soziales_kapital
wissenschaftliches journal österreichischer fachhochschul-studiengänge soziale arbeit
Nr. 12 (2014) / Rubrik "Geschichte der Sozialarbeit" / Standort Graz
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Thomas Aichhorn:

August Aichhorn

„Der Beginn psychoanalytischer Sozialarbeit“


Es mag verwundern, den Beginn der psychoanalytischen Sozialarbeit mit einer Person – August Aichhorn – zu verknüpfen, die in der Regel eher der Pädagogik als der Sozialarbeit zugerechnet wird. Ich berufe mich dabei auf Ernst Federn1, der selbst Sozialarbeiter war und Aichhorn gut kannte. Er behauptete kurz und bündig: „Psychoanalytische Sozialarbeit […] begann mit der Betreuung delinquenter und verwahrloster Jugendlicher in den 20iger Jahren durch August Aichhorn in Wien.“2 Und in seiner Arbeit „August Aichhorns’s work as a contribution to the theory and practice of Case Work Therapy“3 hatte er geschrieben:

„Jeder, der nach Konzepten für die Sozialarbeit sucht und hofft, Anregungen dazu in Freuds Entdeckungen zu finden, sollte zunächst und vor allem die Arbeiten des Mannes lesen und studieren, der sein Leben nicht nur der Anwendung der Psychoanalyse auf die Sozialarbeit gewidmet hat, sondern der auch der erste Sozialarbeiter war, der zugleich Psychoanalytiker gewesen ist. Man sollte sich auch daran erinnern, dass er als Person und in seiner Arbeit von Freud selbst uneingeschränkt unterstützt wurde“ (a. a. O.: 17f).4

Die Auffassung, was Sozialarbeit sei, war und ist, ist abhängig vom gesellschaftlich-politischen Rahmen, in dem sie stattfindet. Aichhorn war sich nur zu gut der Tatsache bewusst, dass er sich mit seinem Arbeitsansatz in eklatantem Widerspruch zu allen politischen Systemen der Zeit befand, in der er lebte und arbeitete. Er war zwar verschiedentlich in amtlicher Stellung tätig, aber keiner seiner Vorgesetzten hatte jemals seine Arbeit unterstützt.

Edith Buxbaum, sie war eine der ersten Schülerinnen des Lehrinstituts der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung5, charakterisierte ihn folgendermaßen: „August Aichhorn […] blieb sein ganzes Leben lang Erzieher, allen ungünstigen politischen Umständen und Veränderungen zum Trotz“ (Buxbaum 1969: 31). Er fand trotz widriger Umstände immer wieder Möglichkeiten, sowohl praktisch tätig zu sein, als auch unbeirrbar bemüht, seine Ansichten in Vorträgen und Veröffentlichungen zu verbreiten. Um für die Psychoanalyse zu werben, worum es ihm vor allem ging – Galatzer-Levy und Galatzer-Levy haben darauf in ihrer 2007 veröffentlichten Arbeit „August Aichhorn: A Different Vision of Psychoanalysis“ (Galatzer-Levy/Galatzer-Levy 2007) hingewiesen –, entwickelte er eine Taktik, mit deren Hilfe er hoffte, den Zuhörern genau das zu vermitteln, was sie, wie er wusste, eigentlich gar nicht hören wollten.

Galatzer-Levy und Galatzer-Levy betonen in ihrer Arbeit vor allem Aichhorns Bedeutung als Gesellschaftsreformer. Es sei seine erklärte Absicht gewesen, eine Gesellschaft zu reformieren, die die sogenannten Verwahrlosten nicht verstehen, sondern nur bestrafen und sich an ihnen rächen wolle. Er hingegen sei der Ansicht gewesen, dass die Gesellschaft sowohl für das Fehlverhalten von solchen Jugendlichen verantwortlich zu machen sei und auch dafür, dass sie sich weigere, ihnen zu einem erfüllten, produktiven Leben zu verhelfen. Soziale Reformen seien daher ein integraler und notwendiger Aspekt seiner Arbeit mit Jugendlichen gewesen.6

Um seine Ziele zu erreichen, habe Aichhorn sich aber nicht politisch betätigt, sondern eine gesellschaftskritische Psychoanalyse angewandt. Er habe Psychoanalyse nicht nur als eine Methode zur Behandlung von Neurotikern oder als eine allgemeine Psychologie verstanden, sondern er habe in ihr eine umfassende Weltanschauung gesehen, die das Verständnis für Menschen beeinflusse. Der analytische Zugang sei seiner Ansicht nach nicht nur auf die Behandlung von Neurotikern auf der Couch oder für Kriminelle in Institutionen, sondern auch auf die Beeinflussung von Politikern und Richtern anwendbar. Unterdessen habe sich allerdings die Auffassung von Psychoanalyse, wie sie von Aichhorn vertreten worden sei, entscheidend verändert. Alle die technischen Neuerungen in der Psychoanalyse, die davon bestimmt gewesen seien, die Übertragung zu nützen und nicht vor allem sie zu analysieren, würden mittlerweile als anti-analytisch angesehen. Die Analytiker hätten dadurch den Anwendungsbereich der Psychoanalyse entscheidend eingeschränkt und weite Bereiche Anderen überlassen. Aichhorns Arbeit vermittle im Gegensatz dazu eine vollkommen andere Auffassung von Psychoanalyse, eine Auffassung von einer Psychoanalyse nämlich, die sich in die Tagesereignisse einmische und leidenschaftlich darum bemüht sei, Menschen in Not mit einem durch die Psychoanalyse vermittelten Verstehen zu helfen.7

Aichhorn vertrat demnach eine unterdessen „unmodern“ gewordene gesellschaftskritische Psychoanalyse und er konnte sich noch auf die eine, von Freud entwickelte Psychoanalyse berufen. Er entwickelte keine neue, andere Psychoanalyse, sondern er hatte eine auf Freuds Psychoanalyse beruhende Methode erarbeitet und gelehrt.

In ihrer Arbeit „Wandlungen in psychoanalytischer Theorie und Praxis“ (Freud 1976 [1975]) erinnerte Anna Freud daran, dass der Psychoanalyse therapeutische Erfolge zunächst nur bei den Menschen möglich gewesen seien, die bereit waren, sich helfen zu lassen. Sie mussten fähig und willens sein, ein Arbeitsbündnis mit dem Analytiker einzugehen, um ihr seelisches Gleichgewicht zu finden oder wieder finden zu können. Vorbedingung dazu sei aber, dass sie über ein potentiell gesundes Ich verfügen. Die Technik der Psychoanalyse sei demnach an Patienten erarbeitet worden, die sowohl eine relative Reife der Persönlichkeitsentwicklung, wie auch soziale Integration erreicht hatten, für die sie allerdings mit den neurotischen Symptomen, unter denen sie litten, bezahlen mussten. Aichhorn aber habe sich als erster Patienten gegenüber gesehen, die nicht oder nur in einem geringem Maße geneigt oder fähig waren, ein Arbeitsbündnis einzugehen (a. a. O.: 2796f). Und in ihrer Schrift „Der wachsende Indikationsbereich der Psychoanalyse“ (Freud 1954) hatte sie nachdrücklich darauf hingewiesen, dass er daher die orthodoxe Methode den spezifischen Problemen der Verwahrlosten hatte anpassen müssen (a. a. O.: 1350).

K. R. Eissler8 schrieb dazu: „In Aichhorns Händen wurde Freuds Methode, die auf die Behandlung von Neurotikern abzielte, scheinbar zu einem völlig neuen Instrument, so verschieden schien sie von ihrem Original. Obgleich seine Methode grundsätzlich analytisch blieb, war sie doch den besonderen Anforderungen der Persönlichkeitsstruktur des Verbrechers, die so verschieden von der des Neurotikers ist, angepasst“ (Eissler 1949: X).9

Freud selbst hatte im Geleitwort zu Aichhorns 1925 erschienenem Buch „Verwahrloste Jugend“ (Aichhorn 1925) u. a. geschrieben:

„Das vorliegende Buch des Vorstandes A. Aichhorn beschäftigt sich mit einem Teilstück des großen Problems, mit der erzieherischen Beeinflussung der jugendlichen Verwahrlosten. Der Verfasser hatte in amtlicher Stellung als Leiter städtischer Fürsorgeanstalten lange Jahre gewirkt, ehe er mit der Psychoanalyse bekannt wurde. Sein Verhalten gegen die Pflegebefohlenen entsprang aus der Quelle einer warmen Anteilnahme an dem Schicksal dieser Unglücklichen und wurde durch eine intuitive Einfühlung in deren seelische Bedürfnisse richtig geleitet. Die Psychoanalyse konnte ihn praktisch wenig Neues lehren, aber sie brachte ihm die klare theoretische Einsicht in die Berechtigung seines Handelns und setzte ihn in den Stand, es vor anderen zu begründen.“ (Freud: 1925f)
Und: „Die Möglichkeit der analytischen Beeinflussung ruht auf ganz bestimmten Voraussetzungen, die man als ‚analytische Situation’ zusammenfassen kann, erfordert die Ausbildung gewisser psychischer Strukturen, eine besondere Einstellung zum Analytiker. Wo diese fehlen, wie beim Kind, beim jugendlichen Verwahrlosten, in der Regel auch beim triebhaften Verbrecher, muß man etwas anderes machen als Analyse, was dann in der Absicht wieder mit ihr zusammentrifft“ (Freud: 565f).

Es würde im gegebenen Rahmen zu weit führen, an dieser Stelle in Aichhorns Methode einzuführen. Festzuhalten ist aber, dass sich seine Lesart von Psychoanalyse, gerade auch was die Theorie betrifft, entscheidend von vielen der heute gängigen Auffassungen, was Psychoanalyse sei, unterscheidet. So stehen etwa seine Ideen zur Genese aggressiven Verhaltens im Widerspruch zu weit verbreiteten Auffassungen in der modernen Psychoanalyse, die meinen, in Gewalt, Hass und Wut die ursprünglichsten, genetisch angelegten Triebäußerungen erkannt zu haben. Er gehörte im Gegensatz dazu der Gruppe von Psychoanalytikern an, die der Ansicht waren und sind, dass die ersten Beziehungen des Säuglings zu seiner Umwelt zwar durchaus genetisch-instinktmäßig vorherbestimmt sind, dass aber seine affektiven Beziehungen zu den Erwachsenen das Ergebnis von Erlebnissen sind. So gesehen ist die Genese des Hasses durch Konflikte in der Libidoentwicklung bedingt. Aichhorn schrieb: „Ich habe immer gefunden, dass die Hassäußerungen die Reaktion auf ein nicht richtig befriedigtes Liebesbedürfnis waren“ (Aichhorn 1925: 143).


Zur Biographie August Aichhorns
Wer war nun dieser August Aichhorn?10 Seine Vorfahren waren um 1780 aus dem nördlichen Niederösterreich, wo sie über Jahrhunderte einen Bauernhof bewirtschaftet hatten, nach Wien gekommen. Sie hatten sich dort in einer Vorstadt als Gewerbetreibende niedergelassen. Nicht ohne Stolz berichtete Aichhorn, dass sich sein Großvater im Revolutionsjahre 1848 am bewaffneten Kampf gegen die „Kaiserlichen“ beteiligt hatte. Sein Vater, Wilhelm, sollte ursprünglich Priester werden, hielt es aber im klösterlichen Gymnasium nicht aus und absolvierte die Handelsakademie. Er gründete, 23 Jahre alt, im Zentrum der Wiener Innenstadt ein eigenes Bankhaus und wurde ein wohlhabender Mann. Auf Grund des Zusammenbruchs der Wiener Börse im Jahr 1873 verlor er alles und übernahm eine Bäckerei, die ihm seine Schwiegermutter gekauft hatte.11

August und sein Zwillingsbruder Rudolf waren 1878 geboren worden. Die Zwillinge hatten zwei ältere Schwestern und einen älteren Bruder, der 1903 während einer Bergwanderung erfror. Der Zwillingsbruder Rudolf war bereits 1897 innerhalb weniger Tage an Tuberkulose gestorben. Über die Ehe seiner Eltern berichtete Aichhorn, dass er während seines Aufwachsens die Eltern nie ein böses Wort miteinander wechseln gehört habe, er selbst habe nie Schläge bekommen.

Es war eine bürgerliche Welt im aufstrebenden Wien, in die die Zwillinge hineinwuchsen, eine Welt, die den Wert materieller Genüsse erkannt hatte, die aber auch wusste, dass sie nur mit Tatkraft und Unermüdlichkeit zu erreichen sind. Aichhorns Sehnsucht nach der Zärtlichkeit der Mutter aber blieb unerfüllt, er blieb sich selbst überlassen, seinem Gefühlsleben und den inneren Stürmen hilflos ausgeliefert.

In Briefen an Rosa Dworschak12 erinnerte er sich:

„Wenn ich so zurück denke an meine eigene Kindheit […], dann erkenne ich, wie arm eigentlich meine eigene Kindheit war, wie ich ganz allein mit all meinen Träumen in den Ferien herumlief und immer suchte, was ich nicht finden konnte. […] Ich mußte nur sehr früh empfunden haben, daß zuerst das zärtliche Bedürfnis befriedigt sein muß, das steht über allem, das muß man mir genommen haben, und das habe ich immer gesucht, und weil ich es nicht bekam, habe ich mich auf mich zurückgezogen und bin dann weniger auf Entdeckungsreisen in meiner Umwelt gegangen, sondern in mir selbst, und dadurch bin ich mir so wichtig geworden.“13

Die Erlebensunfähigkeit, über die er sich in seinem späteren Leben immer wieder bitter beklagte, konnte er nur durchbrechen, wenn es ihm gelang, Kontakt zu anderen Menschen herzustellen und zu ihnen innere Beziehungen aufzunehmen. Nur im Miterleben und im Nachdenken über sie konnte er sich lebendig fühlen. An Dworschak schrieb er:

„Ich habe doch nur ein Interesse und das sind die Menschen!!!!! Sie reizen mich, nicht, sie lieb zu haben, wissen möchte ich von ihnen, wie sie das Leben erleiden; wie sie ihr Schicksal ertragen. Und da schaue ich auf ihr Gesicht, auf die Hände, ihre Bewegungen, horche auf ihr Reden und auf das, was sie verschweigen, und beobachte und beobachte, bis sie mir, ohne es zu wissen, verraten, was sie verschweigen wollen. Und dieses Schauen und Horchen wird immer feiner und immer differenzierter zerteilt sich mir der Einzelne. Ich weiß nicht immer ob ich richtig urteile und schließe, aber darin liegt für mich der Reiz: Immer weniger Fehler zu machen und die Menschen immer genauer zu erfassen.“14

Etwas später schrieb er in einem anderen Brief an Dworschak:

„Weißt Du welchen Gedanken ich jetzt habe? Vielleicht waren meine Vorfahren darauf erpicht, unter den Bauern ihrer Umgebung hervorzuragen. Das konnten sie nur, wenn sie dem Boden mehr Erträgnisse abrangen, als die anderen, und da hieß es arbeiten und schuften, von frühen Morgen bis zum späten Abend. Kein Augenblick der Ruhe, der Rast, des sich Besinnens. Was in der Natur sich tat, konnte nicht geschaut, genossen, sondern nur auf seinen Ertrag hin beurteilt werden. So wurden sie tüchtige Menschen, die jederzeit das Leben bezwangen, so kamen sie nach außen hin hinauf, wurden angesehene Menschen und wussten wahrscheinlich durch Generationen nicht mehr, wie arm sie in ihrem Innenleben waren. Ich kann mir sehr gut vorstellen, wenn da einmal so ein Träumer, einer, der zum wirklichen Erleben zurückkehren wollte, da war, dass dieser unverstanden, verlacht, als unnützer unbrauchbarer Esser an die Wand gestellt worden ist. […] Wahrscheinlich war ich als Kind einer von diesen Unbrauchbaren. Aber auch das andere war da, das Lebenskluge und das Überwältigende, – weiß der liebe Gott warum, – der Träumer.“
Er setzte fort: „Jetzt denke ich an die Ankunft in Mestre. […] Als wir uns Mestre näherten, wuchs meine Spannung immer mehr. Venedig!!! Die Gegend wird immer flacher und immer armseliger. Laaerberg aus dem 10. Bezirk in die Ebene verlegt. Ebenso die Menschen. Die Fabriken haben eben geschlossen, müde abgearbeitete, verschwitzte, hasserfüllte Blicke ins Auto werfende Menschen, ziehen zu hunderten an uns vorbei. Wir müssen wegen der dichten Menschenmenge langsam fahren. Hunderte von diesen Arbeitern haben Fahrräder. Hunderte haben einen zweiten aufsitzen lassen, der kein Rad hat, – und in diesem Gewühl wir im Auto! Es war nicht schön. Die Erwartung ‚Venedig’ sank und ich wäre gerne ausgestiegen, hätte gerne diese Menschen aufgewiegelt, sich zu wehren und nicht zuzulassen, dass sie in solchem Elend verkommen müssen. Aber wieder war dieser Impuls nur geeignet, mir die Stimmung zu verderben, mich schweigsam zu machen, aber mehr, zu mehr kam es nicht.“15

Älter geworden, kam Aichhorn mit den Lehrlingen und Gesellen, die im Betrieb seines Vaters beschäftigt waren, in freundschaftlichen Kontakt. Wenn sie eine Arbeitspause hatten, dann spielten sie Karten. Aus dem Zuseher wurde bald ein begeisterter Mitspieler, er wurde gelobt und anerkannt und fand bald die Tricks heraus, die sie anwandten, um zu gewinnen. Das geschah unter fröhlichem Gelächter und es gab keine Belastung durch Verbote. Die Leidenschaft für das Kartenspielen brachte ihm später eine Einladung zur samstäglichen Tarockrunde bei Freud, eine Auszeichnung, die außer ihm, Ludwig Jekels und Felix Deutsch keinem anderen Psychoanalytiker zuteil geworden ist. Sein erster Spielabend wurde allerdings durch einen Fehltritt durchkreuzt, an den ihn Anna Freud in ihren Briefen mehrmals erinnern sollte: Als er von ihr aufgefordert worden war, zum Kartenspiel zu kommen, glitt er auf der Treppe aus und brach sich einen Arm.16 Noch im Mai 1938 berichtete Freud seiner Schwägerin Minna, die damals bereits in London war: „Auch gab es gestern eine Tarockpartie mit Königstein und Aichhorn“ (Freud 2005: 316).

Aichhorn wurde zunächst Pflichtschullehrer. Aber sobald er eine Anstellung als Lehrer gefunden hatte und von der Familie finanziell unabhängig geworden war, begann er mit einem neuen Studium. Er machte eine Realschulmatura und besuchte die Technische Hochschule, weil er sich für das klare mathematische Denken und die Vorstellungsweise interessierte, die für die darstellende Geometrie die Grundlage bildet. Bald aber gab er das Studium wieder auf, da sich ihn weit mehr interessierende Betätigungsmöglichkeiten ergeben hatten.

1906 waren in Wien militärisch organisierte Knabenhorte entstanden. In dem darüber ausgebrochenen Konflikt standen den sich dagegen auftretenden Lehrern pensionierte Offiziere gegenüber, die in der militärischen Knabenerziehung ein neues Betätigungsfeld entdeckt hatten. Sie wurden vom Militär, dem hohen Adel und der Regierung gefördert, die Lehrer wurden vom Wiener Magistrat und dem Gemeinderat unterstützt. Sie gründeten – als Antwort auf die militärischen Knabenhorte – zivile. Aichhorn leitete einen dieser Horte, den er 1907 mitbegründen half. Er berichtete: „Im Jahre 1907 entbrannte der Kampf auf allen Linien, Gegenvereine wurden gegründet und es wurde, so schwer es mir ist, es auszusprechen, der Kampf um das Kind geführt.“17

Schließlich gründete die Gemeinde Wien 1908 den „Zentralverein zur Errichtung und Erhaltung von Knabenhorten“, welcher in allen Gemeindebezirken Hortstationen errichtete. Aichhorn wurde zum Zentraldirektor und damit zum verantwortlichen Leiter aller Horte des „Zentralvereins“ bestellt. Um seine Arbeitskraft ganz den Knabenhorten widmen zu können, wurde er vom Unterricht in der Schule befreit. Die Liste der Anerkennungsschreiben und Auszeichnungen, die er für seine Arbeit für die Knabenhorte bekam, ist umfangreich. Unter anderem wurde der Verein 1910 vom Kultusminister mit dem österreichischen Staatspreis ausgezeichnet und 1914 wurde Aichhorn der Titel „Kaiserlicher Rat“ verliehen.

Im Oktober 1915 wurde Aichhorn in die Städtische „Zentralstelle für militärische Jugendvorbereitung“ berufen. Dokumente über seine Arbeit an der Zentralstelle sind keine erhalten geblieben, sein Verständnis für diese Aufgabe geht aber aus dem Vortrag „Einige Winke über die Gestaltung der Beschäftigung bei der vaterländischen Erziehung“18 hervor, den er auf einem Informationskurs für Jugendführer 1917 gehalten hatte.

Der damals herrschenden Diktion nach war durch den Kriegsausbruch die österreichische Jugend mit einem Schlag in einen „kriegswichtigen Rohstoff“ verwandelt worden. War es vor dem Krieg um eine staatsbürgerliche Erziehung gegangen, also um ein pädagogisches Konzept, das zur aktiven Teilnahme in einem Staatswesen erziehen sollte, das als objektive Gestalt der sittlichen Ideale der menschlichen Gemeinschaft gedacht war, so ist unter vaterländischer Erziehung eine doktrinäre Gesinnungspädagogik zu verstehen, die den Staat als Selbstzweck begreift und seine Bürger als bloße Mittel, die ihm zu dienen haben. Konnte man über das Konzept der staatsbürgerlichen Erziehung kritisch diskutieren, so stand die vaterländische Gesinnung fest; sie strebte nicht die freie Einsicht der Subjekte, sondern ihre fraglose Unterwerfung an.

In seinem Vortrag wandte Aichhorn bereits damals eine Taktik an, die er auch in späteren Jahren immer wieder verwenden sollte: Er stellte sich in seinem Vortrag dieser Sprache und Gesinnung nicht offen entgegen, sondern er griff sie auf, um von innen her gegen das Denken zu argumentieren, das sich darin artikulierte. Gegen die rücksichtslose Zurichtung des „humanen Rohstoffes“ für die vaterländischen Zwecke brachte er die Erziehungsmittel und die pädagogische Psychologie ins Spiel und wies derart die militärische Instrumentalisierung der Jugendlichen entschieden zurück. Sein Interesse galt weiterhin nicht dem Vaterland, sondern den Jugendlichen, die er darum auch nicht „vaterländisch“ erziehen wollte, sondern, wie vor dem Krieg, „staatsbürgerlich“.

Im Oktober 1918 wurde Aichhorn beauftragt in einem ehemaligen Flüchtlingslager in Hollabrunn19 eine Erziehungsanstalt für verwahrloste Kinder und Jugendliche einzurichten. 1921 wurde die Anstalt nach St. Andrä/Traisen verlegt und im Frühjahr 1923 endgültig aufgelassen.20

Im Rückblick berichtete Aichhorn über seine Erfahrungen:

„Schon damals war ich bei der sozialdemokratischen Majorität des Wiener Gemeinderates unbeliebt, da man in mir, ohne daß ich mich je politisch betätigt hatte, den klerikalen Reaktionär vermutete. Als die Anstalt durch ihre Leistungen auffiel und vielseitig Beachtung fand, vermeinten die Juristen des Jugendamtes, die Situation ausnützen zu können. Ein Magistratsoberkommissar versuchte, für sich die Direktorenstelle zu erlangen und mich, den man brauchte, auf die Stelle des pädagogischen Leiters zurückzudrängen. So sicher fühlte er sich schon, daß er vor mir in meiner Dienstwohnung zeigte, wie er sich einrichten wird. Der Anschlag mißlang, die Kämpfe hörten aber nicht auf: Oberhollabrunn wurde im Frühjahr 1921 aufgelöst, die Mehrzahl der Zöglinge entlassen, und nur ein Rest in das bisherige Versorgungshaus21, nach St. Andrä an der Traisen verlegt. Der Betrieb war nun so klein, daß persönliche Interessen der Jugendamtsjuristen nicht mehr in Frage kamen. 1922 übernahm die Gemeinde Wien die große Erziehungsanstalt22 in Eggenburg23, löste St. Andrä auf und überstellte die Zöglinge nach Eggenburg. Die Lehrer der Anstalt Eggenburg wandten sich in einem Schreiben an mich und sagten mir ihre volle Unterstützung für meine Berufung als Leiter zu. Ich kannte die Stimmung der Machthaber in der Gemeinde Wien, die den Leiter zu bestimmen hatte, und wußte daher, daß jedes Bemühen für mich zwecklos war.“24

Die Schließung des Heims erfolgte, wie Akten aus dem Wiener Gemeinderat bezeugen25, tatsächlich vor allem aus politischen Gründen. Aichhorns pädagogische Arbeit war von allen Seiten stets als wegweisend anerkannt worden. Möglicherweise trug ihm aber auch seine zunehmende Orientierung an der Psychoanalyse die Missgunst von Aline Furtmüller ein, einer prominenten sozialdemokratischen Gemeinderätin, die Mitglied von Alfred Adlers Verein für Individualpsychologie war.

Als Aichhorn – nach einigen Umwegen – in der Psychoanalyse das theoretische Gerüst für seine Arbeit gefunden hatte, nahm er im Sommer 1921 von St. Andrä aus Kontakt mit der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung auf.26 Eissler schrieb, dass Freud, als er Aichhorn persönlich kennen gelernt hatte – wie vorher schon Anna –,

„sogleich die Bereicherung [erkannte], die Aichhorns Entdeckungen für die Psychoanalyse bedeuteten. Während bis dahin der Psychoanalyse nur ein Verfahren zur Verfügung stand, das zur Heilung neurotischer Erkrankungen, also triebgehemmter Menschen führt, machte die von Aichhorn ausgearbeitete psychotherapeutische Technik es möglich, die Triebenthemmten, Aggressiven, wieder in die Gemeinschaft einzugliedern.“27

Aichhorn begann eine Analyse bei Paul Federn;28 seinen Probevortrag „Über die Erziehung in Besserungsanstalten“ (Aichhorn 1923) hielt er am 21. Juni 1922. Seine Wahl zum Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung erfolgte am 18. Oktober 1922.

Aichhorn hatte seinen Vortrag mit einer Erläuterung begonnen: „Ich sage absichtlich Erziehung in Besserungsanstalten, obwohl ich weiß, daß der offizielle Terminus Zwangserziehung heißt.“ Er hatte den Begriff „Zwangserziehung“ zurückgewiesen, weil er den Zwang als Erziehungsmittel ablehnte. Verwahrloste Kinder und Jugendliche sollten, so Aichhorn, nicht gezwungen, sondern gewonnen werden. Er setzte auf Aussprachen und mildes Verzeihen bis zur äußersten Grenze, auf den kathartischen Effekt von Erschütterung und Rührung, der dem analytischen Erzieher die Handhabe gäbe, in den Zögling einzudringen und die im Unbewussten liegenden Motive seines Handelns zu erschließen. Alltägliche Konflikte, die in der traditionellen Anstaltserziehung gewöhnlich zum Anlass exemplarischer Strafen wurden, traten in Aichhorns Verständnis der Dissozialität an die Stelle des Traums oder der freien Assoziation von Neurotikern. Der alltägliche Konflikt, so könnte man formulieren, war für ihn der Königsweg zum Unbewussten des Dissozialen.

Als 1922 das Ambulatorium und im Winter 1924/25 das Lehrinstitut der Wiener Vereinigung eröffnet worden waren, waren von allem Anfang auch Kurse für Pädagogen und Sozialarbeiter angeboten worden. Aichhorn hielt ab 1924 im Ambulatorium Kurse ab. Im März dieses Jahres schrieb Anna Freud an ihre Freundin Lou Andreas-Salomé: „Mit Aichhorn bin ich wieder viel beisammen. Er hat in den Kursen, die am hiesigen Ambulatorium abgehalten werden, auch einen angekündigt und mich als Berater und Zensor bei der Ausarbeitung zugezogen“ (Rothe/Weber 2001: 285). Und nur wenige Tage später schrieb sie: „Im psychoanalytischen Leben ist hier allerlei los. Am Ambulatorium […] wird eine ganze Reihe von Lehrkursen gelesen. […] Aichhorn hat vorige Woche begonnen“ (a. a. O.: 289).

Psychoanalytische Pädagogik – genauso gut könnte man sagen: Psychoanalytische Sozialarbeit – war damals im Rahmen der Institutionen der Wiener Vereinigung als ebenso legitime Anwendung von Psychoanalyse verankert, wie die therapeutische. Damit war eine neue Form von psychoanalytischer Praxis entstanden, die sich außerhalb der von Freud ursprünglich entwickelten analytischen Praxis entfaltet hatte. Diese neue Praxis war in die soziokulturelle Wirklichkeit Wiens, die ihr keineswegs nur wohl gesonnen war, eingebunden. Sie wurde diskutiert, über persönliche Erfahrungen vermittelt, und sie blieb im Rahmen der Institutionen der Wiener Vereinigung verankert.

Ab 1927 war Aichhorn Mitglied des Lehrausschusses der Vereinigung, ab 1925 arbeitete er zudem in seiner privaten Praxis mit Erwachsenen und Jugendlichen als Psychoanalytiker, als Lehr- und Kontrollanalytiker und als Supervisor. Zu seinen Analysanden zählten u. a. Ruth29 und K. R. Eissler, Margaret Mahler-Schönberger30 und auch Heinz Kohut.31 Über diesen durchaus wesentlichen Aspekt seiner Arbeit hinterließ er nur sehr wenige Zeugnisse.

Da Aichhorn auch nach der Schließung des Erziehungsheimes weiterhin praktisch tätig bleiben wollte, lehnte er den Posten in der Verwaltung des Jugendamts, der ihm nach seiner Rückkehr aus St. Andrä nach Wien angeboten worden war, ab. Stattdessen regte er an, Erziehungsberatungsstellen einzurichten.32 Seine Absicht war es, dadurch möglichst frühzeitig Entwicklungsstörungen erkennen und behandeln und spätere Einweisungen in Institutionen verhindern zu können. Seinem Antrag wurde stattgegeben und er richtete an den damals bestehenden 14 Wiener Bezirksjugendämtern Erziehungsberatungsstellen ein. Während der ersten Jahre führte er die Erziehungsberatungen allein durch, ab 1926 wurde er von zwei Ärzten unterstützt.

Der für die Erziehungsberatungsstellen zuständige Stadtrat war Julius Tandler. Dessen Fürsorgekonzept beruhte auf bevölkerungspolitischen und eugenischen Ideen, auf Überlegungen also, die zu denen Aichhorns in diametralem Gegensatz standen (vgl. Tandler 1924, 1925, 1928, Wolfgruber 1999). Renate Göllner schreibt:

„In den von Tandler als unproduktiv apostrophierten, nicht Wert schaffenden gesellschaftlichen ‚Minusvarianten’, wozu er auch Kriminelle rechnete, sah Aichhorn den schuldlos schuldig gewordenen Menschen. […] Während also der Staatssozialist Tandler seine Fürsorgemaßnahmen allein an der zukünftigen Produktivität der menschlichen Arbeitskraft ausgerichtet sehen will, steht im Mittelpunkt des psychoanalytischen Erziehungsberaters Aichhorn das einzelne Individuum, das beschädigte Leben, dem es unabhängig von zukünftiger ökonomischer Effizienz, vor allem um seiner selbst willen, aber als eines gesellschaftlichen Wesens, zu helfen galt“ (Göllner 2003: 18f).

Im Jugendamt fand Aichhorn auch die Voraussetzungen, die er für seine Aus- und Weiterbildungstätigkeit in psychoanalytischer Pädagogik und Sozialarbeit benötigte. Die Möglichkeit, die Arbeit am Jugendamt mit der Ausbildung von Kandidaten der Wiener Vereinigung zu verbinden, drohte verloren zu gehen, als Aichhorn im September 1928 seine Dienstzeit vollendet hatte und Tandler mitteilte, dass er beabsichtige, nun in Pension zu gehen. Tandler ersuchte ihn, weiter zu bleiben, und versprach ihm, sich dafür einzusetzen, dass er die verlangte Gehaltserhöhung bekommen werde. Als Aichhorn diese aber nicht zuerkannt bekam, reichte er im Mai 1929 sein Pensionierungsansuchen ein. Am 16. September 1930 konnte er dann endlich seine Pensionierung erreichen. Er hatte aber mit Tandler vereinbart, dass er auch nach seiner Pensionierung an zwei Bezirksjugendämtern die Erziehungsberatung ehrenamtlich weiterführen könne. In einem dieser Ämter kam es bald zu Konflikten, weil der Amtsleiter mit Aichhorns Arbeit und Unterrichtstätigkeit nicht einverstanden war. Da die Wiener Vereinigung daran interessiert war, die Ausbildungsmöglichkeit zu erhalten, wurde Tandler im Juli 1931 ein dahingehendes Ansuchen überreicht (vgl. Aichhorn 1976: 65). Die Antragsteller berichteten Aichhorn nach einem Gespräch mit Tandler, dass dieser gemeint hätte, Aichhorn sei nur deswegen nicht im aktiven Dienst verblieben, weil seiner Eitelkeit in der Frage einer Titelverleihung nicht entsprochen und auf seine kleinlichen Forderungen nach einer Gehaltsaufbesserung nicht eingegangen worden sei.33 Darauf hin entschloss sich Aichhorn, seine Tätigkeit im Jugendamt sofort einzustellen.34 Er schrieb an Tandler: „Wenn Ihnen Ihr Personalreferent einen geeigneten Psychoanalytiker als Ersatz für mich in Vorschlag bringt, so freue ich mich drüber. Ich brauchte dann nicht zu befürchten, daß die von mir gegen so viele Widerstände geschaffene Erziehungsberatung plötzlich aufhört“ (Freud/Aichhorn 2012: 84). Aber auch diesen Wunsch erfüllte ihm Tandler nicht. Den von ihm mit der Erziehungsberatung betrauten Franz Winkelmayr kannte Aichhorn zwar auf Grund ihrer gemeinsamen Arbeit in Hollabrunn, als einen geeigneten Nachfolger sah er ihn sicherlich nicht (vgl. Göllner 2003: 22f).

Als Aichhorn im Juli 1948 anlässlich der Feier zu seinem 70. Geburtstag öffentlich geehrt worden war, berichtete er Anna Freud:

„Stellen Sie sich aber mich, auf dem Podium sitzend, die offiziellen Glückwünsche entgegennehmend, vor. Ich mag solche Sachen an sich nicht, dazu noch die besondere Situation: dieselben Stellen, die mich seinerzeit verfehmten, mir Oberhollabrunn nahmen, nichts unversucht ließen, mich im Jugendamt in die untergeordnete Stellung zu zwingen, können sich nun der Ehrungen nicht genug tun. Es ekelt einen an. Erinnern Sie noch, wie schmählich sich Tandler in Angelegenheit der Erziehungsberatung benommen hat und wie sein Verhalten mich zwang die Erziehungsberatung sofort einzustellen? Ich habe damals das alles über mich ergehen lassen, wie diesmal die lächerliche Geburtstagsfeier. Am Schluße kam der seinerzeitige Leiter des Jugendamtes Senatsrat Dr. Rieder auf mich zu und sagte: ‚Wie haben Sie sich gefühlt?’ Meine Entgegnung: ‚Das fragen Sie, der doch seinerzeit im Auftrage der Dienststelle meine Absägung besorgte.’ Darauf er: ‚Wenn ich heute beauftragt worden wäre, Sie zu beglückwünschen, hätte ich gesagt, irren ist menschlich, wir haben Sie weitaus unterschätzt und dementsprechend behandelt, wir geben zu, daß Sie sich trotzdem durchgesetzt haben und freuen uns heute, zu Ihrem 70. Geburtstag die Möglichkeit haben, dies einzugestehen.’ Er fügte dann noch hinzu, ‚das wäre ehrlich und anständig gewesen.’ Ähnliches als Privatmann – er ist längst in Pension – zu sagen, dazu hat ihm doch der Mut gefehlt. Er beglückwünschte mich auf seine Art“ (Freud/Aichhorn 2012: 351f).

Und an Heinz Kohut schrieb Aichhorn:

„Der ‚Kelch’ der Geburtstagsfeierlichkeiten ist an mir vorübergegangen, es gab sehr viel zu schreiben. Mit welcher Verlogenheit die Menschen die wirkliche Realität verkennen und tun, als ob sie vergangene Zeiten vergessen hätten. Aber genau so wenig wie mich seinerzeit die Missachtung gestört hat, begeistern mich jetzt die Lobpreisungen.“35

Um Aichhorns Ausbildungstätigkeit für die Wiener Vereinigung zu erhalten, musste nach dem Verlust seiner Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeit im Rahmen der Jugendämter, ein Ausweg gefunden werden. Willi Hoffer gelang es, Aichhorn für ein von ihm entwickeltes Projekt zu gewinnen. Aichhorn ging auf Hoffers Vorschläge ein und Anfang 1932 wurde unter seiner Leitung und der Mitarbeit von Anna Freud, Hoffer und Editha Sterba eine Erziehungs- und Jugendberatungsstelle der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung in Wien, IX., Wasagasse 10, eröffnet (vgl. Aichhorn 1976: 67ff).

Einen weiteren Bereich, mit dem sich Aichhorn sein Leben lang auseinandergesetzt hatte, möchte ich nicht unerwähnt lassen: die Strafgesetzgebung Jugendlichen gegenüber.36 Verfolgt man die aktuellen Diskussionen, dann ist es schon verwunderlich, dass Aichhorns Ideen dazu von den dafür verantwortlichen Politikern aber auch von den „Experten“ vollkommen ignoriert werden.

Über die Motive, die letztlich dazu geführt haben – und führen – dass es am politischen Willen mangelt, mit straffälligen Jugendlichen sinnvoll umzugehen, schrieb Aichhorn in einer Notiz aus seinen letzten Lebensjahren:

„Es ist zu verwundern – oder vielleicht auch nicht –, daß die Äußerungsformen der so verborgen ablaufenden infantilen Neurose schon recht lange zu Untersuchungen angeregt haben und daß die auffälligen Erscheinungen der uns allen bekannten Verwahrlosung erst spät die Wissenschaftler anregten und dann die Phänomene der Verwahrlosung auch nur von einem ganz bestimmten Standpunkt aus betrachtet wurden. Es erweckt den Anschein, daß das verwahrloste Kind den Erwachsenen affektiv sehr berührt, daß es ihm ein unangenehmes Spiegelbild eines Teiles seines eigenen, von ihm abgelehnten Ich vorhält. Wenn dieses Spiegelbild auch verzerrt sein mag, so trifft es doch sehr Verdrängt-Gehaltenes und die selben Kräfte, die nach innen wirkend die Verdrängung hervorgerufen haben, bleiben entweder nach außen unwirksam: der Verwahrloste ist uninteressant, man beachtet ihn nicht und läßt ihn weiter verkommen. Oder sie werden nach außen hin wirksam und treten dann in zweifacher Art in Erscheinung: sie regen zur wissenschaftlichen Untersuchung an oder treten unverhüllt als Gewalt in Erscheinung: man liefert den Verwahrlosten dem Strafgesetz aus.“37

Bekanntlich vernichtete der gewaltsame politische Eingriff durch die Nationalsozialisten 1938 das bis dahin in Wien bestehende organisatorische Zentrum der Psychoanalytischen Bewegung. Die Vereinigung stellte ihrer Tätigkeit ein und wurde geschlossen, Freud, seine Familie, und die große Mehrheit der Mitglieder und Kandidaten der Vereinigung verließ Wien. Aichhorn blieb als der einzige aktive Psychoanalytiker in Wien zurück. Er arbeitete weiter in seiner Privatpraxis und leitete Ausbildungsseminare (vgl. Ash 2012). 1946 erfolgte unter seiner Leitung die Wiedereröffnung der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung, deren Präsident er bis zu seinem Tod am 13. Oktober 1949 war.


Zur Charakteristik August Aichhorns
Soweit die wichtigsten Daten zu Aichhorns Biografie. Über die Wirkung, die er auf andere hatte, schrieb K. R. Eissler:

„Aber für diejenigen, die das Privileg hatten, mit ihm zu arbeiten, erschien Aichhorns Persönlichkeit das faszinierendste Erlebnis. […] Spiel und Arbeit war bei ihm eins. Trotz seiner Hingabe an die Verwahrlostenbehandlung behielt er die Fähigkeit, die Abenteuerlichkeit des Verbrechens zu genießen und das Verständnis für den Genuss, den der Kriminelle empfindet, wenn er jene Gesetze übertritt, vor denen die übrige Gesellschaft sich beugt“ (Eissler 1949: XIII).38

Bei seinen Schülern löste Aichhorn Bewunderung aber auch Erstaunen und Irritation aus. So beschreibt etwa der Amerikaner John M. Dorsey, der von 1935 bis 1937 in Wien seine psychoanalytische Ausbildung absolvierte, Aichhorns Unterricht:

„November 16th 1936. Just returned from Aichhorn’s class – what a teacher, being a cross between Santa Claus and Buffalo Bill – a forceful, impressiv speaker, taking one or two big points and ‘herumlaufen’ (free associating) technique, asking to be helped out with a ‘forgotten’ (?) word here and there, watching his class with the keenest of interest“ (Dorsey 1976: 138).

Peter Blos39 erzählte über seine Beziehung zu Aichhorn:

„Das war 1927, vielleicht auch 1928. […] Mein Kontakt mit Aichhorn wurde sehr intim und ich hatte große Bewunderung für den Menschen und für seine Arbeit. Vor allem dafür, wie er Kinder und Jugendliche verstehen konnte, augenblicklich und intuitiv, und wie er mit ihnen reden konnte. Ich habe mich sehr dafür interessiert und er war aufgeschlossen für mein Interesse und so verbrachte ich viele Stunden mit ihm, in denen er mich eingeladen hatte, mit ihm in die Erziehungsberatungsstelle zu kommen, das heißt: zu gehen, denn damals fuhren die Leute noch kein Auto. So nahmen wir die Straßenbahn, und das hat ungefähr eine Stunde gedauert, zu einem Arbeiterbezirk ziemlich weit draußen. […] Er war sehr unkonventionell und immer erreichbar. Er war immer sehr beschäftigt: Er hatte seine Familie, er hatte Patienten, er hatte einen oder zwei Jugendliche, die in seiner Wohnung wohnten und für die er verantwortlich war und er hatte seine Stellung als Vorstand bei der Stadt, aber wenn ich ihn anrief und sagte, daß ich gern etwas mit ihm besprechen möchte, dann sagte er gleich: ‚Wie wär’s um 12 Uhr heute Nacht bei einem Bier?’ Oder ein anderes Mal sagte er zu mir: ‚Ich bin sehr beschäftigt im Moment, aber wie wär’s morgen früh um sechs?’ Er legte keinen Wert auf Formalitäten, und was ich merkte und beobachtete war seine vollständige Abwesenheit Aggression, von irgendwelcher emotionaler Verurteilung. Er hatte sehr klar definierte Werte und war ein Mann, der sehr genau wusste, was er will. Er sagte einmal zu mir: ‚Ich verstehe diese Verwahrlosten so gut, denn im Grunde bin ich ja einer von ihnen. Der Unterschied ist, daß ich keiner geworden bin. Ich habe mein Verständnis dazu benutzt, ihnen zu helfen, aber etwas, wofür sich die Verwahrlosten nicht interessieren, ist, daß ihnen geholfen wird. Zu viele Leute denken, daß Verwahrloste sich gerne ändern würden – vollständiger Unsinn! Vor allem wollen sie keine Einsicht. Man tut ihnen keinen Gefallen, wenn man ihnen mit Interpretationen kommt. Dieser behütete Satz der Psychoanalyse: Die Interpretation macht dich frei: Unsinn. Ein Verwahrloster ist nur interessiert an momentaner Befriedigung, um jeden Preis.“40

Die bereits erwähnte Edith Buxbaum charakterisierte Aichhorn folgendermaßen:

„Als persönlicher Freund Freuds […] schätzte er die Psychoanalyse äußert hoch ein. Er hielt eine Analyse für eine unumgängliche Voraussetzung für den Erzieher. […] Er sagte, vielleicht etwas zu ungeduldig: ‚Ich kann keine generellen Richtlinien geben, jeder Erzieher muss sich seine eigene Technik entwickeln.’ […] Er könne es niemandem beibringen, wie er in einem Fall vorgehen sollte, da ja nie zwei Fälle gleich seien. […] Er machte vieles, was bei strikt analytischem Vorgehen manchmal streng verboten war, um dann, zu anderen Zeiten, üblich zu werden. Er verwendete alle Tricks und alle die manipulativen Eingriffe, die jetzt mit dem Wort ‘Parameter’ ausgezeichnet wurden, was auch nicht heißt, dass sie lehrbar geworden seien. Er sah Patienten allein oder mit ihren Familien, er besuchte sie in ihren Wohnungen oder traf sie auf der Straße. Er sah sie zur vereinbarten Zeit oder ließ sie warten, er sah sie auf eine Stunde oder auf fünf Minuten. Er gab Geschenke und nahm auch Geschenke an. Manchmal schien es so, als hätte er das getan, was ihm gerade eingefallen war, aber er war fähig, all das in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen. Er hielt es für entscheidend, einen Patienten und eine Situation schon beim ersten Interview genau zu durchschauen und dann im Einklang mit dieser Einsicht vorzugehen. […] Eine solche Haltung erwerben zu können, fähig zu werden, seine Intuitionen nutzbringend anzuwenden: das war der Grund, warum er meinte, dass Erzieher analysiert sein sollten. Mit Hilfe der Analyse würden sie sich selbst erkennen, sich ihrer Impulse bewusst werden, der guten und auch der bösen, der erlaubten und der verbotenen und so lernen, andere gefühlsmäßig zu verstehen“ (Buxbaum 1969: 31f).41

Die aber, die Aichhorn wohl am Besten kannte war Rosa Dworschak. Anlässlich seines Geburtstags am 27. Juli 1947 verfasste sie eine „Suite in sechs Sätzen“ mit dem Titel „Wie ich ihn sehe“. In dieser Schrift fasste sie zusammen, was sie in den vielen Gesprächen, die sie mit Aichhorn geführt hatte, über ihn, seine Familie und seinen Werdegang erfahren hatte. Die „Sätze“ haben die Überschriften: Präludium, Allemande – Die Familie, Courante – Sein Werden, Chaconne – Seine Arbeit, Air – Sein Wesen. Der letzte Abschnitt trägt den Titel Fughetta – Seine Religion.

Dworschak schrieb:

„Wie sieht er die Welt? – Pessimistisch muss er dem erscheinen, der an eine fortschreitende Entwicklung der Menschheit glaubt. Denn er sieht Welt und Menschen sehr real an und ist sich klar bewußt, wie eng die Grenzen unseres Weltbildes gesteckt sind. Er wendet gerne den Blick von der uns doch nicht faßbaren Gestaltung des Ganzen der Einzelheit zu.

Wie sieht er den Menschen? – Schonungslos, in seiner ganzen Erbärmlichkeit erkennt er ihn, besonders aber dann, wenn er auf Verlogenheit trifft. Ihn stört am Menschen nicht so sehr die klar bewußte Lüge, sondern weit mehr der unbewußte, innerlich verlogene Zustand, in den sie geflüchtet sind, um sich selbst zu schonen. Dieser ungeraden Lüge, die alles beschönigt und verschleiert, gilt sein starker Haß. Sonst konnte ich noch nichts entdecken, was ihm des Haßes wert erschien. Die Verlogenheit bekämpft er, wo er sie findet, und schafft, wenn er über den Menschen Macht hat, lieber ein Chaos, aus dem sich dann langsam das wahre Gesicht eines Menschen abheben muss.

So wenig er im Allgemeinen von den Menschen voraussetzt, so sehr wird er zu ihrem Verteidiger, zum Bejahenden, wenn sie ihn brauchen. Er verurteilt dann nicht, er wertet nicht, er will nur helfen. Die es erlebten, wissen, dass er in solchen Stunden weit über das Maß, das wir Menschen zugestehen, hinauswächst und daß seine Einfühlung in das Unglück anderer und seine rettende Hand ein Erlebnis vermitteln, daß dem der Religion gleichkommt.

Sieht er eine Ordnung im Weltgeschehen? – Er wird solche Fragen nie stellen noch beantworten können. Für die großen Zusammenhänge hat er Interesse so wie für Menschheitsfragen. Aber erschüttern kann ihn nur das Einzelschicksal, wenn er sieht, wie sie sich quälen, wenn sie Schulden bezahlen, die sie nicht machten, wenn sie untergehen, ohne erlebt zu haben. Er identifiziert sich nicht mit der leidenden Menschheit, es erschiene ihm als eine Vergeudung seiner Kraft. Es genügt ihm, wenn ihm sein Verstand die Zusammenhänge aufdeckt. Die Kraft seines Gefühles aber widmet er dem Nächstliegenden, dem Einzelnen, der Hilfe braucht.“42

Aichhorns Kämpfe, seine Niederlagen und seine Erfolge sind beispielhaft, wie ich meine, für die Schwierigkeiten, die sich dann ergeben, wenn versucht wird, Psychoanalyse außerhalb des beschränkten Rahmens des Privaten in der Öffentlichkeit – in seinem Fall in der öffentlichen Erziehung – anzuwenden. Die Ablehnung, auf die er stieß, war nicht zu letzt dadurch bedingt, dass er sich ein Erkennen und Verstehen erarbeitet hatte, dem – auch heute noch – ablehnendes Unverständnis entgegentritt, wenn etwa, wie er schrieb, „eine sich ärztlich und biologisch nennende Richtung ohne Kenntnis der sozialen und politischen Gesetze, rein auf biologische Erscheinungen begründet, moralische Defekte erklären will.“43 Und im Gegensatz zu Ansichten, wie sie nicht nur während der Nazi-Herrschaft, sondern auch bereits im so genannten Roten Wien – und zu weilen auch heute noch – vertreten wurden, schrieb er:

„Wir dürfen uns selbstverständlich nicht der Auffassung anschließen, für die der Dissoziale an sich der Verneinende, der Schädling ist, der zu seinem eigenen und zum Besten der Gesellschaft ausgemerzt gehörte, und um den man sich annimmt, damit die Gesellschaft vor ihm geschützt wird, der an sich nicht mehr interessiert, dessen Anforderungen als Mensch an das Leben nicht mehr beachtet zu werden brauchen, mit dem die Gesellschaft im allgemeinen fertig ist.“44


Verweise
1 Ernst Federn (1914-2007), ein Sohn Paul Federns, studierte Rechts- und Staatswissenschaften. Seit 1934 im antifaschistischen Widerstand, wurde er 1938 von der Gestapo verhaftet und kam nach Dachau, dann nach Buchenwald. Nach seiner Befreiung 1945 ging er zunächst nach Belgien, 1948 mit seiner Frau Hilde in die USA. Nachdem er bei Hermann Nunberg eine Analyse gemacht und in New York den Magister der Sozialarbeit erworben hatte, arbeitete er in Cleveland als Familientherapeut und Psychotherapeut. 1972 kehrte er nach Wien zurück, wo er in der Tradition Aichhorns als Psychotherapeut an Strafanstalten und mit Drogenabhängigen arbeitete (vgl. Federn 2012).
2 Federn, E. (2000): Was ist psychoanalytische Sozialarbeit und wozu wird sie gebraucht. Vortrag in der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung am 18.1.2000. Unveröffentlicht.
3 Federn, E. (o. J.): August Aichhorns’s work as a contribution to the theory and practice of Case Work Therapy. Tiposkript im Archiv Th. Aichhorn, Wien.
4 „Anyone who is searching for concepts in social work and is looking for answers in Freud’s discoveries should at first and foremost read and study the work of the man who not only devoted his life to applying psychoanalysis to social work but who in fact was the first social worker who was also a psychoanalyst. That personally and in writing Aichhorn had the full endorsement of Freud himself, should also be remembered.“
5 Edith Buxbaum (1902-1982) war eine Cousine Bruno Bettelheims. Sie engagierte sich in der österreichischen Jugendbewegung, promovierte im Fach Geschichte und arbeitete ab 1926 als Gymnasiallehrerin in Wien. Sie nahm am von Anna Freud geleiteten kinderanalytischen Seminar teil, arbeitete in der von Wilhelm Reich und Marie Frischauf 1928 in Wien gegründeten „Sozialistischen Gesellschaft für Sexualberatung und Sexualforschung“ und an der 1930 gegründeten „Proletarischen Sexualberatungsstelle“ mit. 1937 floh sie in die USA. Sie trat in New York eine Stelle als Lehrerin an, und es gelang ihr auch, sich – ohne Medizinexamen – als Psychoanalytikerin des New York Psychoanalytic Institut niederzulassen. Bei Kriegseintritt der USA tauchte ihr Name auf einer FBI-Liste verdächtiger Ausländer auf, die angeblich „eine Gefahr für die nationale Sicherheit“ darstellten. 1947 übersiedelte sie nach Seattle und arbeitete dort 25 Jahre lang als Psychoanalytikerin sowie als Beraterin für verschiedene Wohlfahrtsorganisationen. Ihr akademisches Jahr verbrachte sie in Israel, wo sie als Supervisorin und Beraterin für Erzieher und Therapeuten an einer Kinderklinik eines Kibbutzim arbeitete. In den 70er-Jahren war Buxbaum Assos. Clinical Professor für Kinderpsychiatrie der Universität Washington, Seattle, und baute das Seattle Institute for Child Analysis auf.
6 „Aichhorn asserted that society as a whole is responsible for misbehavior that results from mental illness and should be blamed if the child is not helped to live a productive, fulfilling life. This, Aichhorn viewed social reform of the treatment of young people as integral to his work. More than a mere opinion, he saw it as part of his professional identity to be a reformer. In this regard, he differed from most of today’s mental health professionals, who despite believing that many delinquents’ difficulties originate in social failures, do not see attempting to remedy those failures as part of their professional work“ (a. a. O.: 166).
7 „Aichhorn’s vision of psychoanalysis was that, far from being a therapy limited to treatment of neurotic individuals or a general psychology, psychoanalysis was a broad world view that shapes the analytic thinker’s picture of people in whatever context they are encountered. The analytic approach, in his view, is equally applicable in five-times weekly treatments with patients on the couch, in working with institutionalized delinquents, in addressing policy makers, or in presenting information to judges with power over litigants’ lives. […] The attitude towards analysis implicit in Aichhorn’s work has largely disappeared from organized psychoanalysis. For whatever reasons, technical innovation in psychoanalysis, especially innovations that built on or exploit the transference rather than focusing on its analysis are now perceived as anti-analytic. To an even greater extent, analysts have progressively limited the fields they attempt to influence, leaving broad social issues to others and discouraging speculations about individuals whom they do not know with analytic depth. […] August Aichhorn provides a model of a different vision of psychoanalysis, engaged with the problems of the day and passionately to helping people in need through a wide range of means informed by psychoanalytic understanding“ (a. a. O.: 173f).
8 K. R. Eissler (1908-1999) wurde in Wien als dritter von vier Brüdern geboren. Sein Vater, ein Holzindustrieller, wurde 1923 von einem Cousin erschossen. Er studierte Kunstgeschichte und Psychologie; 1938 Promotion zum Dr. med. 1929 wurde er zur Erzieherausbildung von der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung angenommen. Er ging in Analyse zu Richard Sterba, besuchte Aichhorns Ausbildungsseminare und arbeitete an dessen Erziehungsberatungsstellen mit. Seine Analyse bei Aichhorn dürfte 1932 begonnen haben. 1938 emigrierte Eissler über die Schweiz und Paris in die USA, wo er sich zunächst in Chicago niederließ. 1944-1946 war er Psychiater bei der US-Armee, im Winter 1947 übersiedelte er nach New York. Eissler war der Begründer und über Jahrzehnte faktischer Leiter der Sigmund Freud Archives (jetzt LoC); er half Anna Freud, in den USA die für die Hampstead Clinic notwendigen finanziellen Mittel zu bekommen.
Zu K. R. Eissler und seiner Beziehung zu Aichhorn vgl. Luzifer-Amor Heft 40 (Auszüge aus Eisslers Briefwechsel mit Aichhorn), 43 und Eissler 2013.
9 Zitiert nach der deutschen Fassung, die seit der 3. Auflage der „Verwahrlosten Jugend“ (Aichhorn 1925) beigefügt ist.
10 Zu Leben und Werk August Aichhorns vgl. u. a. Aichhorn 1981, Aichhorn (Hg.) 1976, 2011, Dworschak 1981, Fallend 2003, Freud 1949 [1951], Freud/Aichhorn 2012, Perner 2003, 2005.
11 Vgl. Aichhorn 1976: 29. Aichhorns Brief an K. R. Eissler vom 20. 10. 1947, aus dem die Informationen stammen, ist dort abgedruckt.
12 Rosa Dworschak (1896-1990) wurde in St. Peter (Steiermark) geboren. Ihr Vater war Militärkapellmeister, später Ministerialbeamter. Nach Abschluss der Handelsschule besuchte sie Ilse Arlts Vereinigte Fachkurse für Volkspflege. Aichhorn hatte sie bereits 1917, bei ihrem Eintritt ins Jugendamt, kennen gelernt. Ab 1923, Aichhorn hatte seine Tätigkeit als Erziehungsberater in den Wiener Bezirksjugendämtern aufgenommen, kam es zu einer engeren Zusammenarbeit zwischen ihnen. Dworschak besuchte die pädagogischen Kurse der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung und studierte neben ihrer Tätigkeit als Fürsorgerin Komposition; sie hinterließ zahlreiche Kompositionen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war sie eine der einflussreichsten Fürsorgerinnen/Therapeutinnen in Österreich und trat maßgeblich für die Modernisierung der Verwahrlostenbetreuung ein. 1949 wurde sie Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung. Im selben Jahr schuf sie die erste öffentliche Wiener Child Guidance Clinic, das Institut für Erziehungshilfe, an dem sie bis 1962 als Erziehungsberaterin und Therapeutin für Kinder und Jugendliche tätig war (vgl. Aichhorn 2014).
13 Undatierte Auszüge aus Briefen A. Aichhorns an R. Dworschak (Abschrift: R. Dworschak).
14 A. Aichhorn an R. Dworschak, Brief o. D. (1931); Original im Nachlass R. Dworschak.
15 A. Aichhorn an R. Dworschak, Brief o. D. (1931); Original im Nachlass R. Dworschak.
16 Vgl. die Briefe 39 und 41 in Freud/Aichhorn 2012.
17 Wiedergegeben nach einem unveröffentlichten Tiposkript im Nachlass A. Aichhorn.
18 Aichhorn (1917): Einige Winke über die Gestaltung der Beschäftigung bei der vaterländischen Erziehung. Informationskurs für Jugendführer, K.K. Ministerium für Landesverteidigung, Wien, 24.8.1917. Unveröffentlicht; Nachlass A. Aichhorn.
19 Das Flüchtlingslager in Hollabrunn war 1916 errichtet worden. 1918 wurde es aufgelassen und der Stadt Wien leihweise zur Benützung für Fürsorgezwecke überlassen (vgl. Lamm 1999: 17ff).
20 Zu Aichhorns Fürsorgeerziehungsanstalten in Hollabrunn und St Andrä vgl. Aichhorn 1921, 1923, 1925, Freud/Aichhorn 2012: 35ff.
21 Das Versorgungshaus in St. Andrä war in einem 1148 gegründeten, von Kaiser Joseph II. 1783 aufgehobenen Kloster untergebracht. Das Gebäude war 1828 dem Armenfonds der Stadt Wien übergeben worden.
22 Die Erziehungsanstalt in Eggenburg war vom Land Niederösterreich 1885 erbaut und 1922 von der Stadt Wien übernommen worden.
23 Die Stadt Eggenburg liegt in Niederösterreich, an der Grenze von Wald- und Weinviertel.
24 Aichhorn 1976: 33
25 Kopien der Akten im Archiv Th. Aichhorn.
26 Vgl. Freud/Aichhorn 2012: 31ff.
27 K. R. Eissler an A. Aichhorn jun., Brief vom 6. 8. 1974; Original im Archiv Th. Aichhorn.
28 Paul Federn (1871-1950), ein etablierter Internist, gehörte ab 1904 dem ersten Kreis der Wiener Freud-Schüler an. Er war Sozialdemokrat; er beteiligte sich an der Gründung des Ambulatoriums und des Lehrinstituts der Wiener Vereinigung. Unter seinen Analysanden finden sich so unterschiedliche Männer wie Aichhorn und Wilhelm Reich, aber auch die Begründer der italienischen, finnischen, schwedischen, argentinischen und belgischen psychoanalytischen Vereinigung. 1924 wurde Federn zum Vizepräsidenten der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung gewählt, eine Position, die er bis zu seiner Emigration innehatte. 1938 ging er über Schweden nach New York, wo er 1950, unheilbar an Krebs erkrankt, seinem Leben ein Ende setzte.
29 Ruth Eissler (geb. Selke) (1906-1989) wurde in Odessa geboren. 1932 Promotion zum Dr. med. in Heidelberg. 1933 Emigration nach Wien, Beginn einer Lehranalyse bei Theodor Reik, die sie bei Richard Sterba und Aichhorn fortsetzte. 1936 Heirat mit K. R. Eissler, 1937 ao. Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung. 1938 Emigration in die USA, wo sie sich zunächst in Chicago niederließ. Sie arbeitete als Kinderpsychiaterin am Michael Reese Hospital und als Ärztin in einer Anstalt für delinquente Mädchen, eröffnete eine psychoanalytische Praxis und war Lehranalytikerin am Chicago Psychoanalytic Institute. Einer ihrer damaligen Analysanden war Kohut. 1948 Übersiedlung nach New York. 1950-1985 Mitherausgeberin des Psychoanalytic Study of the Child. Ihr umfangreicher Briefwechsel mit Aichhorn ist in Aichhorns Nachlass erhalten.
30 Margaret Mahler (geb. Schönberger) (1897-1985) war Kinderärztin. Sie eröffnete nach ihrer Übersiedlung nach Wien 1922 eine Privatpraxis. Als Schulärztin befreundete sie sich mit Rosa Dworschak. 1933 wurde sie, nach einer hindernisvollen Ausbildung, Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung. Sie war Analysandin von Helene Deutsch, Aichhorn und Willi Hoffer; in ihrem Briefwechsel mit Aichhorn, der im Nachlass Aichhorns erhalten ist, ist keine Spur einer intimen Liebesbeziehung der beiden zu entdecken. Von Aichhorn ermutigt, gründete Mahler 1934 eine psychoanalytisch orientierte öffentliche Kinderambulanz. Als Rorschach-Expertin arbeitete sie an der Erziehungsberatungsstelle der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung eng mit ihm zusammen. Im Frühjahr 1938 emigrierte sie über London in die USA, wo sie Mitglied der New York Psychoanalytic Society wurde und ihre bahnbrechenden Forschungen zur kindlichen Entwicklung durchführte.
31 Heinz Kohut (1913-1981) beendete sein Medizinstudium 1938 in Wien; 1938/39 war er bei Aichhorn in Analyse. Im Winter 1939 emigrierte er über England in die USA und ließ sich in Chicago nieder, wo er seine Analyse bei Ruth Eissler fortsetzte und Mitglied der psychoanalytischen Vereinigung wurde. Wegen der von ihm entwickelten „Selbstpsychologie“ kam es während seiner letzten Lebensjahre zu heftigen Konflikten innerhalb der IPV. Kohut war mit Betty Meyer verheiratet, einer in Wien ausgebildeten Sozialarbeiterin, die sich gern an Aichhorns Seminare für Pädagogen erinnerte. Die Briefausgabe von Cocks (Kohut 1994) enthält Teile seiner Korrespondenz mit Aichhorn.
32 Vgl. Aichhorn 1976, 2004, Freud/Aichhorn 2012, Göllner 2003.
33 An K. R. Eissler schrieb Aichhorn am 15.9.1948: „Wenn ich noch einmal auf die ‚öffentliche Geburtstagsfeier’ [zu Aichhorns 70. Geburtstag] zurückkomme, so nur, weil ich Dich noch erinnern will an Eure seinerzeitige Vorsprache bei Tandler. Ich glaube Du, Frau Dr. Mahler und Dr. Biddle, der damals in Wien weilte, wollten ja Tandler bewegen, mich im Jugendamt weiter arbeiten zu lassen, damit wir das für die Ausbildung erforderliche Material zur Verfügung gestellt bekommen. Er hat Euch damals abgefertigt mit der Bemerkung, daß die Verhandlungen wegen ‚kleinlicher Gehaltforderungen’ meinerseits abgebrochen werden mußten. Ich habe noch die gesamte Korrespondenz aufgehoben und am Abend der ‚großen Feier’ wieder durchgelesen. Aber das alles nur so nebenbei, sie haben mich jetzt entdeckt. Am Samstag soll ich, über Ersuchen des Bürgermeisters, nach Eggenburg fahren, (Du weißt doch, was Eggenburg ist? Die Anstalt, die die Gemeinde Wien von Niederösterreich übernommen hat, als sie mich in Oberhollabrunn absägten) um über den Betrieb ein Gutachten abzugeben“ (Aichhorn/Schröter 2007: 70).
34 Eine Dokumentation der Vorgänge findet sich in: Aichhorn 1976: 62ff.
35 A. Aichhorn an H. Kohut, Brief vom 29. 9. 1948; Kopie im Nachlass A. Aichhorn.
36 Vgl. Aichhorn 1918, 1928, 1930a, 1930b, 1930c, 1934.
37 Aichhorn A. (o. J.); Tiposkript im Nachlass A. Aichhorn.
38 Zit. nach der deutschen Fassung, die ab der 3. Auflage der „Verwahrlosten Jugend“ (Aichhorn 1925) beigefügt ist.
39 Peter Blos (1904-1997) wurde in Karlsruhe geboren. Er absolvierte in Heidelberg eine Ausbildung zum Lehrer, anschließend Wanderjahre in Italien. 1925 kam er zum Biologiestudium nach Wien, wo er bei Eva Rosenfeld wohnte. Wurde auf ihre Empfehlung Hauslehrer des ältesten Sohnes von D. Burlingham und lernte A. Freud kennen. Als er im Frühjahr 1927 nach Deutschland zurückkehren wollte, schlug ihm Burlingham vor, die Leitung der neuzugründenden Hietzing-Schule zu übernehmen. Über seine Beziehungen zu A. Freud und Aichhorn schrieb Blos (Original englisch, meine Übersetzung): „Meine Einstellung zu Anna Freud war von einer Mischung von Ehrfurcht und Reserve geprägt. Ich fragte sie kaum je um Rat, obwohl sie leicht zugänglich und fast immer bereit war zu helfen. Ich sprach über Schulprobleme und auch Persönliches viel öfter mit Aichhorn. Meine Beziehung zu ihm war natürlicher und mehr auf derselben Wellenlänge. […] Eine Zeit lang las ich mit ihm Freud; es war eine Art von Unterricht. Er wusste, dass ich, indem ich mich zu seinem Geschöpf machte, der Notwendigkeit einer Analyse aufzuweichen versuchte. Eines Tages […] sagte er zu mir: ‚Nun gibt es für Sie keine andere Möglichkeit mehr, als in Analyse zu gehen; gehen Sie!‘ Ich wusste, dass er recht hatte, und ich ging.“ Nach Schließung der Hietzing-Schule blieb Blos noch zwei Jahre in Wien. Er ging in Analyse zu Salomea Gutman (Isakower) und beendete sein Studium. 1934 ging er zunächst nach Schweden, wo er heiratete, und dann als Lehrer nach New Orleans; von dort kam er mit einem Forschungsprojekt zur Adoleszenz nach New York. Blos war Mitglied der New York Psychoanalytic Society. Sein Buch über Adoleszenz (1962) gilt bis heute als ein Standardwerk zur Psychoanalyse Jugendlicher.
40 „Man muß für die Jugendlichen interessant sein“ – Ein Interview Achim Perners mit Peter Blos über August Aichhorn. In: arbeitshefte kinderanalyse, Nr. 17, Juni 1993, S. 89ff.
41 Eigene Übersetzung.
42 Dworschak, R. (1947): Wie ich ihn sehe. Manuskript im Nachlass R. Dworschak.
43 Aichhorn A. (o. J.): Vorläufige Bemerkungen. Fragmente aus dem Nachlass A. Aichhorn.
44 Zit. nach Göllner 2003: 19, vgl. dazu Knebusch 2005: 197.


Literatur

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Über den Autor

Thomas Aichhorn
thomas.aichhorn@chello.at

Sozialpädagoge, Psychoanalytiker in freier Praxis, Mitglied der Wiener und der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung, Artikel und Vorträge zur Theorie und Geschichte der Psychoanalyse u. a. zu August Aichhorn.