soziales_kapitalMadlen Behrle.in necessariis unitas. Eine Analyse des Diskurses über das fachpolitische Mandat Sozialer Arbeit.soziales_kapital, no. 26 (2022). Rubrik „Sozialarbeitswissenscha“. Vorarlberg. Printversion: https://soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/article/view/752/1391_Soziale Innovation 26. Ausgabe Juni 2022ZusammenfassungSeit jeher stellt das fachpolitische Mandat Sozialer Arbeit eine innerdisziplinär umstrittene Thematik dar. Obgleich die politische Dimension Sozialer Arbeit durch Disziplin und Profession betont wird, kann von einem fachinternen Konsens nicht gesprochen werden. Dieser Artikel stellt dar, wie der wissenschaftliche Diskurs im deutschsprachigen Raum rund um das fachpolitische Mandat Sozialer Arbeit gestaltet ist. Dafür wurden fünfzehn spezialdiskursive Beiträge aus den Jahren 2006–2018 mittels kritischer Diskursanalyse nach Jäger (2015) untersucht. Die wichtigste Erkenntnis der Untersuchung ist, dass der wissenschaftliche Diskurs rund um die Thematik heterogen ist. Werden der Sozialen Arbeit durch die Mandatsbefürworter:innen weitreichende politische Funktionen und Verantwortung zugesprochen, treten die Mandatsgegner:innen einem politischen Anspruch vehement entgegen. Der Beitrag zeigt, dass sich der Dissens bezüglich des fachpolitischen Mandats Sozialer Arbeit auf das komplette System Sozialer Arbeit auswirkt. Schlagworte: Soziale Arbeit, politisches Mandat, kritische Diskursanalyse (KDA), Spezialdiskurs, Politik, Tripelmandat, InterdependenzmodellAbstractThe political mandate of social work has always been a controversial issue within the discipline. Although both the discipline and the profession emphasize the political dimension of social work, there is no consensus within the scientic community. This article shows how the scientic discourse around the political mandate in German-speaking countries is characterized. To this end, fteen articles from 2006–2018 were examined using critical discourse analysis according to Jäger (2015). The main nding is that the scientic discourse on this topic is heterogeneous. While advocates of the political mandate ascribe far-reaching political functions and responsibilities to social work, the opponents vehemently reject any political claim. The article shows that the dissent regarding the political mandate of social work aects the entire social work system. Keywords: social work, political mandate, critical discourse analysis, scientic discourse, politics, triple-mandate, interdependence-model1 Im Notwendigen die EinheitWie gestaltet sich der politische Auftrag an die Soziale Arbeit? Hat sie politische Verantwortung? Wie sieht diese Verantwortung konkret aus und wer sind überhaupt die Auftraggeber:innen? – Die Debatte um ein fachpolitisches Mandat in der Sozialen Arbeit ist in der Disziplin umstritten. Utopie-Vorwürfe werden mit Konservativismus-Argumenten pariert; Weltverbesserungsfantasien konkurrieren mit dem Vorwurf der Anpassung (vgl. Merten 2001: 9). Obwohl die Thematik angesichts zurückliegender wie auch aktueller politischer Ereignisse1 und den damit einhergehenden sozialpolitischen Auswirkungen für Disziplin und Profession Sozialer Arbeit von erheblicher Bedeutung ist, ist es (noch) nicht gelungen, innerdisziplinär Konsens zu schaen (vgl. Merten 2001: 9f.). Politikberatung, Soziallobbying oder Gremienarbeit sind längst in der alltäglichen Praxis Sozialer Arbeit angekommen, die Fachliteratur bietet allerdings noch wenig an, wenn es darum geht, konkrete politische Handlungsvorschläge für die Soziale Arbeit zu skizzieren (vgl. Benz/Rieger 2015: 10). Der Bedarf an fundiertem Wissen zu sozialarbeitspolitischer Intervention ist oensichtlich. Forschung und Lehre halten mit dieser Entwicklung jedoch nur bedingt Schritt, denn nur wenig Literatur untersucht Politik und politisches Handeln aus der Perspektive von und mit dem Anspruch der Sozialen Arbeit als Handlungswissenschaft in Anlehnung an Staub-Bernasconi (2007a). Aufgrund des mangelnden disziplininternen Konsens werden kaum konkrete Handlungsvorschläge entworfen und stattdessen Unsicherheit bei Studierenden der Sozialen Arbeit als auch bei Praktiker:innen bezüglich fachpolitischer Kompetenzen vergrößert. Da sich das Forschungsfeld sehr unübersichtlich gestaltet und die Positionen so vielfältig sind, besteht Bedarf nach der Erhebung der aktuellen Sachlage. Mithilfe der kritischen Diskursanalyse nach Jäger (2012) wurde der Diskurs rund das fachpolitische Mandat in der Sozialen Arbeit analysiert (vgl. Behrle 2019). In der kritischen Diskursanalyse wird zwischen verschiedenen Diskursen unterschieden. Der Spezialdiskurs kann, im Gegensatz zum Interdiskurs (vgl. Jäger/Zimmerman 2019: 103), als Diskurs der Wissenschaft(en) verstanden werden, wohingegen der Interdiskurs alle anderen Diskurse umfasst. Die durchgeführte Forschung fokussiert den Spezialdiskurs. Die generierten Forschungsergebnisse sollen der Sozialarbeitsforschung als Grundlage dienen, ihre fachpolitische Handlungswirksamkeit weiterzuentwickeln, die Forschung diesbezüglich auszuweiten und im besten Falle Konsens hinsichtlich der politischen Verantwortung Sozialer Arbeit zu ermöglichen, um konkrete sozialarbeitspolitische Handlungen legitimieren zu können.2 Das fachpolitische Mandat Sozialer ArbeitUnumstritten scheint der politische Anspruch der Sozialen Arbeit, wenn wir uns historisch mit der Entwicklung der Profession und Disziplin befassen. Die Soziale Arbeit entwickelte sich als Begleiterscheinung eines kapitalistischen Gesellschaftssystems (vgl. Böhnisch/Schröer/Thiersch 2005: 199). Das mit der Industrialisierung einhergehende Elend der Bevölkerung und die entstandene soziale Frage wurden zentral. Soziale Reformen, geboren aus der Not eines Systems, das Menschen als Produzent:innen aber auch Konsument:innen brauchte, waren dann die Vorreiter des späteren Sozialstaats und somit auch der Sozialen Arbeit (vgl. Seithe 2012: 399). Die Historie Sozialer Arbeit kann in diskursiv geprägte Phasen unterteilt werden, in denen soziale Probleme unterschiedlich stark in den gesellschaftlichen Diskurs eingebettet waren. Phasen, in denen die Soziale Arbeit mit politischer Passivität glänzte, werden als „Phasen der Politikvergessenheit“ (Benz/Rieger/Schönig/Többe-Schukalla 2013: 8) beschrieben. Die Zeitabschnitte, in denen politische Diskurse verstärkt in der Sozialen Arbeit eingebettet waren, gelten als „Phasen der Politikversessenheit“ (Benz et al. 2013: 8). Die bisher bedeutendste Phase der Politikversessenheit waren die 1970er Jahre. Zu dieser Zeit standen neue theoretische Konzepte sowie aktive soziale Bewegungen im Zentrum des Diskurses rund um die Soziale Arbeit (vgl. Wendt 2017). Die Tendenz zur „Versozialwissenschaftlichung“ (Birgmeier 2016: 263) der Sozialen Arbeit im Zuge der 68er-Bewegung forcierte ebenso ihre Politisierung. Einerseits führte dies zur Renaissance einer marxistischen Theorietradition, andererseits auch zur Auseinandersetzung mit dem gesellschaftspolitischen Stellenwert der Sozialen Arbeit. Die „sozialpolitische Reaktivierung“ (Birgmeier 2016: 263) führte zu deutlichen antikapitalistischen Tendenzen unter den Akteur:innen in der Sozialen Arbeit, die auf sozialpolitische Innovationen und Programme drängten. Soziale Arbeit war geprägt vom allgegenwärtigen Reformwillen (vgl. Kreft 2004: 77). Die Soziale Arbeit war dazu aufgerufen, die Ergebnisse politisch-ökonomischer Perspektiven in die Analyse sozialer Probleme ihrer Adressat:innen miteinzubeziehen. Mit dieser Forderung wurde eine neue Phase der theoretischen und empirischen Forschung angestoßen. Diese gesellschaftskritischen und sozialpolitischen Selbstansprüche der Sozialen Arbeit mündeten schließlich in der Forderung, ein „gesellschaftspolitisches Mandat zur Durchsetzung sozial gerechter Lebensverhältnisse“ (Hering/Münchmeier 2012: 127) einzuführen. Nichtsdestotrotz gibt es bis dato im deutschsprachigen Raum kein politisches Konzept, dass es der Sozialen Arbeit erlauben würde, sich unabhängig politisch zu engagieren.3 Die kritische DiskursanalyseDa diese Tatsache als kritisch zu erachten ist und um zukünftig konkrete sozialpolitische Handlungsvorschläge an die Soziale Arbeit machen zu können, wird folgend der fachliterarische Diskurs rund das fachpolitische Mandat analysiert. Methodisch wurde dafür die kritische Diskursanalyse (KDA) nach Jäger (2012) gewählt. Die KDA beruft sich auf die Diskurstheorie von Michel Foucault. Es handelt sich dabei um eine „systematische Ausarbeitung des Stellenwerts von Diskursen im Prozess der gesellschaftlichen Konstruktion von Wirklichkeit“ (Landwehr 2009: 14). Zentrale Fragen der kritischen Diskursanalyse sind beispielsweise, was (jeweils gültiges) Wissen überhaupt ist, wie es zustande kommt und weiterverbreitet wird, welche Funktion dieses gültige Wissen für die Gestaltung von Gesellschaften hat und welche Auswirkungen es auf die Gesellschaft haben kann (vgl. Jäger 2006: 83). Der Diskurs wird dabei als „Fluß [sic] von Wissen bzw. sozialen Wissensvorräten durch die Zeit“ (Jäger 2006: 84) begrien. Foucault versteht den Diskurs als eine Menge von Aussagen, die einem gleichen Formationssystem (Thema) angehören, wie beispielsweise die Medizin oder die Ökonomie (vgl. Foucault 2003: 156). Der Fluss von Wissen impliziert, dass es einen Raum geben muss, in dem dieser ießen kann, und zwar im Sinne eines Raum-Zeit-Gefüges, in welchem der Diskurs stattndet. Der Diskurs bestimmt kollektives und individuelles Handeln einer Gesellschaft und übt dadurch Macht aus. Laut Denition formieren Diskurse das Bewusstsein der Subjekte und stellen transsubjektive Produzenten der Gesellschaft dar. Sie bilden Subjektpositionen, die durch Individuen reproduziert werden. Über Denksysteme werden somit Wahrheiten hervorgebracht, die jedoch nur in Zusammenhang mit konkreten Diskursperspektiven existieren. Wahrheiten werden also ständig mit dem Diskurs verändert, von ihm beeinusst bzw. mitbedingt und können nie losgelöst von den historischen Zusammenhängen und den diskursiven Kontexten betrachtet werden. Das bedeutet auch, dass diese Wahrheiten machtvoll sind und zu ihrer Umsetzung in gesellschaftliches Handeln drängen, indem sie die Anzahl der den gesellschaftlichen Individuen zur Verfügung stehenden Aussagen reglementieren (vgl. Jäger/Zimmermann 2010: 286–387). Die Kant’sche Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis steht bei der kritischen Diskursanalyse nicht im Mittelpunkt. Wie bei Foucault geht sie über diese Problemstellung hinweg und stellt die Erforschung der Entwicklung der Diskurse in den Mittelpunkt, ohne den Wahrheitsanspruch gänzlich zu klären. Dabei gilt: „Die KDA fasst Wahrheit als einen historisch erzeugten diskursiven Eekt auf und hat damit nicht den Anspruch ‚objektive Wahrheiten zu produzieren‘“ (Jäger/Zimmerman 2010: 125). Die KDA untersucht also das, was als wahr gilt, und zwar im Sinne einer Entideologisierung. Im Zentrum stehen dabei die Prozesse mittels derer Wahrheit und Wirklichkeit konstituiert werden (vgl. Jäger/Zimmerman 2010: 125). Wissen und Macht werden in der KDA als miteinander verochten gedacht. Entsprechend geht es auch in der vorliegenden Analyse darum, die dem Wissen implizierten Machteekte oenzulegen, um Veränderungen zu ermöglichen. Damit stellt sich auch die Frage, wie Macht sich in der heutigen Gesellschaft zeigt, wer sie ausübt, ob sie verändert werden kann oder ob Widerstand gegen ausufernde Macht möglich ist (vgl. Jäger 2012: 39f.). Wenn ein Diskurs sich als ein terminiertes, positives Feld von Aussagen-Häufungen (Sagbarkeitsfelder) beschreiben lässt, so gilt im Umkehrschluss, dass mögliche andere Aussagen, Problematiken oder Blickrichtungen ausgeschlossen werden (vgl. Link/Link-Heer 1990: 90). Dies bedeutet, dass es auch so etwas wie Macht über die Diskurse gibt, beispielsweise durch die Regulation des Zugangs zu spezischen Medien und der Verfügung über gewisse Ressourcen oder auch durch gezielte Schaltung spezischer Diskurse in den Sozialen Medien (vgl. Jäger 2006: 85).4 Methodisch-empirisches VorgehenDie KDA hat vorrangig die systematische Ausarbeitung und Ermittlung von Aussagen zu einem bestimmten Thema zum Ziel. Aussagen sind Atome der Diskurse. Die KDA stellt Inhalte und Verhältnisse ins Zentrum ihrer Analyse, die sie in einem weiteren Schritt kritisch betrachten kann. Dies jedoch ohne den Anspruch einer objektiven Wahrheit. Zudem erfasst sie historisch und gegenwärtig relevante, mit ‚Wahrheit‘ ausgestattete Diskurse und macht sie somit potenziell veränderbar (vgl. Jäger 2012: 7f.). Dies erfolgt, indem die Diskurs- und Dispositivfragmente gleicher Inhalte, Themen und Unterthemen, deren Inhalte, Häufungen und formale Beschaenheit empirisch aufgelistet und analysiert werden. Da es in der durchgeführten Forschungsarbeit, wie auch in der KDA, um die Wirkung des Diskurses geht, war auch die Betrachtung der sprachlichen und nicht-sprachlichen Performanzen bedeutsam. In diesem Verdichtungsschritt wurden Trends, oensichtliche Dierenzen, dominierende Diskurspositionen, Kollektivsymboliken2 und inhaltliche Ausgestaltungen des Spezialdiskurses rund um das fachpolitische Mandat erörtert. Diese Strukturanalyse wurde durch eine ausführliche Feinanalyse eines typischen Beitrags ergänzt (vgl. Jäger 2012: 105f.). Zusätzlich wurde der Spezialdiskurs Soziale Arbeit anhand des prozessual-systemischen Paradigmas (vgl. Staub-Bernasconi 2007a) einer Machtanalyse unterzogen. Dies diente vor allem der Analyse der machtausübenden Subjekte. In diesem Fall bedeutet dies konkret: die Analyse der Wissenschaftler:innen und Theoretiker:innen, die sich ihrer Machtquellen3 bedienen, um so Deutungshoheit über den Spezialdiskurs Sozialer Arbeit zu erlangen.4.1 MaterialgrundlageDie vorliegende Forschung wurde während der Covid-19-Pandemie in Österreich verfasst. Den Diskurs samt seiner historischen Vergangenheit zu analysieren, konnte aufgrund dessen nicht realisiert werden. Zu viele der zentralen Beiträge deutschsprachiger Wissenschaftler:innen in diesem Zeitraum sind (noch) nicht digitalisiert. Der Zugang zu den Bibliotheken war zur Zeit der Erstellung nicht möglich, da diese aufgrund der damals getroenen bundesweiten Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus geschlossen waren. Dies hatte zur Folge, dass nur Material verwendet werden konnte, das digitalisiert und frei zugänglich im Internet vorhanden war oder das durch Datenbanken (Springer ebooks; EBSCO ebooks; WISO; DOAJ; ScienceDirect ejournals) erhoben werden konnte. Die Forschung legitimiert sich dennoch. Ein Projekt, welches das Ziel verfolgt, den gesamten Spezialdiskurs mit all seinen historischen Kontexten zu untersuchen, wäre außerordentlich umfangreich und lässt sich auch laut Jäger nur in Gestalt einer Vielzahl von Einzelprojekten angehen. „Solche Einzelprojekte sind aber bereits sehr sinnvoll, weil sie immerhin zu bestimmten diskursiven Teilbereichen sehr verlässliche Prognosen zulassen.“ (Jäger 2012: 136f.) Als ein solches Einzelprojekt kann auch die vorliegende KDA betrachtet werden. Die Analyse fokussierte das fachpolitische Mandat Sozialer Arbeit. Da dieser Terminus als Spezikum angesehen werden kann, wurden bei der Analyse auch Synonyme wie das „politische Mandat“ Sozialer Arbeit (ohne die Vorsilbe fach-), der „politische Auftrag“ Sozialer Arbeit (Auftrag als Synonym für Mandat) und die „politische Funktion“ Sozialer Arbeit berücksichtigt.4.2 ZeitEs ist oensichtlich, dass das Archiv des Wissens über ein fachpolitisches Mandat Sozialer Arbeit in seiner Totalität nicht zu erfassen ist. Diskurse sind immer Teile eines riesigen „diskursiven Gewimmels“ (Jäger 2012: 101). Grundsätzlich wäre erstrebenswert, „ganze Diskursstränge [...] historisch und gegenwartsbezogen zu analysieren und zu kritisieren“ (Jäger 2009: 171). Dies stellt jedoch ein Ideal dar, das aus forschungspragmatischen Gründen nicht durchführbar ist. Für die vorliegende KDA wurde ein Zeitraum gewählt, der eine digitale Recherche rechtfertigt: der Fokus wurde auf den Spezialdiskurs der letzten zwanzig Jahre gelegt. Das einussreiche Werk Mertens Hat die Soziale Arbeit ein politisches Mandat? (2001) war dabei die Ausgangsquelle. Mit der Untersuchung sollte eruiert werden, ob sich der Spezialdiskurs in den letzten zwanzig Jahren verändert hat, und wenn ja, wie. 4.3 RaumIn der Analyse wird der deutschsprachige Raum fokussiert. Dazu gehören Österreich, Deutschland, die Schweiz und Liechtenstein. Der sozialarbeitstheoretische Diskurs der einzelnen Länder ist dank der Akademisierung Sozialer Arbeit und ihrer Historie eng mit den anderen verschränkt. Räume können laut Jäger auch sogenannte Nichträume sein (vgl. Jäger 2012: 137). Als ein solcher heterotroper Raum wurde hier zudem das System Sozialer Arbeit – in Anlehnung an Staub-Bernasconi (2007a) – identiziert. Da in der durchgeführten Forschung Sagbarkeitsfelder und Wahrheiten des Spezialdiskurses Sozialer Arbeit analysiert wurden, legitimiert sich die räumliche Eingrenzung dadurch, dass insbesondere die Wirkung dieser Wahrheiten auf die Subjekte des Systems Sozialer Arbeit untersucht wurden.4.4 MediumDie klassische KDA widmet sich einem Medium, das es zu analysieren gilt (vgl. Jäger 2012: 107). Zeitungen, Zeitschriften, Journale oder ähnliches werden besonders häug herangezogen. Der Spezialdiskurs lässt sich jedoch nicht einem spezischen Medium zuordnen, vielmehr ndet er in verschiedenen Medien wie Fachbüchern, Fachzeitschriften, Lexika, Sammelwerken, selbständig erschienenen Werken, Hochschulunterlagen, Vorträgen, Fachtagungen oder Konferenzen statt. Aus diesem Grund wurde für die vorliegende Untersuchung ein anderer Zugang gewählt. Aufgrund der Machtwirkung des Spezialdiskurses auf die anderen Systeme Sozialer Arbeit – in Anlehnung an das Interdependenzmodell (vgl. Engelke/Spatscheck/Borrmann 2016) –, konstruiert das System Wissenschaft die Wirklichkeit für die Soziale Arbeit maßgeblich mit. Anstatt also ein Medium zu wählen, mussten relevante spezialdiskursive Beiträge identiziert werden, die Einuss auf das System der Lehre Sozialer Arbeit und auch auf die Praxis haben. Ausgangspunkt der Recherche war eine umfassende Literaturliste zum Verhältnis von Sozialer Arbeit und Politik der Sektion ‚Politik Sozialer Arbeit‘ der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit (DGSA). Diese Liste wurde um acht Beiträge ergänzt.4 Die Literaturliste wurde dezidiert mit dem Fokus auf das fachpolitische Mandat Sozialer Arbeit hin untersucht und die Auswahl so eingegrenzt. Dies erfolgte durch ein Ausscheidungsverfahren in drei Schritten. Ausgesondert wurden zuerst alle Beiträge, die nicht digital zugänglich waren. In einem weiteren Schritt wurden alle zeitlich nicht relevanten Beiträge exkludiert. Zuletzt wurden alle Beiträge entfernt, die keinen Treer bezüglich der Schlagworte „fachpolitisches Mandat“, „politisches Mandat“, „politischer Auftrag“ oder „politische Funktion“ Sozialer Arbeit ergaben.4.5 Abschließender KorpusIm Zuge der Sichtung der so identizierten Beiträge zeigte sich, dass die Eingrenzung des Gegenstandes zu einer massiven Reduktion des Datenmaterials führte, da sich zwar etliche Beiträge mit der politischen Geschichte Sozialer Arbeit, ihren gesellschaftspolitischen Verbindungen oder ihren politischen Dimensionen im Allgemeinen beschäftigen, sich jedoch nur wenige Wissenschaftler:innen in ihren Ausführungen explizit dem fachpolitischen Mandat widmen. Auch die ausschließliche Recherche im Internet führte zu einer weiteren Reduktion. So konnten einige Beiträge zwar als relevant identiziert werden, der Zugri darauf war jedoch nicht möglich.5 Ergebnisse der KDADie gesammelten Beiträge wurden tabellarisch zusammengefasst und chronologisch nach dem Datum der Erscheinung geordnet. Die analysierten Beiträge stammen aus den Jahren 2006–2018. Basierend auf den zeitlichen, räumlichen, thematischen und pragmatischen Begrenzungskategorien konnten neun Wissenschaftler:innen mit insgesamt fünfzehn Beiträgen identiziert werden, die zentrale Akteur:innen und Produzent:innen des sozialarbeiterischen Spezialdiskurses rund um ein fachpolitisches Mandat im deutschsprachigen Raum sind. Um die der durchgeführten Analyse zugrundeliegende Fragestellung beantworten zu können, auf welche Weise sich der Spezialdiskurs rund um das fachpolitische Mandat der Sozialen Arbeit im deutschsprachigen Raum gestaltet, wurden zwei Folgefragen (FF) formuliert, die eine Betrachtung auf zwei Ebenen ermöglichen.5.1 Gültiges WissenDie erste Folgefrage war, wie sich das jeweils gültige Wissen des Spezialdiskurses rund um das fachpolitische Mandat Sozialer Arbeit im deutschsprachigen Raum zusammensetzt. Die synoptische Interpretation zeigt die Struktur des analysierten Materialkorpus. Der Diskurs gliedert sich anhand verschiedener Diskurspositionen, und zwar der Mandatsbefürworter:innen, der Mandatsgegner:innen, der Vermittler:innen und der Vertreter:innen, die für die Politikfähigkeit ohne politisches Mandat votieren.Abbildung 1: Kategorie-Einteilung nach Autor:innen (eigene Darstellung).Werden der Sozialen Arbeit durch die Mandatsbefürworter:innen weitreichende politische Funktionen zugesprochen, treten die Mandatsgegner:innen einem politischen Anspruch vehement entgegen. Dazwischen benden sich die Vertreter:innen der Position „Politikfähigkeit ohne politisches Mandat“. Sie sprechen der Sozialen Arbeit politische Handlungsspielräume zu, ein explizites Mandat erachten sie jedoch nicht als nötig. Legitimiert wird letzteres oft im Zusammenhang mit dem Tripelmandat Sozialer Arbeit (vgl. Staub-Bernasconi 2007b). Wie der Name suggeriert, nehmen die Vermittler:innen im Spezialdiskurs die Rolle einer Vermittlungsinstanz ein. Sie stellen die Diskurspositionen gegenüber und analysieren beide kritisch. Schlussendlich positionieren sie sich selbst jedoch nicht. Das gültige Wissen, das anhand der Analyse deutlich wird, ist der Dissens, der den Spezialdiskurs strukturiert. Auch die häugen Bezüge auf Mertens Band Hat die Soziale Arbeit ein politisches Mandat? können als diesbezügliches Indiz gewertet werden, da es sich dabei um einen Sammelband handelt, in dem sowohl Mandatsbefürworter:innen, Vermittler:innen wie auch Mandatsgegner:innen ihre Standpunkte erläutern. Jeder Beitrag kommt dabei zu einer anderen Konklusion. Dass sich in elf von insgesamt fünfzehn Beiträgen des Materialkorpus auch noch fast zwanzig Jahre nach dessen Erscheinen Verweise auf dieses Werk nden lassen, zeugt zum einem von der erheblichen Importanz des Werks für den Spezialdiskurs und zum anderem von der Beständigkeit des Bildes, welches das Werk vermittelt. Es steht metaphorisch für die Uneinigkeit des Wissenschaftssystems Sozialer Arbeit was ihre politischen Aufträge anbelangt. Der Dissens kann anhand der verschiedenen Kollektivsymbole veranschaulicht werden. Die sich wiederholenden Bilder im analysierten Materialkorpus sind eindeutig Bilder der Unsicherheit. Termini wie Streit (2x)‚ Dilemma (2x), oszillieren (2x), Dschungel (1x), Irrungen und Wirrungen (1x), Zersplitterung (1x), Verechtung (1x), Widersprüche (1x) oder Konikt (1x) können einer Überthematik zugeordnet werden. All diese Termini suggerieren in unterschiedlich starken Ausprägungen Dissens. Die Termini oszillieren, Verechtung, Widersprüche und Dschungel zeigen die Unübersichtlichkeit und Uneinigkeit bezüglich der Thematik. Der Terminus Streit suggeriert eine antagonistisch Komponente in dem Diskurs. Die Zersplitterung deutet auf das Auseinanderfallen des Gegenstands in mehrere, aber mindestens zwei Gruppierungen, die augenscheinlich unterschiedlicher Ansichten sind. Insgesamt sind all diese Termini im gesamtgesellschaftlichen Diskurs in unterschiedlicher Ausprägung negativ behaftet. Das fachpolitische Mandat Sozialer Arbeit ist in der Regel nicht die zentrale Thematik der spezialdiskursiven Beiträge des untersuchten Materialkorpus, wie der nachfolgenden Abbildung entnommen werden kann. Vielmehr wird es in Zusammenhang mit anderen Thematiken aufgegrien. Dazu gehören insbesondere der Professionalisierungsdiskurs, der Theoriediskurs, der geschichtliche Diskurs und die Ökonomisierung Sozialer Arbeit.Abbildung 2: Diskursverschränkungen (eigene Darstellung).Die Tatsache, dass sich das fachpolitische Mandat Sozialer Arbeit nur über Diskursverschränkungen mit anderen Thematiken nden lässt, suggeriert eine gewisse Irrelevanz. Es könnte jedoch auch bedeuten, dass die Frage nach dem fachpolitischen Mandat von anderen Spezialdiskursen abhängig ist, wie durch die Diskursverschränkung mit dem Professionalisierungsdiskurs ersichtlich ist. Die augenscheinliche Irrelevanz führt in Folge dazu, dass wir uns fachliterarisch in den letzten zwanzig Jahren auf einer Ebene der Grundsätzlichkeit bewegen: Zwar wird ganz prinzipiell über die politische Verantwortung der Sozialen Arbeit diskutiert, doch werden keine konkreten sozialpolitischen Handlungsvorschläge entworfen. In nur vier der fünfzehn analysierten Beiträge wird konkret auf sozialpolitische Handlungsmethoden verwiesen.55.2 Auswirkungen auf die Soziale ArbeitDie zweite Folgefrage der Untersuchung war, welche Auswirkungen das jeweils gültige Wissen des Spezialdiskurses rund um das fachpolitische Mandat auf das System Sozialer Arbeit im deutschsprachigen Raum hat. Das Interdependenzmodell (vgl. Engelke et al. 2016) verdeutlicht die Abhängigkeit der Praxis und der Lehre Sozialer Arbeit von ihrem Wissenschaftssystem. Abhängigkeit beinhaltet immer eine Komponente der Macht. In der Ausbildung der Sozialen Arbeit vermittelt das System der Lehre wissenschaftliche Theorien und Modelle, Kernkompetenzen und wesentliche Haltungen. Grundlage dafür sind die praktischen und theoretischen Kenntnisse des Ausbildungssystems und seine ausführenden Subjekte, die Hochschullehrer:innen. Als ausführende Subjekte des Lehrsystems verfügen sie über „Macht über Diskurse“ (vgl. Jäger 2006: 85). Sie sind als Komponenten des Lehrsystems jedoch nicht nur Vermittler:innen von Informationen, sondern in gleichem Maße Rezipient:innen des Wissenschaftssystems. Theoretiker:innen und Wissenschaftler:innen und der von ihnen geformte Spezialdiskurs wirken machtvoll auf sie. Die Theorien, Modelle und Beiträge (Spezialdiskurs) der Wissenschaftler:innen Sozialer Arbeit und ihrer Bezugswissenschaften werden über die Hochschulen an die Student:innen vermittelt und bei Abschluss der Ausbildung konsequenterweise in die Praxis Sozialer Arbeit getragen: „Wissenschaftliche Theorien wirken sich auch auf das Selbstverständnis der in der Profession Tätigen aus und ermöglichen eine Abgrenzung zu den Laien, die in der Sozialen Arbeit ehrenamtlich tätig sind.“ (Engelke et al. 2016: 375) Die durch das System der Wissenschaft generierten und hier analysierten Beiträge wirken auf das System der Lehre und das System der Praxis einussreich, überzeugend und motivierend. Die Machtposition von Autor:innen im Wissenschaftssystem ist dabei von mehreren Faktoren abhängig, die im Zuge der Forschung als Machtquellen (vgl. Staub-Bernasconi 2016: 411) identiziert werden konnten. Insbesondere bei der Vermittlung von gültigem Wissen spielen Machtquellen eine zentrale Rolle, denn sie befähigen Individuen dazu, andere über den Diskurs zu beeinussen. Artikulationsmacht spielt eine zentrale Rolle in der Machtwirkung des Spezialdiskurses Sozialer Arbeit und zeigt sich in den sprachlich-rhetorischen Fähigkeiten der Autor:innen. Die ausgewählte Sprache, manch eine:r würde sie als elitär bezeichnen, und die objektivierende Darstellung in den verfassten Beiträgen durch die Vermeidung von Konjunktiven verstärken die Wirkung auf die Leser:innenschaft, die getätigten Aussagen als gültige Wahrheiten zu verinnerlichen. Positionsmacht in Kombination mit Ressourcenmacht über kulturelle Kapitalien wie akademische Titel vermittelt Autorität. Besoldung und Reputation spielen in diesem Kontext eine große Rolle. Autor:innen zitieren sich gegenseitig, stellen ihre Standpunkte gegenüber oder sprechen aus der gleichen ideologischen Position heraus. Umso öfter einzelne Autor:innen in den Beiträgen zitiert werden oder auf sie in anderer Weise Bezug genommen wird, um so einussreicher kann die Person gesehen werden.6 Durch Mitgliedschaften in diversen sozialarbeitsrelevanten Verbänden und Vereinen haben Wissenschaftler:innen die Möglichkeit, Beziehungen zu anderen machtvollen Personen dieses Systems zu knüpfen. Individuen sind Organisationen darum in der Regel unterlegen und diese Organisationsmacht kann als Multiplikator anderer Machtquellen dienen. Wie bereits erwähnt, ist die Recherche des Materialkorpus zentraler Bestandteil der KDA. Die Verfügbarkeit von Beiträgen zum Spezialdiskurs des fachpolitischen Mandats im Internet ist als gering einzuschätzen. Der Zugang zu relevanten Beiträgen ist häug an Vorgaben geknüpft, so kann das Lesen der Beiträge mit hohen Kosten verbunden sein, die gerade für Student:innen Sozialer Arbeit oftmals nicht erschwinglich sind. Der Großteil der online verfügbaren Fachbücher kann nur eingesehen werden, wenn dafür bezahlt wird. Zudem hängt der Zugang zu den meisten Publikationen von Verträgen mit Verlagsgruppen und Suchmaschinen ab. Dieser Zugang wird für Student:innen meist von den Hochschulen kostenfrei bereitgestellt. Nichtsdestotrotz kann auch damit nur auf Beiträge zugegrien werden, welche die Hochschulen als relevant erachten und im Zuge ihres Vertrags mit den Verlagsgruppen kaufen. Praktiker:innen haben diesen Zugang nur, wenn sie auf eigene Kosten eine Mitgliedschaft bei den betreenden Verlagsgruppen abschließen oder die sie beschäftigende Organisation ihnen dies ermöglicht. Diese Zugangsvoraussetzungen prägen das gesamte System Soziale Arbeit.7 Der sogenannte Impact Factor sozialarbeitswissenschaftlicher Beiträge ist ebenfalls nur schwer zu erheben. Beim Impact Factor handelt es sich um den Einuss, den wissenschaftliche Medien auf die wissenschaftliche Community haben. Für die vorliegende Forschung wäre es hinsichtlich der Machtanalyse erstrebenswert gewesen, diesen Einuss zu messen und auf seine Wirkung hin zu untersuchen. In vielen wissenschaftlichen Gebieten lässt sich der Impact Factor spezialdiskursiver Medien errechnen. Er gibt vor allem Auskunft darüber, wie oft ein Beitrag in anderen Publikationen zitiert wurde. Was in den Naturwissenschaften schon lange üblich ist, fehlt insbesondere in den Sozialarbeitswissenschaften noch gänzlich. Im Zuge meiner Recherche in diversen Fachzeitschriften und Journalen konnte kein Impact Factor identiziert werden. Dies könnte in Zusammenhang mit der Tatsache stehen, dass es keine vollständige, zentrale Datenbank für sozialarbeitswissenschaftliche Medien im deutschsprachigen Raum gibt.8 Es handelt sich bei den meisten Datenbanken um Datenbanken von Verlagsgruppen oder Hochschulen.6 Zusammenfassung und LösungsansätzeSoziale Arbeit als Disziplin und Profession hat sich seit ihren Anfängen bis dato ununterbrochen mit ihrer politischen Verantwortung auseinandergesetzt. Obgleich die kritische Auseinandersetzung mit den großen Fragen der Sozialen Arbeit für eine Disziplin und Profession, die so nahe am Mensch arbeitet, essenziell sein mag, birgt der Dissens bezüglich des fachpolitischen Mandats Sozialer Arbeit die Gefahr einer ohnmächtig wegsehenden Sozialen Arbeit. Wenn die Bewältigung von sozialen Problemen Gegenstand Sozialer Arbeit ist, wäre es töricht, die politischen Einüsse auf die Lebenswelten der Adressat:innen Sozialer Arbeit zu ignorieren. Die negativen Folgen gesellschaftlicher Ungleichheiten müssen durch konkrete sozialpolitische Methoden bearbeitet und gegebenenfalls beendet werden. Ein klar formulierter Auftrag würde es Professionellen erleichtern, sich aus Ungewissheit zu befreien und sozialpolitische Methoden mit dem Ziel einer sozial gerechteren Gesellschaft zu implementieren. Mandatsgeber ist dabei, gestützt durch das Tripelmandat (vgl. Staub-Bernasconi 2007a), die Profession im Sinne einer Selbstmandatierung. Nichtsdestotrotz reicht dieser im dritten Mandat enthaltene Auftrag nicht aus. Es braucht eine konkrete verschriftlichte Formulierung, die idealerweise im Berufsgesetz Sozialer Arbeit verankert wird. Auch hier benötigt es klare Worte und klare Vorgehensweisen. Konkrete sozialpolitische Methoden, die Professionelle Sozialer Arbeit dazu befähigen, die sozialen Missstände einer Gesellschaft strukturell zu verändern, sind ausbaufähig. Die aus der Politikwissenschaft übernommenen Methoden wie das Soziallobbying oder die Politikberatung sind zwar erstrebenswert, dennoch wären eigenständige, durch Sozialarbeitswissenschaften generierte Methoden wünschenswert. Dafür braucht es auch in Zukunft konkrete Forschung zu den sozialpolitischen Ursachen sozialer Problemlagen. Insbesondere die Fachhochschulen als System der Lehre und die diversen Wissenschaftler:innen und Theoretiker:innen als System der Forschung sind hier in der Verantwortung, diese konkreten Methoden und den fachpolitischen Auftrag der Sozialen Arbeit an ihre Studierenden und Praktizierenden zu vermitteln. Die in der durchgeführten Forschung generierten Ergebnisse können als Ausgangspunkt für weitere Aushandlungsprozesse gesehen werden und sind hoentlich Anreiz für zentrale Akteur:innen Sozialer Arbeit, ihren diskursiven Dissens zu überdenken. Alle Teilhabende des Systems Sozialer Arbeit sind verpichtet, die Disziplin und Profession stetig weiterzuentwickeln und sie an gegebene Umstände anzupassen.Verweise1 Kommentar aus der Bundestagung des Österreichischen Berufsverbands der Sozialen Arbeit (OBDS) im Herbst 2018: „Soziale Arbeit und Politik sind unweigerlich miteinander verbunden“ und „Die aktuelle politische Lage in Österreich braucht ein klares politisches Statement von der Sozialen Arbeit“ (Rücker 2018: 29).2 Kollektivsymbole können wir uns als eine Art Bilder vorstellen, mit denen wir uns ein Gesamtbild einer gesellschaftlichen Wirklichkeit machen können. Sie werden von allen Mitgliedern der Gesellschaft, also kollektiv gelernt, benutzt und verstanden (vgl. Jäger 2012: 55f.).3 Machtquellen sind im systemtheoretischen Paradigma das, worüber Individuen im Rahmen ihrer Ausstattung und Umwelt verfügen (vgl. Staub-Bernasconi 2016: 411.).4 Es handelt sich dabei um: Röh (2006); Wendt (2006); Staub-Bernasconi (2007), (2013), (2016); Opielka (2013); Seithe (2016); Rieger (2016).5 Alle vier Beiträge stammen von Günter Rieger, einer davon in Zusammenarbeit mit Benjamin Benz. Die beiden Autoren verfügen als einzige im untersuchten Materialkorpus über einen politikwissenschaftlichen Hintergrund.6 Eine Quellenanalyse des untersuchten Materialkorpus hat ergeben, dass Silvia Staub-Bernasconi (11x), Hans Thiersch (5x) und Lothar Böhnisch (5x) als zentrale Bezugsquellen angesehen werden können, weshalb sie als machtvolle Akteur:innen identiziert wurden.7 Hierbei ist anzumerken, dass einige Wissenschaftler:innen Sozialer Arbeit ihre Beiträge zur kostenfreien Einsicht zur Verfügung stellen, indem sie sie privat, auf ihren eigenen Websites oder auf Plattformen wie ResearchGate veröentlichen. Der Anteil dieser Beiträge ist jedoch als gering und unausgeglichen einzuschätzen.8 Eine Stichprobe der Online-Datenbank PubliSA – Publikationen zur Sozialen Arbeit –, die den Anspruch hat, „kontinuierlich und ständig aktualisiert deutschsprachige Publikationen zur Sozialen Arbeit (Monographien und Sammelwerke)“ (PubliSA 2019) zu sammeln, verdeutlicht diese Unvollständigkeit: eine Suche zu Silvia Staub-Bernasconi endete hier mit nur zwei Ergebnissen, eine Einsicht der Werke ist nicht möglich. Ein Impact Factor wird ebenfalls nicht zur Verfügung gestellt. Dieser Mangel an bibliometrischer Vergleichbarkeit ist als kritisch zu betrachten.LiteraturverzeichnisBehrle, Madlen (2020): in necessariis unitas. Eine Analyse des Diskurses rund um das fachpolitische Mandat Sozialer Arbeit. Masterarbeit. Management Center Innsbruck.Benz, Benjamin/Rieger, Günter (2015): Politikwissenschaft für die Soziale Arbeit. Eine Einführung. 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