soziales_kapital
wissenschaftliches journal österreichischer fachhochschul-studiengänge soziale arbeit
Nr. 24 (2020) / Rubrik „Werkstatt“ / Standort Eisenstadt
Printversion: http://www.soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/article/view/680/1276.pdf


Anna Aufner, Diana Breitler, Rosa Bruggraber, Delia Gaszo, Tanja Geischläger, Arno Heimgartner, Stefanie Hofer, Anna Huber, Patrick Laichter, Susanne Laurent, Lisa Pepics, Klaus Reiner, Paula Richter, Bianca Steiner, Zoé Schulmeister, Yasmina Trotzenberg & Katrin Vorel-Seifert:

Soziale Perspektiven auf die Covid-19-Phase

Eine digitale Forschungswerkstatt während der Ausgangsbeschränkungen


1. Ausgangslage

Studierende des Bachelorstudienganges Soziale Arbeit haben im Rahmen der Lehrveranstaltung „Wissenschaftliches Arbeiten“, koordiniert von Arno Heimgartner, vom 25. März bis 7. Mai 2020 eine Forschungswerkstatt realisiert. Zielsetzung war es, eigene empirische Forschungsprojekte zu entwerfen und durchzuführen. Auf diesem angewandten Weg, der durch den Forschungsprozess vom Entwurf bis zur Präsentation der Ergebnisse gegliedert war, sollte ein Beitrag zur Wissensgenerierung geleistet werden. Zudem sollten forschungsmethodische, aber auch wissenstheoretische Kenntnisse erworben werden. Wichtige Schritte und Teil der formulierten Lernziele waren die sensible Ideenbildung, die korrekte Konstruktion eines Forschungsinstrumentariums, die gelingende Realisierung der Durchführung und die kompetente Auswertung der Daten. Reflexionen zum Forschungsablauf und zur Zusammenarbeit sowie Diskussionen zum gesellschaftlichen Stellenwert der Forschung rundeten die Forschungswerkstatt ab.

Aufgrund der Realisierung der Projekte während des Lockdowns scheinen die Ergebnisse zu dieser außergewöhnlichen Zeit eine besondere Relevanz zu haben. Eine Veröffentlichung der Ergebnisse wurde deshalb gemeinsam ins Auge gefasst. Da die Forschungswerkstatt nun schon einige Zeit zurückliegt, konnte dieser Text jedoch nicht mehr gemeinsam entwickelt werden. Dennoch soll einer Nichtbeachtung der Projekte entgegengesteuert werden. Im Sinne des Werkstattcharakters waren einzelne bestehende Unschärfen Teil des Bildungsprozesses.


2. Digitale Umsetzung

Die Abwicklung der Forschungswerkstatt wurde über das Tool Webex geleistet. Es wurden vier ganztägige Sessions im Plenum umgesetzt. Nach der Bildung von themenspezifischen Kleingruppen ergänzten mediale Treffen und medialer Austausch der Kleingruppen die kollektiven Werkstatttreffen. Für die Befragungen waren ausschließlich digitale Zugänge zulässig. Zu erwähnen sind die damit verbundenen forschungsmethodischen Restriktionen, so konnten beispielsweise keine teilnehmenden Beobachtungen durchgeführt werden. Auch für die Auswertung waren die EDV-Räume nicht zugänglich und so schafften sich die Studierenden auf ihren eigenen PCs selbst eine geeignete Arbeitsoberfläche, die unterschiedliche Softwarelösungen und die Arbeit mit VPN-Zugängen enthielt. Wichtig waren auch kostenlos zugängliche Softwareprodukte. Dies galt gleichermaßen für die Befragungstools wie auch die Auswertungstools. Begleitend wurde auch Moodle als Lernplattform verwendet. Der Ablauf wurde von Judith Mantl und Sabrina Luimpöck von der Sozialen Arbeit sowie vom EDV-Service unterstützt.


3. Projektergebnisse

Im Folgenden werden die Ergebnisse jener Befragungsprojekte präsentiert, die sich mit sozialen Themen während der Covid-19-Phase und den damit verbundenen Änderungen der Gestaltung des Lebens, der Beziehungen, der Arbeit, der Bildung und der Mediennutzung befasst haben. Die Inhalte wurden von den Studierenden entwickelt. Den Studierenden war es ein Anliegen, soziale Themen in den Vordergrund zu rücken und dabei insbesondere die individuelle Betroffenheit abzubilden.


3.1 Projekt 1: Frauen und deren Kinder während der Covid-19-Maßnahmen
Von Susanne Laurent, Paula Richter, Zoé Schulmeister und Katrin Vorel-Seifert

An der Studie haben 701 Frauen mit insgesamt 1.209 Kindern teilgenommen. Die Befragung, die 47 Fragen umfasste, wurde vom 15. April bis 1. Mai 2020 durchgeführt. 80 Prozent der Frauen haben eine österreichische Staatsbürgerschaft, insgesamt 78 Prozent der befragten Frauen leben in einer Partnerschaft oder sind verheiratet.

Finanzielle Situation: Bei etwas mehr als einem Drittel der Frauen (36 %) hat sich die finanzielle Situation durch die Covid-19-Maßnahmen verschlechtert. Dies verweist auf die wirtschaftliche Vulnerabilität eines wesentlichen Teiles der befragten Frauen. 62 Prozent der Frauen geben an, dass ihre finanzielle Situation gleichgeblieben ist. In Einzelfällen hat sie sich verbessert (3 %).

Erziehungsmethoden: 40 Prozent der Frauen geben an, dass sie durch die Ausgangsbeschränkungen und die damit verbundenen Belastungen und Irritationen infolge geänderter Wohn- und Arbeitsverhältnisse Handlungen gegenüber ihren Kindern gezeigt haben, die sie ansonsten nicht zeigen, u. a. Anschreien, Strafandrohungen, Verbote, körperliche Handlungen.

Mitteilungsmöglichkeit: Etwa jede zehnte Frau (9 %) gibt an, nicht die Möglichkeit zu haben, ihre Ängste und Sorgen mit jemandem zu teilen. Beim Gros der Frauen (87 %) ist dies möglich.

Homeschooling: Etwas mehr als die Hälfte der Frauen (53 %) fühlt sich den entstandenen Aufgaben durch den familiären Schulunterricht gewachsen. 37 Prozent der Frauen geben an, sich dem nicht gewachsen zu fühlen.

Einfluss der Größe des Wohnraumes: Die Größe des Wohnraumes hat einen Einfluss darauf, wie überfordernd die Covid-19-Maßnahmen erlebt werden. 56 Prozent der Frauen mit wenig Wohnraum geben an, zumindest eher überfordert zu sein. Bei Frauen mit großem Wohnraum sinkt dieser Anteil auf 42 Prozent.

Sorgen und Einfluss der Zugehörigkeit zur Risikogruppe: Am häufigsten machen sich die Frauen Sorgen zur wirtschaftlichen Lage. 64 Prozent der Frauen, die nicht zur Risikogruppe gehören, und 69 Prozent der Frauen aus der Risikogruppe äußern dies. 42 Prozent der Frauen, die nicht zur Risikogruppe gehören, sorgen sich um ihre Kinder, bei den Frauen aus der Risikogruppe geben dies 49 Prozent an. 29 Prozent der Frauen, die nicht zur Risikogruppe gehören, machen sich Sorgen über ihre Berufstätigkeit. Bei den Frauen aus der Risikogruppe tun dies anteilig mehr Frauen, nämlich 39 Prozent. 17 Prozent der Frauen machen sich Sorgen, selbst an Covid 19 zu erkranken, bei Frauen der Risikogruppe ist dieser Anteil mit 46 Prozent deutlich höher.

Qualität der Partnerschaft: Die Qualität der Partnerschaft hat sich bei 19 Prozent der Frauen tendenziell verschlechtert. Bei 27 Prozent hat sich die Partnerschaft aber verbessert. Bei noch mehr Frauen, nämlich 39 Prozent, hat die Kommunikation zugenommen. 38 Prozent der Frauen führen jedoch ein höheres Konfliktpotenzial an. Ein Prozent der befragten Frauen berichtet von gewalttätigen Übergriffen. Dies verdeutlicht, dass die Covid-19-Phase ein Gefährdungspotenzial für Frauen mit sich brachte.

Verteilung der Arbeit im eigenen Haushalt: Hinsichtlich der Verteilung der Haushaltsaufgaben kommt es nur zu geringfügigen Veränderungen während der Covid-19-Phase im Vergleich zu vorher. Und zwar geben 49 Prozent der Frauen an, viel mehr als die Hälfte der Hausarbeit zu übernehmen, der Anteil der Frauen, die solches für die Zeit davor behaupten, ist mit 53 Prozent ähnlich hoch. Weitere 25 Prozent der Frauen, im Vergleich zu 26 Prozent der Frauen vor der Covid-19-Zeit, geben an, etwas mehr als die Hälfte der Hausarbeit zu leisten. Eine ausgewogene Verteilung bestand vor der Covid-19-Zeit bei 15 Prozent der Frauen, während der Covid-19-Zeit führen dies um fünf Prozent der Frauen mehr an.


3.2 Projekt 2: Homeschooling in der Covid-19-Zeit aus Sicht der SchülerInnen
Von Diana Breitler, Stefanie Hofer, Klaus Reiner und Bianca Steiner

An der Studie, die sich mit den Erfahrungen zum Homeschooling beschäftigt, beteiligten sich 86 SchülerInnen, darunter etwas mehr weibliche Schülerinnen. Da die Studie sich zum Ziel gesetzt hat, auch Kinder einzubeziehen, beginnt das Alter der TeilnehmerInnen bereits mit sieben Jahren. Die Lebensorte der befragten TeilnehmerInnen sind vorwiegend das Burgenland, Wien und Niederösterreich.

„Mir fehlen …“: Auf die Frage, was die SchülerInnen vermissen, antworten diese am häufigsten mit: die MitschülerInnen. 82 Prozent der SchülerInnen geben an, dass ihnen ihre MitschülerInnen stark fehlen. 79 Prozent vermissen die Schulausflüge stark. 45 Prozent der SchülerInnen vermissen die Schulstunden stark. 44 Prozent der SchülerInnen vermissen auch die LehrerInnen stark. 15 Prozent vermissen die LehrerInnen gar nicht. Sieben Prozent der SchülerInnen vermissen auch ihre MitschülerInnen nicht.

Kontakte: Genau ein Drittel der SchülerInnen hält täglich Kontakt zu den MitschülerInnen. Bei 16 Prozent reduziert sich die Anzahl der Kontakte zu den MitschülerInnen auf etwa einmal pro Woche. Sieben Prozent der Befragten haben keinen Kontakt zu den MitschülerInnen.

Qualität des Homeschoolings: Mit einem „Sehr gut“ bewerten 30 Prozent der SchülerInnen das Homeschooling. 40 Prozent der SchülerInnen und damit der größte Teil vergeben ein „Gut“. Fünf Prozent kommen sehr schlecht damit zurecht. Etwa ein Drittel der SchülerInnen (35 %) meint, dass zu viele Aufgaben im Homeschooling auf sie zukommen. Nur einzelne SchülerInnen (3 %) vermissen schulische Impulse. Für 62 Prozent der befragten SchülerInnen ist das Ausmaß passend.

Lernunterstützung: Lernunterstützung benötigen 45 Prozent der SchülerInnen. Mama (74 %) engagiert sich am häufigsten. Danach kommen schon FreundInnen (56 %), gleich gefolgt vom Papa (47 %). Aber auch die Geschwister (23 %) tragen dazu bei. Oma (10 %) und Opa (5 %) sind ebenfalls beteiligt. Sechs Prozent haben nach eigenen Aussagen niemanden, der sie beim Lernen unterstützt. Als Hilfsmittel für das Lernen fungieren Computer (83 %), Handy (81 %) sowie Bücher (78 %).

Kontakt mit LehrerInnen: Der Kontakt mit den LehrerInnen erfolgt am häufigsten über Lernplattformen (89 %) und E-Mail (84 %). Mit etwas Abstand folgen Tools für Videokonferenzen (76 %). Die Häufigkeit variiert jedoch stark. Bei etwa einem Viertel der SchülerInnen kommen Lernplattformen täglich zum Einsatz (24 %), etwa gleich häufig wird auch „mehrmals die Woche“ oder „einmal die Woche“ genannt. Zwei Prozent erleben dies einmal pro Monat. Ähnlich sehen die Verteilungen für E-Mails und Videokonferenzen aus. Die Bewertung der Kontakte mit den LehrerInnen fällt überwiegend positiv aus: 36 Prozent sind sehr zufrieden, 56 Prozent sind zufrieden. Nicht zufrieden sind acht Prozent der SchülerInnen. 60 Prozent der SchülerInnen geben an, dass sich die LehrerInnen sehr bemühen. 25 Prozent kontaktieren ihre LehrerInnen allerdings auch dann nicht, wenn sie sich nicht auskennen.

Lernerfolg: Der Lernerfolg wird sehr unterschiedlich gesehen. Manche SchülerInnen meinen, in dieser Form viel mehr zu lernen (10 %), andere sehen den Lernerfolg als viel weniger (9 %). Dazwischen verteilen sich die Einschätzungen zum Lernerfolg ausgewogen.

Aufstehen: Das morgendliche Aufstehen ist ein Element des üblichen Schulalltages. Es zeigt sich, dass das Aufwachen später als im herkömmlichen Schulalltag erfolgt. Fünf Prozent der SchülerInnen stehen nach wie vor um 6:00 Uhr auf und weitere 17 Prozent sind um 7:00 Uhr munter. Die meisten übrigen SchülerInnen stehen zwischen 8:00 Uhr und 10:00 Uhr auf. Einzelne SchülerInnen schlafen auch bis 11:00 Uhr oder länger.

Beginn der schulischen Aufgaben: Nur ein Teil der SchülerInnen beginnt in der Früh mit den schulischen Aufgaben (38 %). Der größte Teil beginnt am Vormittag (45 %). Einige SchülerInnen beginnen zu Mittag (9 %) oder am Nachmittag (8 %). Auf offen gestellte Fragen formulieren die SchülerInnen, was ihnen am Homeschooling gefällt bzw. was ihnen missfällt. Positiv erwähnt werden vor allem die freiere Zeiteinteilung („Dass ich mir einteilen kann, WANN ich WAS erledigen möchte.“) und das lange Schlafen („Dass ich ausschlafen kann.“). Verbesserungsvorschläge seitens der SchülerInnen kommen zum Umfang der Aufgaben („Viel weniger Hausübung geben.“, „Nicht so viel Aufgaben auf einmal.“). Vereinzelt wird auch Kritik am elterlichen Verhalten formuliert. Es wurde der Wunsch geäußert, „dass mein Papa nicht streng ist“.


3.3 Projekt 3: Homeoffice in der Covid-19-Zeit
Von Rosa Bruggraber und Delia Gaszo

In der Zeit vom 13. bis 23. April 2020 schilderten 82 Personen, davon 56 Prozent Frauen, ihre Homeoffice-Erfahrungen. 56 Personen davon arbeiten im Angestelltenverhältnis, zehn Personen der Studie haben Beamtenstatus und acht Personen sind selbstständig erwerbstätig. Andere Beschäftigungsformen sind etwa Vertragsbedienstete, Lehrlinge und Zivildiener. Elf der Befragten leben allein, die übrigen Personen teilen ihren Haushalt mit bis zu sieben Personen. 32 Prozent der Befragten leben mit Kindern zusammen. Haustiere sind in 49 Prozent dieser Haushalte zu finden.

Umstellung auf Homeoffice: 84 Prozent der Befragten geben an, dass die Ausstattung für das Homeoffice bereits wesentlich vorhanden war: Üblicherweise haben die verfügbaren Laptops auch Video- und Audiofunktionen. 18 Prozent der Befragten müssen sich allerdings die nötige Ausstattung für Homeoffice selbst anschaffen. Überraschend viele Personen geben an (48 %), dass sie bereits vor der Covid-19-Zeit bisweilen im Homeoffice gearbeitet und auf diese Weise Erfahrungen gesammelt haben. 13 Prozent benötigen Unterstützung, um das Homeoffice durchführen zu können.

Arbeit außer Haus: 23 Prozent der Befragten geben an, dass es erforderlich ist, beruflich das Haus zu verlassen. Etwas mehr Personen üben einen telefonischen Bereitschaftsdienst aus (33 %).

Zeiteinteilung: Das Gros der Befragten hat eine Mischung aus fixen Arbeitszeiten und eigener Zeiteinteilung. Nur zehn Prozent der Befragten können sich die Zeit zumindest teilweise nicht selbst einteilen.

Ablenkungen: Als zentrale Ablenkungen werden der Haushalt, das Smartphone und Social Media bezeichnet. In ähnlicher Häufigkeit wird die Betreuung der Kinder erwähnt. Danach folgen mit Abstand auch Haustiere, Garten sowie die Pressekonferenzen der Regierung. Insgesamt 39 Prozent der Befragten geben Ablenkungen als erschwerend an.

Belastungen: Es werden seitens der Befragten verschiedene Belastungen eingebracht. Erwähnt werden insbesondere die Raumnot („Mein Arbeitsplatz ist in meinem Schlafzimmer, ich habe keine Möglichkeit, die Lokalität zu wechseln.“) und die Doppelbelastung durch die Betreuung der Kinder („Homeoffice an sich ist eine super Sache, aber halt nur, wenn man sich auch in Ruhe dazusetzen kann und nicht erst spätabends, wenn die Kinder schlafen.“). Interessant erscheint auch der Hinweis, dass die ArbeitgeberInnen mitunter nach Beschäftigungsaufgaben suchen („Das Störende an der aktuellen Situation ist für mich die krampfhafte Suche nach Beschäftigung seitens des Arbeitgebers. Viel zu häufig finden Webex-Meetings ohne essenziellen Inhalt statt.“).


3.4 Projekt 4: Vergleich der Nutzung digitaler Medien vor und während der Ausgangsbeschränkung
Von Anna Huber, Tanja Geischläger und Lisa Pepics

Insgesamt 216 Personen, 55 männliche und 161 weibliche TeilnehmerInnen, beantworteten Fragen, die sich mit der Nutzung digitaler Medien befassen. Das Alter streut dabei von zehn Jahren bis ins Alter. Unterschiedliche Arbeits- und Ausbildungsformen sind vertreten. Alle Befragten nutzen digitale Medien in der Covid-19-Zeit.

Dauer der Nutzung: Die durchschnittliche Nutzungsdauer nimmt zu. Während der Covid-19-Zeit geben Personen am häufigsten an, bis zu drei Stunden am Tag digitale Medien zu nutzen (17 %). Vorher war die häufigste Dauer zwei Stunden. Sieben Prozent der Befragten geben sogar an, nun bis zu zehn Stunden und mehr digitale Medien zu nutzen.

Bewertung der Nutzung: Die Unzufriedenheit mit der Nutzung steigt. Waren es vor der Covid-19-Phase zehn Prozent der Befragten, die zurückdenkend schon damals unzufrieden waren, steigt der Wert während der Covid-19-Phase bereits auf 29 Prozent der Befragten, die sich unzufrieden äußern. Hauptgründe sind die zu lange Nutzung digitaler Medien bzw. auch die Nutzung aus Langeweile. Kritisiert wird aber auch die Art der Nutzung, etwa eine schlechte Internetverbindung.

Art der Medien: Auffallend ist, dass besonders digitale Face-to-face-Kommunikation quantitativ zunimmt. Unter den Befragten verschiebt sich der Anteil von 13 Prozent auf 56 Prozent. Andere Medien verändern ihre Präsenz nicht. Dies ist vor allem auf ihre bereits weite Verbreitung zurückzuführen (z.B. WhatsApp).

Tageszeit der Nutzung: Über alle Tageszeiten ist ein Zuwachs an Nutzung zu verzeichnen. Als häufigste Tageszeit wird der Abend erwähnt. Hier gibt es einen Zuwachs von 86 Prozent auf 90 Prozent.

Anlass der Nutzung: Als Hauptanlass wird die Kommunikation mit FreundInnen und Familienmitgliedern genannt. Während der persönliche Kontakt mit den Großeltern von 66 Prozent auf sechs Prozent sinkt, steigt der Anteil an Videoanrufen von drei Prozent auf 14 Prozent. Noch stärker ist die Veränderung bei FreundInnen. Der persönliche Kontakt reduziert sich von 94 Prozent auf sieben Prozent des Umgangs mit physischer Anwesenheit, im Gegenzug erhöht sich der Videoaustausch auf 59 Prozent. Einen Rückgang erfährt das Interesse an Navigation. Auch wird etwa WhatsApp in der Partnerschaft weniger wichtig.

Lernerfahrungen: Die Hälfte der Befragten bemerkt eine Lernerfahrung in Bezug auf digitale Medien in der Covid-19-Phase. Als Beispiel sind Tools wie Zoom, Webex, und MS-Teams zu nennen. Inhaltliche Beispiele sind etwa Homeschooling und Homeoffice, aber auch das Online-Shopping und diverse Apps wurden verstärkt angenommen. In Bezug auf das Homeoffice wird in einem Statement auch der Wunsch angeführt, dies in Zukunft beibehalten zu können.


3.5 Projekt 5: Quarantäne am Land und in der Stadt
Von Patrick Laichter, Yasmina Trotzenberg und Anna Aufner

Diese Studie geht einem Vergleich der Erfahrungen in der Stadt und am Land nach. Insgesamt beteiligten sich 183 Personen, wovon mehr Menschen in der Stadt (65 %) als am Land (36 %) leben.

Wohlbefinden und Wohnform: Etwas mehr Personen am Land (64 %) als in der Stadt (57 %) geben an, dass es ihnen gut geht. Umgekehrt ist der Anteil der Personen, denen es nicht gut geht, in der Stadt (20 %) größer als am Land (8 %). Auch die Wohnform hat einen Einfluss. Unter allen Personengruppen geben Befragte aus jener Personengruppe, die am Land in einem Haus wohnt, am häufigsten an, dass es ihnen gut geht (67 %). Bei der Gruppe der Personen, die in der Stadt in einer Wohnung lebt, ist hingegen der Anteil am geringsten (53 %).

Wohlbefinden und Alter: Jüngere Personen (14–20 Jahre) geben seltener als ältere Personen (21–35 Jahre) an, dass es ihnen gut geht. Diese Entwicklung ist kontinuierlich, denn die 21- bis 35-Jährigen geben wieder seltener als die 36- bis 50-Jährigen an, dass es ihnen gut geht. Danach zeigt sich wieder eine Abnahme, die allerdings aufgrund der Stichprobenbesetzung mit Vorsicht zu interpretieren ist.

Einhaltung der Maßnahmen: Zwischen Stadt und Land gibt es keine nennenswerten Unterschiede in Bezug auf die Einhaltung der Maßnahmen. 89 Prozent der Befragten am Land und 91 Prozent der Befragten in der Stadt geben an, die Maßnahmen strikt einzuhalten.

Tätigkeiten: Als Haupttätigkeiten neben Homeoffice und Homelearning erweisen sich als die Top Five Kochen, Spazieren, Putzen, Einkaufen und Filmeschauen. 27 Prozent der Befragten geben an, mehr zu schlafen als sonst.

Rolle der Haustiere: 45 Prozent der Befragten halten ein Haustier. Viele Personen, insbesondere in der Stadt, berichten über eine verstärkt positive Gefühlsmodulation durch das Haustier in dieser Zeit.


4. Fazit

Die vorgestellte Forschungswerkstatt ist als Beispiel zu werten, dass es möglich ist, eine solche zur Gänze digital abzuwickeln. Interessant war, dass die neue Meeting-Kultur die Arbeit in den Kleingruppen aufgrund flexibler Ortswahl und Zeiteinteilung zu unterstützen vermochte. Bestehende Hürden, etwa in der Verfügbarkeit der Softwareprodukte, konnten weitgehend überwunden werden. Die Studierenden zeigten vielfache Kompetenzen in der Realisierung ihrer Forschungsaufgaben. Inhaltlich geben die Ergebnisse trotz der Einschränkungen aufgrund der Stichprobengrößen aus mitunter offenen Populationen interessante Einblicke zum Alltagshandeln und den Denkstrukturen in einer erinnerungswürdigen Zeit.

Hinzuweisen ist nochmals auf die beruflichen, finanziellen, erzieherischen und schulischen Probleme, die sich für manche Frauen auftun. Die ungleiche Verteilung der Haushaltsaufgaben hat sich gemäß den Ergebnissen nur wenig verschoben. Ein Prozent der Frauen erlebt sogar Gewalt. Dazu kommt die Sorge um die Gesundheit, die bei vielen Frauen, insbesondere der Risikogruppe, besteht. Beim Thema Homeschooling wird sichtbar, dass die SchülerInnen vor allem ihre MitschülerInnen vermissen. Bei nicht ganz der Hälfte der SchülerInnen gilt dies auch für die LehrerInnen. Sehr viele SchülerInnen loben die Durchführung und das Bemühen der LehrerInnen. Die Anzahl der Präsenzphasen variiert stark. Die Lernunterstützung der Familie und durch den Freundeskreis ist dabei wesentlich zu sehen. Die nicht geringe Anzahl derer ohne Lernunterstützung gibt zu denken. Während der Lernerfolg divergent gesehen wird, sind die Positiva der freien Zeiteinteilung und des längeren Schlafens einhellig. Das Homeoffice ist mannigfaltig konzipiert. Viele Personen besitzen dafür jedenfalls die Ausstattung und das Know-how. Unannehmlichkeiten wie fehlende Arbeitsplätze in beengten Wohnverhältnissen sind allerdings zu berücksichtigen. Besonders festzustellen für diese Zeit sind die Mehrfachbelastungen im Fall von Kinderbetreuung und der Wegfall der üblichen Arbeit, womit auch Bedarfsrückgänge und andere Irritationen einhergehen. Die Mediennutzung in dieser Zeit nimmt zu. Bei manchen Personen besteht eine exzessive Mediennutzung und bei nicht wenigen Personen geht dies auch mit einer Unzufriedenheit bzw. einer Selbstkritik in der Gestaltung der Zeit einher. Einen Boom erleben vor allem Videokommunikationstools, aber auch Lernplattformen. Der Stadt-Land-Vergleich zeigt, dass das Erleben der Zeit des Lockdowns von weiteren Differenzmerkmalen abhängig ist. Dazu gehören neben dem Wohnort auch die Wohnform und interessanterweise das Alter. Bemerkenswert in dieser Analyse ist auch die Aufwertung der Rolle von Haustieren.

Insgesamt stellt sich die Frage, inwieweit die gesellschaftlichen Lernerfahrungen aus dieser kollektiven Sonderphase nicht nur für ähnliche zukünftige Phasen Relevanz besitzen, sondern auch in den herkömmlichen Alltag übertragen werden können.


Über die Autor_innen


Anna Aufner, Diana Breitler, Rosa Bruggraber, Delia Gaszo, Tanja Geischläger, Stefanie Hofer, Anna Huber, Patrick Laichter, Susanne Laurent, Lisa Pepics, Klaus Reiner, Paula Richter, Bianca Steiner, Zoé Schulmeister, Yasmina Trotzenberg & Katrin Vorel-Seifert

sind Studierende der Sozialen Arbeit an der FH Burgenland.


Arno Heimgartner
arno.heimgartner@uni-graz.at

ist Lehrender der Sozialen Arbeit an der FH Burgenland und Leiter des Masterstudiums für Sozialpädagogik an der Universität Graz. Er führt empirische Forschungsarbeiten vor allem in der Kinder- und Jugendhilfe, in der Jugendarbeit sowie zum freiwilligen Engagement durch.