modelle vorgeschlagen, welche verstärkt an der reflexiven Qualität sozialpädagogischer/sozialarbeiterischer Vollzüge und zugleich an den Wirkungen Sozialer Arbeit ansetzen wie beispielsweise der in der Dissertation vorgestellte modelltheoretische Entwurf sozialpädagogischer Qualität, die wirkungsorientierte Steuerung oder der Ansatz der Evidence-Based Social Work Practice. Es geht also zunehmend um die Verschränkung reflexiver und wirkungsorientierter Ansätze, wobei zu überprüfen wäre, in welchen Bereichen diese Modelle Parallelen aufweisen bzw. sie sich gegenseitig auch widersprechen. In dieser Hinsicht erschiene es sinnvoll, die derzeitige Nebeneinanderreihung von Ansätzen zugunsten einer stärkeren Abstimmung und gegenseitigen Bezugnahme zu verlassen, um dadurch Synergien zu schaffen und neue Potenziale freizusetzen. Hinterfragt müsste zudem werden, inwieweit diverse Modelle nicht erneut zu einer rezeptartigen Standardisierung und Verkürzung von Hilfeprozessen führen, sondern zur Förderung wissenschaftlich fundierter Handlungsvollzüge beitragen.

Dies stellt die Praxis ebenso wie wissenschaftliche Institutionen sowie Aus- und Weiterbildungsträger vor neue Herausforderungen. Um in diesem Entwicklungsprozess die Konstituierung einer Praxis, Profession und Wissenschaft Soziale Arbeit voranzutreiben, wäre die Schaffung eines Reflexionsrahmens wünschenswert, der diesen Austausch im Sinne einer dialogischen Verständigung ermöglicht und fördert.

Ohne vermehrte Forschungsaktivitäten sowie eine intensivere Verschränkung von Wissenschaft und Praxis wird die Weiterentwicklung und Professionalisierung Sozialer Arbeit nicht vorankommen.


Verweise
1 An dieser Stelle sei auf die Diskussion zur Ökonomisierung des Sozialen (vgl. etwa Bröckling/Krasmann/Lemke, 2000; Otto/Schnurr, 2000; Kessl, 2005 oder Sorg, 2007 sowie mit österreichischem Bezug Equal-EntwicklungspartnerInnenschaft „Donau - Quality in Inclusion“, 2007 und Bakic/Diebäcker/Hammer, 2008) verwiesen. Vgl. weiters auch die kritische Auseinandersetzung von Maiss (2009: 61ff.), die in ihrem Beitrag versucht, Ilse Arlts Bedürfniskonzept mit der von Amartya Sen und Martha Nussbaum konzipierten Liste von menschlichen Funktionsfähigkeiten zu vergleichen. Letztere beschreiben die materiellen und psychosozialen Grundbedingungen, die eine individuelle Gestaltung des „guten menschlichen Lebens“ ermöglichen sollen. Auch spätere Arbeiten von Sen und Nussbaum zeigen eine intensive Beschäftigung mit dem Spannungsverhältnis zwischen Ethik und Ökonomie (vgl. dazu auch Maiss, 2009: 70).


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Maiss, Maria (2009): Soziale Arbeit im Dienste der Ermöglichung substanzieller/materieller Bedingungen von Freiheit und Wohlleben. In: Pantucek, Peter; Maiss, Maria (Hrsg.): Die Aktualität des Denkens von Ilse Arlt. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. S. 61-74.
Merchel, Joachim (2004): Qualitätsmanagement in der Sozialen Arbeit. Ein Lehr- und Arbeitsbuch. 2. Auflage. Weinheim; München: Juventa.
Otto, Hans-Uwe; Schnurr, Stefan (Hrsg.) (2000): Privatisierung und Wettbewerb in der Jugendhilfe. Marktorientierte Modernisierungsstrategien in internationaler Perspektive. Neuwied; Kriftel: Luchterhand Verlag.
Schedler, Kuno; Proeller, Isabella (2006): New Public Management. 3. Auflage. Bern; Stuttgart; Wien: Haupt Verlag.
Scheipl, Josef (2001): Jugendwohlfahrtsplanung in Österreich. In: Knapp, Gerald; Scheipl, Josef (Hrsg.): Jugendwohlfahrt in Bewegung. Reformansätze in Österreich. Klagenfurt; Ljubljana; Wien: Mohorjeva Hermagoras. S. 283 - 303.
Schellberg, Klaus (2007): Betriebswirtschaftslehre für Sozialunternehmen. Augsburg: ZIEL Verlag.
Seckinger, Mike (Hrsg.) (2006): Partizipation - ein zentrales Paradigma. Analysen und Berichte aus psychosozialen und medizinischen Handlungsfeldern. Tübingen: Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie.
Sorg, Richard (2007): Soziale Arbeit und Ökonomisierung. In: Neue Praxis, 37. Jahrgang, H. 2. S. 209 - 215.
Sommerfeld, Peter (Hrsg.) (2005): Evidence-Based Social Work - Towards a New Professionalism? Bern: Peter Lang AG.
Urselmann, Michael (2005): Sozial-Marketing. In: Schubert, Herbert (Hrsg.) (2005): Sozialmanagement. Zwischen Wirtschaftlichkeit und fachlichen Zielen. 2. Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. S. 131 - 145.

Weiterführende Literatur:
Schuhmeyer, Larissa; Walzl, Nicole (2009): Soziale Arbeit im Spiegel der Ökonomisierung. Neue Steuerung, Finanzierung und Qualität Sozialer Arbeit vor dem Hintergrund aktueller politischer und gesellschaftlicher Herausforderungen. Zwei institutionelle Fallstudien aus der Jugendwohlfahrt. Dissertation. Graz: Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft der Karl-Franzens-Universität Graz.


Über die Autorinnen

Mag. (FH) Dr. Larissa Schuhmeyer, Jg. 1981
Larissa.Schuhmeyer@gmx.at
Abschluss des Studiums der Sozialarbeit (mit Schwerpunkt Sozialmanagement) an der FH Joanneum Graz (2006). Abschluss des Doktoratsstudiums am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft der Karl-Franzens-Universität Graz/Arbeitsbereich Sozialpädagogik (2010).
Zwischen 2007-2009 beim Pflegeelternverein Steiermark als Sozial- und Lernbetreuerin tätig. Seit 2007 ehrenamtliche Sachwalterin bei VertretungsNetz-Sachwalterschaft.
Seit Feb. 2010 hauptberuflich im Sozialmedizinischen Zentrum (SMZ) Liebenau sozialarbeiterisch und sozialwissenschaftlich tätig sowie nebenberuflich bei „EHLESO - Institut für Kinder, Jugendliche und Erwachsene in schwierigen Lebenssituationen“ als Legasthenietrainerin beschäftigt.

Mag. Dr. Nicole Walzl, Jg. 1981
nicole.walzl@edu.uni-graz.at
Abschluss des Diplomstudiums der Pädagogik (spezielle Pädagogik: Sozialpädagogik, Schwerpunkt: Heil- und Sonderpädagogik) am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft der Karl-Franzens-Universität Graz (2006). Abschluss des Doktoratsstudiums am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft der Karl-Franzens-Universität Graz/Arbeitsbereich Sozialpädagogik (2010).
Zwischen 2003-2009 beim Pflegeelternverein Steiermark als Sozial- und Lernbetreuerin tätig. 2002-2005 Tätigkeit als ehrenamtliche MitarbeiterIn im Jugendzentrum Fohnsdorf.
Seit August 2009 MitarbeiterIn im Sozialraum 4 des Pflegeelternvereins Steiermark.