soziales_kapital
wissenschaftliches journal österreichischer fachhochschul-studiengänge soziale arbeit
Nr. 16 (2016) / Rubrik "Rezensionen" / Standort Graz
Printversion: http://www.soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/article/viewFile/469/876.pdf


Pantuček-Eisenbacher, Peter / Vyslouzil, Monika / Pflegerl, Johannes (Hg.) (2015): Sozialpolitische Interventionen. Eine Festschrift für Tom Schmid. St. Pölten: Fachhochschule St. Pölten.


271 Seiten / EUR 20,00

Die Herausgabe einer Festschrift eröffnet die Möglichkeit, sich zu Themen zu äußern, die zugleich dem Jubilar und den AutorInnen ein Anliegen sind. Von dieser Gelegenheit haben Weggefährten und KollegInnen Tom Schmids – FH-Professor am Ilse Arlt Institut für Inklusionsforschung des Departments Soziales an der Fachhochschule St. Pölten – im vorgelegten Band reichlich Gebrauch gemacht. Der Bogen der Essays reicht vom Thema Armut, über Partizipation/Inklusion, Psychiatrie/Behinderung, Sozialpolitik zu Sozialer Berufstätigkeit. Auch Persönliches zum Jubilar fehlt nicht und wird in erfreulich nachvollziehbarer Weise festgehalten. Die Themen beinhalten allesamt Aktuelles und so wird die Verbindung zwischen wertschätzender Reflexion der Leistungen des Jubilars und die Diskussionen in der gegenwärtigen Sozialarbeit hergestellt. Dies macht die Festschrift äußerst lesenswert.

Aus 21 Beiträgen mögen beispielhaft hervorgehoben werden: Manuela Brandstetters Analyse eines Interviews mit Tom Schmid, das er 2010 der Gruppe „Makro“ gab, behandelt einige zentralen Fragen, mit denen Tom Schmid sich, seine KollegInnen und Studierenden konfrontierte:

„Woher wissen wir denn, dass es so ist und nicht anders?“

„Welche gesellschaftsveränderlichen Positionen sollen Menschen egal welchen Berufs und daher auch des Berufs der Sozialarbeit einnehmen, wenn sie da was verändern wollen?“

Und sie stellt wichtige Positionen Tom Schmids noch einmal zur Diskussion:

„[Ich bemühe mich,] StudentInnen aufmüpfig zu machen, aber nicht um der Sozialen Arbeit etwas Gutes zu tun, sondern der Gesellschaft.“ (S. 210) Oder:

„Also, dass ich nicht allein an den KlientInnen herumdoktor, sondern dass ich mich in den Sozialen Raum hinein zu begeben hab, um mich in den Diskursen des Sozialen Raums auszukennen.“ (S. 214)

Diese skizzenhaft zitierten Formulierungen verweisen darauf, dass nach Tom Schmid die Sozialarbeit stets auch „ein Kind ihrer Zeit“ ist und ihre Professionalisierung von ihren Proponenten nicht als abgeschlossen betrachtet werden darf, sondern die gesellschaftlichen Bedingungen ihres Handwerks und ihres Forschens stets kritisch reflektieren muss. Für dieses Argument findet Peter Pantuček-Eisenbacher im Titel seines Beitrags die schöne Formulierung „Die Fallen beim Retten der Welt“. Er zeichnet dabei die Entwicklungsgeschichte der Bundesakademie für Sozialarbeit und der nachfolgenden Fachhochschule St. Pölten, in der Tom Schmid seit 2001 lehrt und forscht, nach, in der „Alt-KommunistInnen“ eine große Rolle neben der anderen einflussreichen Gruppe der „kritischen KatholikInnen“ spielten. Hier wäre es lohnend gewesen, ausführlicher und in die Tiefe gehend zu analysieren, u. a. der Frage nachzugehen, wie es dazu kam, kritische Theorie und kritische Psychoanalyse (um nur zwei Beispiele anzuführen) als Impulsgeber für die Sozialarbeit zu „übersehen“.

Neugierig machte den Rezensenten der Titel des Essays aus der Feder Bernhard Rupps „Die Baumolsche Kostenkrankheit“. Der berühmte Ökonom William Bomol stellte 1967 die These auf, wonach eine persönliche Dienstleistung wie die Sozialarbeit in erheblichen und nicht verringerbaren Anteilen aus menschlicher Arbeit bestehen. Auch über lange Zeiträume bleibt deren Produktivität weitgehend gleich, während die Gehälter der Leistungserbringer steigen. Auch geringfügige Steigerungen der Gehälter führen in längeren Zeiträumen dazu, dass die Ausgaben für soziale Dienstleistungen zur budgetären Belastung werden – und das wäre die „Baumolsche Kostenkrankheit“! Eine interessante These, deren nachfolgende Diskussion in der Ökonomie sicherlich auch Widerspruch ausgelöst hat. Bedauerlicherweise endet jedoch die Argumentation Rupps bei einer kurzen Darstellung der These.

Was der Rezensent in der Festschrift vermisst ist eine systematische Darstellung des Denkens und Forschens des Jubilars sowie eine Aufstellung seiner Publikationen, die es den LeserInnen auch in den folgenden Jahren ermöglichen würde, ohne große Komplikationen sich mit den vielfältigen Überlegungen und Praktiken Tom Schmids kritisch auseinander zu setzen.



Klaus Posch / Klaus.Posch@fh-joanneum.at