soziales_kapital
Bettina Eichinger. (Un-)Begleitete Elternschaf. ur Situation von Eltern mit Lernschwierigkeiten in
Österreich. soziales_kapital, Bd. 27 (2023). Rubrik: Sozialarbeitswissenschaf. Wien. Printversion:
27. Ausgabe 2023
Akademisierung Sozialer Arbeit
(Un-)Begleitete Elternschaft
Zur Situation von Eltern mit Lernschwierigkeiten
in Österreich
Bettina Eichinger
Zusammenfassung
Menschen mit Lernschwierigkeiten wurde das Recht auf Sexualität, Partnerschaft und
insbesondere Elternschaft lange Zeit abgesprochen. Wenngleich sich ein allmählicher
Perspektivenwechsel abzeichnet und der Anspruch auf ein gleichberechtigtes Familienleben in
der UN-Behindertenrechtskonvention Anerkennung findet, stoßen Betroffene in der Praxis auf
Hürden. Passende professionelle Unterstützung, wie die ‚Begleitete Elternschaft‘ im benachbarten
Deutschland, steht in Österreich in keinem vergleichbaren Ausmaß zur Verfügung. Ein Überblick
über die Forschungslage und fachliche Auseinandersetzung verweist auf die Randständigkeit
der Thematik in der Sozialen Arbeit und die Unterrepräsentation der Stimmen von Menschen mit
Lernschwierigkeiten. Basierend auf dem eigenen Masterarbeitsprojekt wird folgend gezeigt, wie
die Selbstrepräsentation von Betroffenen im Diskurs behindert wird. Interviews mit Eltern zeigen
einstellungsbedingte Barrieren und essentialistische Behinderungsverständnisse im Kinder- und
Jugendhilfesystem. Durch die Einbindung elterlicher Perspektiven wird nicht nur das Ziel verfolgt,
die (wissenschaftliche) Auseinandersetzung hierzulande voranzutreiben, vor allem sollen Eltern mit
Lernschwierigkeiten als vollwertige Akteur:innen im Diskurs gestärkt werden.
Schlagworte: Eltern mit Lernschwierigkeiten, UN-Behindertenrechtskonvention, Begleitete El-
ternschaft, Kinder- und Jugendhilfe, Soziale Arbeit, Adressat:innenforschung, Implicated Actors
Abstract
People with learning difficulties have historically been denied sexuality, partnership and particularly
parenthood. Despite a gradual shift in attitude and the acknowledgment of the right to equal family life
within the UN Disability Rights Convention, affected individuals still face various barriers. In Austria,
suitable professional support, such as „accompanied parenthood“ in Germany, is not available to
a comparable extent. An overview of the research situation and professional debate points to the
marginality of the topic in social work, especially the underrepresentation of the perspective of
people with learning difficulties. Based on my own master’s thesis project, this contribution focusses
on the obstacles preventing self-representation of affected people in the discourse. Interviews with
parents reveal attitudinal barriers and essentialist understandings of disability within the child and
youth welfare system. Including parental perspectives aims not only to advance the (scientific)
debate, but above all to empower parents with learning difficulties as equal actors in the discourse.
Keywords: Parents with Learning Difficulties, UN Disability Rights Convention, Accompanied
Parenting, Child and Youth Welfare, Social Work, Client Research, Implicated Actors
1
Einleitung
„Menschen mit Lernschwierigkeiten“ ist die selbst gewählte Bezeichnung von Personen, denen
eine sogenannte „geistige Behinderung“ zugeschrieben wird.i Eine solche Klassifizierung erschwert
Betroffenen häufig die Realisierung von Lebensentwürfen, die für andere Personengruppen
als selbstverständlich gelten (vgl. Trescher 2017: 31). So wurden im Bereich des Privat- und
Familienlebens Kinderlosigkeit lange Zeit als „normative Selbstverständlichkeit“ (Orthmann
Bless 2021: 37) angesehen und sexuelle Beziehungen von Menschen mit Lernschwierigkeiten
unterbunden (vgl. More 2019a: 177). Während es auch international bis in die 1970er Jahre weit
verbreitet war, eine mögliche Fortpflanzung durch Sterilisationen zu verunmöglichen (vgl. Tilley/Earle/
Walmsley/Atkinson 2012: 415), wurden in Österreich erst im Jahr 2001 rechtliche Schritte gegen
Zwangssterilisationen gesetzt (vgl. §255 ABGB). Eingriffe ohne vorherige Aufklärung oder gegen den
Willen betroffener Mädchen und junger Frauen waren davor weit verbreitet (vgl. Biewer 2017: 109–
110), bis heute ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen (vgl. Österreichischer Behindertenrat
2023: 27–28). Während das Recht auf gleichberechtigtes Familienleben im „Übereinkommen über
die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ (kurz UN-Behindertenrechtskonvention) mittlerweile
offiziell Anerkennung findet, scheint dies für Betroffene oftmals schwer umsetzbar, unter anderem
aufgrund fehlender Unterstützungsangebote (vgl. Monitoringausschuss 2019: 34–35).
Der vorliegende Artikel gibt einen Überblick über die Situation von Eltern mit Lernschwierig-
keiten in Österreich und die dünne wissenschaftliche Auseinandersetzung. Folgend werden Er-
kenntnisse aus der Masterarbeit „Behinderte“ Elternschaft? Perspektiven von Eltern mit Lern-
schwierigkeiten im Kontext von Kinder- und Jugendhilfe und professioneller Unterstützung
(2022) vorgestellt, die im Studiengang „Kinder- und Familienzentrierte Soziale Arbeit“ an der FH
Campus Wien verfasst wurde, und so die „hartnäckige Forschungslücke“ (More 2019a: 178) in
diesem Bereich durch bislang unterrepräsentierte Betroffenenperspektiven weiter befüllt. Im
Forschungsprojekt steuerten zwei betroffene Elternteile in je drei narrativ angelegten Interviews
ihre Sichtweisen und Erfahrungen zu Elternschaft im Kontext von Kinder- und Jugendhilfe und
professioneller Unterstützung bei, welche mithilfe der Situationsanalyse nach Adele E. Clarke (2012)
ausgewertet wurden. Ausgewählte Ergebnisse sowie die Reflexion meiner Erfahrungen in der Rolle
als Forscherin ermöglichen, der mangelnden Berücksichtigung elterlicher Perspektiven im Diskurs
auf den Grund zu gehen und Hindernisse bei der Gestaltung eines selbstbestimmten Familienlebens
zu identifizieren.
2
Recht auf gleichberechtigtes Familienleben (Art. 23 UN-BRK)
Österreich hat sich durch Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention bereits im Jahr 2008
verpflichtet, die „Gleichberechtigung mit anderen in allen Fragen, die Ehe, Familie, Elternschaft
und Partnerschaften betreffen“ (Art. 23, Abs. 1 UN-BRK) sicherzustellen. Neben dem Recht auf
Eheschließung, Familiengründung und gleichberechtigte Wahrung der Fruchtbarkeit verpflichtet
der Konventionstext, das Recht auf „freie und verantwortungsbewusste Entscheidung“ (ebd.: Abs.
1b) über Kinderzahl und Geburtenabstände sicherzustellen sowie den Zugang zu altersgemäßen
Informationen über Familienplanung und Fortpflanzung zu ermöglichen (vgl. ebd.: Abs. 1a–c).
BetroffeneElternsind„inangemessenerWeisebeiderWahrnehmungihrerelterlichenVerantwortung“
(ebd.: Abs. 2) zu unterstützen, wobei „in allen Fällen das Wohl des Kindes ausschlaggebend“ (ebd.)
bleibt.
Für Betroffene ergibt sich daraus zwar kein direkter Rechtsanspruch, Österreich hat sich
jedoch verpflichtet, die Forderungen in die Gesetzgebung einfließen zu lassen (vgl. Universität
Innsbruck2014:18–19). EntsprechendeRegelungen, wieetwaderseitdemJahr2018inDeutschland
bestehende Rechtsanspruch auf Elternassistenz (vgl. Köbsell 2020: 133), gibt es in Österreich
jedoch bislang nicht. Die UN-Behindertenrechtskonvention sieht allerdings einen Mechanismus
zur Überwachung der Umsetzung vor, „[u]m dem Trend, Menschenrechte auf internationaler
Ebene zu vereinbaren, jedoch auf nationaler Ebene wenig zu beachten, entgegenzuwirken“
(Monitoringausschuss 2009: 1). In Österreich ist der Unabhängige Monitoringausschuss zur
Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (kurz
Monitoringausschuss) mit dieser Aufgabe betraut. Dieses nationale Gremium kritisiert eine
Vernachlässigung des Themas in den aktuell geplanten Maßnahmen der Bundesregierung, denn
im „Nationalen Aktionsplan Behinderung 2022–2030“ (BMSGPK 2022) ist der Themenblock
Elternschaft völlig ausgespart (vgl. Monitoringausschuss 2022: 22). Eltern mit Behinderungen
werden darin lediglich am Rande, in Zusammenhang mit dem „Ausbau Familien entlastender [sic!]
Dienste […] insbesondere durch den Einsatz einer Familienhelferin“ (BMSGPK 2022: 17) erwähnt,
wovon sie künftig ebenso profitieren sollen wie (Pflege-)Eltern von Kindern mit Behinderungen.
Auch in den vorangehenden Jahren wurden bezüglich Familie und Mutterschaft keine Maßnahmen
getroffen, wie der Österreichische Behindertenrat (2018: 7) hinsichtlich der zweiten und dritten
Staatenprüfung festhält. Eine Intensivierung von Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen
„insbesondere für Richter:innen [und] Mitarbeiter:innen der Kinder- und Jugendhilfe in Bezug auf
Eltern mit Behinderungen“ (Österreichischer Behindertenrat 2023: 21) wird dringend empfohlen.
Entsprechend ausbaufähig ist auch die Angebotslandschaft in Österreich, wie in Folge dargestellt
wird.
3
(Un-)Begleitete Elternschaft in Österreich
Sicherlich eine der größten Barrieren hinsichtlich selbstbestimmten Familienlebens stellt das
Fehlen (passender) professioneller Unterstützungsangebote in Österreich dar. Mangelnde
Vernetzung, klar abgesteckte Zuständigkeiten der Behinderten- und Kinder- und Jugendhilfe sowie
Finanzierungsstrukturen stehen in der Praxis einer Entwicklung passender Unterstützungsangebote
im Weg (vgl. ebd.: 103–104; ÖAR 2013: 91). Dabei zeigt der Blick nach Deutschland, dass ein
AufwachsenderKinderbeiihrenElternmitpassgenauenUnterstützungsformengelingenkann. Unter
dem Begriff der ‚Begleiteten Elternschaft‘ stehen dort verschiedenste Unterstützungsleistungen
zur Verfügung, die das Ziel verfolgen, „diesen Familien eine dauerhafte und gemeinsame
Lebensperspektive zu ermöglichen und dabei das Wohl der Kinder zu sichern“ (BAG o.J.). Die
Angebote reichen von ambulanten, aufsuchenden Diensten bis hin zu stationären Wohnformen und
sie sind geeignet, die Familiensituation zu entlasten und das Kindeswohl zu sichern (vgl. Orthmann
Bless/Hellfritz 2016: 48, 50).
In Österreich sind Eltern mit Lernschwierigkeiten hauptsächlich auf allgemeine familien-
entlastende Angebote angewiesen – sofern ihnen diese überhaupt angeboten werden, denn „in
vielen Fällen [wird] die Abnahme des Kindes mit der Begründung des Kindeswohles noch immer
bevorzugt […], anstatt mit entsprechenden Beratungs- und Unterstützungsleistungen ein Leben in
der Familie zu ermöglichen“ (ÖAR 2013: 93). Erhalten Eltern professionelle Unterstützung, wird diese
oft „als unzureichend, unflexibel oder als Eindringen in die Privatsphäre und somit Belastung für das
Familienleben“ (More 2019b: 18–19) empfunden. Spezialisierte Angebote im Sinne einer Begleiteten
Elternschaft gab es in Österreich bis in die jüngste Vergangenheit keine (vgl. Monitoringausschuss
2019: 34–35; More 2021: 99). Als derzeit einzige Organisation bietet die Caritas Oberösterreich nun
zwei Formen Begleiteter Elternschaft an. In diesem Rahmen stehen zwei Wohnplätze für Mütter
mit Kind in einer Wohngemeinschaft (vgl. Caritas Oberösterreich 2023b) sowie engmaschige
Unterstützung in den eigenen vier Wänden durch das aufsuchende Angebot BEA – Begleitung von
Eltern mit kognitiven Einschränkungen im Alltag zur Verfügung (vgl. Caritas Oberösterreich 2023a).
4
Fachlicher Diskurs und Forschungslage
Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten stellt eine Querschnittsmaterie dar, die neben
unterschiedlichen Bereichen des Sozialsystems auch mehrere (Wissenschafts-)Disziplinen betrifft.
DiefachlicheAuseinandersetzungfindetbisherallerdingsvorwiegendimBereichderBehindertenhilfe
statt und ist noch nicht in alle relevanten Handlungsfelder der Sozialen Arbeit eingedrungen, wie es
beispielsweise bei der Thematik psychisch beeinträchtigter Eltern geschehen ist (vgl. Düber 2021:
14). In gleicher Weise herausfordernd ist der wissenschaftliche Diskurs zum Thema Behinderung
aufgrund seiner Inter- und Transdisziplinarität. Die starke Dominanz der Sonderwissenschaften im
deutschsprachigen Raum „bedeutet im Umkehrschluss die Randständigkeit von Behinderung in
allen anderen Disziplinen“ (Brehme/Fuchs/Köbsell/Wesselmann 2020: 20). Die Disability Studies,
die sich im deutschsprachigen Raum allmählich ausdifferenzieren, können einen wichtigen
Beitrag zur kritischen Reflexion professionellen Handelns leisten, indem sie Machtpraktiken,
Behinderungsprozesse und Normorientierungen in den Fokus rücken (vgl. More 2020: 230). Die
augenscheinliche Diskrepanz zwischen (menschen)rechtlichem Rahmen und realen Möglichkeiten,
diese Rechte in Anspruch zu nehmen, kann auch in Sozialarbeitswissenschaft und Sozialer Arbeit
nicht weiter unbeachtet bleiben – insbesondere wenn sich letztere als „Menschenrechtsarbeit“
(Kozma 2018: 1) versteht, die sich für Personengruppen einsetzt, die vermehrt von Diskriminierung
und Ausgrenzung betroffen sind (vgl. ebd.).
Die Forschungslage zu Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten ist im
deutschsprachigen Raum insgesamt dünn, besonders in Österreich. International wird zu dem
Thema seit etwa dreißig Jahren geforscht, hauptsächlich in Großbritannien, Nordeuropa, Australien
und den USA (vgl. More 2019a: 178–179). Dabei zeigt sich, dass Eltern mit Lernschwierigkeiten,
verglichen mit anderen Personengruppen, in Obsorgeverfahren sowie beim Entzug der Obsorge
weltweit deutlich überrepräsentiert sind (vgl. Booth/Booth 2005: 109). Als Ursache lässt die
internationale Forschungslage „meist nicht individuelle Defizite der Eltern, sondern systematische
Diskriminierung sowie vorbelastete Lebenslagen der Familien“ (More 2019a: 177) vermuten. Im
Kinder- und Jugendhilfesystem werden Eltern mit Lernschwierigkeiten im Vergleich zu anderen
Personengruppen häufig strenger kontrolliert und kritischer beurteilt (vgl. Jones 2013: 169;
Rohmann 2006: 151). In Österreich beginnt die gezielte wissenschaftliche Auseinandersetzung
erst mit Rahel Mores 2021 erschienener Dissertation Disability, Elternschaft und Soziale Arbeit.
Die Autorin liefert darin erstmals umfassende Einblicke in die Situation und Perspektive von Eltern
mit Lernschwierigkeiten in Österreich. Davor konnten, neben einigen Master- bzw. Diplomarbeiten,
lediglich vereinzelte Einblicke im Rahmen anders gelagerter Forschungsprojekte gewonnen werden
(vgl. Kremsner 2017; Sigot 2017).
Insgesamt fällt auf, dass die Betroffenenperspektive in der ohnehin dünnen Forschung
im deutschsprachigen Raum bislang unterbelichtet ist (vgl. Düber 2021: 14). Die Forschung zu
generativen Themen bei Menschen mit Lernschwierigkeiten ist stark von Untersuchungen zur
Einstellung und Meinung verschiedenster Fachkräfte und Angehöriger geprägt. Die Stimme von
Menschen mit Lernschwierigkeiten fehlt in der fachlichen Diskussion zu Lebensgestaltung und
insbesondere Kinderwunsch (vgl. Orthmann Bless 2021: 37–38). Dies steht im klaren Widerspruch
zur Forderung der Behindertenbewegung nach Einbeziehung unter dem Slogan „Nichts über uns
ohne uns!“ (vgl. Wegner 2020: 191)
5
Betroffenenperspektiven im Diskurs
Im Zuge der Ausdifferenzierung und Etablierung Sozialer Arbeit als wissenschaftlicher Disziplin in
den letzten Jahrzehnten blieben Fragen nach den Adressat:innen und ihren Stimmen zunächst
im Hintergrund. Die zunehmende Berücksichtigung ihrer lebensweltlichen Erfahrungen kann als
jüngere Entwicklung mit „eklatante[m] Nachholbedarf“ (Thiersch 2013: 23) betrachtet werden.
In der Forschung besteht jedoch aus mehreren Gründen eine gewisse Skepsis, Adressat:innen
gleichermaßen wie andere Akteur:innen einzubeziehen (vgl. Graßhoff 2015: 97). Zum einen
wird dies durch pragmatische Aspekte erschwert, da je nach Forschungskontext aufwändigere
Genehmigungsprozedere notwendig sein können. Zum anderen können die Datenerhebung und
-auswertung anspruchsvoller sein (vgl. ebd.: 97–98). Beides entspricht meinen Erfahrungen im
Rah-men des Masterarbeitsvorhabens, denn neben einer sorgfältigen Anpassung des Forschungs-
designs an die Personengruppe und deren potenziell höhere Vulnerabilität war auch eine Freigabe
durch die fachhochschuleigene Ethik-Kommission erforderlich. Als größte Schwierigkeit habe
ich jedoch das Erreichen der Eltern über unterschiedlichste Gate-Keeper empfunden (siehe 5.1).
Teilweise bestehen auch Zweifel von Forscher:innen, ob sich Adressat:innen der Sozialen
Arbeit elaboriert genug ausdrücken können, um sich zu den untersuchten Sachverhalten zu äußern
(vgl. Graßhoff 2015: 98). Derartige Zweifel sind gegenüber Menschen mit Lernschwierigkeiten
möglicherweise noch verstärkt, doch deckt sich meine Erfahrung mit der internationalen
Forschungslage, dass diese nämlich sehr wohl in der Lage sind, sich zu komplexen Themen zu
äußern (vgl. Buchner 2008: 518–519). Eine weitere hinderliche Sorge bezieht sich darauf, dass
Äußerungen von Adressat:innen aufgrund persönlicher Interessen und instrumenteller Absichten
verzerrt sein könnten. Derartige Zweifel an der „Objektivität“ begründen nicht selten eine Sehnsucht,
gewonnene Erkenntnisse anhand der Perspektiven von Fachkräften zu „validieren“ (vgl. Graßhoff
2015: 98). Hier deutet sich bereits an, dass Perspektiven und „Wahrheiten“ unterschiedlicher
Akteur:innen in der Praxis selten gleichwertig nebeneinanderstehen (vgl. Clarke 2012: 167).
All dies kann dazu beitragen, dass der Diskurs in der Sozialen Arbeit vorwiegend über, anstatt
mit Betroffene(n) geführt wird. Tatsächlich erwies es sich aber trotz des starken Interesses meiner-
seits, Betroffenenstimmen einzufangen, als äußerst schwierig, an Teilnehmer:innen zu gelangen.
In den wenigsten Fällen scheiterte es dabei an der Motivation der potenziellen Teilnehmer:innen
– vielmehr scheint ihr Zugang zum Diskurs durch weitere Faktoren zusätzlich behindert zu werden,
wie im nun folgenden Abschnitt unter Bezugnahme auf das Konzept der implicated actors (vgl.
Clarke 2012: 86) herausgearbeitet wird.
5.1 Eltern mit Lernschwierigkeiten als implicated actors
In Rahmen meines Masterarbeitsvorhabens traten der erschwerte Zugang zu potenziellen
Forschungsteilnehmer:innen sowie, im Umkehrschluss, deren erschwerter Zugang zum
(wissenschaftlichen) Diskurs als bedeutsame Elemente hervor. Die situationsanalytische Auswertung
rückte den Blick auf Machtverhältnisse im Leben der Zielgruppe, vorherrschende Konstruktionen
und Verständnisse des Phänomens „Behinderung“. Sie legte insgesamt nahe, Eltern mit
Lernschwierigkeitenalsimplicatedactors(vgl. Clarke2012:86)imDiskurszuverstehen. DasKonzept
der implicated actors entstammt der Soziale Welten/Arenen/Diskurse-Theorie und eignet sich
besonders gut, um Machtdimensionen zu beleuchten. Implizierte oder stumme Akteur:innen können
einerseits physisch in der Situation anwesend sein, während sie zugleich „von den Machthabern in
der betreffenden sozialen Welt oder Arena zum Schweigen gebracht/ignoriert/unsichtbar gemacht
werden“ (ebd.: 87). Andererseits können sie physisch abwesend und ausschließlich diskursiv
anwesend sein, indem sie durch andere Akteur:innen konstruiert werden, wodurch letztere unter
Umständen auch ihre eigenen Interessen vertreten. Die implicated actors werden „[v]on jenen, die
größere Macht besitzen, […] weder zur Teilnahme noch zur Selbstrepräsentation zu ihren eigenen
Bedingungen aufgefordert“ (ebd.).
Eine solche Konstruktion zeigte sich in meiner Forschung dahingehend, dass die meisten
in Frage kommenden Elternteile gar nicht erst von meinem Forschungsvorhaben erfuhren, da
ihre Betreuer:innen, Sozialarbeiter:innen und sonstige Fachkräfte aus verschiedenen Gründen
entschieden, die Informationen nicht weiterzuleiten. Dass eine Fremdbestimmung in diesem Ausmaß
überhauptmöglichist, verweistaufbestehendeMacht-undAbhängigkeitsstrukturenimLebendieser
Personengruppe, insbesondere auf paternalistisch-bevormundende Betreuungssettings, die eine
selbstbestimmte, informierte Entscheidungsfindung verhindern. Wenngleich es keineswegs meine
Absicht war, die betreffenden Institutionen zu beforschen, wurden teils Einverständnisse von Team-
und Bereichsleitungen oder institutionseigenen Stellen für Datenschutz bzw. Öffentlichkeitsarbeit
verlangt. Menschen mit Lernschwierigkeiten wird damit letztlich verwehrt, sich nach Belieben zur
eigenen Lebenssituation zu äußern, da diese als Teil institutioneller Abläufe begriffen und somit
institutionellen Logiken und Interessen unterworfen wird.
Neben institutionell-bürokratischen Hindernissen verweist die Verweigerung der
InformationsweitergabeineinigenFällenauchaufdieKonstruktionvonElternmitLernschwierigkeiten
als besonders verletzlichen und schutzbedürftigen Individuen. Vielfach bezogen sich Bedenken der
Kontaktpersonen auf eine vermeintlich erhöhte Vulnerabilität der Elternteile. Während sich derartige
KonstruktionenauchinderForschungzudieserPersonengruppefinden(vgl.Dalton/McVilly2004:60)
und auch ich mich für bestimmte forschungsethische Vorkehrungen entschied (vgl. Eichinger 2022:
27), unterscheiden sich die im Feld vorgefundenen Konstruktionen hiervon in einem wesentlichen
Aspekt: Die betreffenden Kontaktpersonen fühlten sich scheinbar verantwortlich, ihre Klient:innen
insofern zu beschützen, als sie ihnen bereits die Information über das Forschungsvorhaben
„ersparten“ und ließen somit keinen Raum für eine selbstbestimmte Entscheidung unter Abwägung
möglicher Belastungen. Dass ein derart paternalistisches Rollenverständnis nicht zwangsläufig im
Interesse der betroffenen Personen ist, zeigt sich in den Aussagen meiner Interviewpartnerin Mia
in Bezug auf ihre damalige und im Laufe des Forschungsprozesses erwartete Belastung. Nach
Aufklärung über mögliche negative Aspekte der Teilnahme im Sinne einer „Informierten Einwilligung“
(Friedrichs 2019: 67) legte sie mir ihre Sicht dar. Das Thema sei für sie zwar massiv belastend
und sie rechne auch damit, während der Erzählung mehrmals zu weinen, trotz allem sei es ihr
sehr wichtig, ihre persönliche Darstellung einer größtmöglichen Öffentlichkeit zu präsentieren (vgl.
Eichinger 2022: 60).
5.2 Familiengründung mit Gegenwind
Die Schilderungen von Mia und Herrn Wanderer,ii den Interviewpartner:innen meines
Masterarbeitsprojekts, umfassen häufige Konflikte und fehlende Unterstützung im Familiensystem.
Beide treffen im Zuge ihrer Elternschaft auf Widerstand ihres (familiären) Umfelds. Herr Wanderer,
Vater dreier erwachsener Kinder, die teils bei ihm, teils in Fremdunterbringung aufwuchsen,
beschreibt die kurze Zeit, in der er mit Kindern und Lebensgefährtin zusammenlebte, mit folgenden
Worten: „Und dann haben wir ein anständiges Leben gehabt miteinander.“ (Eichinger 2022: 56) Er
wünscht sich, „[d]ass die Eltern mit Kindern zusammenleben können, dass sie ein ruhiges Leben
führen können, und dass sie selber sehen, wie das Kind aufwachst daheim.“ (Eichinger 2022: 80)
Hier zeigt sich, dass auch Menschen mit Lernschwierigkeiten Partnerschaft und Familie als Teil
eines idealtypischen Lebensentwurfes ansehen (vgl. More 2022: 252).
Bestrebungen, diese Vorstellungen in die Realität umzusetzen, werden gesellschaftlich
jedoch sehr unterschiedlich verhandelt, denn „[w]ährend sich nicht behinderte Frauen tendenziell
dafür rechtfertigen müssen, wenn sie sich kein Kind wünschen, müssen sich geistig behinderte
Frauen rechtfertigen, wenn sie sich ein Kind wünschen“ (Pixa-Kettner/Bargfrede 2006: 75). Heftigen
Gegenwind erlebte Herr Wanderer bei seinem ersten Kind, denn die Mutter seiner Partnerin war
„strikt dagegen, dass sie ein Kind kriegt und dass bei uns das Kind aufwachst“ (Eichinger 2022:
53). Auch Betreuer*innen der Tagesstruktur-Einrichtung hätten sich für eine Fremdunterbringung
des Kindes ausgesprochen: „Äh, also das Kind war nicht erwünscht, bei uns zu bleiben.“ (Eichinger
2022: 53) Auch Mia, eine junge Mutter eines zum Befragungszeitpunkt einjährigen Kindes, das bei
ihrer Mutter in Verwandtenpflege lebt, bekommt viele Vorwürfe und erfährt ständige Kritik durch ihre
eigene Mutter (vgl. ebd.: 53). Mia fürchtet, dass ihre Mutter im Obsorgeverfahren äußern könnte,
sie wäre unfähig, mit dem eigenen Kind umzugehen (vgl. ebd.: 89). Kinderwunsch und Elternschaft
werden hier durch Angehörige und Fachkräfte gleichermaßen kritisch gesehen (vgl. Orthmann Bless
2021: 37). Darüber hinaus wird das familiäre Umfeld von beiden Elternteilen nicht als Unterstützung
wahrgenommen (vgl. Eichinger 2022: 80).
5.3 Behinderungsverständnisse im Kinder- und Jugendhilfekontext
Aus den erhobenen Elternperspektiven ließen sich weitere Hindernisse bei der Gestaltung eines
selbstbestimmten Familienlebens identifizieren, denen die Eltern im Kinder- und Jugendhilfesystem
begegnen. Herr Wanderer kritisiert, dass seiner Erfahrung nach Eltern mit Lernschwierigkeiten
hinsichtlich Kindererziehung wenig zugetraut wird: „Ich, ich hasse das, wenn man Menschen mit
Behinderung oder Lernschwierigkeiten einfach die Kinder wegnimmt. Weil sie meinen, die sind nicht
lebensfähig.“ (Eichinger 2022: 83) Diese Aussage bringt auf den Punkt, was auch in anderen Studien
zu elterlichen Perspektiven zum Vorschein kommt: Betroffenen werden Kompetenzen aufgrund der
zugeschriebenenLernschwierigkeitenoftpauschalabgesprochen(vgl.Düber2021:236)–einAspekt,
dersowohlimHandlungsfeldderKinder-undJugendhilfealsauchinderFamiliengerichtshilfekritische
Eigenreflexion verlangt. Denn auch in der einschlägigen, aktuellen Fachliteratur zur Einschätzung
des Kindeswohls finden sich vergleichbar essentialistische, defizitorientierte Verständnisse des
Phänomens „Behinderung“. So führen Dettenborn und Walter in ihrem neu aufgelegten, in diesem
Punkt inhaltlich unverändert gebliebenen Familienrechtspsychologie-Werk aus:
„DieErziehungsfähigkeitbeiIntelligenzminderungistzuerstinengemZusammenhang
mit der Fähigkeit zur eigenständigen Lebensbewältigung zu bewerten. Nur wenn
diesemöglichist, kanngrundsätzlichvoneinerausreichendenFähigkeitausgegangen
werden, auch ein Kind eigenständig zu betreuen.“ (Dettenborn/Walter 2022: 330)
Hier wird sowohl die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung als auch zur Erziehung der eigenen
Kinder als unveränderliches Merkmal der betroffenen Person beschrieben, mögliche äußere
Barrieren bleiben ausgeblendet. Andere „behindernde“ Faktoren, wie häufigere Betroffenheit von
sozioökonomischen Benachteiligungen (vgl. Jones 2013: 171; More 2019b: 18; Orthmann Bless/
Hellfritz 2016: 49; Sigot 2017: 38–40), finden in dieser Darstellung keine Berücksichtigung. „Eine
Interpretationsfolie, die bei anderen Adressat:innen der Sozialen Arbeit selbstverständlich ist,
scheint bei Eltern mit Lernschwierigkeiten in den Hintergrund zu rücken.“ (Düber 2021: 23)
Ein solches Ausblenden behindernder Faktoren erfährt Mia, als die Kontaktregelung
vonseiten der Kinder- und Jugendhilfe mit angeblich fehlenden elterlichen Kompetenzen begründet
wird. Ausgedehnte Kontakte zu ihrem einjährigen Kind werden ihr versagt, da sie angeblich nicht
mit dem Kind umgehen könne (vgl. Eichinger 2022: 71). Obwohl Mia ihre anhaltenden Bemühungen
beschreibt, mit dem Kind in Kontakt zu bleiben, sieht sie keine Möglichkeit, die von ihr erwarteten
und vermeintlich nicht vorhandenen Fähigkeiten aufzubauen: „[W]ie, ah soll ich das wissen ja, we/
ah wenn mir mein Kontakt verweigert wird und wenn mi/ mir mein eigener Sohn entzogen wird ja?“
(Eichinger 2022: 84) Der zugeschriebene Kompetenzmangel lässt sich hier als Resultat fehlender
bzw. verwehrter Möglichkeiten des Kompetenzerwerbs begreifen. Die Kinder- und Jugendhilfe
indes reduziert ihn auf individuelle Merkmale der Mutter.
Dass Problemlagen von Eltern mit Lernschwierigkeiten tendenziell individualisiert werden
(vgl. More 2021: 97), erfährt auch Herr Wanderer. Er wehrt sich gegen vereinfachte Darstellungen
in Zusammenhang mit Schulschwierigkeiten seines Sohnes: „Also, und dann hätten sie gemeint,
das kommt alles von mir daheim, na? Sag ich, nur weils/weil er in der Schule Probleme macht,
heißt das g/ist von daheim? Das kann aber nicht sein, na?“ (Eichinger 2022: 59) Er nennt einige
biografische Aspekte im Leben des Sohnes, die gleichermaßen zu den Schwierigkeiten beigetragen
haben könnten. Die dominante Problemdeutung der Fachkräfte verweist auf eine Marginalisierung
elterlicher Perspektiven im Kinder- und Jugendhilfekontext (vgl. Eichinger 2022: 89–90), die ebenso
als einstellungsbedingte Barriere hinsichtlich einer gelingenden Elternschaft gedeutet werden
kann. Insgesamt bestätigt sich, dass betroffene Eltern weniger durch individuelle Merkmale in
Zusammenhang mit Lernschwierigkeiten belastet scheinen als durch die daraus resultierende
„Behinderung“ von außen, also die Wechselwirkungen zwischen Lernschwierigkeiten und
einstellungs- und umweltbedingten Barrieren (vgl. Düber 2021: 236).
6
Ausblick
Der vorliegende Beitrag widmete sich der Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten,
einer in der Sozialen Arbeit und Sozialarbeitswissenschaft bislang wenig beachteten Thematik. Die
bestehenden Herausforderungen auf dem Weg zur Wahrnehmung des Rechts auf gleichberechtigte
ElternschaftmachendieNotwendigkeitweitererfachlicherAuseinandersetzungevident.Sozeigensich
im Kinder- und Jugendhilfekontext einstellungsbedingte Barrieren, wie defizitorientierte Haltungen,
pauschalisierte Unfähigkeitszuschreibungen und essentialistische Behinderungsverständnisse
(vgl. Düber 2021: 236, Eichinger 2022: 90–91). Dementsprechend ist ein Perspektivenwechsel hin
zu einer ressourcenorientierten Zusammenarbeit mit dieser Zielgruppe angezeigt (vgl. Eichinger
2022: 91). Dazu gilt es insbesondere, familiäre Schwierigkeiten nicht auf vermeintliche Defizite
auf der Elternseite zu reduzieren, sondern diese im Sinne einer „Interpretationsfolie“ (Düber 2021:
23) im Kontext möglicher Belastungen und sozioökonomischer Benachteiligungen zu sehen, die
durch professionelles Handeln ebenso zu adressieren wären. Die Forcierung eigens entwickelter
Unterstützungsangebote scheint nicht zwingend erforderlich, wenn es gelingt, durch Ausbau und
Weiterentwicklung bestehender Angebote die Bedarfe betroffener Familien zu decken (vgl. More
2021: 324). Ohne entsprechende Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen für (werdende)
Fachkräfte erscheint ein nachhaltiges Umdenken jedoch kaum umsetzbar. Hierfür braucht es neben
sozialpolitischen Maßnahmen und entsprechenden Mitteln auch eine zunehmende Aufmerksamkeit
für die Thematik in der Fachwelt.
Die Soziale Arbeit ist gefordert, sich an der Lebenswelt ihrer Adressat:innen zu orientieren
und sich aus dem professionellen Status heraus auf deren Berichte und Erfahrungen einzulassen
(vgl. Thiersch 2013: 23–24). Gerade beim Bemühen, Menschen mit Lernschwierigkeiten rund
um Familienplanung, -gründung und Elternschaft gut zu begleiten, ist eine weiterführende
Auseinandersetzung mit Perspektiven und Sichtweisen Betroffener angezeigt. Die Forschung
zu Themen, die für Menschen mit Lernschwierigkeiten von Bedeutung sind, kann und soll einen
Beitrag zur Verbesserung ihrer Lebensumstände liefern (vgl. Dalton/McVilly 2004: 60). Damit die
Einschätzung der Bedeutsamkeit auch von und nicht nur für diese Personengruppe getroffen
wird (vgl. Swain/Heyman/Gillman 1998: 25), ist die Einbeziehung der Betroffenenperspektive
unerlässlich – auch, wenn sich deren Erhebung aufwändig gestalten kann. In diesem Sinne bringt der
vorliegende Artikel ausgewählte Betroffenenstimmen in die wissenschaftliche Auseinandersetzung
ein, um Menschen mit Lernschwierigkeiten als vollwertige Akteur:innen im Diskurs zu stärken (vgl.
Clarke/Montini 1993: 69). Im Interesse der Betroffenen ist dies laut meinem Interviewpartner Herrn
Wanderer allemal:
„Und wenn man das noch mehr, solche gibt, so wie dich. Die Interview machen und
so, das ist nicht schlecht. Vielleicht ändert sich was an dem, ja. Vielleicht kommt die
Nächste einmal und braucht was, ja. Das soll so verbreitet werden, wie nur, was
geht.“ (Eichinger 2022: 60)
Verweise
i Betroffene wollen nicht als „geistig behindert“ bezeichnet werden, da dies als abwertend empfunden wird (vgl. People First Vorarlberg
o.J.). Dies scheint auch aus wissenschaftlicher Sicht plausibel, da der Begriff der „geistigen Behinderung“ mit negativen Zuschreibungen,
Diskriminierung und Stigmatisierung verbunden ist (vgl. Sigot 2017: 11).
ii
Da die Pseudonyme von den Teilnehmer:innen selbst gewählt wurden, hat Mia nur einen Vornamen und Herr Wanderer nur einen
Nachnamen.
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Über die Autorin
Bettina Eichinger, MA
Absolvierte das Bachelorstudium Bildungswissenschaft (Universität Wien), das Masterstudium
Kinder- und Familienzentrierte Soziale Arbeit (FH Campus Wien) und ist Diplomsozialbetreuerin für
Behindertenarbeit. Nach Berufserfahrung in der stationären Behindertenhilfe und Familienhilfe für
Kinder mit Behinderung ist sie derzeit in den Frühen Hilfen tätig.