soziales_kapitalLisa Yashodhara Haller, Johanna M. Hefel.Gleichstellung als soziale Innovation. Das familienpolitische Brettspiel als Werkzeug der Beratung.” soziales_kapital, no. 26 (2022). Rubrik „ema“. Eisenstadt. Printversion: http://www.soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/article/view/759/1399.pdf_Soziale Innovation 26. Ausgabe Juni 2022ZusammenfassungIn diesem Beitrag werden Erfahrungen aus einem disziplinenübergreifenden Forschungsprojekt von Sozialer Arbeit und Technik an der FH St. Pölten präsentiert, das in Zusammenarbeit mit der Caritas Suchtberatung durchgeführt wurde. In dem eineinhalbjährigen Projekt wurde der Einsatz von Technik und insbesondere Augmented Reality als Möglichkeit in der Sozialen Arbeit praxisnah erforscht. Entwickelt wurde der Prototyp eines Augmented Reality Support Tools, welches in Intervisions- und Supervisionsprozessen zum Einsatz kommen kann. Zudem wurde ein praktikables Moderationskonzept für diesen Prototyp erarbeitet. Die Moderationsstruktur ist sowohl für den Einsatz von Augmented Reality als auch für klassische Intervisions- und Supervisionssettings in helfenden Berufen geeignet. Darüber hinaus wurde das Moderationskonzept in Form einer App für Smartphones/Tablets umgesetzt. Die App ermöglicht es, die verbleibende Besprechungszeit und oene Besprechungspunkte synchron zu managen. Der Beitrag gibt Einblick in den interdisziplinären Forschungsprozess, einen kurzen Abriss zur technischen Lösung und legt einen besonderen Schwerpunkt auf die Erläuterung der gemeinsam mit Praktiker_innen entwickelten, innovativen Moderationsstruktur.Schlagworte: Intervision, Supervision, Augmented Reality in der Sozialen Arbeit, Moderations-struktur, Team-/ FallbesprechungenAbstractThe article presents experiences from a cross-disciplinary research project of social work and technology at the St. Pölten University of Applied Sciences, which was realized in cooperation with the Caritas Suchtberatung. During the project, which had a duration of one and a half years, the use of technology, and especially augmented reality as a possibility in social work was researched in a practical manner. The prototype of an augmented reality support tool, which can be used in intervision and supervision processes, was developed. In addition, a practical moderation concept was generated for this prototype. The moderation structure is suitable for augmented reality use as well as for classical intervision and supervision settings. Furthermore, the moderation structure was implemented as an app for smartphones/tablets. It allows to synchronously manage the remaining meeting time and open meeting items. The article provides an insight into the interdisciplinary research process, a brief outline of the technical solution, and puts a special focus on the explanation of the innovative moderation structure developed in collaboration with practitioners.Keywords: intervision, supervision, augmented reality in social work, facilitation structure, team/case discussions1 Zur Notwendigkeit von Intervision/Supervision in sozialen OrganisationenDer Hintergrund des hier beschriebenen Projekts zu Intervision und Supervision mit Augmented Reality waren die zunehmend problematischen Arbeitsbedingungen in helfenden Berufen. Aufgrund der budgetären Einsparungen der letzten Jahre und der steigenden Anforderungen durch die zunehmenden Fälle psychischer Probleme seitens der Zielgruppen haben sich die Burn-out-Symptomatiken bei Professionist_innen deutlich erhöht (vgl. Nitzsche/Driller/Kowalski/Pfa 2010: 389–399). Eine wichtige Rolle dabei spielt die Reduktion von Teamzeiten, (internen und externen) Weiterbildungen und Intervisionen/Supervisionen in vielen helfenden Organisationen. Intervision ist eine Form der Beratung, bei der, am jeweiligen Bedarf orientiert, arbeitsspezische Fragestellungen beantwortet werden können. Das Ziel ist, Arbeitsprobleme zu lösen, bevor sie zu psychischen Belastungen werden. Von und mit den Mitarbeitenden werden Lösungen und Handlungsoptionen gefunden, im Sinne der Prävention psychischer Erkrankungen, aber auch im Sinn des Qualitätsmanagements. Intervision fördert nachweislich die Entwicklung fachlich orientierter Netzwerke, stärkt die Eigenverantwortlichkeit und das Selbsthilfepotenzial der Beteiligten. Dort, wo Intervision an ihre Grenzen gelangt, oder bei Beziehungsthemen, kann Supervision als systematische Reexion des beruichen Handelns zum Einsatz kommen. Als Praxisberatung zielt sie auf Veränderungen im Erleben und Handeln. Die Profession Soziale Arbeit kennt diese Formen der Praxisberatung seit ihrem Bestehen, allerdings auch die Problematik, dass in Zeiten knapper werdender Ressourcen in diesem Bereich als erstes eingespart wird. Verkürzte Teamzeiten, geringere Budgets für Weiterbildung, Streichung von Diäten und Weggeldern (besonders im ländlichen Raum ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor), Reduktion der nicht an Klient_innen verbrachten Zeiten etc. waren und sind Themen in sozialen Organisationen. Sie haben negative Auswirkungen sowohl auf die Qualität der Arbeit als auch auf die Gesundheit der Mitarbeiter_innen. Intervision/Supervision sollte im Hinblick auf die steigenden Herausforderungen in den helfenden Berufen eher verstärkt werden. Zudem fördert diese Art der Kommunikation den Gruppenzusammenhalt unter den Mitarbeiter_innen, die Mitbestimmung in der Organisation (durch die interne Meinungsbildung und Absprache) und die Zusammenarbeit. Es handelt sich aber auch um Methoden der Qualizierung, besonders neu eintretender Mitarbeiter_innen und um Instrumente der Weiterbildung und Professionalisierung, im Sinne einer Auseinandersetzung mit der Fachöentlichkeit. So protieren durch Intervision z.B. alle Teammitglieder von der Tagungsteilnahme oder Fachlektüre eines Mitglieds, wenn das spezische Wissen in die Fallbearbeitung eingebracht wird. Insgesamt können durch diese Lösung die Arbeitsbedingungen von Mitarbeiter_innen wesentlich verbessert werden. Ausgehend von diesen Beobachtungen entstand die Idee, ortsunabhängige Kommunikation mit Hilfe digitaler Technologien zu ermöglichen. In den Blick genommen wurde ein Augmented Reality Kollaborationstool, das in Supervision und Intervision, zur Durchführung von Fallkonferenzen unter den Professionist_innen in der sozialarbeiterischen Praxis, zur Fallsupervision in Betreuungsverhältnissen etc. eingesetzt werden kann. Über bestehende Kollaborations-Tools wie Teams, Zoom etc. hinaus sollte die Anwendung zudem eine gesprächsunterstützende Struktur für die Durchführung von Supervisions- und Intervisionsgesprächen beinhalten. Dadurch sollten Moderator_innen bei der Leitung und Teilnehmer_innen bei der Durchführung von zielgerichteten Supervisions- und Intervisionsgesprächen unterstützt werden und eine übersichtliche Protokollierung erfolgen. 2 Digitale Möglichkeiten mit Augmented RealityInnerhalb der letzten Jahre wurden Augmented-Reality(AR)-User-Interfaces entwickelt, die es einer Person ermöglichen, mit der realen Welt auf nie zuvor gekannte Weise zu interagieren. Der Begri Augmented Reality bezeichnet häug Settings, bei denen zwei- und dreidimensionale Computergraken über Head-Mounted Displays (sogenannte AR Brillen) oder Handheld-Displays (z.B. über Smartphones oder Tablets) in die reale Umgebung eingebettet werden. Augmented Reality Techniken können verwendet werden, um die persönliche und Remote-Zusammenarbeit auf eine Weise zu verbessern, die mit herkömmlicher Technologie schwierig ist. Die meisten aktuellen Technologien für die Remote-Zusammenarbeit weisen Mängel auf, insbesondere wenn sie zur Interaktion mit räumlichen Inhalten verwendet werden. In der persönlichen Zusammenarbeit verwenden Menschen Sprache, Gesten, Blicke oder nonverbale Hinweise, um auf möglichst klare Weise zu kommunizieren. In vielen Fällen spielen zudem die umgebende reale Welt oder reale Objekte eine entscheidende Rolle, insbesondere bei gestalterischen und räumlichen Kollaborationsaufgaben.Als außergewöhnliche Herausforderung auf mehreren Ebenen, aber auch als Beschleunigung, wenn nicht gar Hilfe für das Forschungsprojekt hat sich die Covid19-Pandemie erwiesen. Zum Projektstart im Herbst 2019 war das Forschungsteam nicht nur mit Zweifeln der Fachcommunity über die Remote-Durchführbarkeit von Intervision/Supervision konfrontiert, sondern auch mit grundsätzlichen Vorbehalten zum Einsatz von Technik in diesem auf menschlicher Begegnung beruhenden Arbeitsfeld. Mit dem Start der Pandemie, wenige Monate nach Projektbeginn, wurde zwar eine teilweise Neukonzeption des Forschungsdesigns nötig und es entstand einiger Aufwand an zusätzlichem Projektmanagement, allerdings erhöhte sich auch das Interesse der Professionist_innen deutlich. Die Pandemie zwang nicht nur die Teamarbeit in virtuelle Räume, sondern in vielen Fällen auch die Arbeit mit den Klient_innen. Noch fehlen wissenschaftliche Studien zu den konkreten Auswirkungen dieser Entwicklung, aber aus den Erfahrungen im Forschungsprojekt kann geschlussfolgert werden, dass zwar die Betreuungsarbeit unter der Virtualisierung deutlich gelitten hat, die Teamarbeit und auch Intervision/Supervision jedoch ohne allzu große Einbußen virtuell umgesetzt werden konnten. 3 Die (technische) EntwicklungDie Augmented Reality Brille Microsoft HoloLens 2 ermöglicht es uns, digitale Inhalte in den realen Raum zu projizieren – in unserem Fall den_die Gesprächspartner_in. Hierbei ist es gelungen, den_die durch die Microsoft Azure Kinect Kamera aufgenommene_n Teilnehmer_in freizustellen, über das Internet an die HoloLens zu übertragen und die Person im Raum zu platzieren. Dabei ist auch eine beidseitige akustische Kommunikation möglich. Abbildung 1: Microsoft HoloLens2 (microsoft 2022).Zusätzlich wurde eine App für Smartphones/Tablets etc. entwickelt, um eine Arbeitsgruppe in Gesundheits- oder Sozialberufen bei der Moderation zu unterstützen. Die App ermöglicht den Teilnehmer_innen eine digitale Darstellung des entwickelten Ablaufplans für die Intervision/Supervision und gibt gleichzeitig einen Überblick über die zur Verfügung stehende Zeit. Im Laufe der Besprechung stellt die App den Teilnehmer_innen dar, welche Punkte bereits abgehandelt wurden und wieviel berechnete Restzeit für die noch zu behandelnden Punkte bleibt. Abbildung 2 zeigt exemplarisch vier Seiten der Moderationsapp. Die Login-Seite, die Setupseite, die Startseite und anschließend das Moderationskärtchen Organisation:Abbildung 2: ISAR-App (Schlager 2021).Die für AR und App entwickelte Moderationsstruktur lässt sich ebenso analog anwenden. Dafür wurde die Struktur in vier Moderationskarten abgebildet. Abbildung 3 zeigt beispielhaft das Startkärtchen. Die Entwicklung der Struktur und die einzelnen Karten werden in den folgenden Abschnitten erläutert.Abbildung 3: Startkärtchen der Moderationsstruktur (eigene Darstellung).4 Fallbesprechungen als Methode in der Sozialen ArbeitFallbesprechungen sind in psychosozialen Einrichtungen häug Teil von Teambesprechungen und Supervisionen in interdisziplinären Teamkonstellationen. Sie werden zur Qualitätssicherung in den Einrichtungen, aber auch zur Wahrung psychosozialer Gesundheit unter den Teammitgliedern eingesetzt. Wenngleich die Fachliteratur zahlreiche unterschiedliche Konzepte bietet, gehen viele Institutionen entsprechend ihrer Rahmenbedingungen nach eigens strukturierten Abläufen vor. In unserem Forschungsprojekt lag der Fokus deshalb darauf, die Struktur solcher Fallbesprechungen exemplarisch am Beispiel der interdisziplinären Teambesprechungen unserer Kooperationspartnerin herauszuarbeiten. Um einen Überblick bestehender theoretischer Konzepte zu erlangen und diese in Folge mit den empirischen Daten abzugleichen, begann der Forschungsprozess mit einer umfangreichen Literaturrecherche zu Strukturierungsmöglichkeiten von Fallbesprechungen in Intervisions- und Supervisionsprozessen. Thiel (1994: 189) weist darauf hin, dass in der Methodenliteratur zu kollegialer Fachberatung großer Wert auf die Entwicklung bzw. Darstellung von Leitfäden, Strukturierungs- und Prozessmodellen gelegt wird. Aus diesem Grund wurde der Fokus in der Recherche nach einem ersten Analyseschritt auf Strukturierungsmöglichkeiten und Abläufe kollegialer Fachberatung gelegt. Der empirische Forschungsprozess lässt sich wie in Abbildung 4 darstellen:Abbildung 4: Überblick empirischer Forschungsprozess (eigene Darstellung).4.1 Kollegiale FallbesprechungenTreen sich Teams ohne externe Fachperson, um ihre beruiche Arbeit z.B. in Form von Team- oder Fallbesprechungen zu reektieren, wird von Intervision oder kollegialer Fach- bzw. Fallberatung gesprochen (vgl. Rimmasch 2003). Kollegiale Fachberatung erfolgt demnach ohne Supervisor_in oder Gruppenleiter_in und fokussiert auf gemeinsame beruiche Interessen, wie wir im Zuge unseres Forschungsprozesses bei unserer Projektpartnerin beobachten durften. Wechselnde Gesprächsführung ist methodisch vorgesehen und jede Person hat die Möglichkeit, Fälle einzubringen. Die Teilnehmer_innen kollegialer Beratung können über unterschiedliche Qualikationen und beruiche Hintergründe verfügen (vgl. Werling 2018: 641–643). Supervision bedarf immer einer professionellen, externen Prozessbegleitung, die individuell und prozessbezogen moderiert, interveniert und berät (vgl. Rohr/Ouden/Rottlaender 2016: 184). Strukturierungsmodelle zur Fallbearbeitung können sowohl in Intervisions- als auch in Supervisionsprozessen eingesetzt werden. 4.2 Vergleich von Modellen und Strukturierungsoptionen Alle gesichteten Strukturierungsmodelle (vgl. Kopp/Vonesch 2010; Rappe-Giesecke 2003; Rimmasch 2003; Schrapper/Thiesmeier 2004; Werling 2018; König 2004 u.a.m.) veranschlagen eine lange Zeitdauer, die für eine Fallbesprechung aufgewendet wird. Im Beobachtungsprozess unserer Forschung hat sich jedoch gezeigt, dass maximal 20 Minuten der interdisziplinären Teambesprechungen für eine Fallbesprechung verwendet werden. Gründe und Voraussetzungen für die erfolgreiche Umsetzung dieser Form der Fallbesprechungen werden in Punkt 5.1 näher beleuchtet. Darüber hinaus werden die beobachteten Mitarbeiter_innenmeetings als Teambesprechungen mit Falldarstellungen abgehalten. Somit wird eine organisatorische Dimension, über die Fallberatung hinaus, tragend. Auf Basis dieser Erkenntnis galt es, eine Moderationsstruktur für Teambesprechungen zu entwickeln, welche Falldarstellungen und organisatorische Absprachen beinhaltet.5 Von der Entwicklung eines gesprächsunterstützenden Leitfadens zur ModerationsstrukturAls Ausgangspunkt für die Erarbeitung der Moderationsstruktur dienten leitfadengestützte Beobachtungen von vier Teambesprechungen unserer Kooperationspartnerin, der Caritas Suchtberatung. Diese wiesen eine maximale Dauer von drei Stunden auf. Hinsichtlich des Samples wurde darauf Wert gelegt, dass zwei größere (10–15 Teilnehmende) und zwei kleinere (5–7 Teilnehmende) interdisziplinäre Teams der Kooperationseinrichtung beobachtet wurden und dass sich diese auch hinsichtlich ihres Einzugsgebiets und in ihrer räumlichen Lage unterscheiden (rural-urban). In den ersten beiden Beobachtungen wurde insbesondere auf die Struktur innerhalb der Besprechungen geachtet. Der genaue Prozessablauf, die Anzahl der Besprechungspunkte und Falldarstellungen standen im Fokus. In der dritten und vierten Besprechung wurde darüber hinaus der detaillierte Inhalt der Besprechung protokolliert. Der schlussendlich erstellte strukturierte Moderationsablauf für interdisziplinäre Teambesprechungen stützt sich auf eine inhaltsanalytische Auswertung (vgl. Kuckartz 2018) der Beobachtungsprotokolle in mehreren Schritten, eine Sequenzanalyse (vgl. Oevermann 2001) der inhaltlichen Textpassagen und eine abschließende Zusammenfassung der einzelnen Kategorien. Die Detailauswertung zeigte nicht nur eine überraschend an der Theorie orientierte Vorgehensweise, sondern auch eine hohe Ezienz und Komplexität der Praxis. Erkenntnisgewinn brachte besonders die Sequenzanalyse der Besprechungen, die deutliche Dierenzierungen in der Fallbearbeitung zeigte: Aufgrund der Kompetenz und Routine der Professionist_innen werden nicht alle Fälle gleich bearbeitet, sondern nach den jeweiligen Erfordernissen dierenziert. Erst diese Unterscheidung ermöglicht dem Team einen ezienten Umgang mit zeitlichen Ressourcen, was in der Literatur ein bisher unterschätzter Faktor ist. Eine besondere Herausforderung für das Forschungsteam ergab sich dadurch, dass das dierierende Vorgehen in der Teamarbeit nicht explizit gemacht, sondern im Verlauf der Besprechung sehr schnell und eher intuitiv darüber entschieden wurde. Aus der sequenzanalytischen Auswertung ergab sich eine Aufteilung der Fallarbeit in Fallsynchronisation und Fallbesprechung, die unter 5.1 näher erläutert wird. Anfängliche Bedenken, dass diese Zweiteilung eine zu starke Komplexitätsreduktion für die Fallbesprechungen bedeuten könnte, wurden durch die Testungen zerstreut. Der Ablauf der Sitzungen wurde in vier Moderationskarten abgebildet. Die erarbeitete Moderationsstruktur wurde mit Hilfe dieser Moderationskärtchen in zwei physischen Teambesprechungen der Caritas Suchtberatung getestet. Im Anschluss wurden Interviews mit zwei Mitarbeiter_innen durchgeführt. Auf Basis der Rückmeldungen aus den ersten Evaluierungsinterviews erfolgte eine Überarbeitung der Struktur. In der zweiten Testphase wurde die Struktur in Teamsitzungen via Zoom eingesetzt. Die anschließende Befragung zweier Teilnehmender diente dazu, die Anwendungserfahrungen der Moderationsstruktur im digitalen Setting zu erheben. In sämtlichen Evaluierungsgesprächen brachten die Interviewpartner_innen die Rückmeldungen ihrer Kolleg_innen, die Testung betreend, ein. Wir entschlossen uns weiterhin – über das anfänglich avisierte Projektkonzept hinaus – zu einer Testung der Moderationsstruktur mit Personen, die nicht in den Entwicklungsprozess eingebunden waren. Im Rahmen einer virtuellen Supervisions-Lehrveranstaltung wurde die Moderationsstruktur mit sieben Studierenden des Bachelorstudiengangs Soziale Arbeit getestet. Damit der Blickkontakt zu allen Teilnehmenden möglich war, wurde die Struktur für alle sichtbar in den Chat gepostet. Im Anschluss an das Supervisionsgespräch wurden die Erfahrungen der Studierenden in einer Feedbackrunde erhoben. Die Auswertung dieses Datenmaterials ndet Berücksichtigung in der Ergebnisdarstellung.5.1 Die Moderationsstruktur Im Beobachtungsprozess zeigte sich, dass zu Beginn der Besprechungen sämtliche Punkte aller Teilnehmenden in die Agenda aufgenommen wurden. Eine Verlängerung der Besprechungen ist aufgrund nachfolgender Termine allerdings nicht möglich. Bei der Analyse des Datenmaterials wurden vier zentrale Punkte deutlich, die jede Teamsitzung umfasst. Abbildung 5 zeigt einen Überblick der Sitzungsstruktur: Abbildung 5: Ablauf der Teambesprechung (eigene Darstellung).Die Moderation spielt eine wesentliche Rolle im Gesprächsverlauf. Balliet und Kliebisch (2016: 132f.) raten, vor der Besprechung festzulegen, wer der Teilnehmenden die Moderation übernimmt und welche Fälle besprochen werden. In den Einrichtungen unserer Kooperationspartnerin werden die Rollen der Moderation und auch der Protokollführung zu Jahresbeginn im Kalender für das gesamte Jahr xiert. Ausfälle von Kolleg_innen werden vor Beginn der Teambesprechung direkt thematisiert und eine Vertretung beschlossen. Die Moderation ist für die Themensammlung zu Beginn, den reibungslosen Ablauf und das Einhalten des Zeitrahmens verantwortlich. Verbindlichkeit – Denition eines Zeitintervalls (z.B. monatlich) – und eine klare Moderationsstruktur befördern eine gelingende Durchführung (vgl. ebd.). Neben den Fallbesprechungen nden in den Teammeetings organisatorische Absprachen statt. Hinsichtlich der Fallbesprechungen lassen sich zwei Möglichkeiten erkennen: 1. Fallsynchronisation (kurze Sequenzen, Dauer ca. fünf Minuten) 2. Fallbesprechung (längere Sequenzen, Dauer 15–20 Minuten)Fallsynchronisationen erfolgen beim Einholen kurzer professioneller Meinungen von Kolleg_innen (Transprofessionalität), bei Dienstleistungsabsprachen und/oder organisatorischen Absprachen. Diese Kurzabsprachen weisen eine maximale Dauer von ca. fünf Minuten auf. Fallbesprechungen werden vorrangig bei Problemen, Schwierigkeiten oder Irritationen in der Fallführung und/oder zur Reexion der fachlichen Vorgehensweise im interdisziplinären Team verwendet (längere Sequenzen). Für diese detaillierten Fallbesprechungen werden durchschnittlich 15 bis max. 20 Minuten pro Fall aufgewendet. In der Regel werden mehrere Fälle von jeder teilnehmenden Person eingebracht. Im Vergleich zu Moderationsstrukturen in der Literatur wird in der Praxis unserer Kooperationseinrichtung vergleichsweise wenig Zeit für die detaillierten Fallbesprechungen aufgewendet. Diese Art des Austausches funktioniert aufgrund folgender Tatsachen in dieser kurzen Form: 1. Die Personen sitzen einander gegenüber und können die Reaktionen des Gegenübers deuten (durch nonverbale Kommunikationsformen wie Körpersprache, Mimik, Gestik, Körperhaltung, Verhalten etc.). 2. Die teilnehmenden Fachkräfte arbeiten konstant in diesem interdisziplinären Team und kennen einander. Zusätzlich besteht ein klares Rollenverständnis der einzelnen Professionist_innen und ihrer professionsbezogenen Verantwortlichkeiten. 3. Es gibt ein organisationales Kommittent aufgrund sich wiederholender Szenarien. Die Strukturen der einzelnen Fälle wiederholen sich (z.B. Rückfälle bei Heroinkonsum, Führerscheinverlust bei Alkoholabhängigkeit, Psychotherapienotwendigkeit infolge von Substanzmittelkonsum usw.). 4. Die Fachkräfte verfügen über Routine. Aufgrund eines erprobten bzw. etablierten Ansatzes lassen sich die Besprechungen in bestehenden Teams ohne größere Schwierigkeiten auch in digitalen Settings durchführen.5.2 Zur Verwendung der Moderationsstruktur – ArbeitsablaufAusgehend von den Beobachtungen wurden folgende Struktur überlegt und folgende Kärtchen entworfen. Bei der Planung eines konkreten Meetings haben die Teammitglieder im Vorfeld die Möglichkeit, sich anhand der Strukturierungsoptionen der Moderationskarten auf die Teambesprechung vorzubereiten. Abbildung 6: Moderationsablauf (eigene Darstellung).Die Teambesprechung wird mit dem sogenannten Startkärtchen (vgl. Abbildung 7) gestartet. Dieser xe Strukturierungspunkt ist nicht variabel. Die Reihenfolge der drei Besprechungssequenzen organisatorische Absprachen, Fallsynchronisation und Fallbesprechung (vgl. Abbildungen 8-10) erfolgt individuell durch die Moderation und kann in jeder Teambesprechung geändert werden. Insgesamt kann dieser Leitfaden als Rahmen dienen und zur Gestaltung von physischen und digitalen Teamsitzungen herangezogen werden. In ausgedruckter oder digitaler Form bilden die Kärtchen die Grundstruktur der Teamsitzung, durch welche die Moderation führt. Die Verwendung der Moderationsstruktur unterstützt bei der Themensammlung zu Beginn, um einen Überblick über die Anzahl der Besprechungspunkte und die ungefähre Dauer zu erhalten. Zusätzlich entsteht durch Mitnotieren der einzelnen Punkte automatisch eine mögliche Reihenfolge der Besprechungs-inhalte. 5.3 ModerationskartenDie Moderationskarten dienen als Strukturierungsinstrument von Teambesprechungen und unterstützen sowohl die Moderation als auch das Team dabei, wesentliche Punkte während des Gesprächs im Blick zu behalten. Nicht immer sind sämtliche Strukturierungspunkte der Optionen in jedem Teammeeting notwendig. Option 1 (vgl. Abbildung 8) bietet beispielsweise einen Überblick an organisatorischen Punkten, die während der Forschung bei den Teamsitzungen beobachtet wurden. Die Gestaltung obliegt letztendlich der Moderation und jedem Team selbst. Um eine optimale Orientierung zu ermöglichen, benötigen sämtliche Teammitglieder die vier Moderationskarten in visualisierter Form während des Gespräches. Dabei kann die Verwendung vom klassischen Papierausdruck, über die Abbildung der Struktur auf Flipcharts, eine Projektion an der Wand bis hin zur Nutzung einer digitalen Version reichen.Arbeitsablauf: STARTNach Klärung der Moderationsrolle im Vorfeld oder zu Beginn beginnt die Teambesprechung mit diesem Startkärtchen (Abbildung 7). Bei diesem xen Punkt wird die Übernahme des Protokolls (wenn nicht bereits vereinbart) geklärt. Anschließend erfolgt eine durch die Moderation geleitete Themensammlung. Die einzelnen Besprechungspunkte werden von der Moderation den drei Besprechungssequenzen organisatorische Absprachen, Fallsynchronisation und Fallbesprechung zugeordnet. Anhand der Gesamtanzahl der Punkte wird der zeitliche Ablauf durch die Moderation errechnet. Eine Vorbereitung bzw. ein Überblick über die Anzahl an organisatorischen Punkten, Fallsynchronisationen und Falldarstellungen kann die Moderation bei Priorisierungen und/oder bei der Zeiteinteilung unterstützen.Abbildung 7: Moderationskarte START (eigene Darstellung).Arbeitsablauf: OPTION 1Auf den Bereich der organisatorischen Absprachen entfallen sämtliche fallunabhängigen Diskussionspunkte im interdisziplinären Team. Hier können beispielsweise Informationen zu Fortbildungsveranstaltungen, die Urlaubsplanung, Vertretungsabsprachen oder allgemeine Absprachen, die Zusammenarbeit mit Kooperationspartner_innen betreend, thematisiert werden. Abbildung 8: Moderationskarte OPTION 1 (eigene Darstellung).Arbeitsablauf: OPTION 2Die Besprechung kurzer Fälle, sogenannte Fallsynchronisationen, dienen zum kurzen fall- spezischen Austausch im interdisziplinären Sozial- und Gesundheitsteam. In unserer Kooperationseinrichtung erfolgt unter diesem Punkt beispielsweise die Abklärung bezüglich einer Überweisung von Adressat_innen an oder deren Übernahme durch eine weitere Berufsgruppe (Soziale Arbeit, Psychotherapie, ärztliches Personal, Allgemeinmedizin, Ergotherapie usw.), eine Kurzvorstellung neuer Klient_innen oder die Information an die Kolleg_innen über wiederkehrende Klient_innen. 1. Kurze Schilderung der Situation und des Anliegens an das Team durch den_die Falleinbringer_in. 2 Die Teammitglieder stellen bei Bedarf Informationsnachfragen zur Situation oder zum Anliegen der_des Falleinbringer_in. 3. Der_die Falleinbringer_in antwortet auf die Nachfragen der Teammitglieder. 4. Die Moderation fasst die dargestellten Inhalte zusammen. 5. Mögliche Interventionen und nächste Schritte in der Fallbearbeitung werden im Team abgesprochen und von der fallzuständigen Fachkraft xiert.Abbildung 9: Moderationskarte OPTION 2 (eigene Darstellung).Arbeitsablauf: OPTION 3In einer Sitzung können mehrere Fälle anhand dieser Struktur von derselben falleinbringenden Person besprochen werden. 1. Verständliche Schilderung der Situation durch den_die Falleinbringer_in. Kurze Situationsanalyse und Problemdarstellung in ca.2–3 Minuten. 2. Was ist meine Frage an den Fall? Wo/Wie hätte ich gerne Hilfe vom Team? Der_die Falldarsteller_in gibt Auskunft über sein_ihr Anliegen an das Team, ca. 1–2 Minuten. 3. Die Teammitglieder stellen Informationsfragen zur Situation oder zum Anliegen der des Falleinbringer_in. Der_die Falleinbringer_in antwortet, ca. 1–2 Minuten. 4. Erste Assoziationen, Bilder, Gedanken etc. werden zusammen mit der fallbringenden Fachkraft ausgetauscht: Was bewegt mich? Was irritiert mich? Woran werde ich erinnert? Welche Gefühle werden in mir ausgelöst? 5. Die Teammitglieder fassen die Assoziationen zusammen, bilden erste Hypothesen und tragen Einfälle zusammen, ca. 7–8 Minuten für Punkt 4 und 5. 6. Der_die Falleinbringer_in erhält eine Antwort auf Anliegen und Fragestellung sowie konkrete Vorschläge vom Team. Die fallführende Fachkraft kann ihrerseits Lösungsmöglichkeiten/Interventionen benennen oder die gebotenen Gedanken für eine spätere Entscheidung mitnehmen, ca. 2 Minuten. Abbildung 10: Moderationskarte OPTION 3 (eigene Darstellung).5.2 Rückmeldung zur Moderationsstruktur und wahrgenommene Auswirkungen auf die TeambesprechungenDie Moderationsstruktur wurde von den Kolleg_innen in der Praxis als einfach verständlich beschrieben und als Unterstützung in der Teambesprechung wahrgenommen. Insbesondere in digitalen Settings wurde eine Erleichterung durch den visualisierten Ablauf (vgl. Abb. 7-10) von den Moderator_innen benannt. Durch die visualisierte Moderationsstruktur wurden die Abläufe in den Teambesprechungen laut den Praktiker_innen deutlicher. Der Bedarf an Austauschmöglichkeiten wird durch die Aufteilung in Fallsynchronisation und Fallbesprechung sichtbar. In digitalen Teamsitzungen wurde die Struktur als Unterstützung bei der Strukturierung, Einhaltung der Reihenfolge und der Vermeidung von Störungen wahrgenommen. Besonders in Teamsitzungen mit zehn und mehr Personen wurde die Moderationsstruktur als hilfreich beschrieben. Die einzelnen Punkte werden in den Teamsitzungen nicht immer alle benötigt und bei Bedarf einzelne Strukturierungspunkte ausgelassen. Eine Adaption des Gesprächsverlaufs erfolgt durch die Moderation. In Folge der ersten Verwendung bestand in allen Teams ein durchgängiger Wunsch nach einer weiteren Testung. Unklarheiten hinsichtlich der Verwendung der Struktur im ersten Testlauf konnten durch den wiederholten Einsatz bereits ab der zweiten Teambesprechung überwunden werden. Bei einer analogen Verwendung werden die Anzahl und Schlagworte zu den einzelnen Punkten händisch mitnotiert. In der App wurde dafür ein Notizfenster hinzugefügt. Der Vorschlag, die Moderation und Protokollführung anhand der Struktur zu trennen und auf zwei Personen aufzuteilen, wurde von den Praktiker_innen direkt in die Teamsitzungen übernommen. Vor allem in digitalen Teamsitzungen via Conferencing Tools wurde diese Form der Arbeitsteilung als unterstützend wahrgenommen, da die digitale Moderation als aufwendiger erlebt und eine Fokussierung auf diese Tätigkeit und eine Entkoppelung der Mitschrift von der Moderationsrolle laut den Praktiker_innen entlastend ist. Die bereits übliche Vorbereitung auf die Teambesprechung kann durch die Planung anhand der Struktur und eine Aufteilung in Fallsynchronisationen und Fallbesprechungen laut den Anwender_innen unterstützt werden. Durch diese Vorbereitung wird bereits vor der Teambesprechung deutlich, welche Fälle kurz abgehandelt werden können, für welche Fälle ausreichend Zeit für eine Diskussion zur Verfügung stehen sollte und welche gegebenenfalls aus Ressourcengründen verschoben oder in andere Besprechungen übernommen werden müssen. Eine realitätsnahe Abbildung und visuelle Darstellung der größtenteils bereits bestehenden internen Teamstruktur bewirkte eine Identikation der Praktiker_innen mit dem Moderationstool und förderte deren Akzeptanz. Die Praktiker_innen erwähnten, dass App und Moderationsstruktur jedenfalls unabhängig von einer Lösung mit einer AR-Brille verwendet werden können. Die Moderationskarten stehen auf der Projekthomepage des Ilse Arlt Instituts für Soziale Inklusionsforschung unter https://research.fhstp.ac.at/projekte/isar-intervision-supervision-mit-augmented-reality zum Download zur Verfügung.6 Moderationsstruktur und APP/AR in der Sozialen Arbeit Zusätzlich zu den Rückmeldungen hinsichtlich der Moderationsstruktur wurde die App am Smartphone (vgl. Abbildung 2) aus Sicht der Moderation als Unterstützung beim timekeeping erlebt. Die automatische Zeitmessung bietet für alle Teilnehmenden eine gute Orientierung. Ein Mehrwert der App besteht darin, dass eine Erinnerung an die Zeit und ein möglicher Hinweis auf das Beenden der Diskussion von der Moderation und somit von einem Teammitglied entkoppelt wird. Die App kann laut Praktiker_innen ebenfalls in physischen Treen eingesetzt werden. Für eine regelmäßige Nutzung sind eine ansprechende Grak, einfache Handhabung und einwandfreie Funktionalität notwendig. Die vorgestellte Lösung entspricht dahingehend den Erwartungen der Praxis. Ein unproblematischer Umgang und die Beurteilung als hilfreiches Tool werden der App attestiert. Kurzfristig erhöhte die Handhabung den Stresslevel der Praktiker_innen, was sie auf mangelnde Routine im Vorgehen zurückführten. Eine regelmäßige Nutzung scheint für die Praktiker_innen notwendig, um eine üssige Nutzung des Systems zu erleben. Die Applösung fand Akzeptanz im Team und es kam zu keinen Abwehrhaltungen. Die Gesprächsführung mittels App wurde allerdings als gewöhnungsbedürftig bezeichnet. Kritik äußerten die Praktiker_innen dahingehend, dass durch die technische Unterstützung eine Ökonomisierung der Zeit erlebt wird. Hier sehen die Praktiker_innen Reexionsbedarf, um bewusst Raum für Unvorhergesehenes und zwischenmenschlich notwendige Interaktionen oen zu halten. Es ist anzunehmen, dass dieser Bedarf bei Gesprächen trotz xer Zeitressourcen mit herkömmlicher Zeitmessung bereits wahrgenommen wird. Die Notwendigkeit des persönlichen Austausches in der Sozialen Arbeit wurde explizit hervorgehoben. Durch Covid-19-bedingte Verzögerungen bei der technischen Entwicklung wurde die AR-Lösung nicht in Teambesprechungen, sondern prototypisch während des Entwicklungsprozesses vom Forschungsteam und nach Fertigstellung von zwei Kolleginnen der Caritas Suchtberatung exemplarisch getestet. Auf Basis ihrer Erfahrungen mit unserem Prototyp skizzierten die beiden Praktikerinnen konkrete Anregungen zur Weiterentwicklung einer AR-Lösung für Soziale Arbeit. Sound, Grak und Verbindungsqualität müssen für Endnutzer_innen ansprechend und störungsfrei umgesetzt sein. Als gewünschte Form für eine AR-Lösung wurde eine Sonnenbrille als Vergleich herangezogen. Insbesondere eine leichte, ortsunabhängige und ohne weiteres Equipment nutzbare Lösung wäre im Sinne der Praktiker_innen. Für die Nutzung einer AR-Brille in Teambesprechungen der Sozialen Arbeit sollte die Möglichkeit bestehen, Inhalte aus rmeninternen Systemen wie bspw. Protokolle einzublenden, um während des Gesprächs nachlesen oder Bilder und Dokumente aller Art für alle visualisieren zu können. Zusätzlich wurde sowohl bei der App als auch bei der Testung der AR-Brille der Wunsch nach automatischer Protokollerstellung geäußert. Ein hohes Maß an Interesse und Bereitschaft zur Verwendung von AR im Bereich der Sozialen Arbeit wurde in den Äußerungen der Praktiker_innen deutlich. Die Anwendung von AR ist über therapeutische Settings hinaus für die Praktiker_innen auch in psychosozialen Einrichtungen denkbar. Der Einsatz zur Rückfallprävention, wie er derzeit in Kliniken angewendet wird, für Sensibilitätsübungen mit Klient_innen oder auch eine ortsunabhängige Betreuung von Nutzer_innen wurden exemplarisch erwähnt. Im Vergleich zu Videokonferenzen wurde mehr Nähe und eine freiere Kommunikation erlebt. Eine spielerische und humorvolle Erfahrung, die auch in der Kommunikation mit Klient_innen erzählgenerierend wirken könnte, wurde von den interviewten Praktiker_innen mehrfach hervorgehoben: Die Nutzung macht Spaß und Humor ist in der Sozialen Arbeit ein wichtiges Element. Einig sind sich die Praktiker_innen dahingehend, dass ein ächendeckender Einsatz neben notwendigen technischen Weiterentwicklungen derzeit am nanziellen Aufwand – für Sozialeinrichtungen und Privatpersonen – scheitert. 7 Ausblick Ausgangspunkt der Forschung war die umfangreiche Literatur zum Thema Intervision/Supervision in den Fachgebieten Sozialarbeit, (Sozial-)Pädagogik und Psychotherapie. Im zweiten Schritt wurde im Rahmen einer Feldforschung die konkrete Praxis am Beispiel der Kooperationspartnerin Caritas Suchtberatung untersucht und parallel eine Strukturierungsmöglichkeit für Teambesprechungen im Rahmen der Moderationsstruktur und die technische Lösung entwickelt. Die Moderationsstruktur befördert einen professionellen, ezienten, fachlichen Austausch im interdisziplinären Team und kann laut den Praktiker_innen als qualitätssicherndes Instrument – sowohl in der Fallführung als auch auf organisationaler Ebene – dienen und eingesetzt werden. Die Testung in einer Online-Gruppensupervision über das Conferencing Programm Zoom zeigte eine deutliche Entlastung der Moderation, die Teilnehmer_innen hoben die transparente Struktur hervor, die sich durch die Darstellung der Moderationskarten im Chat ergibt. Eine Weiterentwicklung dieser Form der Anwendung erachten wir als vielversprechend. Durch den Einsatz einer Tiefenkamera und einer Augmented Reality Brille ist ein technischer Prototyp gelungen, der Menschen in den realen Raum projizieren kann. In der mehrstugen Testung hat sich gezeigt, dass der Einsatz dreidimensionaler Conferencing Tools von Praktiker_innen erwünscht ist. So befürworteten Praktiker_innen insbesondere die Möglichkeit eines ortsunabhängigen Austausches mit Kolleg_innen, die in den realen Raum projiziert werden. Sie benannten zudem über den Forschungsbereich hinausgehende weitere Einsatzmöglichkeiten, wie den Einsatz in therapeutischen oder Beratungssettings mit Klient_innen, beispielsweise wenn ein direkter Austausch aufgrund von Immobilität, Phobien etc. gerade nicht möglich ist. Im Bereich der Augmented Reality Hardware stieß das Forschungsprojekt an Pandemie-bedingte Grenzen. So war die vorgesehene, Sonnenbrillen-ähnliche AR-Brille Nreal light (vgl. Abbildung 11) nicht lieferbar und es musste auf die weitaus voluminösere HoloLens 2 zurückgegrien werden. Obwohl es gelungen ist, einen technischen Prototyp zu erstellen und 3D-Projektionen zu ermöglichen, zeigte sich auch deutlich, dass die verfügbare Hardware den Anforderungen der Fallbearbeitung im Team noch nicht gerecht wird. Die Forschungsgruppe konnte in diesem Zusammenhang die Zukunft zwar sichtbar machen, jedoch werden bis zur Umsetzung noch weitere Entwicklungen und Forschungen erforderlich sein. Als realitätsnäher hat sich die entwickelte App für Smartphones/Tablets als Alternative zu den analogen Moderationskarten erwiesen. Die Entwicklung entstand spontan aus der Zusammenarbeit im Forschungsteam, durch die vorhandenen Kompetenzen in technischer, aber auch in sozialarbeiterischer und psychotherapeutischer Hinsicht. Die Testungen der App in den Teams verliefen erfolgreich, allerdings bestehen für den breitächigen Einsatz noch oene Fragen hinsichtlich der Datenbankverwaltung und der (technischen) Aktualisierungen. Insgesamt zeigten zahlreiche Kolleg_innen aus dem Bereich der Sozialen Arbeit jedoch bereits im Forschungsprozess Interesse für eine nale Moderationsstruktur. Insbesondere in interdisziplinären Settings helfender Berufe und in sich neu konstituierenden Feldern des Sozial- und Gesundheitswesens, wie es derzeit beispielsweise im Bereich der Primärversorgung, der Akutversorgung oder auch im Bereich der Sozialen Arbeit für alternde Menschen passiert, kann die generierte Moderationsstruktur bei der Etablierung einer geeigneten Teamkultur helfen. Abbildung 11: Nreal light, Hangzhou Tairuo Technology Co. (o.A.).Verweise1 Die Annahme liegt nahe, dass viele Praxisinstitutionen ähnlichen zeitlichen Restriktionen aufgrund ihrer zur Verfügung stehenden Ressourcen unterliegen. Deshalb eignet sich die entwickelte Moderationsstruktur aus unserer Sicht für sämtliche helfenden Berufe, die interdisziplinäre Teamsitzungen mit Falldarstellungen durchführen.LiteraturverzeichnisBalliet, Mathias/Kliebisch, Udo (2016): Raus aus der Perfektionismus-Falle. 22 Wege zu einem pragmatischen Schulalltag. Weinheim: Beltz.Hangzhou Tairuo Technology Co. 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Schwerpunkte: Jugendberufshilfe, Methodenentwicklung und partizipative Forschung im Bereich der Sozialen Arbeit, dissertiert dazu an der Karl-Franzens-Universität Graz.Intervision und Supervisionmit Augmented Reality (ISAR)Patricia Renner, Kurt Fellöcker