soziales_kapital
wissenschaftliches journal österreichischer fachhochschul-studiengänge soziale arbeit
Nr. 1 (2008) / Rubrik "Rezensionen" / Standortredaktion Graz
Printversion: http://www.soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/article/viewFile/37/66.pdf


Dimmel, Nikolaus (Hrsg.): Das Recht der Sozialwirtschaft. Neuer Wissenschaftlicher Verlag. Wien/Graz. 2007.

313 Seiten / 34,80 EUR

Vor wenigen Monaten erschien eine Publikation, die in ähnlicher Form in Österreich bisher noch nicht existierte und daher in Fachkreisen umso mehr für - höchst positives - Aufsehen sorgte: Es handelt sich um die von Nikolaus Dimmel herausgegebene Zusammenstellung des "Rechts der Sozialwirtschaft". Der an der Paris-Lodron-Universität Salzburg am Institut für Rechtssoziologie tätige Experte für Sozialmanagement hat es sich hier zur Aufgabe gemacht, anhand einer wohl durchdachten Verknüpfung rechtswissenschaftlicher Beiträge zu sozialwirtschaftlich relevanten Themen einen strukturieren Überblick zu jenen Bereichen zu schaffen, mit denen sich insbesondere leitende Mitarbeiter in sozialwirtschaftlichen Einrichtungen und generell auf dem Gebiet des Sozialmanagements regelmäßig auseinander setzen müssen und deren Kenntnis daher in der Praxis von großer Bedeutung ist. Dimmel hat allerdings nicht den Weg einer umfassenden und ins Detail gehenden Abhandlung der einzelnen Themenbereiche ins Auge gefasst, sondern für diese Publikation - ganz im Sinne einer guten Praxistauglichkeit - den Übersichtscharakter gewählt: Die einzelnen Autorinnen und Autoren sprechen verschiedene juristische Fachbereiche in Grundzügen an, ohne sich dabei in Einzelheiten zu verlieren. Diese Vorgangsweise korrespondiert mit der im Vorwort erwähnten, hauptsächlichen Zielgruppe des Buches: PraktikerInnen in Leitungs- und Geschäftsführungspositionen sozialwirtschaftlicher Einrichtungen, die naturgemäß nicht zwingend JuristInnen sind, aber dennoch kontinuierlich fundierte und gut verständliche juristische Informationen für ihre Arbeit benötigen. Und in diesem Zusammenhang Literatur zur Hand zu haben erscheint umso wichtiger, da im Recht, so auch betreffend die Rechtsquellen der Sozialwirtschaft, eine große Dynamik besteht: Rechtsgrundlagen unterliegen einer ständigen Entwicklung, die ihren Ausdruck in oftmaligen Änderungen findet und deren inhaltliche Kenntnis unumgänglich ist, will man sich keine Rechtsverletzung zu Schulden kommen lassen. Dieses Erfordernis zu erfüllen, erscheint im Hinblick auf die Komplexität der Rechtsgrundlagen nicht einfach; umso höherer Stellenwert kommt einer Publikation wie der vorliegenden zu.

Vor diesem Hintergrund behandeln acht Autorinnen und Autoren sowie der Herausgeber selbst diverse, für die Sozialwirtschaft höchst relevante Themenbereiche: Im ersten Kapitel erfolgt eine allgemeine Einführung von Nikolaus Dimmel unter dem Titel "Sozialwirtschaft in der Sozialordnung" (Dimmel, 2007: 10 ff). Er definiert zunächst den Begriff "Sozialwirtschaft", umschreibt die Erbringer sozialwirtschaftlicher Leistungen (Trägerstrukturen, rechtliche Organisationsformen etc.), stellt Finanzierungsstrukturen vor, skizziert die Rechtsbeziehungen der Sozialwirtschaft und spricht den Gemeinnützigkeitsbegriff an. Zusätzlich geht er auf ausgewählte Aspekte sozialer Dienstleistungserbringung ein (etwa: Sozialwirtschaft und Sozialarbeit, ehrenamtliche Tätigkeit in der Sozialwirtschaft, Zivildienst und Sozialwirtschaft usw.) und schließt mit einem Ausblick.

Im Anschluss thematisiert der Salzburger Universitätsprofessor Klaus Firlei das Arbeitsrecht der Sozialwirtschaft (Dimmel, 2007: 59 ff). Er beginnt seine Darstellung mit den Beschäftigungsarten und geht auch auf die so genannten atypischen Beschäftigungsverhältnisse ein. Weiters werden Fragen der kollektiven Rechtsgestaltung (Kollektivvertrag, insbesondere der BAGS-KV), die Arbeitszeitgestaltung, die Frauenbeschäftigung, die Haftung der Dienstnehmer und ebenso arbeitsrechtliche Einzelfragen mit besonderer Bedeutung für sozialwirtschaftliche Unternehmen (zB Supervision, Gruppenarbeit) erläutert.

Vertragsrechtliche Rahmenbedingungen der Sozialwirtschaft werden in weiterer Folge von Nikolaus Dimmel sowie Stefan Hornung, Rechtsanwalt in Salzburg, erörtert (S. 101-126). Thematisiert werden neben dem allgemeinen Vertragsrecht vor allem ausgewählte Aspekte des Vertragsverhältnisses sozialer Dienste, die Sittenwidrigkeit von Verträgen und die Fiskalgeltung von Grundrechten im Privatrecht.

Einar Sladecek, Präsident des Arbeits- und Sozialgerichts Wien, und Leopold-Michael Marzi, Leiter der Rechtsabteilung des AKH Wien, gehen auf die berufs-, sozial- und haftungsrechtliche Position der MitarbeiterInnen sozialer Dienste ein (Dimmel, 2007: 130 ff). Skizziert werden der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, die Pflegehilfe, die Altenpflege, die Heimhilfe, Lebens- und Sozialberater, Sozialarbeiter, die medizinisch-technischen Dienste, der medizinisch-technische Fachdienst sowie die Psychologen. Die Haftung aus der Sicht der Dienstnehmer und die sozialrechtliche Stellung der Sozialberufe stellen weitere wichtige Punkte dar.

Da auch dem Vergaberecht in der Sozialwirtschaft eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zukommt, wird dieser Rechtsbereich ebenfalls dargestellt. Andrea Holly von der Universität Salzburg stellt den vergaberechtlich relevanten Rechtsrahmen für soziale Dienste vor und analysiert die Position von Trägern sozialer Dienste als Auftraggeber einerseits und als Auftragnehmer andererseits (Dimmel, 2007: 166 ff).

Als Organisationsform ist im sozialwirtschaftlichen Bereich zweifelsohne der Verein sehr verbreitet. Daher darf auch eine Darstellung des Vereinsrechts in der gegenständlichen Publikation nicht fehlen: Stefan Hornung geht auf vereinsrechtliche Aspekte ein, wobei er vor allem die Rechnungslegung und die Haftung bei Vereinen einer näheren Betrachtung unterzieht (Dimmel, 2007: 214 ff).

Ganz allgemein den gesellschaftsrechtlichen Aspekten der Sozialwirtschaft, ergänzt um gewerberechtliche Anknüpfungspunkte, widmen sich Michael Gruber und Alexandra Lindner (beide Universität Salzburg; Dimmel, 2007: 235 ff). Sie gehen auf den Begriff der "Social Profit Organisation" ein und im Anschluss auf wirtschaftsrechtliche Rahmenbedingungen sozialwirtschaftlicher Tätigkeit (bewährte Rechtsformen - Verein, GmbH, Stiftung etc.; Unternehmereigenschaft gemäß UGB und KSchG; Haftungstatbestände).

Michael Ganner von der Universität Innsbruck skizziert sodann den besonderen Bereich des Altenrechts, d.h. insbesondere das Heimvertragsgesetz und das Heimrecht der einzelnen Bundesländer (Dimmel, 2007: 268 ff).

Den Schlusspunkt bildet wiederum ein Beitrag des Herausgebers, diesmal über Soziale Dienste der Sozialhilfe (Dimmel, 2007: 295 ff).

Zusätzlich zu der Vielfalt der dargestellten (Rechts-)Bereiche sowie deren hervorragender Systematik und der guten Lesbarkeit der Beiträge fallen die Quellen- und Literaturverzeichnisse am Ende der meisten Beiträge auf, die deutlich machen, mit wie vielen Publikationen sich die AutorInnen im Zuge ihrer umfangreichen Recherchearbeiten für dieses Buch offensichtlich intensiv beschäftigt haben. Ebenso finden sich ein Abkürzungs- und Personenverzeichnis (wünschenswert wäre überdies ein Stichwortverzeichnis).

Mit der vorliegenden Publikation ist es Nikolaus Dimmel gemeinsam mit den von ihm ausgewählten Autorinnen und Autoren gelungen, einen in der sozialwirtschaftlichen Praxis wesentlichen Themenbereich umfassend und professionell zu darzustellen - er schließt damit eine wichtige Lücke in der Literatur zum Sozialmanagement.


FH-Prof. Dr. Beatrix Schwar / Beatrix.Schwar@fh-joanneum.at