soziales_kapital
wissenschaftliches journal österreichischer fachhochschul-studiengänge soziale arbeit
Nr. 14 (2015) / Rubrik "Rezensionen" / Standort St. Pölten
Printversion: http://www.soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/article/viewFile/419/729.pdf


Pantuček-Eisenbacher, Peter / Vyslouzil, Monika (Hg.) (2015): 30 Tage Sozialarbeit. Berichte aus der Praxis. Wien: LIT Verlag.


242 Seiten / EUR 30,80

Haben Sie sich schon einmal die Frage gestellt, was den Berufsalltag von SozialarbeiterInnen ausmacht? Vielleicht wurde Ihnen diese Frage schon von Personen aus Ihrem familiären Umfeld oder Freundeskreis gestellt. Möglicherweise hat Ihre Oma bereits gefragt, was SozialarbeiterInnen denn eigentlich den ganzen Tag machen. Oder sind Sie selbst SozialarbeiterIn und interessieren sich dafür, was KollegInnen in anderen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit widerfährt?

Das Buch „30 Tage Soziale Arbeit“, herausgegeben von Peter Pantuček-Eisenbacher (Leiter des Departments Soziales an der Fachhochschule St. Pölten) und Monika Vyslouzil (Leiterin des Ilse Arlt Institutes für Soziale Inklusionsforschung und Leiterin des FH-Kollegiums der Fachhochschule St. Pölten), gibt Antworten auf diese Fragen. Im Vorwort des Buches wird darauf hingewiesen, dass es sich bei diesem um einen ersten Versuch handle, das breite Betätigungsfeld der Sozialen Arbeit in leicht lesbaren Artikeln darzustellen. Bei einer entsprechenden Literaturrecherche fanden sich keine vergleichbaren Werke, bei denen SozialarbeiterInnen aus verschiedenen Handlungsfeldern praxisbezogene Einblicke in ihre tägliche Arbeit bieten.

„30 Tage Soziale Arbeit“ liefert einen solchen Einblick in das „tägliche Geschäft“ von Menschen, die beruflich in der Sozialen Arbeit tätig sind. 30 Personen haben je einen Artikel über ihren persönlichen Arbeitstag verfasst. Neben SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen kommen auch Personen zu Wort, die in der Ausbildung von SozialarbeiterInnen arbeiten sowie eine Praxisanleiterin. Im Anschluss an die Praxisberichte findet sich eine Vorstellung aller AutorInnen, welche dem/der LeserIn eine ausführlichere kontextuelle Rahmung der Alltagsberichte ermöglicht.

Die Berichte aus der Praxis sind übersichtlich in vier Themenbereiche untergegliedert:

  1. Behördliche Sozialarbeit und Zwangskontexte (mit Berichten u. a. aus dem Gefängnis, dem Jugendamt, einem Kinder- und Jugendheim, aus der Sachwalterschaft)
  2. Mobile und niederschwellige Angebote (u. a. Drogeneinrichtung, Streetwork, Jugendzentrum, Schulsozialarbeit)
  3. Spezialisierte Beratung und Begleitung (u. a. Arbeit mit Menschen mit Behinderung, Betriebliche Sozialarbeit, SchuldnerInnenhilfe, MigrantInnenberatung, Angehörigenberatung)
  4. Hochschule und Weiterbildung

Die Berichte aus der Praxis umfassen anonymisierte Fallvignetten, die von den ProfessionistInnen empfundenen Herausforderungen des Berufsalltages mit all seinen Hürden, die Beschreibung von Beziehungen zu KlientInnen bzw. NutzerInnen Sozialer Arbeit und rechtlichen Fragen, mit denen die Berichtenden im Alltag konfrontiert sind. Auch Erfolgserlebnisse werden – teilweise mit Augenzwinkern – geschildert. Alle diese Erzählungen schaffen es, dem/der LeserIn das breite Spektrum der Sozialen Arbeit in Österreich zu vermitteln. Die Berichte sind keineswegs regional begrenzt, sondern umfassen Eindrücke aus allen neun österreichischen Bundesländern.

Beim Durchlesen fällt der/dem aufmerksamen LeserIn auf, dass Berichte aus der Wohnungslosenhilfe sowie der Sozialarbeitswissenschaft nicht zu finden sind. Spannend wäre eine eventuelle neue erweiterte Auflage, um diese Bereiche zu ergänzen.

Im Anschluss an jeden Artikel laden zwei, jeweils auf diesen bezogene Fragestellungen zum Überlegen und Reflektieren über eigene Einstellungen, mögliche Arbeitsweisen und deren Grenzen ein. (Ein Beispiel aus dem Themenbereich der offenen Jugendarbeit: Kannst du dir vorstellen, als SozialarbeiterIn mit Menschen mit rechtsextremen Einstellungen zu arbeiten? Wo sind die Grenzen der Akzeptanz?) Leider bleiben dem/der LeserIn die Überlegungen und Meinungen der AutorInnen zu den gestellten Fragen offen.

Auf Grund der thematischen Gliederung sowie der in sich abgeschlossenen Kapitel lädt dieses kurzweilige Buch auch zum kapitelweisen Schmökern ein. Es eignet sich als Orientierungshilfe für Personen, die sich für ein Studium der Sozialen Arbeit interessieren, sowie für Sozialarbeitsstudierende, die auf der Suche nach möglichen Praktikumsstellen sind. Es kann auch SozialarbeiterInnen bei der Überlegung hilfreich sein, welche Bereiche/Handlungsfelder sie sich für ihren Berufseinstieg oder ihre weitere berufliche Laufbahn (nicht) vorstellen können. Und wenn Freunde und Verwandte wieder nach dem Berufsalltag von SozialarbeiterInnen fragen, eignet sich dieses Buch als originelles Geschenk, um einen breiten und spannenden Einblick zu vermitteln.



Doris Artner, BA MA / dorisartner@hotmail.com