soziales_kapital
wissenschaftliches journal österreichischer fachhochschul-studiengänge soziale arbeit
Nr. 17 (2017) / Rubrik "Thema" / Standort Linz
Printversion: http://www.soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/article/viewFile/499/901.pdf


Lea Leingartner:

Gewalt und neue soziale Medien

Eine neue Form von Gewalt im Kindes- und Jugendalter


1. Einleitung

Medien wie CDs, DVDs, Fernsehen, Radio, Playstation und Computer prägen schon seit längerer Zeit das Aufwachsen und den Alltag von Kindern und Jugendlichen. Seit den 1990er-Jahren hat sich jedoch durch die Etablierung der sogenannten „neuen“ Medien, die auch als digitale Medien bezeichnet werden, eine neue Dynamisierung der Mediensozialisation ergeben. Dazu zählen der Computer, das Internet und die Mobiltelefone (vgl. Kutscher 2013: 2). Damit einhergehend haben sich völlig neue Ausdrucksformen von Gewalt etabliert. Immer häufiger wird das Internet zur „Waffe“ – bereits im Jugendalter. Diese Problematik wird dadurch noch verstärkt, dass sich Erwachsene oft nicht mit den neuen Kommunikationsformen auseinandersetzen. Sie wissen zu wenig, wie sie damit umgehen sollen und welche Gefahren sich dahinter verbergen können. Inzwischen sind wir aber in einer Zeit angelangt, in der es nicht mehr nur darum geht, zu beurteilen, ob das Internet gut oder schlecht ist. Auch einem Kind den Umgang damit zu verbieten, wird inzwischen keinen langfristigen Erfolg mehr bringen. Es gilt, zu akzeptieren, dass die virtuelle Welt des World Wide Web fester Bestandteil unseres Lebens geworden ist. Der Fokus muss von nun an darauf gerichtet sein, welche Bedeutung der Cyberspace für die Eltern und somit für die Erziehung der neuen Generationen hat. Man wird lernen müssen, mit dieser Lebensveränderung umzugehen (vgl. Katzer 2014: 213ff).

Vor diesem Hintergrund wird dargestellt, wie sich die Mediennutzung durch Kinder und Jugendliche aktuell gestaltet. Dabei wird vor allem ein Blick auf die Gefahren im Umgang mit den neuen sozialen Medien geworfen und erläutert, welche Formen der Gewalt in diesen Medien zu finden sind. Ebenso wird beleuchtet, wer vorwiegend zum Täter/zur Täterin oder auch zum Opfer werden kann. Ein weiteres Hauptaugenmerk wird darauf gelegt, welche Folgen von Gewalt im Internet identifiziert werden können. Darauf aufbauend wird diskutiert, wie man Gewalt verringern kann, inwiefern dabei die Erziehung eine Rolle spielt und wie Eltern ihre Kinder und Jugendlichen durch diverse Präventionsmaßnahmen schützen können.


2. Gefahren im Umgang mit neuen sozialen Medien

Insbesondere bei Jugendlichen ist das Internet zu einem der wichtigsten Kommunikationsmittel geworden. Die Online-Welt ist ein spannender Ort, denn man kann die Welt erkunden, ohne das eigene Zimmer verlassen zu müssen. Egal, ob man auf der Suche nach der ersten großen Liebe ist, nach neuen Freunden, ob man mit gleichgesinnten Fans einer Musikgruppe chatten möchte oder anderen mitteilen möchte, was man heute zu Mittag gegessen hat, nichts kann das Mitteilungsbedürfnis im Internet aufhalten. Auch bietet das Internet die Möglichkeit, sich selbst anders darzustellen, als man im „realen“ Leben ist. Aus diesen Gründen ist das Internet so unglaublich attraktiv und faszinierend für Jugendliche (vgl. Katzer 2014: 18).

Der Reiz, den das Internet ausübt, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass gerade dadurch viele Kinder und Jugendliche Gefahren ausgesetzt werden, auf die sie gar nicht vorbereitet sind. Vor allem bei Kindern im Alter zwischen 6 und 13 Jahren ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie in Kontakt mit gefährdenden Kommunikationsinhalten kommen. Laut einer Studie (vgl. KIM Studie 2008: 43f) gaben acht Prozent der befragten Mädchen und Burschen an, dass sie im Internet bereits auf Sachen gestoßen sind, die ihnen unangenehm waren oder sogar Angst machten, und 15 Prozent jener Befragten, die eine eigenen E-Mail-Adresse besitzen, bestätigten, dass sie bereits E-Mails erhalten haben, die beängstigende Inhalte enthielten. Diese unangenehmen Erfahrungen teilen Kinder ihren Eltern jedoch meist nicht mit, da sie sich schämen oder Angst davor haben, das Internet nicht mehr nützen zu dürfen (vgl. Frölich 2012: 60).

Zudem macht die jugendliche Naivität, Unbefangenheit und ungezügelte Neugierde Jugendliche für unangenehme Erfahrungen im Internet anfällig. Diese Gefahr wird u. a. auch noch dadurch verstärkt, dass der reine Zufall dazu führen kann, dass junge Mädchen und Burschen auf Internet-Seiten stoßen, deren Inhalt keinesfalls für sie geeignet ist. Es kann passieren, dass sie oft nur einen Klick von rechtsradikalem Gedankengut, Pornografie, Selbstmordforen oder Gewalt-Communities entfernt sind. Kinder und Jugendliche sind leicht beeinflussbar und oft rasch der Meinung, dass die Dinge cool sein müssen, die sie im Internet finden. Dieser Mechanismus wiederum führt oft zur Nachahmung unter den Gleichaltrigen (vgl. Katzer 2014: 19).

Des Weiteren stellt das Internet eine große Herausforderung im Umgang mit persönlichen Daten dar. Es ist inzwischen völlig normal geworden, dass man Fotos und Videos von sich und seinen Freunden oder der Familie ins Netz stellt. Dabei gibt es zwar auf den meisten Online-Portalen die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wer auf diese Inhalte zugreifen kann. Bei einer großen Anzahl von virtuellen Freunden ist jedoch eine ernsthafte Kontrolle, wem die persönlichen Daten zugänglich sind und wem nicht, kaum möglich. Vielen Nutzer/inne/n ist einfach nicht klar, dass sobald ihre persönlichen Daten im Netz vorhanden sind, auch Dritte, wie beispielsweise Behörden oder potenzielle zukünftige Arbeitgeber, Informationen in Erfahrung bringen können. Eine komplette Löschung aller Daten ist im Internet faktisch unmöglich, was bedeutet, dass sie für unabsehbare Zeit im öffentlichen Raum für alle zugänglich bleiben. Kindern und vor allem Jugendlichen ist dies oft nicht bewusst, da sie der Meinung sind, dass sie selbst über ihren Account bestimmen und Dinge ohne Probleme wieder löschen können. Es gilt jedoch der Grundsatz „Einmal im Netz, ewig im Netz“. Allgemein kann festgestellt werden, dass Jugendliche durch das Internet stärker mit Gewalt konfrontiert werden, als dies im alltäglichen Leben ohne virtuelle Kommunikationsmöglichkeiten der Fall wäre; entweder dadurch, dass sie selbst von Gewalt betroffen sind, oder auch als „bloße“ Beobachter von Gewalt (vgl. Frölich 2012: 57f).


3. Formen der Gewalt in den neuen sozialen Medien

Die momentan am weitesten verbreiteten Formen von Gewalt im Internet sind Cybermobbing und Happy Slapping, die für immer mehr Kinder und Jugendliche, egal ob gewollt oder ungewollt, zum Alltag gehören.


3.1 Cybermobbing

Es finden sich verschiedene Definitionsmöglichkeiten von Cybermobbing, meist orientiert man sich aber an der Definition des „klassischen“ Mobbings. Demnach gelten als wesentliche Kriterien die Schädigungsabsicht sowie eine Ausnützung von Machtungleichheit. Das Spezifische von Cybermobbing ist die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (vgl. von Gross 2014: 20f). Das heißt Cybermobbing findet vor allem in sozialen Netzwerken im Internet statt, dazu zählen Facebook oder auch WhatsApp. Beispiele für Formen des Cybermobbings sind der soziale Ausschluss, Beleidigungen, die Veröffentlichung peinlicher Fotos, sexuelle Belästigungen, Rufschädigung und auch Identitätsdiebstahl.

Der wesentliche Unterschied zum „klassischen“ Mobbing ist, dass Cybermobbing rund um die Uhr geschehen kann, ein großes Publikum erreicht und die Täter/innen (meist) scheinbar anonym agieren. Cybermobbing endet nicht nach der Schule, wenn man zu Hause ist. Auch im eigenen Kinderzimmer ist das Opfer nicht mehr vor den Nachstellungen und Demütigungen sicher. Das Handy oder das Internet einfach nicht mehr zu verwenden, ist für viele Opfer keine Option. Eine Flucht gestaltet sich demnach als nahezu unmöglich.

Eine Verschärfung des Mobbings in den neuen sozialen Medien wird vor allem durch folgende Aspekte deutlich (vgl. Robertz 2010: 72f):

Im Internet besteht keine Notwendigkeit einer direkten Konfrontation der Täter/innen mit dem Opfer. Es ist keine physische Begegnung mehr notwendig. Zudem kann das Opfer heimlich gefilmt oder fotografiert werden und diese Aufnahmen können dann ohne Einwilligung ins Netz gestellt werden. Sind diese Aufnahmen dann einmal im Internet verbreitet worden, lässt sich kaum nachvollziehen, von wem diese ursprünglich stammen. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sich die Täter/innen häufig der Wirkung der eigenen Handlung gar nicht bewusst sind. Es ist ihnen zum Beispiel oftmals nicht klar, dass sie die Verbreitung einmal versandter Fotos kaum wieder rückgängig machen können. Selbst wenn man die Aufnahmen auf dem eigenen Handy oder Internet-Account löscht, hat man außerhalb seines eigenen Einflussbereichs keinerlei Möglichkeiten, auf den Inhalt der anderen Geräte zuzugreifen.

Darüber hinaus kommt es zu einer erheblichen Verlängerung der Wirkungsdauer des Mobbings. Beim herkömmlichen Mobbing beschränkt sich die Erinnerung des Opfers auf die jeweilige Tatsituation und die Erinnerungen der Beteiligten daran. Im Gegensatz dazu erlauben die Aufzeichnungen mittels der neuen sozialen Medien ein konstantes Erinnern an die quälenden Erlebnisse. Auch kann es immer wieder erneut in Erscheinung treten und somit wiederum für neue Aufmerksamkeit sorgen.

Eine der schlimmsten Verschärfungen stellt die Vervielfachung des Zuschauerkreises dar. Beim herkömmlichen Mobbing ist die Anzahl der Beobachter/innen von Demütigungen auf die in der Situation anwesenden Personen begrenzt. Durch die Nutzung der neuen sozialen Medien wird der Zuschauerkreis jedoch vervielfacht. Vor allem das Internet erlaubt eine schnelle und breite Streuung von Informationen über soziale Netzwerke.


3.2 Happy Slapping

Beim Happy Slapping fotografieren oder filmen Kinder und Jugendliche mit ihrem Handy sexuelle und/oder körperliche Gewalt an gleichaltrigen oder schwächeren Mädchen oder Burschen und stellen dieses Bildmaterial dann ins Internet auf sogenannte Social-Network-Seiten, wie beispielsweise YouTube oder MySpace. Andere verbreiten die Fotos oder Filme auch via Handy in ihrem sozialen Umfeld. Die Gewalttaten werden dabei bagatellisiert und meist als bloßer „Spaß“ dargestellt. Aus diesem Grund wird auch die Bezeichnung als „Happy Slapping“ von vielen Fachkräften als sehr unpassend qualifiziert, da damit eine weitere Bagatellisierung der Tat einhergeht (vgl. Enders 2008: 112f).


4. Wer wird zum Täter/zur Täterin und zum Opfer?

Das Internet stellt einen Raum dar, an dem man sich neu erfinden kann. Das Aussehen, die Persönlichkeit und auch das Verhalten können völlig anders als im physischen Umfeld gestaltet werden. Es wäre daher durchaus nachvollziehbar, wenn Kinder und Jugendliche, die im alltäglichen Leben eher als Außenseiter/innen gelten und gemobbt werden, diese Erfahrungen im Internet dann in der Rolle als Täter/innen ausleben. Allerdings wurde nachgewiesen, dass Jugendliche auch im Internet ihre Persönlichkeitsmerkmale, das Familien- und Erziehungsklima oder individuelle Einstellungen nicht vollständig ausblenden. Das Verhalten wird daher auch im Rahmen der virtuellen Welt nicht grundlegend verändert. Also jene, die bereits im Alltag eher Täter/innen sind, sind es meist auch im Internet (vgl. Katzer 2007: 128).

Aus diesem Grund ist im Zusammenhang mit Gewalttaten in den neuen sozialen Medien das familiäre Umfeld nicht unerheblich. Oft werden bei den Täter/inne/n im Netz negative emotionale Beziehungen zu ihren Eltern festgestellt. Dabei spielen vor allem disziplinierende Maßnahmen der Eltern gegenüber ihren Kindern eine Rolle. Zudem werden aber auch jene Kinder zu Täter/inne/n, bei denen die Eltern wenig Vertrauen in das Handeln ihrer Kinder zeigen oder sich vermehrt Sorgen machen (vgl. ebd.: 130).

Bei den Opfern im Internet lässt sich feststellen, dass diese auch im Alltag vermehrt von Gewalt betroffen sind. Als Hintergrund wird auch in diesem Zusammenhang oft eine ungünstige Eltern-Kind-Beziehung beschrieben. Im Gegensatz zu den Täter/inne/n werden hier aber nicht Gewalterfahrungen in der Familie genannt, sondern die Kinder und Jugendlichen kommen häufig aus stark überbehüteten Familienstrukturen (vgl. ebd.: 132). Die Eltern trauen ihren Kindern nichts zu und sind übervorsichtig. Die Kinder reagieren darauf entweder mit einem extrem ausgeprägten neugierigen und unvorsichtigen Verhalten, oder sie entwickeln ein negatives Selbstbild und sind der Überzeugung, dass sie sowieso nichts schaffen können (vgl. Katzer 2014: 148 ff).

Zusammenfassend zeigt sich, dass die Opfer oftmals nur über eine geringe Anzahl von Freunden verfügen und gleichzeitig kaum Akzeptanz von Gleichaltrigen erfahren und meist von deren Freizeitaktivitäten ausgeschlossen sind. Auch gefährdet sind überdurchschnittlich schüchterne Heranwachsende, die ihren Mangel an Kontakten durch Online-Kontakte zu kompensieren versuchen. Ein deutlich erhöhtes Risiko weisen zudem auch Jugendliche mit wenig Selbstvertrauen, einer physischen oder psychischen Beeinträchtigung oder jene, die aus problematischen Familiensystemen stammen, auf (vgl. von Gross 2014: 21ff).

Allgemein gilt, dass vor allem jene Mädchen und Burschen anfällig sind, entweder zu Opfern oder zu Täter/inne/n zu werden, die sehr viel Zeit im Internet verbringen (vgl. ebd.: 21ff).

Zu beachten ist aber auch, dass Opfer im Rahmen der neuen sozialen Medien nicht immer nur die unmittelbar von der Gewalt betroffenen Kinder und Jugendlichen sind, sondern durchaus auch jene, die Zeug/inn/en von Bildern der Gewalt oder grenzverletzenden Texten am Bildschirm sowie von unmittelbar ausgeübten Gewalthandlungen sind, die mit dem Handy festgehalten und dann verschickt werden (vgl. Enders 2008: 113).


5. Folgen von Gewalt im Internet

Wie bereits dargestellt, können einmal online gestellte Fotos oder Videos kaum wieder aus dem Internet entfernt werden. Dies bedeutet für das jeweilige Opfer, dass durch die Existenz der Bilder, die Ausprägung der Gewalt als lebenslanger, nicht endender Missbrauch zu bezeichnen ist. Dazu kommt noch die Tatsache, dass es sich dabei oft um einen internationalen Zuschauerkreis handelt, was die belastende Wirkung auf das Opfer noch einmal deutlich verstärkt (vgl. Steffesenn 2010: 99).

Ebenso birgt das Erleben sexueller Übergriffe im Internet ein hohes Risiko der Traumatisierung der Opfer. Dies trifft sowohl auf Kinder und Jugendliche zu, die selbst davon betroffen sind, als auch auf jene, die mit Bildern sexueller Ausbeutung konfrontiert und damit zu Zeug/inn/en sexueller und psychischer Gewalt werden. Die Konfrontation damit überfordert in der Regel die emotionalen und kognitiven Möglichkeiten der Kinder und Jugendlichen. Viele weibliche Opfer zeigen sogar eine für Missbrauchsopfer typische Reaktion. Das bedeutet, sie passen sich an und machen mit, in der Hoffnung, dass so alles schneller vorbeigeht. Zu dieser Art von Reaktion kommt es vor allem dann, wenn die gegen sie verübte Gewalt öffentlich stattfindet (vgl. Enders 2008: 114).

Treffen vor allem jüngere Internetnutzer/innen auf gewalttätige Inhalte, dann kann diese Konfrontation zu länger andauernden psychischen Folgen führen und auch schwere Traumatisierungen auslösen.

Durch die Konfrontation mit Gewalt und Brutalität wird den Kindern und Jugendlichen auch ein bestimmtes Werte- und Normensystem vermittelt, dass Gewalt gegenüber anderen Menschen befürwortet und damit Vorbildwirkung für die Jugendlichen aufweist (vgl. Katzer 2014: 19f).

Die Folgen der Gewalt durch Cybermobbing sind jenen, die Kinder und Jugendliche durch Gewalt in der Eltern-Kind-Beziehung erfahren können, sehr ähnlich. Es können dadurch bei den Opfern Depressionen, Traumata oder Psychosen ausgelöst werden und im Extremfall enden diese Erniedrigungen auch im Selbstmord des Opfers (vgl. ebd.: 216).


6. Gewalt verringern − Die Rolle der Erziehung

Medien bieten Jugendlichen ohne Zweifel viele Chancen. Gleichzeitig bringen sie aber, wie bereits näher dargestellt, auch zahlreiche Herausforderungen mit sich. Jugendliche müssen lernen, verantwortungsbewusst mit den Möglichkeiten der neuen sozialen Medien umzugehen. Es muss rechtzeitig auf dessen Gefahren hingewiesen werden, gleichzeitig dürfen aber auch die Vorteile nicht in Vergessenheit geraten.

Eltern haben für ihre Kinder eine gewisse Vorbildfunktion, sie geben ihren Kindern Normen und Wertvorstellungen weiter. Deren allgemeine Einstellung zu Gewalt trägt entscheidend dazu bei, wie sich die Kinder und Jugendlichen in Zukunft ihren Mitmenschen gegenüber verhalten. Zu beachten ist dabei jedoch, dass Kinder und Jugendliche nicht nur den Einflüssen der Eltern ausgesetzt sind, sondern auch außerhäuslichen Faktoren, wie der Schule oder den Gleichaltrigen (vgl. Hurrelmann 2007: 56f).

Ganz generell lässt sich feststellen, dass der Erziehungsstil der Eltern die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und Jugendlichen am stärksten beeinflusst. Dieser Erziehungsstil wirkt sich letztendlich auch im Umgang der Jugendlichen mit Gleichaltrigen und in weiterer Folge auch im Umgang mit den sozialen Medien aus (vgl. Katzer 2014: 148ff).

Wie bereits oben dargestellt, ist nachgewiesen, dass bei vielen Gewalttäter/inne/n im Internet Gewalt zu Hause eine bedeutende Rolle spielt. Jene, die Gewalterfahrungen in der Familie machen, werden im Netz eher zu Täter/inne/n. Die wichtigste Ebene der Präventionsarbeit setzt somit im familiären Umfeld an, genauer gesagt in der Erziehung (vgl. ebd.: 148ff).


7. Präventionsmaßnahmen im Umgang mit neuen sozialen Medien

Die neuen Medien sind in der heutigen Zeit und vor allem für Kinder und Jugendliche nicht mehr wegzudenken. Sie dienen als Informations- und Kontaktquellen und sind eine Erweiterung der Möglichkeiten, neue Erfahrungen sammeln zu können und damit zu experimentieren. Daher ist es wichtig, dass Erwachsene die neuen Medien akzeptieren. Es ist heutzutage unmöglich, Kinder und Jugendliche durch Abschreckung und Verbote von den neuen sozialen Medien fernzuhalten. Aus diesem Grund ist es notwendig, sie über alle Vor- und Nachteile ausreichend zu informieren. Zudem sind klare Regeln für einen fairen Umgang im Netz notwendig und gleichzeitig sind Kinder und Jugendliche auch über gesetzliche Regelungen zur Strafbarkeit gewisser Taten im Netz aufzuklären.

Da die Opfer von Gewalt in den neuen sozialen Medien immer jünger werden und die Zahl auch stetig ansteigt, ist es wichtig, Kinder und Jugendlichen auf den richtigen Umgang vorzubereiten. Die Präventionsarbeit beginnt bereits mit der Fortbildung der Erwachsenen. Diese besteht vor allem auch darin, sich mit den Herausforderungen der neuen sozialen Medien auseinanderzusetzen und die virtuelle Welt nicht einfach nur den jungen Generationen zu überlassen (vgl. Enders 2008: 115f).

Grundsätzlich ist ein adäquates medienerzieherisches Handeln aller Sozialisationsinstanzen (Eltern, Schule) erforderlich. Wichtig dabei ist vor allem, dass die Medienkompetenz gestärkt wird und Kinder und Jugendliche einen verantwortungsbewussten Umgang mit den neuen sozialen Medien lernen (vgl. Gross 2014: 3).

Im Sinne des Kindeswohls ist es notwendig, für die heutige Kinder- und Jugendgeneration entsprechende Präventionsangebote im Umgang mit Gewalt in den neuen sozialen Medien anzubieten (vgl. Enders 2008: 116). Dabei ist die Elternarbeit von entscheidender Bedeutung. Für die Elternarbeit werden im Folgenden einige wichtige Prinzipien zusammengefasst:

Eltern üben eine verantwortungsvolle Vorbildfunktion für ihre Kinder aus. Dies bedeutet, dass man Gewalt niemals vor seinen Kindern verherrlichen soll. Darüber hinaus ist es wichtig, auf gewalttätige Handlungen gegenüber den Kindern zur Gänze zu verzichten (vgl. Steffesenn 2010: 99).

Neben einer gewaltfreien Erziehung ist zudem wichtig, Schutzfaktoren zu fördern. Dies kann Kinder und Jugendliche davon abhalten, zu Täter/inne/n oder auch zu Opfern zu werden. Dabei sollen einerseits die individuellen Schutzfaktoren, wie die persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten der Kinder und Jugendlichen gefördert werden. Andererseits ist es auch wichtig, deren soziale Schutzfaktoren, wie beispielsweise das persönliche Umfeld durch außerfamiliäre Beziehungen und Netzwerke zu unterstützen.

Um zu verhindern, dass jemand zum Opfer wird, ist es vor allem notwendig, dass ein positives Selbstbild, ein gesundes Selbstbewusstsein und eine Überzeugung in die eigenen Fähigkeiten vorhanden sind. All diese Eigenschaften führen dazu, dass man nicht von vornherein als leicht angreifbarer Opfertypus wahrgenommen wird.

Um zu verhindern, dass jemand zum Täter/zur Täterin wird, ist es notwendig, Eigenschaften, wie Teamfähigkeit, Kontaktfähigkeit, Kritikfähigkeit und die Akzeptanz anderer Meinungen als Teil der Erziehung zu stärken. Auch ist es wichtig, zu lernen, seine Gefühle unter Kontrolle zu haben und nicht sofort impulsiv und ohne zu überlegen zu reagieren. Weiters ist es notwendig, die Empathiefähigkeit der Kinder zu erhöhen. Vor allem ist es aber von Bedeutung, dass sie in ein Beziehungsnetzwerk eingebunden sind, das dem Thema Gewalt ablehnend gegenübersteht (vgl. Katzer 2014: 148ff).

All die eben dargestellten Werte, die Kindern auf ihrem Lebensweg mitgegeben werden sollen, sind allgemein für eine günstige Entwicklung von Vorteil. Vor allem darf aber in der heutigen Zeit auch auf eine medienkompetente Erziehung nicht vergessen werden, denn wie anhand dieses Beitrags dargestellt, verbergen sich im Internet Gefahren, vor denen die Kinder und Jugendlichen zusätzlich geschützt werden müssen. Solche Schutzmaßnahmen können sein, auf von Kindern benutzten Computern eine Sicherheitssoftware zu installieren, Computer eher in Gemeinschaftsräumen aufzustellen als in Kinderzimmern oder die Zeiten der Internetnutzung zeitlich zu begrenzen. Ein sehr wichtiger Faktor ist, dass den Kindern bei der Entdeckung der virtuellen Welt Hilfestellung geleistet wird. Zu empfehlen ist, mit den Kindern den sicheren Umgang mit persönlichen Daten und Informationen zu trainieren. Kindern sollte vermittelt werden, auf Kontakte, die ihnen unangenehm, feindselig, belästigend oder unangemessen vorkommen, nicht zu reagieren und dass gewisse Dinge, auch wenn sie im Internet verbreitet werden und für jeden zugänglich sind, dennoch verboten und somit strafbar sind (vgl. Steffesenn 2010: 99).


8. Fazit

Der Umgang mit den neuen sozialen Medien birgt, wie im Rahmen dieses Beitrags dargestellt, viele Herausforderungen für Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern.

Die grundlegende Schwierigkeit besteht darin, dass die Jugend von heute bereits im frühen Alter mit der neuen digitalen Welt konfrontiert wurde. Im Gegensatz dazu kam die heutige Elterngeneration meist erst im Erwachsenalter damit in Kontakt, weshalb es mit Blick darauf eine spezielle Sensibilisierung der Erwachsenen braucht, einerseits im eigenen Umgang mit den neuen sozialen Medien, andererseits in der adäquaten Unterstützung der Kinder im Umgang damit. Es ist unumgänglich, den Kindern einen verantwortungsbewussten Umgang mit den neuen sozialen Medien zu vermitteln, dazu sollten sowohl die Eltern als auch die altersentsprechenden Bildungseinrichtungen (Kindergarten, Schule) einen Beitrag leisten.

Der Beitrag konnte aufzeigen, wie wichtig in diesem Kontext die Erziehung der Eltern ist. Kinder und Jugendliche, die mit Gewalt in der Familie aufwachsen, sind viel eher dazu bereit, diese auch in einem anderen Rahmen, wie beispielsweise dem Internet, auszuleben. Darüber hinaus ist zu beachten, dass Eltern dazu verpflichtet sind, Kindern und Jugendlichen eine gewaltfreie Erziehung zu gewähren und sie vor wirtschaftlicher und sexueller Ausbeutung zu schützen (vgl. § 137 Absatz 2 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches sowie Artikel 5 des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern).

Bei zu wenig Aufklärung über den Umgang mit den neuen sozialen Medien besteht für Kinder und Jugendliche die Gefahr, dass sie zu Cyber-Opfern oder Cyber-Täter/inne/n werden. Aus diesem Grund sind die Erwachsenen aufgefordert, sich mit den Herausforderungen dieser Thematik auseinanderzusetzen, die Vor- und Nachteile kennenzulernen und so wichtige Umgangsformen im Internet an die Kinder und Jugendlichen weiterzugeben.


Literatur

Enders, Ursula (2008): Gefangen im Netz – Mädchen als Opfer und Täterinnen. In: Betrifft Mädchen, Nr. 3, S. 111-116.

Frölich, Jan (2012): Computer und Internet erobern die Kindheit. Stuttgart: Schattauer GmbH.

Gross, Sonja (2014): Medienkompetenz und medienerzieherisches Handeln. Wie Eltern ihre Kinder vor den Gefahren des Internets schützen können. Norderstedt: GRIN Verlag.

Hurrelmann, Klaus (2007): Gewalt an Schulen. Pädagogische Antworten auf eine soziale Krise. Weinheim: Beltz Verlag.

Katzer, Catarina (2007): Cyberbullying: Aggression und sexuelle Viktimisierung in Chatrooms. In: Gollwitzer, Marion (Hg.): Gewaltprävention bei Kindern und Jugendlichen. Göttingen: Hogrefe, S. 123-140.

Katzer, Catarina (2014): Cybermobbing − Wenn das Internet zur W@ffe wird. Berlin: Springer Verlag.

KIM Studie (2008): Kinder und Medien, Basisuntersuchung zum Medienumgang 6- bis 13-Jähriger in Deutschland. Stuttgart: Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest.

Kutscher, Nadia (2013): Jugend und Medien. In: Rauschenbach, Thomas (Hg.): Enzyklopädie EEO, Erziehungswissenschaften Online. Weinheim: Beltz Juventa, S. 2-20.

Robertz, Frank J. (2010): Jugendgewalt 2.0: Über Cyberbullying und Happy Slapping. In: Wickenhäuser, Ruben (Hg.): Orte der Wirklichkeit: Über Gefahren in medialen Lebenswelten Jugendlicher. Berlin: Springer, S. 71-78.

Steffesenn, Rita (2010): Sex sells. Über die Sexualisierung in den Neuen Medien. In: Wickenhäuser, Ruben (Hg.): Orte der Wirklichkeit: Über Gefahren in medialen Lebenswelten Jugendlicher. Berlin: Springer, S. 79-100.

von Gross, Friederike (2014): Medien und ihre Chancen und Herausforderungen für das Jugendalter. In: Meister, Dorothee (Hg.): Enzyklopädie EEO, Erziehungswissenschaften Online. Weinheim: Beltz, S. 2-29.


Über die Autorin

Mag. Lea Leingartner, BA
lea.leingartner@students.fh-linz.at

absolvierte ein Studium der Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität sowie 2016 das Bachelorstudium der Sozialen Arbeit an der FH Oberösterreich, Campus Linz.
Aktuell ist sie als Familiensozialarbeiterin in der Kinder- und Jugendhilfe der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land tätig.