soziales_kapital
wissenschaftliches journal österreichischer fachhochschul-studiengänge soziale arbeit
Nr. 9 (2013) / Rubrik "Rezensionen kurz" / Standortredaktion Vorarlberg
Printversion: http://www.soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/article/viewFile/274/442.pdf
288 Seiten / EUR 29,90
Bevor die jüngsten Polit-Skandale mit plagiatsdurchsetzten Doktorarbeiten breit in den Medien dargestellt wurden – immerhin handelte es sich an der Spitze des Eisbergs um zwei ehemalige deutsche Bundesminister – hat das Thema Plagiarismus außerhalb des Wissenschaftsbetriebs kaum jemanden interessiert. Eigentlich schade, denn es handelt sich dabei, und das ist schlimm genug, nicht allein darum, in wissenschaftlichen Qualifikationsarbeiten von der studentischen Hausarbeit bis hin zur Habilitationsschrift fremdes Gedankengut wissentlich oder aus Dummheit als eigenes auszugeben. Vielmehr haben wir es hier mit Betrug und der Fälschung zu tun, die jeden Lebensbereich des Menschen betreffen und redliche Anstrengungen ad absurdum führen können.
In vierzehn Beiträgen über die Ursachen, Bedingungen und Folgen geistigen Diebstahls bringen uns die Autorinnen und Autoren des Sammelbands die Gefahren nahe, die von Plagiaten ausgehen. Und diese Beiträge zeigen eines überdeutlich: Zu plagiieren ist kein Kavaliersdelikt, sondern nichts Geringeres als ein ernstzunehmender Angriff auf die Integrität unserer Bildungs- und Wissensgesellschaft. Diesem müssen wir als wissenschaftlich Arbeitende auf jeder Ebene entschieden entgegentreten – und das beginnt bereits mit internen Konzeptpapieren.
An etlichen Stellen lesen sich die Beiträge wie Kurzkrimis, etwa, wenn folgende Fallbeispiele unterbreitet werden: die Plagiats-Historie des Herrn zu Guttenberg, vier herausragende Plagiatsfälle in der US-amerikanischen Medizin, Plagiarismus in der Mathematik, diverse Einzelfälle aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen, Textplagiate aus österreichischen Wissenschaftsarbeiten oder der Beitrag über chinesische Raubkopien. An anderen Stellen werden Hintergründe zum Thema erleuchtet, zum Beispiel juristische Fragen von Urheberschaft, soziologische Fragen zur Bedeutung des Plagiierens in der modernen Gesellschaft oder pädagogische Fragen zur Plagiatsprävention in Schule und Hochschule.
Wer sich mit wissenschaftlichem Arbeiten in Lehre und Forschung beschäftigt, ist mit dem Sammelband bestens beraten. Zusätzlich hilfreich – und empfehlenswert – ist das Prüfprogramm „Turnitin“, mit dem rasch und zuverlässig zumindest die „Quick-and-dirty-Plagiate“ enttarnt werden können, die sich aus Copy-Paste-Arbeiten mittels Internet erstellen lassen. Und wer weitere ergiebige Fallbeispiele sucht, kann ja mal auf die Schnelle die Stichworte „Betrugsfälle in der Wissenschaft“ in eine Suchmaschine eingeben. Die spektakulären Treffer belegen die enorme Bedeutung des hier rezensierten Werks.
Frederic Fredersdorf / frederic.fredersdorf@fhv.at