soziales_kapital
wissenschaftliches journal österreichischer fachhochschul-studiengänge soziale arbeit
Nr. 20 (2018) / Rubrik "Thema" / Standort Wien
Printversion: http://www.soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/article/viewFile/588/1055.pdf


Thomas Valina:

Betreutes Konto – quo vadis?

Erfolgsmodell am Scheideweg?


1. Einleitung

Im täglichen Einsatz stellen sich immer wieder Fragen rund um die Betreuung und Beratung der Klient_innen, für die ein Betreutes Konto geführt wird. Der vorliegende Artikel nimmt eine fachlich-kritische Analyse der zentralen Funktionen und Aufgaben im Umgang mit Betreuten Konten vor und will damit zu mehr Klarheit in der Anwendung beitragen. Der Artikel beginnt mit einer Beschreibung der Funktionsweise des Betreuten Kontos und beleuchtet anschließend die Subjektivität der Bedürfnisse von Klient_innen, die Betreuer_innen in ihrer täglichen Arbeit zu bedenken haben. Nach einem Exkurs über das Erwachsenenschutzgesetz, in dem das Betreute Konto als explizite Maßnahme zur Stärkung der Selbstbestimmung verankert wurde, werden die einzelnen Funktionen in der Kontobetreuung erklärt und Ausbildungskonzepte zum Betreuten Konto vorgestellt.

Das Betreute Konto hat sich in den letzten Jahren zu einem sehr gefragten Instrument entwickelt und der Einsatz ist in der gesamten sozialen Landschaft gut etabliert. Im Jahr 2018 – 8 Jahre nach der Einführung – werden österreichweit mehr als 1000 solcher Konten geführt. Die Rückmeldungen der Klient_innen sind vor allem dann positiv, wenn sie von fachlich qualifizierten Berater_innen unterstützt werden, die auch entsprechende zeitliche Ressourcen dafür einsetzen können.

„Das Betreute Konto und die Spülmaschine, das sind die besten Erfindungen der letzten 100 Jahre.“ Dieses Zitat stammt von einer Berufskollegin und begeisterten Anwenderin des Betreuten Kontos. Sie arbeitet in einer Einrichtung der Wiener Wohnungslosenhilfe, in der Klient_innen kostenlos und ohne vorherige Anmeldung brisante Themen rund um das Thema Wohnen mit einem_r Sozialarbeiter_in persönlich oder telefonisch besprechen können. (vgl. Heilsarmee 2018) Das betreute Konto wird dort als Werkzeug genutzt, um die dauerhafte Bezahlung der Wohnungsmiete sicherzustellen. Die Berater_innen schätzen dieses Instrument vor allem deshalb, weil es ihnen hilft, Zeit in der Administration einzusparen, die sie dann für die Arbeit mit Ihren Klient_innen verwenden können. Diese verspüren eine deutliche Erleichterung, wenn sie sich nicht mehr ständig um den Erhalt der Wohnung sorgen müssen.

Das Thema Betreutes Konto wurde wissenschaftlich noch wenig beforscht. Daher finden sich in diesem Text auch einzelne Passagen ohne (schriftlichen) Beleg. Sie beruhen auf der empirischen Erfahrung des Autors, der sieben Jahre im Team Betreutes Konto der Schuldnerberatung Wien tätig war.

Bei der Verwendung des Betreuten Kontos zeigt sich immer wieder, dass Klient_innen sehr konkrete Bedürfnisse nach Beratung und Betreuung haben. Vor allem dann, wenn Entscheidungen über die Verwendung ihres Geldes zeitnah getroffen werden müssen. Wie im Folgenden ausgeführt wird, sind die Anforderungen an die Berater_innen höchst vielfältig und komplex. Diese benötigen daher ein hohes Maß an Expertise, um ihrer zugedachten Rolle auch gerecht werden zu können. Nachfolgend wird die idealtypische Funktionsweise eines Betreuten Kontos beschrieben.


2. Funktionsweise eines Betreuten Kontos

Das Betreute Konto wurde 2010 in Wien erstmals in einem Probebetrieb getestet und anschließend in den Dauerbetrieb übergeführt. Berater_innen der Schuldnerberatung Wien haben neben ihrer Beratungstätigkeit für ver- und überschuldete Personen in diesem Projekt gearbeitet. Durch die hohe fachliche Kompetenz dieser Mitarbeiter_innen als ausgebildete Sozialarbeiter_innen und erfahrene Schuldenberater_innen konnten wertvolle Erfahrungen gesammelt und in die laufende Weiterentwicklung eingebracht werden.

Das Betreute Konto ist vorrangig ein Instrument zur Durchführung von existenzsichernden Zahlungen wie z. B. Miete und Energie und wird derzeit in sechs österreichischen Bundesländern (Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark, Tirol, Vorarlberg, Wien) von den staatlich bevorrechteten Schuldnerberatungen angeboten. (vgl. Kontoservice 2018) Im Unterschied zu einem gewöhnlichen Girokonto gibt es für das Betreute Konto sogenannte informationsbevollmächtigte Personen (IBV) (vgl. Eiberle/Steinhauer/Valina 2013: 8f), die über fehlende Eingänge auf das Betreute Konto und daraus resultierende Probleme bei der Durchführung der vereinbarten Überweisungen informiert werden. Diese Betreuer_innen sind keine Mitarbeiter_innen der Schuldnerberatung, sondern in der Regel in einer helfenden Beziehung zu den Klient_innen tätig und stellen somit„die operative Schnittstelle“ (Ginner 2014: 1) dar, während die Schuldnerberatung für den verlässlichen Ablauf der Zahlungen sorgt. (ebd.) Das nach der Überweisung der existenzsichernden Zahlungen verbleibende Geld wird auf ein Auszahlungskonto überwiesen, das ausschließlich die Klient_innen einsehen und über welches sie allein verfügen können. (vgl. Eiberle et al. 2013: 8)

Die zu erwartenden Zahlungseingänge und die geplanten Zahlungen werden in einem Kontoplan festgehalten. Erstellt wird dieser Kontoplan in einem gemeinsamen Gespräch bei der Eröffnung eines Betreuten Kontos. Die_der Klient_in bespricht dabei gemeinsam mit dem_r Mitarbeiter_in der Schuldenberatung – und idealerweise auch in Anwesenheit der informationsbevollmächtigten Person – die zu erwartenden Eingänge auf das Konto und legt die Termine für die gewünschten Zahlungen fest. In einer von allen Beteiligten unterzeichneten Vereinbarung werden die Betreuer_innen von den Kontoinhaber_innen dazu ermächtigt, Einsicht in das Konto zu nehmen und Änderungen der gemeinsam erstellen Kontopläne selbstständig vorzunehmen bzw. zu veranlassen. Der Schuldnerberatung wird eine Zeichnungsberechtigung für das Konto eingeräumt, damit diese in Folge die Durchführung der Zahlungen auf elektronischem Weg veranlassen kann.

Vereinbarungsgemäß muss jede Änderung des Kontoplanes in schriftlicher Form erfolgen. Entweder direkt über das Kontoportal www.kontoservice.at oder in Form einer schriftlichen Nachricht an die Schuldnerberatung. Das Team der Schuldnerberatung erhält diese Aufträge in der Regel in Form eines E-Mails oder als SMS Nachricht. Der direkte Zugriff auf ein Betreutes Konto ist über die Internetplattform www.kontoservice.at möglich. Für den Zugriff erhalten sowohl Klient_in als auch Betreuer_in Zugangsdaten, damit diese jede Kontobewegung nachvollziehen und Kontopläne – und somit die geplanten Buchungen – jederzeit einsehen können. Betreuer_innen können auf dieser Plattform Änderungen am Kontoplan direkt veranlassen, wenn die Kontoinhaber_innen dies mit einem TAN Code bestätigen. (vgl. Eiberle et al. 2013: 22)

Die Eröffnung eines Betreuten Kontos erfolgt ausschließlich auf freiwilliger Basis. Wenn seitens der_s Klient_in beim Erstgespräch nicht der Wunsch besteht, das Konto in der beschriebenen Weise führen zu lassen, wird dieses nicht eröffnet. Der alleinige Wunsch einer betreuenden Einrichtung nach Kontoeröffnung zur Unterstützung der_s Klient_in ist daher nicht ausreichend. Kontoinhaber_innen und Betreuer_innen können die getroffene Vereinbarung jederzeit widerrufen (vgl. Eiberle et al. 2013: 8).

Voraussetzung für den Erhalt eines Betreuten Kontos ist die akute oder latente Gefahr, den aktuellen Wohnplatz zu verlieren. (vgl. Schuldnerberatung 2018) Die derzeitigen Kontoinhaber_innen sind Personen, die aufgrund von Schwierigkeiten mit der regelmäßigen Zahlung der Wohnungskosten von Wohnungslosigkeit bedroht sind. Es sind dies sowohl Klient_innen der Kinder- und Jugendhilfe, Klient_innen mittleren Alters aus dem Bereich der Wohnungslosenhilfe, aber auch (hoch-)betagte Menschen. (vgl. Eiberle et al. 2013: 6) Eine verhältnismäßig neue Zielgruppe stellen Personen dar, die von einem Erwachsenenvertreter in finanziellen Belangen unterstützt bzw. vertreten werden. Auf die speziellen Anforderungen durch das neue Erwachsenenschutzgesetz wird in der weiteren Folge in einem Exkurs noch näher eingegangen. Zunächst wird aber die Subjektivität von Bedürfnissen der Klient_innen näher beleuchtet.


3. Herausforderungen durch die Subjektivität von Bedürfnissen

Kontoinhaber_innen eines Betreuten Kontos sind oder waren latent oder akut delogierungsgefährdet, weil sie in der Vergangenheit Entscheidungen in Bezug auf die Priorität einzelner Zahlungen gelegt haben, die in Folge zum (drohenden) Verlust der Wohnung geführt haben. Die Verwendung der zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen folgte dabei einer höchst individuellen Bedürfnishierarchie und nicht den bürgerlichen Modellen von Bedürfnisdeckung, in denen die Sicherung des Wohnraumes eine besonders hohe Priorität hat. Als mögliches Erklärungsmodell zum Verständnis dieser Entscheidungen kann der capability approach (vgl. Nussbaum 1999: 63ff) dienen. In diesem formuliert Nussbaum Befähigungen, über die ein Mensch verfügen muss, damit sie_er in ihrem_seinem Menschsein nicht eingeschränkt ist – und folglich die Möglichkeit für ein gelingendes Leben hat. Diese Grundbefähigungen umfassen neben der Fähigkeit, ein Leben in körperlicher Unversehrtheit in gesichertem Wohnraum zu führen, auch die Befähigung zu einem Leben mit freudvollen Erlebnissen und erholsamer Freizeit. In diesem Sinne sind die finanziellen Entscheidungen der Klient_innen vielfach dadurch begründet, dass individuell hoch priorisierte Bedürfnisse gedeckt wurden. In Bezug auf die nachhaltige Sicherung des Wohnraumes waren diese Entscheidungen jedoch nicht förderlich, weil sie zumindest die Gefährdung oder gar den Verlust der Wohnung zur Folge hatten.

Für die Kontobetreuer_innen gilt es, die Bedürfnisse und Wünsche der Klient_innen zu erkennen und diese nach Maßgabe der Möglichkeiten in den Kontoplan des Betreuten Kontos zu integrieren. Dem liegt eine Vorstellung zugrunde, die bereits Agnes Heller (1980) formulierte:„Was Individuen für ihre Bedürfnisse halten sind ihre Bedürfnisse“. Und:„Alle Bedürfnisse, die von Individuen für real gehalten werden müssen als real anerkannt werden. Diese schließen Bedürfnisse mit ein, deren sie gewahr sind, die sie formulieren und die sie zu befriedigen suchen“. (Heller 1980 o. S.)

Für die als Kontobetreuer_innen tätigen Helfer_innen ergibt sich demnach die Problematik, dass die Bedürfnisse der Klient_innen nicht unbedingt mit der vorrangigen Absicherung der sozialen Situation – insbesondere der Verhinderung von Wohnungslosigkeit – übereinstimmen müssen. Betreuer_innen sind also gefordert, die Bedürfnisse der Klient_innen mit der Erfüllung des institutionellen oder – im Falle des Erwachsenenschutzes – gesetzlichen Auftrags zur Sicherung des Wohnplatzes in Einklang zu bringen. Ein geradezu klassischer Fall des doppelten Mandates in der Sozialen Arbeit, (vgl. u. a. Böhnisch/Lösch 1973, Staub-Bernasconi 1995) das Staub-Bernasconi (2007) später zu einem Tripelmandat ausgebaut hat.1

Die finanzielle Situation einer_s typischen Kontoinhaber_in stellt sich durchwegs als kompliziert und unübersichtlich dar, da die Wünsche der Klient_innen zumeist einer höchst individuellen Logik („Ich zahle was mir JETZT wichtig erscheint“) und nicht den gängigen Modellen („Miete und Strom zuerst“) folgen. Zu den a priori zu planenden monatlichen Zahlungen für Miete und Energie kommen in der Regel mehrere Ratenvereinbarungen zur Zahlung von sogenannten gefährlichen, also existenzbedrohenden, Schulden. Verschärfend kommt hinzu, dass die monatlichen Einkommen niedrig sind, sich unter oder am Ausgleichszulagenrichtsatz – jedenfalls unter der Armutsgrenze – bewegen und sich typischerweise aus Geldleistungen beider sozialer Netze zusammensetzen.2 Diese staatlichen Transferleistungen werden von unterschiedlichen Institutionen (z. B. AMS, Träger der sozialen Wohlfahrt, Gebietskrankenkassen, Finanzamt) und zu verschiedenen Zeitpunkten bezogen. Die unterschiedlichen Auszahlungszeitpunkte erschweren die Erstellung der Kontopläne, da diese nicht mit den Fälligkeiten der Zahlungen übereinstimmen. (vgl. Steinhauer-Kreuzbichler/Valina 2017: 35)

Die Führung eines Betreuten Kontos ist an die Freiwilligkeit der Inanspruchnahme gebunden. Unterstützungsleistungen, die Klient_innen gewährt werden ohne dass diese einen Rechtsanspruch darauf haben, werden von den unterstützenden Einrichtungen jedoch zuweilen an die Eröffnung eines Betreuten Kontos gebunden. Durch ein solches Junktim wird dem Gebot der Freiwilligkeit nicht entsprochen, sondern ein Zwangsverhältnis etabliert. Die gesetzlich legitimierte Einschränkung der freien Handlungsfähigkeit ist an die Bestellung eines Erwachsenenvertreters gebunden. Für Menschen, die sich durch ihr eigenes Verhalten selbst schädigen, sieht der Gesetzgeber diese Einschränkung der persönlichen Handlungsfreiheit durch die Bestellung eines selbst gewählten oder – notfalls auch gegen ihren Willen – einer_s gerichtlichen Erwachsenenvertreter_in vor. Auf zentrale Aspekte des Erwachsenenschutzgesetztes in Zusammenhang mit einem Betreuten Konto wird im folgenden Exkurs näher eingegangen.


4. Exkurs: Erwachsenenschutzgesetz

In der Vergangenheit gab es bereits Klient_innen, deren Sachwalter_innen für sie ein Betreutes Konto geführt haben. Mit 1. Juli 2017 ist das 2. Erwachsenenschutzgesetz in Kraft getreten, dessen relevanten inhaltlichen Bestimmungen in das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) Eingang finden und dort das bis zu diesem Zeitpunkt geltende Sachwalterrecht ersetzen. Durch die explizite Erwähnung des Betreuten Kontos im 2. Erwachsenenschutzgesetz ist in Zukunft jedenfalls mit einer Zunahme solcher Fälle zu rechnen.

Das Gesetz entstand unter Mitwirkung eines breiten Kreises an Expert_innen und politischen Akteur_innen sowie Selbstvertreter_innen aus dem Kreis der Betroffenen. Das oberste Prinzip des Gesetztes ist, die Selbstbestimmung der Betroffenen soweit als möglich zu stärken und die von ihnen getroffenen Entscheidungen zu respektieren, selbst wenn diese nach gängigen Wertmaßstäben unvernünftig scheinen. In der aktuellen Fassung des § 239 ABGB wird das Betreute Konto explizit als Instrument zur Stärkung der Selbstbestimmung von Betroffenen genannt.

„§ 239. (1) Im rechtlichen Verkehr ist dafür Sorge zu tragen, dass volljährige Personen, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung in ihrer Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt sind, möglichst selbständig, erforderlichenfalls mit entsprechender Unterstützung, ihre Angelegenheiten selbst besorgen können.

(2) Unterstützung kann insbesondere durch die Familie, andere nahestehende Personen, Pflegeeinrichtungen, Einrichtungen der Behindertenhilfe und soziale und psychosoziale Dienste, Gruppen von Gleichgestellten, Beratungsstellen oder im Rahmen eines betreuten Kontos oder eines Vorsorgedialogs geleistet werden.“ (ABGB § 239 Abs. 1 und Abs. 2)

Um die Bestellung von Erwachsenenvertreter_innen zu vermeiden, appelliert das Gesetz Betroffenen Möglichkeiten zur Unterstützung anzubieten und sie damit vor Selbstschädigung zu schützen. Das Betreute Konto wird explizit als mögliches Unterstützungssystem genannt, offen bleibt jedoch die Frage, wer die Aufgabe der Kontobetreuung übernehmen soll. Geeignete Unterstützungssysteme, die entsprechende fachliche Standards garantieren, können diese Aufgaben nur dann übernehmen, wenn die Finanzierung gesichert ist. Dieser Punkt scheint jedoch noch ungeklärt zu sein.

In der Ministerialvorlage bzw. in den Erläuterungen zum Gesetz werden die Absichten des Gesetzgebers näher ausgeführt. Bereits in der Präambel (Ministerialentwurf Erläuterungen: 1) wird ausgeführt, dass Entscheidungen nicht mehr paternalistisch, von oben herab, getroffen werden sollen, sondern sich an den Wünschen und Bedürfnissen der Betroffenen orientieren sollen. Betroffene dürfen somit auch Fehler machen, ohne deswegen die Bestellung einer_s Erwachsenenvertreter_in befürchten zu müssen und in ihrer Entscheidungsautonomie eingeschränkt zu werden. (ebd.)

Nachfolgend werden einige Erläuterungen zum § 241 ABGB näher beleuchtet. In diesem Paragraphen werden die Aufgaben der Stellvertretung definiert und die Selbstvertretung der Betroffenen wird in den Mittelpunkt gestellt. Hier zeigt sich der beabsichtigte Paradigmenwechsel zum zuvor geltenden Sachwalterrecht.

„Zu betonen ist, dass es an relevantem Handlungsvermögen nicht allein deshalb mangelt, weil die Entscheidung des Betroffenen von den Wertmaßstäben eines vernünftigen Dritten abweicht. Zur persönlichen Autonomie gehört nämlich auch die Befugnis des Handelnden, Entscheidungen nach seinem eigenen von allgemeinen Vorstellungen abweichenden Wertesystem zu treffen.“ (Ministerialentwurf Erläuterungen: 17)

Hieraus ist abzuleiten, dass die Erklärungsmuster und der Eigensinn der Klient_innen jedenfalls im Fokus von allfälligen Unterstützungshandlungen stehen.

„Ein Abweichen von den Wertvorstellungen der Allgemeinheit kann dann aber nicht mehr Ausfluss der Autonomie sein, wenn dieses etwa in einer psychischen Krankheit der betroffenen Person begründet ist. Hier steht die Persönlichkeit des Entscheidenden unter Einflüssen, die dessen Wertsystem verzerren und ihn deshalb zu ‚unvernünftigen‘ Entschlüssen veranlassen.“ (ebd.)

In Bezug auf einen drohenden Wohnungsverlust stellt sich hier die Frage, ob die bewusste und willentliche Nicht-Bezahlung der Wohnungsmiete – und in Folge dessen ein möglicher Wohnungsverlust – als ein Symptom einer psychischen Krankheit gesehen werden kann und damit von der o. a. Definition umfasst ist und folglich die Bestellung eines_r gerichtlichen Erwachsenenvertreter_in legitimiert. Auch in einem solchen Fall muss vorerst versucht werden, mit Unterstützung die Beweggründe der betroffenen Person zu verstehen, ihre Bedürfnisse zu ermitteln und damit Selbstschädigungen abzuwenden. (ebd.) Um die individuellen Motive und Bedürfnisse verstehen zu können, braucht es jedenfalls psychosoziale Expertise der Helfer_innen. Alleine mit dem Alltagswissen und der Kenntnis der individuellen Lebenswelt, welche insbesondere die gesetzlichen Erwachsenenvertreter_innen einbringen, die als eine von vier Säulen (in Weiterentwicklung der bisherigen Angehörigenvertreter_innen) eingeführt wurden,3 oder der rechtlichen Expertise, die zweifelsfrei von Notar_innen und Rechtsanwält_innen als gerichtlichen Erwachsenenvertreter_innen eingebracht werden kann, ist es hier nicht getan.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich der Gesetzgeber die größtmögliche Autonomie für die Betroffenen wünscht. Das Betreute Konto soll als ein mögliches Instrument zur Stärkung der eigenen Entscheidungsfindung eingesetzt werden. Um auf die Wünsche und Bedürfnisse der Betroffenen adäquat eingehen zu können und die in den Erläuterungen genannten Ziele verwirklichen zu können, braucht es fachlich qualifizierte Kontobetreuer_innen. Offen bleiben jedenfalls die Form und der Umfang der Unterstützung sowie deren Finanzierung. Auf die verschiedenen Funktionen der Betreuer_innen in der Anwendung des Betreuten Kontos wird im nächsten Kapitel näher eingegangen.


5. Funktionen der Kontobetreuung

Im von den Schuldnerberatungen vorgelegten Modell des Betreuten Kontos (vgl. Schuldnerberatung 2018) kommt den Kontobetreuer_innen eine zentrale Rolle zu. Sie unterstützen Klient_innen durch ihre beratende Funktion in Fragen der Wohnungssicherung und in finanziellen Angelegenheiten und stellen damit die primäre Ansprechperson für Klient_innen dar. Die Schuldnerberatung führt dabei lediglich Aufträge durch und hat primär keine beratende Funktion für Klient_innen. (vgl. Eiberle et al. 2013: 5)

Kontobetreuer_innen haben dank der vertraglichen Vereinbarung auch die Möglichkeit, Aufträge an die Schuldnerberatung zu erteilen und können somit direkten Einfluss auf die Verwendung der finanziellen Ressourcen ihrer Klient_innen nehmen. Sie agieren also auch in einer fürsorgenden Rolle, sie haben für eine adäquate Verwendung der finanziellen Mittel zu sorgen und stehen damit in einem asymmetrischen Machtverhältnis zu Klient_innen. (vgl. Thiersch 2007: 118) Die von Pantucek (1998: 112f) als Alltagsrekonstruktion bezeichnete Form der Einzelfallhilfe, in der die helfende Person als Akteur_in gegenüber Vertragspartner_innen (z. B. bezugsauszahlenden Stellen oder Vermieter_innen) der Klient_innen in Erscheinung tritt, sollte zu keinem Dauerzustand werden, sondern nur solange andauern, als dies unbedingt nötig ist. Ziel sollte immer die durch individuelle Unterstützung und Stärkung ihrer Kompetenzen ermöglichte Selbstständigkeit der Klient_innen sein. (vgl. Eiberle et al. 2013: 13). In der langjährigen Praxis zeigt sich, dass die Hinführung zu wirtschaftlicher Selbstständigkeit nur dann gelingen kann, wenn dies einerseits von den Klient_innen auch erwünscht ist und andererseits die Berater_innen über entsprechende zeitliche und fachliche Ressourcen verfügen, um diesen Prozess begleiten und unterstützen zu können.

Wenn sich Beratung an den Bedürfnissen der Klient_innen orientiert und„als offenes, auf Freiwilligkeit basierendes Aushandeln von Positionen und Möglichkeiten&., (Thiersch 2007: 116) gelebt wird, führt dies die Kontobetreuer_innen zwangsweise in das von Thiersch beschriebene Spannungsfeld:„Soziale Arbeit […] im Widerspruch von Aufgaben der Kontrolle und der Hilfe&., (ebd.) – zwischen der Verwirklichung von sozialer Gerechtigkeit und den staatlichen Kontrollansprüchen, um den Normen der Gesellschaft gerecht zu werden (ebd.). Beratende sollten sich dabei ihrer eigenen weltanschaulichen und gesellschaftlichen Wertvorstellungen bewusst sein und diese nicht als Basis ihrer Handlungspläne heranziehen (ebd.), sondern ihr Handeln berufsethisch und fachlich begründen können. (vgl. Staub-Bernasconi 2007) Eine starke weltanschauliche Prägung könnte die Beratung belasten und zu Konflikten mit den Adressat_innen führen. (vgl. Thiersch 2007: 122)

Berater_innen sind gefordert, die Basis für eine tatsächliche Freiwilligkeit zu schaffen, die auch den Eigensinn der Klient_innen berücksichtigt, um damit ein tragfähiges Fundament für die Beratung herzustellen. (vgl. Thiersch 2007: 121) Denn erst wenn die Einsicht und Einwilligung der Klient_innen erreicht werden kann, kann die Aktivierung und Unterstützung zur Eigentätigkeit auch handlungsleitend sein. (ebd.) Die Aktivierung der Klient_innen zu mehr finanzieller Eigenverantwortung kann als implizites Ziel eines Betreuten Kontos gesehen werden (vgl. Eiberle et al. 2013: 13). Die Helfer_innen agieren dabei gewissermaßen im Sinne von Akteur_innen eines aktivierenden Sozialstaates (vgl. u. a. Stelzer-Orthofer 2013: 13ff). Problematisch muss dieser Apell zu mehr Eigenverantwortlichkeit vor allem dann gesehen werden, wenn die Ressourcen dafür weder auf Seiten der Klient_innen, noch auf Seiten der Berater_innen vorhanden sind. Umgelegt auf die Arbeit mit Klient_innen des Betreuten Kontos bedeutet der Ruf nach Einhaltung der gesellschaftlichen Normen, dafür zu sorgen, dass der Wohnplatz gesichert und damit (neuerliche) Wohnungslosigkeit verhindert wird. Dass Klient_innen diese Zieldefinition mit ihren Berater_innen nicht immer teilen, sich nicht am bürgerlichen Leitbild eines durch laufende Zahlung gesicherten Wohnplatzes orientieren und die Beratung respektive das Betreute Konto nicht in gänzlicher Freiwilligkeit in Anspruch nehmen, darf als gesetzt gelten. Berater_innen agieren demnach auch hier im Zwang, Ziele mit Ihren Klient_innen zu verfolgen und diese notfalls auch gegen deren Widerstand durchsetzen zu müssen. (vgl. Hammer 2013: 133f)

Berater_innen brauchen neben der fachlichen Kompetenz zur Erstellung adäquater Haushaltspläne jedenfalls auch die Fähigkeit, sich in die individuellen Problemlagen der Klient_innen hineinversetzen zu können und sich dabei auch ihrer eigenen Befangenheiten bewusst zu sein:„Allfällige Zögerlichkeiten und Unwilligkeiten der Ratsuchenden können dabei unterschätzt werden“. (Thiersch 2007: 122) Auch das Scheitern als (Zwischen-)Ergebnis zielorientierter Beratung sollte immer als mögliches Szenario in Betracht gezogen werden (ebd.). Die reale Hierarchie der verfügbaren Ressourcen gibt dabei jedoch den Rahmen der Möglichkeiten vor. Für das Betreute Konto gilt derzeit, dass eine nochmalige Kontoeröffnung nur in Ausnahmefällen möglich ist – also in der Regel die erstmalige Auflösung der Vereinbarung gleichzeitig auch das Ende dieser Unterstützungsmöglichkeit bedeutet. Die Vereinbarung zur Führung eines Betreuten Kontos kann von Klient_innen jederzeit gekündigt werden. Die Schuldnerberatung wiederum tritt vor allem dann von diesem Vertrag zurück, wenn Klient_innen nicht mehr erreichbar sind, also auf Kontaktversuche seitens ihrer Betreuer_innen und der Schuldnerberatung nicht mehr reagieren.

Anhand des beschriebenen Anforderungsbildes wird ersichtlich, dass Kontobetreuer_innen jedenfalls über eine hohe fachliche Kompetenz in der psychosozialen Beratung verfügen müssen, um den vielfachen Anforderungen gerecht zu werden. Zusätzlich brauchen sie das rechtliche und wirtschaftliche Fachwissen, um in finanziellen Angelegenheiten qualifiziert unterstützen zu können. Die Anforderung an die im Feld professionell Tätigen besteht darin, ausgehend von den beschriebenen Kompetenzen mit den Klient_innen einen realistischen Handlungsplan in der Umsetzung zu entwickeln. Nur unter dieser Voraussetzung können Sie mit ihren Klient_innen gemeinsame und realistisch umsetzbare Ziele aushandeln und sie bei deren Erreichung unterstützen. Um das zuvor beschriebene Anforderungsprofil erfüllen zu können, benötigen die Helfer_innen ein Aus- und Weiterbildungsangebot, das ihnen die entsprechende fachliche Qualifizierung ermöglicht.


6. Ausbildungsangebote für Kontobetreuer_innen

Sozialarbeiter_innen werden im Rahmen ihrer Ausbildung auf den Umgang mit Betreuten Konten in unterschiedlicher Form vorbereitet. Die Grundzüge von Haushaltsplanung und die Auswirkung gefährlicher Schulden werden im aktuellen Curriculum des Studienganges Soziale Arbeit BA der FH Campus Wien im ersten Semester in der Lehrveranstaltung„Materielle Sicherung“ (vgl. Jelenko/Knecht/Steffel/Valina 2016) behandelt. Beratung als Handlungskompetenz ist im Studium mit einer eigenen Lehrveranstaltung fest im Curriculum verankert. Das in der Lehrveranstaltung erworbene theoretische Wissen wird durch praktische Übungen und durch mehrere Praktika vertieft und abgesichert. Das eigene Verhalten im Umgang mit Klient_innen wird im Rahmen der verpflichtenden Lehrveranstaltung„Praxisreflexion“ regelmäßig reflektiert. Ein Wahlpflichtfach mit dem Titel„Betreutes Konto“ wird an der FH Campus Wien ebenfalls angeboten. Es ist dies ein im Wesentlichen auf Elementen des e-learning basierendes Seminar, in dem grundlegendes Fachwissen in finanziellen Angelegenheiten vermittelt und die Verwendung der Kontoplattform www.kontoservice.at geschult wird. Dabei werden multimediale Lerninhalte (z. B. screencast Videos) verwendet und das für die Änderung der Kontopläne notwendige Anwendungswissen auf einer eigenen Lernplattform vermittelt und durch Übungen gefestigt. Dank der Verwendung von moodle können die Teilnehmer_innen Zeit und Ort ihres Lernens weitgehend selbst bestimmen.

Das Team„Betreutes Konto“ der Schuldnerberatung Wien bietet im Rahmen des Aus- und Weiterbildungskonzeptes des Fonds Soziales Wien (FSW) einen zweimal im Jahr stattfindenden, vierstündigen Workshop zum Umgang mit dem Betreuten Konto an. In diesen wird die grundlegende Funktionsweise des Betreuten Kontos erläutert und die Möglichkeiten der Interaktion auf der Kontoplattform www.kontoservice.at erklärt. Der Schwerpunkt dieses Ausbildungsangebotes liegt in der Vermittlung der technischen Kompetenzen, um die Funktionen der Kontoplattform verwenden zu können. Die psychosoziale Beratungskompetenz wird in diesen Workshops nicht explizit geschult. Dies würde einerseits den zeitlichen Rahmen überschreiten. Andererseits ist dies angesichts der vielfältigen und unterschiedlichen institutionellen Aufträge der Teilnehmer_innen faktisch unmöglich zu bewerkstelligen.

Der kostenlose Besuch dieser Workshops ist nur für Mitarbeiter_innen des FSW möglich. Für Mitarbeiter_innen anderer Institutionen (die Mehrzahl der aktuellen Kontobetreuer_innen) ist die Teilnahme kostenpflichtig und wird daher nur wenig in Anspruch genommen. Für Klient_innen bedeutet dies, dass ihre Betreuer_innen möglicherweise nicht ausreichend über die Möglichkeiten im Umgang mit dem Betreuten Konto informiert sind und daher nur einzelne Funktionen nutzen (können). Die praktische Ausbildung zur Kontobetreuer_in erfolgt derzeit in den jeweiligen Institutionen selbst. Dabei wird das vorhandene Wissen von erfahrenen an neue Kolleg_innen weitergegeben, aber keine institutionalisierten und standardisierten (Ein-)Schulungen durchgeführt.4

Allen Aus- und Weiterbildungsangeboten gemein ist das Fehlen von ausführlichen, verschriftlichten Unterlagen, die das konkrete Aufgabenfeld der Betreuer_innen beschreiben und von der Zuständigkeit der Schuldnerberatung als Betreiberin der Plattform klar abgrenzen. In Folge führt dieser Mangel zu einem sehr breiten Spektrum von Interpretationen der Rolle als Kontobetreuer_in. Das eingangs beschriebene Modell des Betreuten Kontos, in dem Betreuer_innen die primären Ansprechpartner_innen für Klient_innen sind und die Schuldnerberatung nur im Hintergrund als Betreiberin der Plattform agiert, wird daher in der Praxis nicht immer verwirklicht. Oftmals beschränken sich die Betreuer_innen auf das bloße Empfangen von Nachrichten und halten keinen nennenswerten Kontakt zu den Klient_innen.


7. Fazit und Ausblick

„Das Betreute Konto spart keine Betreuung, sondern reduziert radikal deren Aufwand“ ist ein Zitat von Alexander Maly, dem langjährigen Geschäftsführer der Schuldnerberatung Wien, der oftmals als Erfinder des Betreuten Konto bezeichnet wird. Er weist damit klar auf den Effektivitäts- und Effizienzanspruch des Betreuten Kontos hin. Um den Effekt der nachhaltigen Wohnungssicherung tatsächlich erzielen zu können, braucht es jedoch ein fachlich versiertes Beratungsangebot für Klient_innen. Der Erwerb der Beratungskompetenz kann über eine adäquate Ausbildung ermöglicht werden. Der Auftrag, Klient_innen in beratender Funktion zu unterstützen, muss klar aus der jeweiligen Organisation kommen. Um den zeitlichen Aufwand tatsächlich senken zu können – und damit die Effizienz zu erhöhen – müssen die Helfer_innen auch die technische Anwendung dieses Werkzeuges beherrschen. Dazu braucht es jedenfalls ein breites Angebot an Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, um die Anwender_innen im Umgang mit Betreuten Konten zu schulen.

Fakt ist jedoch, dass zurzeit nicht alle Kontoinhaber_innen eines Betreuten Kontos über eine qualifizierte Betreuungsperson verfügen und in diesen Fällen das Betreute Konto ausschließlich von den Schuldnerberatungen geführt wird. Eine fachlich adäquate Beratung der Klient_innen ist dort angesichts der hohen Fallzahlen faktisch unmöglich. (vgl. Steinhauer-Kreuzbichler et al. 2017: 37f) Durch die Verankerung des Betreuten Kontos im neuen Erwachsenenschutzgesetz ist jedoch nochmals mit einer deutlichen Zunahme an Klient_innen zu rechnen.

Fraglich ist und bleibt, wer künftig die Ressourcen für eine adäquate Betreuung der Klient_innen zur Verfügung stellen wird. Das bloße Überwachen der Konten durch die Schuldnerberatungen oder durch eine dritte Person, sei es Erwachsenenvertretung oder andere Institutionen, wird dem Modell Betreutes Konto keinesfalls gerecht, da in einem solchen Szenario einer der wesentlichsten Aspekte – die Beratung der Klient_innen – nahezu gänzlich ausgespart bleibt. Die Schuldnerberatungen können das drohende Defizit in der Beratung nicht auffangen. Angesichts der Entwicklung in den Schuldnerberatungen, wo mittlerweile nicht mehr nur fachlich versierte Sozial Arbeitende mit entsprechender akademischer Ausbildung im Team Betreutes Konto tätig sind, scheint die Befürchtung nicht unberechtigt, dass fachliche Standards in der Sorge um Betroffene künftig zunehmend weniger Berücksichtigung finden. Da Rechtsanwält_innen und Notar_innen weiterhin für eine hohe Anzahl an Klient_innen als gerichtliche Erwachsenenvertreter_innen tätig sein dürfen, ist ebenso daran zu zweifeln, dass die Voraussetzungen für eine qualitätsvolle und personenbezogene Betreuung im erforderlichen Ausmaß gegeben sein werden.

Es bleibt zu hoffen, dass in Präzisierung der aktuellen Rechtslage die Anforderungen für die Verwendung von Betreuten Konten klar normiert werden, fachliche Standards vorgegeben und für eine ausreichende Finanzierung gesorgt wird. Es wäre sehr bedauerlich, wenn die positiven Erfahrungswerte und Entwicklungen rund um das Betreute Konto durch nicht ausreichende Finanzierung gefährdet wären. Rein ökonomisch begründete Maßnahmen, wie der Einsatz von Callcentern anstelle adäquater Betreuungseinrichtungen, bieten für Klient_innen keine adäquate Unterstützung. Sozialpolitik, die am Gemeinwohl und am Nutzen für alle Mitglieder der Gesellschaft orientiert ist, wird dies (hoffentlich) zu verhindern wissen und sich nicht in endlosen Debatten darum, ob der Bund oder die Bundesländer für die Finanzierung aufkommen sollen, verstecken.

Um die Wirkungsweise des Betreuten Kontos wissenschaftlich begründen zu können, bedarf es zweifelsohne weiterer Forschung. An der FH Campus Wien finden derzeit mehrere Forschungsprojekte statt, um unterschiedliche Herangehensweisen von Sozial Arbeitenden im Umgang mit Betreuten Konten sichtbar zu machen. Mit der Veröffentlichung der ersten Forschungsergebnisse ist im Sommer 2019 zu rechnen.


Verweise
1 Staub-Bernasconi argumentiert, dass neben den ethischen Standards der Profession stets auch die wissenschaftliche Begründbarkeit professionellen Handelns ein eigenes Mandat bildet, an das die Helfer_innen gebunden sind.
2 Die Höhe des Ausgleichzulagenrichtsatzes bildet den Richtsatz der Mindestsicherung für alleinstehende Personen. Vgl. dazu https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/27/Seite.270224.html. Die Armutsgefährdungsschwelle liegt laut EU-SILC bei 60% des Medianeinkommens. Siehe dazu EU SILC 2011. Zur Unterscheidung zwischen dem ersten und zweiten sozialen Netz siehe u. a. Melinz 2009.
3 Zum Modell der vier Säulen siehe u. a. BMVRDJ 2017.
4 Mehrere Gespräche mit Leiter_innen unterschiedlicher Institutionen haben dies bestätigt, u. a. mit Margit Jelenko, Leiterin des Haus SAMA Samariterbund Wien, Vera Howanietz, Leiterin wohn:mobil des FSW, Ulrike Knecht, Leiterin MOWO Heilsarmee, Markus Frittum, Leiter Rupert Mayer Haus der Caritas der Erzdiözese Wien.


Literatur

2. Erwachsenenschutz-Gesetz 25.04.2017, NR: GP XXV RV 1461 AB 1528 S. 173. BR: AB 9764 S. 866. Zitiert nach: RIS. https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2017_I_59/BGBLA_2017_I_59.pdfsig (11.7.2018).

Böhnisch, Lothar/Lösch, Hans (1973): Das Handlungsverständnis des Sozialarbeiters und seine institutionelle Determination. In: Otto Hans.Uwe/Schneider, Siegfried (Hg.): Gesellschaftliche Perspektiven der Sozialarbeit, Band 2. Neuwied: Luchterhand. S. 21–40.

BMVRDJ – Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (2017); Erwachsenenschutzrecht. Wissenswertes für Vertretene, VertreterInnen und Interessierte. Wien. Eigenverlag.

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Über den Autor

Mag. (FH) Thomas Valina MA
thomas.valina@fh-campuswien.ac.at

FH Campus Wien BA Soziale Arbeit; Diplomstudium der Sozialen Arbeit und Sozialmanagement, MA Studium angewandtes Wissensmanagement mit Schwerpunkt E-Learning; langjähriger Mitarbeiter der Schuldnerberatung Wien,
Forschungsschwerpunkt: Materielle Sicherung