soziales_kapital
Stefanie Radwanovsky, Sabrina Stattmann
. Hefel.
“
Bildung nachhaltig und zukunsorientiert gestalten.
” soziales_kapital,
no. 26 (2022). Rubrik „ema“. Salzburg. Printversion:
https://soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/article/
view/749/1387
_
Soziale Innovation
26. Ausgabe Juni 2022
Zusammenfassung
Die Covid-19-Pandemie hat nicht nur eine gesellschaftliche Krise ausgelöst, sondern auch bestehende
Ungleichheiten verschärft. Allerdings bieten Krisen auch die Chance, neue Handlungsstrategien zu entwickeln
und Soziale Innovationen zu etablieren. Dies trit in besonderer Weise auf das Bildungssystem zu, weshalb
wir uns in diesem Beitrag nicht nur mit den besonderen Herausforderungen in Bildungseinrichtungen,
sondern auch mit den Möglichkeiten einer Systemtransformation auseinandersetzen. Diese wurde bereits
2015 innerhalb der Globalen Agenda 2030 festgeschrieben, weshalb sowohl die Zielsetzungen als auch die
bisherige Umsetzung im Folgenden Berücksichtigung nden. Zudem sollen die Zusammenhänge zwischen
Sozialer Innovation und Bildungsprozessen sowie die Handlungsspielräume der Sozialen Arbeit im Kontext
einer zukunftsorientierten und chancengleichen Bildung dargelegt werden. Grundlage für diesen Beitrag sind
die Ergebnisse zweier Masterarbeiten, welche sich mit einem innovativen und transdisziplinären Konzept
für Bildungsinstitutionen auseinandersetzen. Außerdem wurde versucht, globale Zusammenhänge und die
Zielsetzung der Globalen Agenda 2030, insbesondere hinsichtlich der Sustainable Development Goals, zu
berücksichtigen.
Schlagworte:
Bildung, Globale Agenda 2030, Systemtransformation, Soziale Innovation, Sustainable
Development Goals
Abstract
The Covid-19 pandemic not only triggered a social crisis, but also disclosed structural inequality. However,
crisis also oer the opportunity to develop new strategies for action and to establish social innovations.
This is particularly true for the education system, which is why this article addresses the special challenges
in educational institutions and the possibility of a system transformation. As this transformation is already
included in the Global Agenda 2030, both the objectives and the implementation to date are taken into
account. In addition, the connections between social innovation and educational processes as well as the
scope for action of social work in the context of future-oriented and equal opportunity education will be
presented. This article is based on the results of two master theses, which deal with an innovative and
transdisciplinary concept for educational institutions. Furthermore, an attempt was made to consider global
contexts and the objectives of the Global Agenda 2030, with special regard to the Sustainable Development
Goals.
Keywords:
Education, Global Agenda 2030, system transformation, social innovation, Sustainable
Development Goals
1
Einleitung
Im Rahmen unserer Masterarbeit am Studiengang Soziale Innovation haben wir uns sowohl mit den
Herausforderungen für Kinder und Jugendliche in den distance-learning-Phasen als auch mit der
Struktur des österreichischen Bildungssystems auseinandergesetzt. Ausgehend von der These, dass
chancengleiche Bildung ein Schlüsselfaktor zur Zielerreichung der Globalen Agenda 2030 ist, wurde
sowohl der Ansatz einer Global Citizenship Education als auch die Möglichkeit einer transdisziplinären
Zusammenarbeit in Bildungseinrichtungen näher beleuchtet. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit dem
Ist-Stand des Bildungssystems vor dem Hintergrund der Pandemie. Um die bisherigen Entwicklungen
hinsichtlich der Zielerreichung der Globalen Agenda 2030 berücksichtigen zu können, wird der Stand der
Zielerreichung der Sustainable Development Goals (SDG) beleuchtet und mit den Pandemieauswirkungen
in Verbindung gebracht. Wir fokussieren dabei insbesondere die Ziele: keine Armut (1), hochwertige Bildung
(4) und Geschlechtergerechtigkeit (5). Außerdem wird auf den Bildungsauftrag der Sozialen Arbeit und
die Ergebnisse der durchgeführten Erhebung eingegangen, um darauf aufbauend die Notwendigkeit von
innovativen Lösungsansätzen und die Vorteile einer transdisziplinären Zusammenarbeit darzulegen.
2
Stand des österreichischen Bildungssystems
Bildung und die dazugehörigen Konzepte sind immer im Kontext gesellschaftlicher Bedingungen zu
sehen, weshalb auch die soziale und die Geschlechterordnung zu berücksichtigen sind. Da sich die
gängigen Vorstellungen und Theorien von Erziehung und Bildung im späten 18. und 19. Jahrhundert
entwickelt haben, besteht auch heute noch eine enge Beziehung zu den damals geltenden Gesellschafts-
und Geschlechterkonzepten (vgl. Rendtor/Kleinau/Riegraf 2016: 59). Buchmann und Kriesi (2013: 30)
beschreiben ebenfalls den Einuss von Stereotypen auf Bildung. Geschlechterstereotype Vorstellungen von
Eltern und Lehrpersonen können zu einer verzerrten Wahrnehmung und Bewertung der Kompetenzen und
Fähigkeiten von Schüler_innen führen sowie auch die Entwicklung von Kompetenzen, Persönlichkeitszügen
und Verhaltensweisen beeinussen (vgl. ebd.: 30). Auf diese geschlechtsspezischen Unterschiede weisen
auch die Ergebnisse der PISA-Studie hin. Innerhalb dieser werden auch die Zusammenhänge zwischen
sozioökonomischem Status und dem Kompetenzniveau aufgezeigt. Von Beginn der ersten Erhebung
an, konnte in Österreich ein großer Einuss des Sozialstatus auf das Kompetenzniveau der Kinder und
Jugendlichen festgestellt werden. Zudem zählt Österreich zu den Ländern mit den größten Benachteiligungen
von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund und die Bildungsvererbung stellt ein relevantes
Phänomen dar (vgl. Höller/Suchan/Wallner-Paschon 2019: 71).
Die PISA-Studie macht bereits die Verknüpfung zu den SDGs ersichtlich. Die Zielsetzungen
von SDG 4 – inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten
lebenslangen Lernens für alle fördern – berücksichtigen in den Unterpunkten sowohl Gleichberechtigung
und Geschlechtergerechtigkeit als auch die Abschaung von Barrieren in Zusammenhang mit dem
sozioökonomischen Status (vgl. Vereinte Nationen 2015: 18–19). Diesen Zielen hat sich auch Österreich
verschrieben, weshalb das Bundesministerium für Wissenschaft, Bildung und Forschung dem
Bildungssystem ebenfalls eine Schlüsselrolle bei der Arbeit an einer gerechten, friedlichen und nachhaltigen
Gesellschaft zuschreibt. Da Schulen die Gesellschaft im Kleinen abbilden, können dort Kompetenzen für
nachhaltige Entwicklung geübt und kritisches Denken entwickelt werden. Außerdem wird auf die Bedeutung
von fächerübergreifendem Lernen hingewiesen, da dadurch gemeinsames und vernetztes Denken geübt
werden kann, was wesentlich für das Denken der Dimensionen von Nachhaltigkeit ist (vgl. BMBWF 2021).
Um die Umsetzung der Globalen Agenda 2030 zu überwachen, wird die Zielerreichung der SDGs durch
verschiedene Monitoring-Stellen überwacht, wobei in Österreich vor allem Statistik Austria zu nennen ist.
Außerdem überwachen Eurostat und andere staatliche Komitees sowie viele Nichtregierungsorganisationen
die Zielerreichung. Währenddessen beschäftigt sich die Wissenschaft weiterhin damit, wie ein
aussagekräftiges SDG-Monitoring gestaltet werden kann (vgl. Bundeskanzleramt 2019). Zusammenfassend
zeigt der letzte Bericht von Statistik Austria zwar einen Anstieg des Bildungsniveaus, aber auch Lücken
in der Messbarkeit der Ziele, wobei sich diese im Bereich Bildung insbesondere auf die Vermittlung von
Kenntnissen zu Nachhaltigkeit und nachhaltiger Entwicklung beziehen. Im Bereich von SDG 5 fehlen
Daten in Bezug auf die körperliche und sexuelle Gewalt gegen Frauen, bei SDG 1 zur bedarfsorientierten
Mindestsicherung, weshalb keine Bewertung der Zielerreichung möglich ist.
Der SDG-Indikatorenbericht umfasst auch einen Covid-19-Ausblick, wobei in allen Bereichen
von einer Verschlechterung ausgegangen wird. Im Bereich der Geschlechtergleichstellung wird darauf
hingewiesen, dass die Krise die globale Ungleichheit vergrößern und das Risiko für Gewalt durch den
Lockdown verstärkt wird. Auch im Bereich Bildung ist von einer Reduktion der Fortschritte durch die
Schulschließungen auszugehen. Statistik Austria verweist an dieser Stelle auf einen Bericht des Instituts
für höhere Studien. Laut diesem gab es Schwierigkeiten, den Kontakt zu allen Schüler_innen während des
Homeschoolings beziehungsweise distance learnings aufrecht zu erhalten, was besonders für benachteiligte
Schüler_innen zutraf. Dadurch besteht die Gefahr, dass ein Teil der Kohorte wesentlich beim Erlernen der
Inhalte zurückbleibt (vgl. Statistik Austria 2020: 13–42).
Im Krisenkontext ist aber auch die Frage nach der Bedeutung von Sozialen Innovationen wichtig,
da diese für Transformationsprozesse benötigt werden. Luhmann unterscheidet bei Sozialen Innovationen
zwischen Semantik und Struktur, wobei auf semantischer Ebene von Innovationen gesprochen wird, wenn
ein_e oder mehrere Beobachter_innen etwas als neu, positiv und folgenreich identizieren. Auf struktureller
Ebene liegt dann eine Innovation vor, wenn auch eine strukturelle Änderung stattgefunden hat (vgl. Luhmann
1980, zit.n. Besio 2013: 73). Nach Howaldt und Schwarz umfassen Soziale Innovationen auch Änderungen
unterschiedlicher sozialer Strukturen und besitzen ein symbolisches oder kulturelles Substrat. Daher beziehen
sie sich auch auf Routinen, Handlungsmuster, Formen der Governance sowie formale und institutionalisierte
Regelungen und Praktiken (vgl. Howaldt/Schwarz 2010, zit.n. Besio 2013: 73–74). Im vorliegenden Artikel
wird das österreichische Bildungssystem als soziale Struktur mit weitreichendem Einuss gesehen, weshalb
eine Innovation von ebendiesem einen wesentlichen Beitrag zu gesellschaftlichen Praktiken leisten kann.
3
Nachhaltigkeit, Bildung und Soziale Innovation
Grunwald und Kopfmüller (2012: 54–58) beschreiben nachhaltige Entwicklung als ein breites Spektrum von
thematischen Dimensionen. Dieses reicht vom Umgang mit der natürlichen Umwelt, über die Sicherstellung
von Verteilungsgerechtigkeit und die Schaung von geeigneten politischen Rahmenbedingungen bis hin zur
Reexion von kulturellen Aspekten der Nachhaltigkeit. Da die Bedürfnisbefriedigung heutiger und zukünftiger
Generationen einer intakten Natur als Lebens- und Wirtschaftsgrundlage bedarf, räumen einige Positionen
der ökologischen Dimension (Verhältnis zwischen Menschheit und Natur) gegenüber anderen im Koniktfall
den Vorrang ein. Bei der ökonomischen Dimension geht es vor allem um die menschliche Wirtschaftsweise
und den Umgang mit natürlichen Energie- und Materialressourcen. Soziale Fragen wie Arbeitslosigkeit
oder die Grundversorgung aller Menschen sind eng mit der Wirtschaftsweise verknüpft. Allerdings ist eine
der zentralen Fragen in dieser Dimension, ob nachhaltige Entwicklung mit unbegrenztem quantitativem
Wirtschaftswachstum überhaupt möglich ist oder ob es hier nicht eine Umsteuerung bräuchte. Innerhalb
der sozialen Dimension erstreckt sich nachhaltige Entwicklung auf die gerechte Verteilung von sozialen
Grundgütern sowie deren Weiterentwicklung und Weitergabe an zukünftige Generationen. Grunwald
und Kopfmüller (2012: 54–58) führen in ihrer Analyse zudem die institutionell-politische Dimension von
Nachhaltigkeit an, da die Realisierung von nachhaltiger Entwicklung auch eine Form der Steuerung braucht.
Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Zielsetzungen der SDGs alle Dimensionen von
Nachhaltigkeit abbilden. Die Globale Agenda 2030 selbst kann außerdem als politisches Steuerungselement
bezeichnet werden, wobei diese auf globaler Ebene angesiedelt ist und erst in den nationalen Rahmen
übernommen werden muss, um die geforderte Transformation zu ermöglichen. Um den Übergang zu
nachhaltiger Entwicklung zu erreichen, müssen daher in allen gesellschaftlichen Lebensbereichen etablierte
Verhaltensweisen hinterfragt und, wenn nötig, neugestaltet werden, denn der Übergang zu nachhaltiger
Entwicklung ist ohne Soziale Innovation nicht möglich (vgl. Howaldt/Schwarz 2013: 53).
Da Bildungsinstitutionen die Gesellschaft im Kleinen abbilden und zum Erlernen von gesellschaftlichen
Handlungsweisen beitragen, können dort auch Bildungsprozesse hinsichtlich einer nachhaltigen Entwicklung
initiiert werden. Zum Hinterfragen von gesellschaftlichen Verhaltensweisen ist außerdem Wissen über
Nachhaltigkeit in all ihren Dimensionen nötig, welches in Schulen vermittelt werden kann. Dies wiederum trägt
nicht nur zur Verbreitung der Thematik bei, sondern kann auch ein Umdenken auf breiterer gesellschaftlicher
Ebene unterstützen, um den Weg hin zu einer nachhaltigen Zukunftsgesellschaft zu gestalten.
Koller deniert Bildungsprozesse als Transformation von Welt- und Selbstverhältnissen in
Zusammenhang mit Krisenerfahrungen, weshalb Bildung wesentlichen Einuss auf Personen hat (vgl.
Koller 2012: 20–21). Nach Koller handelt es sich bei Bildung um einen höherstugen Lernprozess, der
eine Veränderung der gesamten Person und ihrer Sicht auf die Umwelt zur Folge hat. Auf Basis dieses
transformierten Welt- und Selbstverhältnisses lässt sich auch ein Zusammenhang zu Innovation herstellen.
Nach Zapf können Soziale Innovationen auch neue Organisationsformen, Regulierungen oder
Lebensstiele darstellen, welche die Richtung des sozialen Wandels beeinussen und Probleme besser lösen
als frühere Praktiken, weshalb sie institutionalisiert werden (vgl. Zapf 1989: 177). Hier wird ersichtlich, dass
Soziale Innovationen auch Transformationen sind, die für ihre Verbreitung und Etablierung gesellschaftliche
Bildungsprozesse benötigen. Auch bezogen auf die Thesen von Howaldt, Schwarz und Koller, kann ein
Einuss von Bildung auf Innovationsprozesse festgestellt beziehungsweise daraus abgeleitet werden, dass
Bildungsprozesse Innovationsprozesse begleiten. Da aber die durchgeführte Erhebung im Rahmen der
Masterarbeiten Rückschlüsse zu notwendigen Veränderungen im österreichischen Bildungssystem, auch
im Hinblick auf das Innovationspotential zu lässt, werden diese im Folgenden kurz beschrieben.
4
Ergebnisse Forschung
Im Rahmen der Masterarbeiten wurde sowohl eine qualitative als auch eine quantitative Erhebung durchgeführt.
Mittels Online-Fragebogen wurden insgesamt 206 Schüler_innen an zwei Volks- und Mittelschulen sowie
einem Gymnasium aus dem Bundesland Salzburg befragt. Außerdem wurden vier Expert_innen aus dem
Bildungsbereich interviewt, wobei sich eine Person insbesondere mit Elementarpädagogik auseinandersetzt.
Da elementarpädagogische Einrichtungen als Orte gesehen werden, in denen Chancengleichheit am
ehesten hergestellt werden kann (vgl. Beyer 2013: 177), wurde auch dieser Bereich thematisiert. Unter
elementarer Bildung werden dabei frühkindliche Lernprozesse in Institutionen verstanden, die parallel zur
Familienerziehung und in Vorbereitung auf die Schule stattnden. Elementare Bildung kann einen Beitrag
zu nachhaltiger Entwicklung und der Zielumsetzung der Globalen Agenda leisten, sofern sie als Lernen in
aktiver Auseinandersetzung mit der Welt und als Aneignung ebendieser gesehen wird und Kinder dabei als
Akteur_innen ihrer eigenen Lernprozesse verstanden werden (vgl. Stoltenberg 2014: 47).
In Bezug auf die soziale Dimension der Nachhaltigkeit zeigen die Ergebnisse sowohl die Auswirkungen
der Pandemie als auch Barrieren zu chancengleicher Bildung sowie die durch soziale Ungleichheit im
Bildungssystem ausgelösten Eekte auf gesellschaftlicher Ebene. In der Kategorie Geschlecht zeigt der
Ergebnisvergleich über alle Schulstufen und -typen, dass es Mädchen im Homeschooling schlechter
als Jungen erging. In den Expert_inneninterviews wurden zudem die Auswirkungen der Pandemie auf
gesellschaftlicher Ebene thematisiert und dadurch geschlechtsspezische Stereotype miteinbezogen, etwa
die gesellschaftliche Sicht auf Homeschooling als Frauensache. Außerdem konnte erhoben werden, dass
das Interesse an den Menschenrechten in allen Schulstufen sehr hoch ist. In Bezug auf die Thematisierung
der Menschenrechte im Unterricht lässt sich ein starker Abfall mit steigendem Alter der Schüler_innen
beobachten. Hier lässt sich auch das Nachhinken bei der Umsetzung der SDGs erkennen, welches ebenfalls
Bestandteil der qualitativen Datenanalyse ist. Außerdem verweisen die Daten auf die nicht mehr zeitgemäße
Ausbildung von Fachkräften und die Notwendigkeit, diese auf die Zielsetzung der Agenda hin auszubilden
(vgl. Stattmann 2021: 43–65).
Die Daten der qualitativen Erhebung lassen zudem Rückschlüsse auf die Auswirkungen der Pandemie
zu. Diese beziehen sich sowohl auf die Zielsetzung der SDGs als auch auf das österreichische Schulsystem
direkt. Dabei kann die Pandemie einerseits als Gefahr für die Zielerreichung der SDGs gesehen werden,
andererseits auch als Motor für Verbesserungen. Auch die Herausforderungen im Bereich der Bildung und
die politische Abhängigkeit dessen wurde thematisiert. Außerdem wurde auf das Homeschooling und die
damit verbundenen Schwierigkeiten hingewiesen. Hier zeigen die Daten aus beiden Erhebungen, dass
diese Form des Unterrichts sowohl individuelle als auch gesamtgesellschaftliche Auswirkungen hat. Die
Daten der qualitativen Inhaltsanalyse weisen auf die Veränderungen im sozialen Leben, eine Vertiefung von
Ungleichheiten, fehlende Kompetenzzuwächse bei Schüler_innen und Veränderungen im Wohlbenden hin.
Die Daten der quantitativen Erhebung zeigen Lerndezite und Leistungsabfall, Probleme mit der Tagesstruktur,
Auswirkungen auf das Wohlbenden der Schüler_innen und die Notwendigkeit von technischen Hilfsmitteln.
Es wurden aber auch Kompetenzsteigerungen erfasst. Hier sind vor allem die erhöhte Selbstständigkeit der
Schüler_innen und die Aneignung von Computerkenntnissen zu nennen (vgl. Radwanovsky 2021: 58–64).
Insgesamt zeigen die Daten nichtsdestotrotz eine deutliche Diskrepanz zwischen Homeschooling
und Unterrichtsformen in Präsenz. Obwohl die Ergebnisse zeigen, dass sich die Selbstständigkeit der
Schüler_innen mit zunehmendem Alter erhöht, gaben fast alle Befragten an, sich im Homeschooling Inhalte
schlechter oder schwerer merken zu können. Auällig ist aber der Vergleich der Tagesstruktur, da diese mit
zunehmendem Alter immer mehr wegbricht und in Sekundarstufe II kaum mehr vorhanden ist. Obwohl die
Folgen des Homeschoolings und distance learnings noch nicht abschätzbar sind, weisen diese Daten auf
langfristige Herausforderungen hin. Der Leistungsabfall, die fehlende Kompetenzsteigerung und der Verlust
der Tagesstruktur könnten sich sowohl auf den weiteren Ausbildungsweg als auch später am Arbeitsmarkt
auswirken, wobei dies die ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit betrit. In allen Schulstufen zeigen
sich soziale, gesundheitliche oder emotionale Veränderungen. Auch hier lässt sich nicht abschätzen, welche
Auswirkungen diese Veränderungen langfristig sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene
haben.
Aus den erhobenen Daten lässt sich schlussfolgern, dass die Pandemie die multikomplexen
Herausforderungen im Bildungsbereich vergrößert hat und Kinder und Jugendliche in Bildungsinstitutionen
dadurch einen vergrößerten Hilfsbedarf bei der Problembewältigung haben. Außerdem zeigt die Erhebung,
dass sich Transdisziplinarität in Schulen als Lösungsansatz eignet. Die quantitative Datenauswertung
zeigt, dass Schüler_innen auch Vertrauenslehrer_innen, Schulpsycholog_innen und Schulärzt_innen als
Unterstützer_innen bei Problemlösungen nennen. Die Daten der qualitativen Inhaltsanalyse zeigen, dass
eine Transformation des Bildungsbegris, das Einbeziehen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und eine
Vernetzung von Sozial- und Bildungspolitik benötigt wird. Die Pandemie hat sich zudem auf alle Faktoren
ausgewirkt und lässt die Zielerreichung der Globalen Agenda 2030 noch unrealistischer erscheinen. Um ein
zukunftsfähiges Bildungssystem zu etablieren und gleichzeitig negativen gesellschaftlichen Veränderungen
durch die Pandemie auf breiter Ebene entgegenzuwirken, ist also ein rasches Umdenken und das Ergreifen
von lösungsorientierten Maßnahmen nötig.
5 Global
Citizenship
Education
als
neuer
Bildungsbegri
Die Globale Agenda berücksichtigt die Notwendigkeit von gesellschaftlichen Veränderungen in der
Zielsetzung von SDG 4, mit Blick auf Bildung für nachhaltige Entwicklung, und erwähnt hier auch den Begri
Global Citizenship Education (vgl. Grobbauer/Wintersteiner 2018: 8–9). Da Herausforderungen heute oftmals
gleichzeitig lokal und global angegangen werden müssen, geht auch die UNESCO von einer Wandlung des
Bildungsdiskurses aus. Global Citizenship Education wird daher als Bildung hin zum Weltbürger_innentum
verstanden. Dabei sollen Lernenden Kenntnisse, Kompetenzen, Werte und Einstellungen vermittelt
werden, die sie befähigen, eine aktive Rolle einzunehmen, um globale Herausforderungen zu bewältigen
und proaktiv für eine gerechtere Welt zu arbeiten. Durch den Begri soll außerdem ein Bewusstsein für
die Menschenrechte, Bildung für nachhaltige Entwicklung sowie für die Förderung von Gesundheit durch
Bildung entstehen (vgl. UNESCO 2021).
Die bisherigen theoretischen Beschreibungen von Bildung für eine nachhaltige Entwicklung und
Global Citizenship Education lassen erkennen, dass es sich hier um inter- und transdisziplinäre Zugänge
handelt. Diese beziehen sich einerseits auf verschiedene pädagogisch-didaktische Ansätze wie etwa
Friedenspädagogik, Umwelterziehung und interkulturelles Lernen, andererseits setzen sie auf eine kritische
Haltung von Schüler_innen und Lehrenden sowie den Einbezug von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen
und globalen Herausforderungen, wie etwa der Klimakrise oder der aktuellen Pandemiesituation.
Daher handelt es sich bei dem Konzept auch um eine Verknüpfung von sozialwissenschaftlichen und
bildungswissenschaftlichen Perspektiven. Transdisziplinarität ist für eine Bildung für nachhaltige Entwicklung
beziehungsweise Global Citizenship Education unabdingbar, weshalb über den Einbezug von weiteren
Professionen in Bildungseinrichtungen nachgedacht werden muss.
Neben Lehrkräften und Pädagog_innen kommt auch der Profession der Sozialen Arbeit ein
Bildungsauftrag zu. Nach Treptow (2006: 49–50) ist der Zugang zu Bildung und Bildungsinstitutionen
auch eine soziale Frage, die Auswirkungen auf die Lebensführung und Lebensbewältigung von Menschen
hat. Außerdem beeinusst sie die Qualität von Beziehungen und des Gemeinwesens. Zudem besteht
ein Zusammenhang zwischen Bildung und Hilfe, wobei Helfer_innenkompetenz von spezischen
Bildungsvoraussetzungen abhängig ist. Diese beziehen sich nicht nur auf kognitive Fähigkeiten,
sondern ebenso auf die moralisch-ethische Haltung und den angemessenen Umgang mit Gefühlen. Im
sozialarbeiterischen Sinn bezieht sich Bildung daher auch auf die Unterstützung von Adressat_innen
bei der eigenen Gestaltung der Lebenskompetenz, weshalb sich die Soziale Arbeit nach Treptow der
Untersuchung und Gestaltung der sozialen Bedingungen von Bildung zu widmen hat (vgl. ebd.: 49–50).
Nach Sünker (2012) ist Soziale Arbeit auch die Bildung des Sozialen oder die Bildung am Sozialen, was
auch den Ansatz von Bildung als Selbstbildung enthält. Wenn Sozialarbeit nicht als „Normalisierungsarbeit“
verstanden wird, sondern als Initiierung von Bildungsprozessen, lässt sich daraus ein Bildungsauftrag
ableiten, wobei Bildung in diesem Kontext auch als Selbsthilfe verstanden wird. Soziale Arbeit kann daher
insofern als Bildungsarbeit verstanden werden, als sie Bildungsprozesse initiiert, befördert und somit auch
zu Gerechtigkeit, sozialen Rechten und Partizipation beitragen kann. Soziale Arbeit als Bildungsarbeit
versteht sich auch als Arbeit an gesellschaftlichen Strukturen, um eine Beförderung der Demokratie und
eine Überwindung von gesellschaftlichen Ungleichheiten zu erreichen (vgl. ebd.). Ausgehend von diesem
Professionsverständnis lassen sich auch die Merkmale einer Bildung für nachhaltige Entwicklung mit der
Sozialen Arbeit in Verbindung bringen.
Eine nachhaltige Entwicklung benötigt Soziale Innovationen. Auch hier ist der Einbezug der
Sozialen Arbeit wesentlich, da Soziale Innovationen in der Sozialen Arbeit auch neuartige Arrangements
von institutionalisiertem Verhalten sein können und ebenfalls auf die Veränderung von gesellschaftlichen
Verhältnissen abzielen (vgl. Wendt 2005: 17). Zudem signalisiert die Bezeichnung Soziale Innovation die
Zuständigkeit der Sozialen Arbeit bei der Entwicklung von innovativen Herangehensweisen an soziale
Probleme unter Nutzung des vorhandenen sowie wissenschaftlich neu generierten Wissens. Daher können
Soziale Innovationen auch neuartige Konzepte sein, welche eine Veränderung der Praxis bedeuten, als
Gewinn wahrgenommen werden und für die Adressat_innen einen Mehrwert bieten (vgl. Parpan-Blaser
2013: 9–10).
Auf Basis der bisherigen Erkenntnisse lassen sich drei große Herausforderungen im österreichischen
Bildungssystem identizieren: Die Erste besteht in der nicht ausreichenden Transdisziplinarität von
Bildungseinrichtungen. Transdisziplinäre Zugänge fehlen auch auf politischer und Ausbildungsebene. Die
erhobenen Forschungsdaten lassen darauf schließen, dass sich dies auch auf die Unterstützung von Kindern
und Jugendlichen auswirkt. Deren Hilfebedarf kann durch die vorherrschende eindimensionale Sichtweise
nicht zur Gänze abgedeckt werden, was sich auch auf weitere gesellschaftliche Teilbereiche auswirkt. Dies
wiederum steht in engem Zusammenhang mit der zweiten Herausforderung. Damit sind insbesondere die
bestehenden Ungleichheiten im System sowie die Pandemie als Verstärker ebendieser gemeint. Der dritte
Punkt bezieht sich auf den nicht ausreichenden Bezug auf die Dimensionen der Nachhaltigkeit und die
fehlende Durchsetzung einer Bildung für nachhaltige Entwicklung, was wiederum in enger Korrelation mit
der Zielerreichung der Globalen Agenda zu sehen ist. Die theoretischen Erkenntnisse weisen aber darauf
hin, dass eine Berücksichtigung von Nachhaltigkeit wesentlich für die Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft
ist, weshalb eine Transformation des bestehenden Systems nötig ist. Das Konzept von Global Citizenship
Education erscheint in diesem Zusammenhang als besonders geeignet, weil es Transdisziplinarität fordert
und eine globale Sichtweise forciert.
Ausgehend von diesen Überlegungen und auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse aus den zwei
Masterarbeiten wurde ein innovatives Konzept für den Bildungsbereich entwickelt. Dieses ist transdisziplinär
gestaltet und basiert auf den Grundsätzen der Globalen Agenda 2030 sowie auf dem Grundgedanken von
Global Citizenship Education.
6
Das Equal Education Programm – E²P
Die Grundhaltung des Equal Education Programms knüpft an die Werte der Sustainable Development Goals
an und will soziale Inklusion, nachhaltige Entwicklung, Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit
im Bildungsbereich fördern. Das soll dazu beitragen, gleichberechtigten Zugang zu Bildung von der
Elementarstufe bis zur Sekundarstufe II zu fördern und Barrieren abzubauen. Außerdem steht das Programm
für Weiterentwicklung sowie Partizipation und will dabei das Bildungssystem unterstützen und entlasten, um
Kinder und Jugendliche auch in Krisenzeiten zu stabilisieren. Zudem basiert E²P und die darin enthaltene
Wertehaltung auf den ethischen Standards der Sozialen Arbeit und der UN-Menschenrechtskonvention.
Ein autonomes Team aus zumindest zwei Sozialarbeiter_innen pro Bildungseinrichtung soll sowohl
Kindern, Schüler_innen, Erziehungsberechtigten als auch Pädagog_innen und Lehrer_innen als Kontaktstelle
dienen. Durch die dadurch entstehende Unabhängigkeit soll dazu beigetragen werden, die unterschiedlichen
Einheiten des Bildungssystems nach außen und auch nach innen zu vernetzen. So wird beispielsweise der
Übergang vom Elementarbereich in die Volksschule oder von der Sekundarstufe I in die Sekundarstufe II
erleichtert, was wesentlich zu einer gelingenden Bildungskarriere beitragen kann. In diesem Zusammenhang
wird die Reexivität aller beteiligten Akteur_innen durch sozialarbeiterische Methoden unterstützt, um ein
ressourcenorientiertes Arbeiten am Kind ohne Stereotypisierung zu gewährleisten. Besonderes Augenmerk
wird hier auf den Elementarbereich gelegt, da dieser in bestehenden Konzepten kaum Berücksichtigung
ndet, in Bezug auf eine nachhaltige Entwicklung aber großes Potenzial birgt. Des Weiteren soll das
bestehende Bildungssystem durch Vernetzung von bereits in Schulen vorhandenen Professionen und durch
die Involvierung weiterer Professionen oder regionaler Organisationen stabilisiert und weiterentwickelt
werden.
Kinder und Jugendliche leben in unterschiedlichen Lebenswelten und haben häug individuelle
Problemlagen, die auch im Bildungsalltag eine Rolle spielen. Durch das Programm sollen einerseits Lehrer_
innen und Pädagog_innen bei der Problembewältigung im Alltag unterstützt und befähigt werden, ihrer
eigentlichen Rolle gerecht werden zu können. Andererseits stehen aber die Kinder und Jugendlichen mit
ihren Bedürfnissen und Bildungschancen im Vordergrund. Deshalb soll es im Rahmen der Durchführung
an einer Bildungseinrichtung sowohl die Möglichkeit einer individuellen Sozialberatung als auch Projekt-
und Workshop-basierte Arbeit geben. Da von vielfältigen und multikomplexen Problemlagen ausgegangen
wird, ist eine Bedarfsanalyse an der jeweiligen Bildungseinrichtung nötig, wobei auch die Kinder, Schüler_
innen und Erziehungsberechtigten in den Prozess miteinbezogen werden. Bei der Durchführung von
Projekten sowie Workshops oder der Begleitung einzelner Unterrichtseinheiten sollen weitere, bereits an
der Bildungseinrichtung vorhandene Ressourcen berücksichtigt werden.
Das Equal Education Programm basiert auf drei Säulen: einer individuellen Sozialberatung, dem
Durchführen von fächerübergreifenden Workshops und Projekten und dem Konzept von Global Citizenship
Education. Im Rahmen der Sozialberatung können, je nach Bedarf und in Anlehnung an Schulsozialarbeit,
individuelle Problemlagen bearbeitet und personenbezogene Hilfsangebote gesetzt werden. Die
fächerübergreifenden Workshops und Projekte richten sich sowohl nach den Bedürfnissen der Kinder
und Jugendlichen als auch nach den Anforderungen des Lehrplans und berücksichtigen die Grundsätze
einer transdisziplinären Zusammenarbeit. Die involvierten Sozialarbeiter_innen sollen in beiden Bereichen
sowohl ihre eigene professionsspezische Expertise miteinbringen als auch die Vernetzung zu anderen
Beratungseinrichtungen forcieren und stärken. Die Ansätze von Global Citizenship Education werden als
dritte Säule in allen Bereichen der Bildungseinrichtung etabliert. Dadurch werden Bildungseinrichtungen in
ihrem Bestreben unterstützt, junge Menschen zu befähigen, globale und oft komplexe Themen zu verstehen
und zu reektieren. Außerdem wird die Wahrnehmung von ökonomischen, sozialen, ökologischen, politischen
und kulturellen Entwicklungen als Prozess unterstützt, damit die Möglichkeit zur Teilhabe und Mitgestaltung
an der Weltgesellschaft besteht. Zudem sollen die im Programm tätigen Sozialarbeiter_innen dazu beitragen,
ethische Grundwerte zu vermitteln und soziale Kompetenzen sowohl zu fördern als auch zu stärken.
Um eine nachhaltige Sicht auf Bildung zu erreichen, knüpft E²P an zwei Bereiche an. Einerseits
werden die Ziele und Inhalte des Programms an alle innerhalb der Einrichtung tätigen Professionen
kommuniziert, andererseits werden die planetarische Sichtweise, die Inhalte der Sustainable Development
Goals und die Menschenrechte sowie Wissen zu Nachhaltigkeit, Geschlechtergerechtigkeit kultureller
Vielfalt und Demokratieentwicklung auch in den Projekten und Workshops vermittelt. So wird sichergestellt,
dass Global Citizenship Education als Grundsatz sowohl in den Workshops und Projekten als auch in der
Bildungseinrichtung selbst verankert wird, was längerfristig eine zukunftsorientierte, chancengleiche und
eektivere Bildung fördert und unterstützt.
7
Fazit
In diesem Artikel wurden Bildung als Schlüsselfaktor und Bildungsinstitutionen als wesentliche
gesellschaftliche Schnittstelle zur Zielerreichung der Globalen Agenda 2030 identiziert. Außerdem wurden
der Einuss der Covid-19-Pandemie auf den Lebens- und Lernalltag von Kindern und Jugendlichen sowie
die daraus folgenden gesellschaftlichen Auswirkungen thematisiert. Vor diesem Hintergrund und weiteren
Krisenereignissen, wie etwa der Klimakrise, wurde auf die Notwendigkeit einer nachhaltigen Entwicklung
hingewiesen. Außerdem wurde festgestellt, dass Nachhaltigkeit ohne Soziale Innovation und transdisziplinäre
Zusammenarbeit nicht möglich ist und es daher einer Systemtransformation bedarf. Da Bildungsinstitutionen
die Gesellschaft im Kleinen abbilden, erscheinen diese als geeignet, um die Zielsetzung der Globalen Agenda
2030 auf breiter gesellschaftlicher Ebene zu verankern und dadurch eine Systemtransformation auszulösen.
Obwohl die Folgen der Covid-19-Krise noch nicht zur Gänze abschätzbar sind, ist doch gewiss, dass
diese alle Dimensionen der Nachhaltigkeit beeinusst und auch langfristige wirtschaftliche Folgen nach
sich zieht. In Bezug auf Bildung werden die durch Covid 19 verursachten Problemstellungen, wie etwa der
fehlende Kompetenzzuwachs oder der Einuss auf die psychische Gesundheit, auch eine weitreichende
Beeinussung der ökonomischen Dimension zur Folge haben. Daher ist es essenziell, bei möglichst frühzeitig
gegenzusteuern, um die Stabilität und Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft und des Wirtschaftssystems zu
verbessern und zu erhalten. Das vorgestellte Konzept Equal Education Programm kann eine Neuorganisation
von Bildungsinstitutionen begleiten und zu verbesserten Problemlösungen beitragen, wodurch die Richtung
des sozialen Wandels beeinusst werden kann und nachhaltige Lebensstile verankert werden können.
Veränderungen im Bildungssystem stellen häug langwierige Prozesse mit vielfältigen Herausforderungen
dar. Diese beziehen sich vor allem auf die notwendigen Veränderungen im politischen Willen und auf die
bisherige Sichtweise auf Bildung. Die Soziale Arbeit muss sich hier ihrer Verantwortung bewusstwerden und
sowohl den professionsbezogenen Bildungsauftrag als auch die Kompetenz für eine Bildung für nachhaltige
Entwicklung innerhalb der Aus- und Weiterbildung von Sozialarbeiter_innen verankern. Hinsichtlich des
politischen Willens bedarf es vor allem einer Veränderung der bestehenden Strukturen im zuständigen
Ministerium und damit einhergehend auch einer Strukturveränderung in Bildungsinstitutionen, um sowohl
Transdisziplinarität als auch Vernetzung zu ermöglichen. Die Verpichtung auf die Globale Agenda 2030
darf nicht länger ein bloßes Lippenbekenntnis darstellen, sondern sie muss weitere Verankerung im System
nden. Nur dadurch können die bestehenden Ressourcen bestmöglich genutzt und auch für zukünftige
Generationen erhalten werden. Kinder und Jugendliche sind in diesem Zusammenhang als wesentlichste
Ressource auf dem Weg hin zu einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Gesellschaft zu sehen. Da das
Equal Education Programm alle Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigt, hätte eine Etablierung von
ebendiesem eine Verbesserung der Zukunftsfähigkeit des gesamten Systems zur Folge.
Literaturverzeichnis
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Über die Autor_Innen
Stefanie Radwanovsky, MA
sradwanovsky.sozb-m2019@fh-salzburg.ac.at
Absolventin der Studiengänge Soziale Arbeit und Soziale Innovation an der FH Salzburg. Derzeitige Tätigkeit:
Sozialpädagogin bei Rettet das Kind Salzburg. Arbeitsschwerpunkte: Bildung und Nachhaltigkeit, soziale
Ungleichheit, Soziale Innovation, Geschlechtergerechtigkeit.
Sabrina Stattmann, MA
sstattmann.sozb-m2019@fh-salzburg.ac.at
Absolventin der Studiengänge Soziale Arbeit und Soziale Innovation an der FH Salzburg. Derzeitige Tätigkeit:
Forschungs- und Entwicklungsprojekt Bridging the Social: Social Engineering und Social Innovation
across Europe. Arbeitsschwerpunkte: Bildung und Nachhaltigkeit, soziale Ungleichheit, Soziale Innovation,
Geschlechtergerechtigkeit.
Bildung nachhaltig und zukunftsorientiert gestalten
Stefanie Radwanovsky, Sabrina Stattmann