soziales_kapital
wissenschaftliches journal österreichischer fachhochschul-studiengänge soziale arbeit
Nr. 11 (2014) / Rubrik "Thema" / Standort Graz
Printversion: http://www.soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/article/viewFile/315/531.pdf


Ines Findenig:

Ehrenamtliches Engagement im Alter als Potential Sozialer Arbeit


1. Einstieg in die Thematik
Ehrenamtliches Engagement stellt eine interessante Möglichkeit der Freizeitgestaltung in allen Lebensphasen eines Individuums dar. Besonders die immer stärker differenzierte Alltagsgestaltung im Alter nimmt einen Platz am Podest des medialen Interesses ein. Innerhalb der Gesellschaft fehlen jedoch noch diverse Alternativen und Rollenmuster, da sich auch die Generationen1 verändert haben und neue Muster und Orientierungen erst gefunden werden müssen. Ein ehrenamtliches Engagieren im Alter kann anhand von Partizipation, Empowerment und adäquater Freizeitgestaltung die Förderung eines positiv konnotierten Altersbildes fördern und verstärkt in die Öffentlichkeit tragen. Besonders zu akzentuieren gilt es, dass „[f]reiwilliges Engagement und unbezahlte Arbeit im Alter […] in den letzten Jahren […] für die gesellschaftliche Partizipation älterer Menschen [an Bedeutung] gewonnen [haben].“ (Schmitz-Scherzer 1994: 64ff, zit. in Backes 2006: 84)

Um eine Differenzierung zu ermöglichen folgt eine kurze Begriffsdefinition: Ehrenamtliches Engagement gilt inhaltlich als mannigfaltig, doch wird es grundlegend durch drei simple Definitionselemente ausgewiesen: „‚Freiwilligkeit‘, ‚außerhalb des eigenen Haushalts‘ und ‚ohne monetären Gegenfluss’“ (Heimgartner/Anastasiadis 2011: 186f). Diese Definitionsmerkmale greifen in Hinsicht auf ältere Menschen bedeutend zu kurz, denn in welchen Bereich fällt zum Beispiel die Pflege und Betreuung von Enkelkindern oder von weiteren Angehörigen? Meist findet aber gerade eben diese im eigenen Haushalt statt. Eine genderreflektierende Perspektive hebt diesen Kritikpunkt hervor, da es auch vermehrt dazu kommt, dass explizit Frauen die Pflege der Enkelkinder oder Angehörigen übernehmen. Ebenso kann auch eine neue Kombination von Definitionskomponenten des ehrenamtlichen Engagements angedacht werden. Exemplarisch könnte das Element „Dienst an der Gesellschaft“ im Sinne einer Integrationsherstellung und einer Schaffung sozialen Kapitals als Definitionsbaustein genannt werden. Ebenso wäre die „Gegebenheit einer Nichtverwandtschaft“ oder die „Nichterwartung von Reziprozität“ als Kennzeichen zur Bestimmung von ehrenamtlichem Engagement denkbar.

Der Begriff des „demographischen Wandels“ erhält starke mediale Aufmerksamkeit, und die damit einhergehenden Konsequenzen – hier stehen eher negative Aspekte im Zentrum, wie zum Beispiel ein Anstieg der staatlichen Pflegeausgaben durch immer mehr ältere Menschen – werden immer stärker diskutiert. Jedoch gibt es eine große Anzahl an Menschen, die ihre Zeit nach dem Erwerbsleben bis zum Tod relativ gesund und aktiv gestalten. Im Jahr 2011 betrug das Eintrittsalter bei Alterspensionen von Frauen durchschnittlich 59,4 und bei Männern 62,7 (vgl. Statistik Austria 2013b). Die Lebenserwartung lag 2011 bei 60-jährigen Frauen und Männern bei 25,6 und 21,7 Jahren (vgl. Statistik Austria 2013a). Somit ergibt sich bei Frauen eine Zeit von rund 25 und bei Männern von rund 19 Jahren nach dem Übergang in die Pension. Schon Anthony Giddens (1997) akzentuiert, dass „das mit fünfundsechzig Jahren einsetzende Alter […] schlicht und einfach ein Kunstprodukt des Sozialstaats [ist].“ (Giddens 1997: 230) Demzufolge legt der Staat fest, wann eine Person „alt“ ist, also wenn jene von aktiver Beteiligung am Arbeitsmarkt zurücktritt und in den passiven Ruhestand eintritt2.

Laut Marcel Erlinghagen (2008) erweist sich aber nicht wie vielleicht vermutet explizit der Eintritt in die staatlich festgelegte Pension als einschneidend, sondern schon die letzten fünf Jahre zuvor. Ein aktives Betreiben von Ehrenamt in dieser Zeit (also fünf Jahre vor der offiziellen Pensionierung) lässt die Chance, dies auch noch nach dem Übertritt in die Pension zu tun, um das Sechsfache wachsen (vgl. Erlinghagen 2008: 109ff). Des Weiteren „mangelt es in unserer Gesellschaft vielfach noch an Rollenmustern für die Zeit nach der Erwerbsarbeit.“ (More-Hollerweger/Rameder 2009b: 124)3 Eine Risikogesellschaft, in jener traditionelle Muster aufgrund von Auflösung alter Strukturen verschwinden (vgl. Beck 2007: 20), trägt dazu bei Ungewissheiten zu schaffen.

Aus sozialarbeiterischer Perspektive stellt ehrenamtliches Engagement bezüglich des Empowerments, der Beteiligung und der Erstellung von Rollenmustern hinsichtlich des Alterns eine wesentliche Interventions- und Präventionsmöglichkeit dar. In altersspezifischen Krisensituationen, wie es auch diese Lebens- und Rollentransformation darstellen können, bestimmt eine ausgewogene Lebensgestaltung, auch eine womöglich von Fachkräften eingeleitete Beschäftigung im Ehrenamt, einen adäquaten und entsprechenden Umgang damit.


2. Transformationen in der Lebensphase Alter und ehrenamtliches Engagement
Die eigene Freizeitgestaltung und der Umgang mit dem Wechsel von aktiver Berufsbetätigung zu „und was mache ich jetzt?“ stellt Individuen oftmals vor Probleme. Dementsprechend kann ehrenamtliches Engagement eine mögliche Orientierungshilfe darstellen, da es innerhalb von jenem auch um Beschäftigung und soziale Kontakte sowie Interaktionen geht.

Die Transition in der Lebensphase des Alters und die Ausübung von ehrenamtlichem Engagement in jener Lebensphase werden von sozialen Ungleichheiten beeinflusst. Martin Kohli (2009) hebt hierzu den Bildungsgrad als wesentlich hervor, in dem er schreibt, dass „[a]uch bei den funktionalen Fähigkeiten und der sozialen Partizipation sich eine soziale Kluft [zeigt], denn sie hängen stark vom Anregungsgehalt der Ausbildung und des Karriereverlaufs ab.“ (Kohli 2009: 234) Historisch betrachtet deutet dieser Aspekt darauf hin, dass sich individuelle Bildungswege rückblickend kontinuierlich verbessert haben. Die heutigen „Alten“ weisen, durch die in den 1960ern und 1970ern stattgefundenen Offensiven im Bildungsbereich, einen durchschnittlich höheren Ausbildungsgrad vor, als noch vor 50 Jahren (vgl. Karl 2009: 12). Es sind Tendenzen zu erkennen, dass jene Älteren auch finanziell besser ausgestattet sind, was wiederum schichtbezogene Unterschiede erkennen lässt. Anhand dessen könnten auch die Ansprüche jener „Gebildeten“ dahingehend nachvollzogen werden, in der Phase nach dem Erwerbsleben etwas „Sinnvolles“ zu tun. Dabei wird aber immer stärker der diesbezügliche gesellschaftliche Nachdruck bemerkbar, auch etwas für die Gesellschaft beitragen zu müssen, ebenso im Zuge von ehrenamtlichem Engagement etc. (vgl. ebd.). Laut Fred Karl (2009) „[hat d]er ,Ruhestand‘ keine Ruhe mehr“ (ebd.: 12) und der Übergang von Erwerbsarbeit hin zur Pension „bedeutet nicht den gleichzeitigen Eintritt in den ,Ruhestand‘.“ (Wahrendorf/Siegrist 2008: 68)

Es kann in jener Phase eine Reduktion von sozialen Kontakten erfolgen, gerade eben, weil es vermehrt durch alltägliche Erwerbstätigkeiten meist erst zu Interaktionen außerhalb des eigenen Haushaltes kommt. Auch der etwaige Verlust des Lebensgefährten oder der Lebensgefährtin führt zu einem Einbußen eines wesentlichen Austausches. Anhand dieser möglichen Verminderung von sozialen Kontakten in der Familie kann ehrenamtliches Engagement im Alter auch zur Förderung der sozialen Integration dienen (vgl. Daneke 2003: 29) und somit auch einer eventuellen, oftmals von vielen älteren Menschen befürchteten Exklusion aus der Gesellschaft entgegenwirken und dadurch den Betroffenen einen individuellen Nutzen erbringen. Aufgrund dessen stellt sich die Frage nach den Motiven von älteren Personen sich ehrenamtlich zu beteiligen, welche im Folgenden behandelt wird.


2.1 Gründe für ehrenamtliches Engagement im Alter
Einerseits steht hierzu die Position etwas für sich selbst zu wollen, also eher persönliche Beweggründe und andererseits eben etwas zur Gesellschaft beitragen zu wollen, ergo altruistische Motive.

Der Faktor „Spaß“ erweist sich bei allen Altersgruppen in Österreich, somit auch bei den 50- bis 79-Jährigen als primärer Beweggrund, warum Menschen ehrenamtliches Engagement leisten (vgl. hierzu More-Hollerweger/Rameder 2009b: 131f, inklusive einer Auflistung aller Beweggründe auf S. 133). Gertrud Backes (2006) argumentiert, dass in den letzten Jahrzehnten aufgrund des Wertewandels auch eine Transformation der Beweggründe für ehrenamtliches Engagement stattgefunden hat. Sie konstituiert eine Minderung von altruistischen und eine Verstärkung von egoistischen Gründen (vgl. Backes 2006: 84).

Weitere externe Einflüsse, wie beispielsweise Angebote seitens der Gemeinschaft und der Kommune, können ebenso dazu beitragen, dass bzw. ob sich ältere Menschen aktiv im Ehrenamt einbringen. Beratungs- und Kontaktstellen für ältere Menschen existieren bereits, jedoch gilt es zu hinterfragen, ob jene Angebote auch angenommen werden. Das Handlungsfeld der Sozialen Arbeit dient hier als Vernetzungskomponente. Erstens arbeitet sie schon mit dieser Zielgruppe, was ein Eingreifen und Motivieren zu ehrenamtlichem Engagement erleichtert und zweitens erweist sich der Kontakt zwischen Fachkräften und jenen Angeboten als niederschwelliger.

Ein weiterer Faktor, ob sich ältere Menschen ehrenamtlich engagieren oder nicht, stellen die bisherigen individuellen Erfahrungen mit Ehrenamt dar. Eine Vielzahl an empirischen Studien (z. B. Erlinghagen 2008, Aner 2007, Mühlpford 2006, Deutscher Bundestag – Enquete-Kommission 2002, Hank/Erlinghagen/Lempke 2006) zeigen, dass es damit zusammen hängt, ob es positive Erinnerungen dazu gibt. Die Chance, dass eine ehrenamtliche Tätigkeit in späteren Lebensphasen eine Premiere darstellt, erweist sich infolgedessen als sehr gering. Es müssen also in der Biographie eines Individuums positiv tangierende Momente mit ehrenamtlichem Engagement existieren, damit es auch im Alter dazu kommt. Sehr selten geschieht es, dass ältere Personen, welche bisher „Fremde“ im Freiwilligenbereich waren, sich dazu entscheiden, sozial engagiert zu sein. Je früher desto besser.

Allerdings stellt der Zugang zu ehrenamtlichem Engagement im Alter eine erhöhte Schwelle dar und erweist sich explizit bei älteren Menschen als diffizil. Eva Hollerweger (2001: 99) fand heraus, dass nur bei 37% jener Altersgruppe eine Beteiligung anhand von intrinsischer Motivation heraus entstand. Bei den restlichen Personen erfolgte ein ehrenamtliches Engagement durch äußere Einflussfaktoren. Sozialarbeiterische Angebote können an jenem Punkt ansetzen und Menschen, besonders eben ältere Personen, motivieren, in die Thematiken einführen, sie begleiten, informieren sowie ihnen Orientierung und Sicherheit anbieten. Dadurch könnten externe Einflüsse im Sinne sozialpädagogischer Angebote intrinsische Motivation wecken.


2.2 Bereiche
Die Reichweite der formellen wie auch informellen Bereiche und die Ausmaße an zeitlichen Ressourcen, in denen ehrenamtliches Engagement von älteren Menschen geleistet wird, erstreckt sich über das gesamtgesellschaftliche Spektrum. Die formelle ehrenamtliche Tätigkeit schwindet im ansteigenden Alter und transformiert sich eher hin zu informellen Betätigungen, da sich auch der Kontext und die Eingebundenheit in die Erwerbsarbeit mehr und mehr ausweiten. Ein Beispiel dafür ist eine Frau, welche geringfügig angestellt war und in der staatlichen Pension die Pflege der Enkelkinder übernimmt und sich somit im informellen Bereich des Ehrenamts betätigt4.

Im Gesamtdurchschnitt leistet die österreichische Bevölkerung jedoch an weniger als 30 Tagen jährlich ehrenamtliches Engagement, was auch übertragbar auf ältere Mitmenschen (50- bis 79-Jährige) ist. Bei über 50-Jährigen finden sich im formellen Bereich als häufigste Gebiete: Kultur, Religion, Katastrophenhilfe und Sport. Bei umweltbezogenen und religiösen Bereichen, im Gemeinwesen und den informellen Bereichen lässt sich erkennen, dass jene Altersgruppe auch stärker ehrenamtlich tätigt ist, als vergleichsweise die unter 50-Jährigen, welche nur vermehrt bei Sport und Bildung präsent sind (vgl. More-Hollerweger/Rameder 2009b: 127f).

Spannend erweist sich im Hinblick auf die ehrenamtlichen Handlungsfelder Politik sowie Sport das Senioritätsprinzip, wo die Altersgruppe der 50- bis 65-Jährigen zu profitieren scheint. Im Vergleich hierzu erweist sich der Bereich des Katastrophenschutzes als interessant. Denn jenes Prinzip fällt hierbei signifikant geringer aus, was durch die hohe Präsenz der unter 50-Jährigen in Leitungspositionen erklärbar scheint (vgl. ebd.: 129). Gründe für dieses vermehrte Vorkommen von Jüngeren in höheren Positionen im Ehrenamt können beispielsweise Einflussfaktoren, die das Alter per se mit sich bringen kann, wie zum Beispiel die körperliche Aktivität, den Gesundheitszustand und der Stressresistenz, sein. Jene Einflussfaktoren können im Alter eine tragende Rolle spielen und doch wesentliche Konsequenzen mit einher bringen, müssen es jedoch nicht. Beispielsweise werden Positionen in Gremien und im Managementsektor von sozialen Einrichtungen und Vereinen meist von älteren, nicht einfach automatisch erfahrungsreicheren, Personen besetzt, sondern weil sich des Öfteren auch kein jüngerer Ersatz findet und weil jene Aufgaben viel Zeit in Anspruch nehmen können.

Einen weiteren interessanten Aspekt von Beteiligung älterer Menschen im Ehrenamt stellt die Geschlechterverteilung dar. Frauen sind im Bereich des sozialen Engagements weit mehr aktiv als Männer, wobei sich jene hingegen verstärkt in Politik und instrumentellen Feldern (z. B. handwerkliche Dienste etc.) engagieren (vgl. Backes 2006: 74)5.


3. Positive Effekte des ehrenamtlichen Engagements im Alter
Durch die Darstellung der Gründe, warum Menschen sich ehrenamtlich betätigen, kommt die Frage nach den positiven Wirkungen auf. Im Folgenden werden sieben Argumente, die für ein freiwilliges Engagement im Alter sprechen, kurz skizziert:

Erstens haben einige Untersuchungen ergeben, dass es eine positive Korrelation zwischen dem Gesundheitszustand und sozialem Engagement zu erkennen gibt (vgl. More-Hollerweger/Rameder 2009b: 122, Bath/Deeg 2005, Wahrendorf/Sigrist 2008, Kolland/Oberbauer 2006, Morrow-Howell et al. 2003, Fried et al. 2004, Luoh/Herzog 2002). Der Faktor Gesundheit lässt sich einerseits schwer messbar machen und dementsprechend auch schwieriger nachweisen, jedoch ergeben sich auf der anderen Seite durch soziales, ehrenamtliches Engagement viele Möglichkeiten, unter anderem auch körperliche Betätigung oder Austausch und Interaktion mit Mitmenschen, den Gesundheitszustandes von Individuen positiv, wie auch negativ, zu beeinflussen. Es bedarf jedoch immer wieder eines Appells, dass die internen und externen Umstände passen müssen, um eben eine Aufwertung der Zufriedenheit der Lebenssituation von Personen durch ehrenamtliches Engagement zu ermöglichen (vgl. Backes 2006: 75).

Zweitens kann freiwilliges Engagement eine Möglichkeit sein, Belastungen in den verschiedensten Bereichen, wie auch in der Familie, zu kompensieren (ebd.: 86). Als Ausgleich zu aufbürdenden Situationen können auch schon wenige Stunden Ablenkung durch ehrenamtliches Engagement dazu führen, seine/ihre Sorgen zu vergessen und das Wohlgefühl zu heben.

Drittens stellt die Steigerung des Selbstwertgefühles einen Vorteil des ehrenamtlichen Engagements dar. Es besteht die Möglichkeit, dass durch den Wegfall der Berufsposition und Transformationen in der Familie die bisher zugewiesenen Rollen nicht mehr aktuell erscheinen. Ehrenamtliche Tätigkeiten können in jenen Fällen dazu beitragen, die Rollenverschiebungen aufzufangen, zu unterstützen und dabei den Selbstwert, welcher eventuell vermindert wurde, zu heben (vgl. More-Hollerweger/Rameder 2009b: 122).

Durch den Fakt, dass berufliche Qualifikationen in der nachberuflichen Phase meist an Wert und Attraktivität verlieren, gewinnt viertens der Aspekt des lebenslangen Lernens an (positiver wie auch negativer) Aufmerksamkeit. Ehrenamtliches Engagement von Älteren zielt diesbezüglich jedoch eher darauf ab, alltägliche Kompetenzen zu erhalten und zu erweitern (vgl. ebd.) und kann sozusagen den Verlust der Qualifikationswertigkeit puffern und die daraus resultierenden Konsequenzen begrenzen.

Ein weiteres, fünftes Argument, welches für freiwilliges Engagement im Alter spricht, ist der Fakt, dass es „zu einer neuen Qualität der Zeit-, Kontakt- und Arbeitsgestaltung auch in anderen Bereichen bei[trägt].“ (Backes 2006: 86) Insbesondere in der Lebensphase des Alters kann durch jenes explizite Wissen bei Individuen Partizipation und Selbstwertstärkung hervorgerufen werden, womit eine Beteiligung in anderen Bereichen verstärkt werden kann. Aufgrund dessen kann durch eine Mehrfachaktivierung einer eventuellen Isolation oder Vereinsamung entgegengewirkt werden.

Ebenso wesentlich scheint sechstens die Möglichkeit der politischen Partizipation und Interessensvertretung, welche anhand ehrenamtlichen Engagements ermöglicht wird. Beispielhaft gilt es hier die große Anzahl an Vereinen und Initiativen für ältere Menschen in Österreich zu erwähnen. Aus sozialpädagogischer Perspektive erweist sich die Partizipation als wesentlich und als eines der wichtigsten Argumente, welche für ein Ehrenamt im Alter sprechen.

Als siebten Punkt, welcher für ein ehrenamtliches Engagement im Alter spricht, sind soziale Kontakte und Interaktionen mit Gleichaltrigen, aber genauso auch mit jüngeren und älteren Personen. Durch einen, wie schon erwähnten eventuell eintretenden Verlust von FreundInnen und LebensgefährtInnen in der späten Lebensphase des Alters kann es zu einer Verkleinerung des Kreises der Vertrauten kommen. Ehrenamtliches Engagement stellt dementsprechend eine Chance dar, soziale Kontakte zu pflegen, sich auch neue Netzwerke aufzubauen und Kontakte auch außerhalb der familiären Strukturen zu bilden. Verwiesen sei hierbei auch auf generationsübergreifende Ansätze.


4. Barrieren des ehrenamtlichen Engagements im Alter
Grundsätzlich kann gesagt werden, dass eine Beteiligung an ehrenamtlichem Engagement immer individuell beginnt, stattfindet oder auch endet, weil, wie schon erwähnt, die soziostrukturellen Bedingungen ungleichmäßig verteilt sind.

Es stellt sich erstens die Frage, wie es gelingt ältere Menschen in ehrenamtliche Bereiche zu integrieren. Es kommt einerseits teilweise darauf an, ob und inwiefern Menschen finanziell, materiell, sozial, psychisch und gesundheitlich gefestigt sind und wo sie wohnen, damit sie sich ehrenamtlich betätigen. Und andererseits beeinflusst die Einstellung von Institutionen, Kommunen und Ehrenamtlichen selbst auch das Ausmaß an der Beteiligung von älteren Menschen, da diese von jenen oftmals abgelehnt werden (vgl. More-Hollerweger/Rameder 2009b: 120f). Probleme in den Institutionen selbst können auch zwischen Generationen stattfinden und dazu führen, dass man sich als älterer Mensch weniger oder gar nicht ehrenamtlich betätigt.

Zweitens kann ein wichtiger Aspekt bezüglich der Ausübung von ehrenamtlichen Diensten im Alter dahingehend entschieden werden, ob ältere Menschen im jeweiligen Bereich akzeptiert werden, oder ob jüngere Personen bevorzugt werden, denn „[v]iele Organisationen stehen dem Einsatz von Freiwilligen ambivalent gegenüber.“ (Caro 2008: 86) Es hat sich in den letzten 20 bis 30 Jahren jedoch einiges weiterentwickelt, denn bis in die 1980er-Jahre hin wurden ältere Menschen im ehrenamtlichen Bereich deutlich weniger akzeptiert als es heute der Fall ist. Im historischen Kontext hat sich dieses Blatt also schon etwas gewendet, da teilweise um Ältere anhand ihrer herausragenden Ressourcen, Expertisen und Fähigkeiten geworben wird (vgl. Backes 2006: 84). Jener transformierte, ressourcenorientierte Ansatz kann aus sozialpädagogischer Perspektive nur unterstützt werden.


5. Resümee
Zusammenfassend lässt sich hervorheben, dass eine Vielzahl an Faktoren eine Komplexität dieses Themas impliziert und auch einige Aspekte für und gegen ehrenamtliches Engagement sprechen, wie es in folgender Tabelle kurz skizziert wird.

Tabelle 1: Beispielhafte Aufzählung der positiven Aspekte und Barrieren ehrenamtlichen Engagements im Alter
Tabelle 1: Beispielhafte Aufzählung der positiven Aspekte und Barrieren ehrenamtlichen Engagements im Alter

Die Lebensphase Alter lässt sich in verschiedenste Bereiche aufsplitten und ehrenamtliches Engagement stellt in sozialarbeiterischer Perspektive einen vielversprechenden Aspekt bezüglich einer adäquaten Freizeitgestaltung dar und dies nicht nur in dieser speziellen Altersgruppe. Modifikationen im Leben erfahren alle Menschen, doch besonders im späteren Lebensabschnitt können solche Veränderungen als individuell schwieriger überwindbar erscheinen. An jenen Übergangspunkten und Transformationen, wie beispielsweise auch der Wechsel von einem Leben in Erwerbsarbeit in die Pension einen solchen Knackpunkt darstellt, kann die Soziale Arbeit positiv im beispielhaften Zuge von Vermittlung zu ehrenamtlicher Betätigung beitragen. Exemplarisch könnten schon existierende Beratungsstellen spezielle Beratungsmöglichkeiten für Menschen, welche aus der Erwerbsarbeit austreten, anbieten. Dementsprechend wäre eine verstärkte Vernetzung der Sozialen Arbeit mit solchen Beratungsstellen zu fördern.

Je früher mit ehrenamtlichem Engagement begonnen wird (vielleicht auch schon im Schulalter), desto kontinuierlicher wird jenes auch im weiteren Verlauf des Lebens beibehalten. Aufgrund dessen sollte sozialpädagogisch betrachtet schon in der Kindheit der Grundstein für ein motiviertes Verhältnis zu ehrenamtlichem Engagement gelegt und gefördert werden. Die Soziale Arbeit ist dementsprechend gefordert in ihrem Handlungsfeld Kinder und Jugendliche zu motivieren sich ehrenamtlich zu betätigen. Als Beispiel könnten begleitete Besuche in Altersheime oder auch gemeinsame Aktivitäten mit Katastrophenhilfsdiensten (z. B. Besuche des Roten Kreuzes oder der Freiwilligen Feuerwehr) sein. Eine erhöhte positive Medienpräsenz der Sozialen Arbeit mit ehrenamtlichen Kooperationen erscheint ebenso spannend und sinnvoll.

Barrieren, welche beispielhaft in der Tabelle oben genannt wurden, dienen als Ansatzpunkte für viele Handlungsfelder in der Sozialpädagogik. Das Fehlen von individuellen Ressourcen kann etwa durch ein professionelles Stärken dieser vermindert werden. Eine institutionelle Ablehnung gegenüber älteren Menschen im Ehrenamt könnte durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit vermindert werden, weil ein dadurch verändertes – auch positiveres – Altenbild die Akzeptanz seitens der Institutionen und ebenso bei den darin inkludierten Personen erhöht werden kann. Somit würde sich auch der Zugang zu ehrenamtlichen Engagements ebenso für ältere Menschen weiter öffnen, welcher per se auch eine Barriere darstellt. Beispielsweise könnten mehr Initiativen zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements in Zusammenhang mit der Sozialen Arbeit eingeführt werden, wie es beispielsweise der Pflegeelternverein Steiermark/alternative: Pflegefamilie (a:pfl) als ein Pilotprojekt begonnen hat.

Sozialarbeiterische Fachkräfte stellen wesentliche Schlüsselfiguren in Bezug auf das ehrenamtliche Engagieren von älteren Personen dar. Durch die nicht unbeachtliche Anzahl an positiven Effekten und aber auch den Barrieren von ehrenamtlichen Engagements in der Lebensphase Alter gilt es einen Appell an die Sozialpädagogik und all ihren Fachkräften auszurufen auf geschlechterreflektierenden, angebotsbietenden und vernetzungsfördernden Dimensionen wirksam zu werden, denn ehrenamtliches Engagement und jenes explizit im Alter erweist sich in vielen Bereichen als individuell und komplex. Eine wissenschaftliche Betrachtung erscheint in zukünftigen Forschungsfeldern als notwendig, um erstens sozialpädagogisch wirksam werden zu können, zweitens die aufkommenden Diskussionen rund um den demographischen Wandel angemessen führen zu können, und somit drittens dementsprechenden Entwicklungen wertfrei entgegenkommen zu können.


Verweise
1 Durch die steigende Lebenserwartung der Menschen vergrößert sich der Abstand zwischen Erwerbsarbeitstätigkeiten und Tod kontinuierlich, wodurch erstens neue Zeit- und Freizeitstrukturen im Alter benötigt werden und zweitens das Verständnis für eine weitreichendere Differenzierung innerhalb der Lebensphase Alter geschaffen werden muss.
2 Jenes Verständnis, wie es von Giddens dargestellt wird, dient diesem Beitrag als Hintergundfolie. Aufgrund dessen soll die Produktorientiertheit des Staates, wie es die Erwerbsarbeit darstellt, mitgedacht werden, also im Verständnis eines vom Staat erzeugtem Altersbildes.
3 Dies kann teilweise dadurch vermutet und begründet werden, dass Menschen möglicherweise noch immer Angst vor dem vom Staat konstruierten und demzufolge subjektiven Funktionsverlust haben und sich somit unbewusst überhaupt nicht mit dieser Thematik auseinandersetzen wollen.
4 Aus einer genderrelevanten Kritikperspektive heraus scheint jenes Exempel auch als einschneidend, da anhand dessen die zeitliche Dimension der Betätigung im Ehrenamt stark variiert und auch eine Tradierung von alten Rollenbildern (Großmutter pflegt Enkelkinder) geschieht.
5 Diese Verteilung lässt sich dahingehend interpretieren, dass Männer ihre berufliche Qualifizierung auch in der Pension weiter nutzen und zum Beispiel ihre handwerklichen Fertigkeiten weiterhin anbieten. Jenes Angebot erweist sich jedoch als Grauzone, da es den Bereich der Schwarzarbeit tangiert. Weiters stellt die familiäre Reproduktionsarbeit, von welcher Frauen stärker betroffen sind und oftmals die schon oben genannte Kinderpflege und Angehörigenpflege inkludiert, einen Sektor des informellen ehrenamtlichen Engagements dar.


Literatur

Backes, Gertrud M. (2006): Widersprüche und Ambivalenzen ehrenamtlicher und freiwilliger Arbeit im Alter. In: Schroeter, Klaus R. (Hg.): Altern und bürgerschaftliches Engagement: Aspekte der Vergemeinschaftung und Vergesellschaftung in der Lebensphase Alter. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 63f.

Beck, Ulrich (2007): Weltrisikogesellschaft. Auf der Suche nach der verlorenen Sicherheit. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Caro, Francis G. (2008): Produktives Altern und ehrenamtliches Engagement in den USA. In: Erlinghagen, Marcel / Hank, Karsten (Hg.): Produktives Altern und informelle Arbeit in modernen Gesellschaften. Theoretische Perspektiven und empirische Befunde. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 75f.

Daneke, Sigrid (2003): Freiwilligenarbeit in der Altenhilfe. Motivieren – organisieren – honorieren. München/Jena: Urban & Fischer Verlag.

Erlinghagen, Marcel (2008): Ehrenamtliche Arbeit und informelle Hilfe nach dem Renteneintritt. In: Erlinghagen, Marcel / Hank, Karsten (Hg.): Produktives Altern und informelle Arbeit in modernen Gesellschaften. Theoretische Perspektiven und empirische Befunde. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 93f.

Hollerweger, Eva (2001): Die Rolle von ehrenamtlicher Arbeit und Spenden in Österreich. http://epub.wu.ac.at/204/1/document.pdf (29.01.2014).

More-Hollerweger, Eva / Rameder, Paul (2009a): Die Empirischen Ergebnisse zum freiwilligen Engagement im Überblick – Beteiligung am freiwilligen Engagement in Österreich. In: More-Hollerweger, Eva / Heimgartner, Arno (Hg.): 1. Bericht zum freiwilligen Engagement in Österreich. Wien: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, S. 51f.

More-Hollerweger, Eva / Rameder, Paul (2009b): Freiwilliges Engagement und ältere Menschen. In: More-Hollerweger, Eva / Heimgartner, Arno (Hg.): 1. Bericht zum freiwilligen Engagement in Österreich. Wien: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, S. 120f.

Giddens, Anthony (1997): Die Diamantstruktur. In: Jenseits von Links und Rechts: Die Zukunft radikaler Demokratie. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, S. 229f.

Heimgartner, Arno / Anastasiadis, Maria (2011): Entwicklungen und Problemfelder im freiwilligen Engagement. In: Anastasiadis, Maria / Heimgartner, Arno / Kittl-Satran, Helga / Wrentschur, Michael (Hg.): Sozialpädagogisches Wirken. Wien: LIT Verlag, S. 185f.

Karl, Fred (2009): Einführung in die Generationen- und Altenarbeit. Opladen/Farmington Hills: Verlag Barbara Budrich.

Kohli, Martin (2009): Ungleichheit, Konflikt und Integration – Anmerkungen zur Bedeutung des Generationenkonzepts in der Soziologie. In: Künemund, Harald / Szydlik, Marc (Hg.): Generationen – Mehrdisziplinäre Perspektiven. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 229f.

Statistik Austria (2013a): Demographische Indikatoren. http://www.statistik.at/web_de/statistiken/bevoelkerung/demographische_masszahlen/demographische_indikatoren/index.html (24.10.2013).

Statistik Austria (2013b): Durchschnittliches Zugangsalter bei Eigenpensionen in der gesetzlichen Pensionsversicherung. http://www.statistik.at/web_de/statistiken/soziales/gender-statistik/pensionen/062534.html (24.10.2013).

Thiersch, Hans (2008): Bildung und Soziale Arbeit. In: Otto, Hans-Uwe / Rauschenbach, Thomas (Hg.): Die andere Seite der Bildung. Zum Verhältnis von formellen und informellen Bildungsprozessen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 237f.

Wahrendorf, Morten / Sigrist, Johannes (2008): Soziale Produktivität und Wohlbefinden im höheren Lebensalter. In: Erlinghagen, Marcel / Hank, Karsten (Hg.): Produktives Altern und informelle Arbeit in modernen Gesellschaften. Theoretische Perspektiven und empirische Befunde. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 51f.


Über die Autorin

Mag.a phil. Ines Findenig, Jg. 1987
ines.findenig@uni-graz.at

Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft – Arbeitsbereich Sozialpädagogik, Karl-Franzens Universität Graz
Studium der Erziehungs- und Bildungswissenschaften und Sozialpädagogik an der Karl-Franzens Universität in Graz, sowie derzeit Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin. Arbeitsschwerpunkte: Jugendarbeit, Jugendwohlfahrt, Generationenarbeit, Alter, Partizipation. Methoden: internationale Komparatistik, qualitative und quantitative Forschungsmethoden (teilnehmende Beobachtungen, Dokumentenanalyse, Fragebögen, Interviews etc.).
http://erziehungs-bildungswissenschaft.uni-graz.at/de/institut/arbeitsbereich-sozialpaedagogik/