Christina Engel-Unterberger. Vom Wissen zum Handeln. Die „Politikwerkstatt“ als Schlüssel zur
politischenSozialenArbeitinderAusbildungvonSozialarbeiter*innen. soziales_kapital, Bd. 28(2024).
28. Ausgabe 2024
Soziale Arbeit, Staat und Zivilgesellschaft
Vom Wissen zum Handeln
Die „Politikwerkstatt“ als Schlüssel zur politischen
Sozialen Arbeit in der Ausbildung von Sozialarbeiter*innen
Christina Engel-Unterberger
Zusammenfassung
Die politische Dimension Sozialer Arbeit gewinnt in der sich stetig verändernden Gesellschaft
samt ihren (sozial)politischen Herausforderungen und Veränderungen zunehmend an Bedeutung.
Da die Bewältigung sozialer Herausforderungen eng mit politischen Entscheidungen verknüpft ist,
ist die Vermittlung von theoretischen und praktischen Grundlagen für Analyse und Intervention
auf struktureller Ebene auch in der Ausbildung von angehenden Sozialarbeiter*innen relevant.
In diesem Artikel wird beschrieben, wie die Auseinandersetzung mit der politischen Dimension
Sozialer Arbeit im Bachelor-Studiengang an der Fachhochschule St. Pölten erfolgt. Dafür wird
das Konzept der Lehrveranstaltung „Politikwerkstatt“ vorgestellt. Dieses wurde entwickelt,
um die Studierenden auf die Anforderungen der politischen Sozialen Arbeit vorzubereiten und
entsprechendeHandlungskompetenzenzufördern.DasKonzeptbasiertaufeinemvierdimensionalen
Ansatz: a. theoretische Auseinandersetzung, b. reflexive Auseinandersetzung mit dem eigenen
Politikverständnis und der persönlichen Haltung zur politischen Praxis als Fachkraft der Sozialen
Arbeit, c. Analyse von Praxisbeispielen und d. Kompetenzen für die politische Praxis Sozialer Arbeit.
Der Beitrag stellt das Umsetzungskonzept sowie konkrete Lehr- und Lernelemente vor. Insgesamt
lädt er zur Diskussion und zum weiteren Austausch über die politische Dimension Sozialer Arbeit in
Studiengängen der Sozialen Arbeit ein.
Schlagworte: Politik Sozialer Arbeit, politische Praxis der Sozialen Arbeit, policy practice,
gesellschaftlicher Wandel, Kursdesign, Hochschuldidaktik
Abstract
The political dimension of social work is becoming increasingly important in a constantly changing
society with its (socio)political challenges and changes. As addressing social challenges is
closely linked to policymaking, the teaching of theoretical and practical principles for analysis and
intervention on a structural level is also relevant in the education of prospective social workers. This
article describes how the political dimension of social work is addressed in the Bachelor’s degree
programme at the St. Pölten University of Applied Sciences. To this end, the concept of the “Politics
Workshop” course is presented. The course was developed to prepare students for the demands of
political social work and to promote the relevant skills. The concept is based on a four-dimensional
approach: a. theoretical examination, b. reflective examination of one’s own understanding of politics
and personal attitudes towards policy practice as a social worker, c. analysis of practical examples,
and d. skills for policy practice in social work. The article presents the implementation concept as
well as specific teaching and learning elements. Overall, it invites discussion and further exchange
on the integration of the political-practical dimension of social work in social work programmes.
Keywords: social work policy/polity/politics, policy practice in social work, social change, course
design, higher education didactics
1
Die politische Dimension Sozialer Arbeit
In der internationalen Definition der International Federation of Social Workers (IFSW) wird
Soziale Arbeit als praxisorientierte Profession und wissenschaftliche Disziplin verstanden, die
„gesellschaftliche Veränderungen und Entwicklungen, den sozialen Zusammenhalt und die
Ermächtigung und Befreiung von Menschen fördert“ (Fachbereichstag Soziale Arbeit & DBSH 2016).
Richtungsgebend seien dabei „die Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit, der Menschenrechte,
der gemeinschaftlichen Verantwortung und die Anerkennung der Verschiedenheit“ (ebd.). In der
hier zitierten deutschen Übersetzung der Definition wird unter anderem als Ziel der Sozialen
Arbeit genannt, auf gesellschaftliche Strukturen einzuwirken, um Menschen zu befähigen, „die
Herausforderungen des Lebens zu bewältigen und Wohlbefinden zu erreichen“ (ebd.). Der Anspruch
Sozialer Arbeit, sich nicht nur auf individuelle Bedürfnisse zu konzentrieren, sondern eine aktive
Rolle bei der (Mit-)Gestaltung einer gerechten und inklusiven Gesellschaft einzunehmen, wird in der
Definition Sozialer Arbeit des IFSW deutlich.
Soziale Arbeit ist vor diesem Hintergrund mehr als die professionelle Unterstützung von
Menschen in schwierigen Lebenssituationen – sie hat eine inhärente politische Dimension, weil
unsere Lebensbedingungen und die Bedingungen, unter denen wir unseren Alltag gestalten,
maßgeblich von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen beeinflusst und geprägt werden (vgl. u.a.
Benz 2010). Nach Benz (2010) agiert Soziale Arbeit politisch, indem sie sich für die Weiterentwicklung
überindividuell verbindlicher Regelungen einsetzt, um Lebenslagen im Sinne sozialer Gerechtigkeit
zu verbessern, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken und die Autonomie und die
Selbstbestimmung von Menschen zu fördern. Diese politische Dimension Sozialer Arbeit, die sich
an Verhältnissen orientiert und strukturelle Rahmenbedingungen nicht nur in den Blick nimmt,
sondern aktiv Forderungen formuliert und sich für deren Realisierung einsetzt, gewinnt in einer sich
stetig verändernden gesellschaftlichen und politischen Landschaft aktuell wieder an Bedeutung.
UnterPolitikwirdhierinAnlehnunganThomasMeyer„dieGesamtheitderAktivitätenzurVorbereitung
und Herstellung gesamtgesellschaftlich verbindlicher und/oder am Gemeinwohl orientierter und der
ganzen Gesellschaft zugute kommender Entscheidungen“ (Meyer 2003: 41) verstanden. Politisches
Handeln bezieht sich demnach auf (die Einflussnahme auf) Entscheidungen, die über die individuelle
Ebene hinausgehen und allgemein verbindlich sind. Für die Analyse politischen Handelns ist auch ein
Blick in die englische Sprache hilfreich. Hier wird der deutsche Begriff Politik in die drei Dimensionen
Polity, Politics und Policy unterteilt, wodurch der Prozess, die Struktur und der Inhalt von Politik
begrifflich differenziert werden können. Die Dimension Polity (Struktur) bezieht sich auf politische
Institutionen, Verfahren und Normen als organisierte Orte politischer Entscheidungsfindung. Die
Politics-Dimension (Prozess) bezieht sich auf die politischen Prozesse und Interaktionen, die zur
Formulierung, Durchsetzung und Umsetzung politischer Entscheidungen führen. Die Dimension
Policy (Inhalt) bezieht sich auf die konkreten Inhalte politischer Entscheidungen und Maßnahmen.
Diese Unterscheidung kann auch für die Auseinandersetzung mit der politischen Dimension
Sozialer Arbeit hilfreich sein, da sie dazu beitragen kann, die Komplexität politischer Prozesse und
Entscheidungen besser zu verstehen.
Abbildung 1: Politikdimensionen Polity – Policy – Politics (eigene Darstellung
in Anlehnung an Benz/Rieger [2015]).
Die Abbildung lässt gut erkennen, dass Soziale Arbeit in allen drei Dimensionen mit politischen
Prozessen und Entscheidungen verbunden ist, haben doch (sozial)politische Entscheidungen direkte
Auswirkungen auf die Lebenslagen der Bürger*innen und beeinflussen die Handlungsspielräume
sowie die Formen der Hilfeleistung in der Sozialen Arbeit. Auf der inhaltlichen Ebene ist es für
Fachkräfte der Sozialen Arbeit wichtig, konkrete politische Programme und Strategien (des
eigenen Praxisfeldes) zu kennen, deren Auswirkungen zu beobachten und zu analysieren. Auf der
Strukturebene ist es hilfreich, die Institutionen und ihre Prozesse zu kennen, die die Gestaltung und
Umsetzung eben dieser sozialpolitischen Rahmenbedingungen beeinflussen. Auf der Prozessebene
wiederum benötigen Fachkräfte der Sozialen Arbeit ein Verständnis der Dynamiken und Interessen,
die politische Entscheidungen beeinflussen, um gegebenenfalls selbst politisch handlungsfähig zu
sein.
Gerade das politische Handeln der Sozialen Arbeit selbst, also die aktive Rolle von
Fachkräften der Sozialen Arbeit in politischen Entscheidungs- und Gestaltungsprozessen, ist im
deutschsprachigen Fachdiskurs durchaus umstritten. Auf die unterschiedlichen Einschätzungen
hierzu verweisen Benz und Rieger:
„Von der Einschätzung, Soziale Arbeit habe sich als unfähig erwiesen, ihrem
politischen Anspruch gerecht zu werden (Merten 2001a), bis hin zu Positionen, die
Profession als Ganzes könne letztlich gar nicht anders, als politisch sein (Mühlum
2007a), reichen die Stimmen des Fachdiskurses zum Verhältnis von Politik und
Sozialer Arbeit.“ (Benz/Rieger 2015: 9).
Die Passage verdeutlicht die unterschiedlichen Auffassungen darüber, ob und inwieweit Soziale
Arbeit politisch handeln soll bzw. kann. Die anhaltende Kontroverse konzentriert sich, so könnte
man zusammenfassen, auf die Frage nach dem politischen Auftrag der Sozialen Arbeit. Während
unbestritten ist, dass Soziale Arbeit in einem politischen Kontext stattfindet und politischen
Einflüssen ausgesetzt ist, besteht Uneinigkeit darüber, welche Rolle professionelle Soziale Arbeit
im politischen Kontext spielen kann und soll.
Abbildung 2: Wechselwirkungen zwischen Politik und Sozialer Arbeit (eigene Darstellung,
in loser Anlehnung an Benz/Rieger 2015).
Die Abbildung verdeutlicht die wechselseitige Beeinflussung von Politik und Sozialer Arbeit.
Einerseits stellt sich die Frage, welche Ressourcen der Sozialen Arbeit zur Verfügung stehen, welche
Auswirkungen Gesetze, Verordnungen und Richtlinien haben und wie sich das gesellschaftliche
Klima auf die Bedingungen der Sozialen Arbeit auswirkt. Andererseits geht es darum, welche Rolle
Soziale Arbeit in politischen Prozessen einnehmen kann und soll, welche politischen Anliegen
Sozialarbeiter*innen in ihrer täglichen Praxis verfolgen und wie Soziale Arbeit aktiv Einfluss nimmt.
Diese komplexen Wechselwirkungen zwischen Politik und Sozialer Arbeit und insbesondere
die Uneinigkeit über den politischen Auftrag Sozialer Arbeit verdeutlichen die Notwendigkeit,
sich bereits in der Ausbildung mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Das Entwicklungsteam
des aktuellen Curriculums des Studiengangs Soziale Arbeit an der FH St. Pölten hat sich daher
entschlossen, der Auseinandersetzung mit theoretischen und praktischen Grundlagen für die
Analyse und Intervention auf gesellschaftlicher und struktureller Ebene einen höheren Stellenwert
einzuräumen. Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Politikwerkstatt“ sollen diese Fragen bearbeitet
werden, um (zukünftigen) Sozialarbeiter*innen ein vertieftes Verständnis der politischen Dimension
Sozialer Arbeit zu ermöglichen.
2
Die Lehrveranstaltung „Politikwerkstatt“ im Curriculum Soziale Arbeit
Die Einführung der Lehrveranstaltung „Politikwerkstatt“ in das Curriculum Soziale Arbeit an der
Fachhochschule St. Pölten erfolgte als Reaktion auf beobachtbare gesellschaftliche Entwicklungen,
wie die Infragestellung von Menschenrechten, Debatten um Diversität und Gleichberechtigung
sowie eine zunehmende Polarisierung der Gesellschaft entlang politischer Überzeugungen und
Ideologien. Die Lehrveranstaltung „Politikwerkstatt“ umfasst 3 ECTS und bildet zusammen mit
der Lehrveranstaltung „Kasuistische Fallwerkstatt“ (2 ECTS) das Modul „Politische Arbeit und
sozialarbeiterische Kasuistik“. Das Modul ist im Modulbereich „PROF: Profession Soziale Arbeit
und ihr Kontext“ angesiedelt.
Das überarbeitete Curriculum trat im Wintersemester 2023 in Kraft, wobei die
Lehrveranstaltung „Politikwerkstatt“ im 5. Semester angesiedelt ist und somit im Wintersemester
2025 erstmals durchgeführt wird. Im Studienjahr 2023/24 wurde das hier präsentierte Grundkonzept
entwickelt. Im nun kommenden Studienjahr 2024/25 soll das Konzept in dem Bachelorprojekt
„Werkstatt Politik: Die politische Dimension Sozialer Arbeit aus verschiedenen Perspektiven“ mit
einer Gruppe von ca. 12 Studierenden erprobt und weiterentwickelt werden.
Die Lehrveranstaltung „Politikwerkstatt“ ist eine Integrierte Lehrveranstaltung (ILV) im
Ausmaß von 1,5 Semesterwochenstunden und 3 ECTS-Punkten. Ihr Ziel ist es, die Studierenden
auf die Anforderungen der politischen Sozialarbeit vorzubereiten und ihre Kompetenzen in
diesem Bereich zu fördern. Dazu gehören neben der theoretischen Auseinandersetzung mit
dem wechselseitigen Einfluss von Politik und Sozialer Arbeit auch die Reflexion des eigenen
Politikverständnisses und der persönlichen Haltung zur politischen Dimension Sozialer Arbeit
sowie die Entwicklung praktischer Fähigkeiten, um aktiv gesellschaftliche (Mit-)Verantwortung
zu übernehmen. Gemäß den im Curriculum (vgl. FH St. Pölten 2023) definierten Lernergebnissen
zielt die Lehrveranstaltung darauf ab, dass die Studierenden ihre eigene berufliche Praxis politisch
verorten können. Sie lernen anhand konkreter Beispiele unterschiedliche Strategien kennen, um
(schwache) Interessen gegenüber politischen Akteur*innen zu vertreten und auf die Optimierung
(sozial)politischer Rahmenbedingungen einzuwirken. Ausgewählte Strategien der politischen
Interessensvertretung werden praktisch erprobt. Neben der Reflexion und Weiterentwicklung des
eigenen Politikverständnisses ist das Ziel der Lehrveranstaltung, dass die Studierenden darstellen
können, wie Soziale Arbeit ihr politisches Mandat wahrnehmen, gestalten und durchsetzen kann.
Die Studierenden bringen zum Teil bereits praktische Erfahrungen zum Thema der Lehrveranstaltung
mit und haben alle bereits einschlägiges Vorwissen aus den ersten beiden Studienjahren. Dieses
Vorwissen bezieht sich auf Lehrveranstaltungen wie „Geschichte der Sozialen Arbeit“, „Politische
Ökonomie“, „Ethik, Organisation“ & „Hilfe und Sozialpolitik“, die den Bezugsrahmen für die
„Politikwerkstatt“ bilden (siehe dazu vertiefend Kapitel 3.1).
Die Lehrveranstaltung findet im Blended-Learning-Format statt, d.h. Online-Lernphasen
wechseln sich mit Präsenzveranstaltungen in den Seminarräumen der FH ab. Darüber hinaus steht
den Studierenden und Lehrenden eine gemeinsame Online-Lernumgebung, der eCampus, zur
Verfügung, die zum Austausch von Materialien, zur Diskussion, zur Abgabe von Aufgaben und
zur Kommunikation genutzt wird. Die Lehrveranstaltung umfasst fünf Vorlesungseinheiten sowie
zehn (berufsbegleitende Studienform, BB) bzw. 13 (Vollzeit-Studienform, VZ) Übungseinheiten, die
sich auf drei bis vier Termine pro Semester verteilen. Zusätzlich zu den Präsenzveranstaltungen
sind 4,5 (VZ) bzw. 7,5 (BB) flexibel planbare Online-Einheiten vorgesehen. Es handelt sich um
eine prüfungsimmanente Lehrveranstaltung, die zusätzlich mit einer mündlichen Modulprüfung
abgeschlossen wird (siehe dazu vertiefend Kapitel 4.3).
3
Vierdimensionales Lehrveranstaltungskonzept
Um den Anforderungen an die im Curriculum formulierten Lernergebnisse gerecht zu werden,
wurde die Lehrveranstaltung „Politikwerkstatt“ in einem vierdimensionalen Ansatz konzipiert. Die
vier Dimensionen umfassen
a. theoretische Auseinandersetzung
b. Selbstreflexion und reflexive Praxis
c. Analyse von Praxisbeispielen
d. Handlungsfähigkeit für Analyse und Intervention
Für die Umsetzung wurden Lehr- und Lernmethoden entwickelt, die darauf abzielen, die
verschiedenen Dimensionen des Lehrveranstaltungskonzepts zu adressieren und die individuellen
Lernbedürfnisse der Studierenden zu berücksichtigen. Die Dimensionen und die Titel der Lehr- und
Lehrmethoden sind in der nachfolgenden Abbildung dargestellt.
Abbildung 3: Überblick über die vier Dimensionen des Lehrveranstaltungskonzepts
mit Lehr- und Lernmethoden (eigene Darstellung).
Um den Leser*innen einen Einblick in die Dimensionen und Methoden zu geben, werden diese in
der Folge inhaltlich näher dargestellt. Kapitel 4.1 gibt im Anschluss an die inhaltliche Darstellung
einen Überblick über die zeitliche und didaktische Abfolge der einzelnen Lehr- und Lernmethoden
im Semesterverlauf.
3.1 Theoretische Auseinandersetzung
In dieser Dimension werden den Studierenden Grundlagen für ein theoretisches Verständnis der
politischen Dimension Sozialer Arbeit vermittelt. Dazu gehört die Auseinandersetzung mit Begriffen
wie Politik und Macht sowie mit Fragen des sozialen Wandels und den Auswirkungen politischer
Entscheidungen auf individuelle und kollektive Lebenswelten. Lehr- und Lernelemente, die dabei
zum Einsatz kommen, sind:
Aktivierung von Vorwissen (Online-Phase): Diese Methode zielt darauf ab, das vorhandene
Wissen der Studierenden zu aktivieren und als Ausgangspunkt für weiteres Lernen zu nutzen. In
Peer-Gruppen setzen sich die Studierenden mit der Frage auseinander, über welches Vorwissen
und welche Vorerfahrungen sie zum Thema „Politik und Soziale Arbeit“ bereits verfügen. Dabei
beziehen sie sich sowohl auf theoretisches Vorwissen als auch persönliche Erfahrungen.
Exzerpieren (Online-Phase): Hier geht es um das systematische Zusammenfassen und Aufbereiten
von Texten oder Quellen, um zentrale Informationen herauszuarbeiten. Die Studierenden wählen aus
einem Fundus verschiedener Texte, die unterschiedliche Zugänge zur politischen Dimension Sozialer
Arbeit thematisieren, einen Text aus. Sie lesen den Text und extrahieren anhand von Leitfragen
die wichtigsten Informationen. Dabei markieren oder notieren sie Schlüsselbegriffe, Definitionen,
relevante Beispiele und Zitate und bringen das Exzerpt zur anschließenden Präsenzveranstaltung
mit.
Fishbowl-Diskussion (Präsenzveranstaltung): Bei dieser Diskussionsform nimmt eine kleine
Gruppe von Teilnehmenden im Innenkreis aktiv an einer Diskussion teil, während die übrigen
Teilnehmenden im Außenkreis als Beobachter*innen fungieren, die bei Bedarf ebenfalls in
die Diskussion eingreifen können. Sie dient in unserem Kontext der vertieften theoretischen
Auseinandersetzung mit dem Thema.
Skript und Lehrvideos (Online-Phase): Diese Lehr- und Lernmethode beinhaltet die Bereitstellung
von schriftlichen Materialien in Form eines Skripts sowie von Videos, die theoretische Konzepte,
Modelle oder Zusammenhänge veranschaulichen und erläutern. Die Studierenden haben die
Möglichkeit, das bereitgestellte Skript zu lesen und die Lehrvideos anzusehen, um ihr Verständnis
der theoretischen Grundlagen der politischen Dimension Sozialer Arbeit zu vertiefen.
3.2 Selbstreflexion und reflexive Praxis
Die Teilnehmenden werden angeregt, ihre eigenen Erfahrungen und Perspektiven auf Politik und
politische Soziale Arbeit zu reflektieren und in die Auseinandersetzung einzubringen. Es geht
darum, persönliche Werte, Überzeugungen und Handlungsweisen kritisch zu hinterfragen und die
eigene Haltung zur politischen Sozialen Arbeit zu reflektieren. Die Studierenden setzen sich mit
ihrer eigenen Positionalität, ihren Privilegien und ihrem Einfluss auf politische Prozesse auseinander.
Lehr- und Lernelemente, die dabei zum Einsatz kommen, sind:
Positionierungsübung „Where do you stand?“ (Präsenzveranstaltung): Bei dieser Aktivität
positionieren sich die Lernenden entlang einer imaginären Linie im Raum, um ihre Zustimmung
oder Ablehnung zu verschiedenen Aussagen oder Positionen auszudrücken. Dies ermöglicht
eine reflexive Auseinandersetzung mit den eigenen Überzeugungen und Einstellungen. Zu Beginn
stellt die Lehrperson eine Liste von Aussagen oder Thesen zum Thema „Politische Dimension der
Sozialen Arbeit“ zusammen. Diese Aussagen sollten kontrovers oder diskussionswürdig sein und
verschiedene Aspekte des Themas abdecken. Beispiele für solche Aussagen sind:
- Sozialarbeiter*innen sollten politisch neutral sein und ihre persönlichen Überzeugungen
nicht in ihre Arbeit einfließen lassen.
- Politisierung geht häufig mit Emotionalisierung/Ideologisierung und dem Verlust kritischer
Distanz einher.
- Sozialarbeiter*innen sollten nicht für ihre Klient*innen sprechen, sondern sie befähigen,
selbst Einfluss zu nehmen.
- Wer sich zu sehr auf die strukturelle/gesellschaftliche Ebene konzentriert, verliert den
Blick für das Individuum.
- Sozialarbeiter*innen wissen auf Grund ihrer Erfahrungen, wo der Schuh drückt und welche
Entwicklungen für die Gesellschaft gut wären.
Nach jeder Aussage werden die Studierenden gebeten, sich entlang einer imaginären Linie im Raum
zu positionieren, die von „Stimme voll und ganz zu“ bis „Stimme überhaupt nicht zu“ reicht. Jedes
Mal, wenn eine Aussage vorgelesen wird, bewegen sich die Teilnehmer*innen entlang der Linie
entsprechend ihrer Zustimmung oder Ablehnung. Nachdem sich die Teilnehmer*innen entlang der
Linie positioniert haben, haben sie die Möglichkeit, die Gründe für ihre Position zu erläutern und ihre
Ansichten mit anderen zu diskutieren. Der Austausch ermöglicht es, verschiedene Perspektiven zu
hören, Meinungen zu hinterfragen und die eigene Position zu reflektieren.
Free Writing (Präsenzveranstaltung): Diese Methode wird zu Beginn und am Ende des Prozesses
eingesetzt, um den Studierenden zu ermöglichen, persönliche Einstellungen auszudrücken und
zu reflektieren. Die Teilnehmenden werden dabei aufgefordert, über einen festgelegten Zeitraum
(ca. zehn Minuten) kontinuierlich und ohne Unterbrechung frei zu schreiben, was ihnen zu den
Themen „Ich und die Politik“ oder „Ich und Politik in der Sozialen Arbeit“ einfällt, ohne sich um
Rechtschreibung, Grammatik oder Struktur zu kümmern. Ziel ist es, den freien Fluss der Gedanken
zu fördern und „innere Kritiker*innen“ vorübergehend auszuschalten, um tiefer liegende Gedanken
und Emotionen erfassen zu können.
Zu Beginn des Prozesses dient das Free Writing den Studierenden dazu, ihre persönlichen
Einstellungen, Erfahrungen und Gedanken in Bezug auf Politik und politische Sozialarbeit zu
erforschen. Sie können ihre individuellen Standpunkte, Vorurteile, Unsicherheiten oder auch
Hoffnungen und Motivationen festhalten. Dadurch wird den Teilnehmenden die Möglichkeit
gegeben, sich bewusst zu machen, welche persönlichen Hintergründe und Erfahrungen ihre
Wahrnehmung und ihr Verständnis von Politik beeinflussen. Am Ende der Lehrveranstaltung wird
das Free Writing erneut durchgeführt, um die persönliche Reflexion abzuschließen und eventuelle
Veränderungen oder Entwicklungen der eigenen Ansichten und Überzeugungen zu dokumentieren.
Die Studierenden können so darüber nachdenken, wie sich ihre Wahrnehmung im Laufe der
Lehrveranstaltung verändert hat, welche neuen Erkenntnisse sie gewonnen haben und ob und
welche neuen Fragen entstanden sind.
3.3 Analyse von Praxisbeispielen
Durch die Auseinandersetzung mit Praxisbeispielen erhalten die Studierenden Einblicke in die
konkrete Umsetzung politischer Sozialer Arbeit in unterschiedlichen Kontexten und lernen, wie
Soziale Arbeit ihr politisches Mandat wahrnimmt und gestaltet. Sie analysieren verschiedene
Handlungsstrategien und Herangehensweisen von Sozialarbeiter*innen, um auf soziale
Herausforderungen zu reagieren und politische Veränderungen herbeizuführen. Dies ermöglicht
auch, die Wirksamkeit verschiedener Interventionsansätze zu diskutieren und ein Verständnis für
die Herausforderungen und Chancen politischer Arbeit in der Sozialen Arbeit zu entwickeln. Sie
werden dazu ermutigt, über Sozialarbeiter*innen als politische Akteur*innen nachzudenken und
eigene Handlungsstrategien im politischen Kontext zu entwickeln. Lehr- und Lernelemente, die
dabei zum Einsatz kommen, sind:
Praxisdialog zur politischen Dimension Sozialer Arbeit (Präsenzveranstaltung): Hier wird der
aktive Austausch mit politischen Akteur*innen aus dem Bereich der Sozialen Arbeit ermöglicht. Die
Lehrenden wählen in Absprache mit den Studierenden vier bis fünf Personen aus, die zu einem
PraxisaustauschindieLehrveranstaltungeingeladenwerden. Dabeiwirddaraufgeachtet, dassdiese
Personen unterschiedliche Hintergründe und Perspektiven repräsentieren, um den Studierenden
einen vielfältigen Einblick in die Praxis der politischen Sozialarbeit zu ermöglichen. Es besteht auch
die Möglichkeit, dass die Studierenden selbst Fragen oder Themen vorschlagen, die sie während
des Austausches diskutieren möchten. Gegebenenfalls können auch Studierendengruppen den
Dialog vorbereiten und moderieren.
Reflexion des Praxisdialogs (Präsenzveranstaltung oder in darauffolgender Online-Phase):
Die Reflexion bietet den Studierenden die Möglichkeit, die Erkenntnisse und Einsichten, die sie
aus dem Praxisdialog gewonnen haben, zusammenzufassen und weiterführende Fragen oder
Überlegungen zu formulieren. Leitfragen für die Reflexion könnten sein:
- Welche konkreten Anliegen verfolgen die Praktiker*innen?
- Wie argumentieren sie für ihre Anliegen?
- Wie setzen sich die Gesprächspartner*innen für ihre Anliegen ein? Was tun sie?
- Welche Erfahrungen machen sie dabei?
- Welche Kompetenzen werden für die politische Praxis benötigt?
- Welche Rolle spielt Netzwerkarbeit?
- Welche Rolle spielt Macht? Wer hat welchen Einfluss auf was?
- Auf welcher Ebene wird interveniert (öffentlich/privat)?
- Welche Rolle spielen die Medien?
- Welche Gedanken sind bei mir entstanden?
- Welche Fragen ergeben sich daraus?
Leitfragen dienen der strukturierten Auseinandersetzung mit bestimmten Themen oder Aspekten.
Sie sollen den Studierenden helfen, ihre Gedanken zu ordnen, relevante Punkte zu identifizieren
und die Diskussion zu vertiefen. Die Reflexion kann schriftlich, persönlich oder in einer Mischform
erfolgen.
3.4 Handlungskompetenzen für Analyse und Intervention
Schließlich bietet die Lehrveranstaltung die Möglichkeit, praktische Kompetenzen für die politische
Soziale Arbeit (weiter) zu entwickeln. Dazu gehören die Analyse eines ausgewählten Politikfeldes,
die Entwicklung von Handlungsideen und die Erarbeitung eines konkreten Handlungskonzepts
sowie der Erwerb praktischer Fähigkeiten zur aktiven Mitgestaltung politischer Veränderungen.
Lehr- und Lernelemente, die dabei zum Einsatz kommen, sind:
Werkstattbericht: Politikfeldanalyse und Aktionsplan (Online-Phase): Hier geht es um die
systematische Analyse eines ausgewählten Politik- oder Handlungsfeldes der Sozialen Arbeit
und die Entwicklung von Interventionsansätzen. Die Studierenden arbeiten in Peer-Gruppen und
wählen zunächst ein Politik- oder Handlungsfeld ihrer Wahl aus. Ziel der Politikfeldanalyse ist es,
ein vertieftes Verständnis der Politikinhalte sowie der relevanten Institutionen und Zuständigkeiten
in diesem spezifischen Handlungsfeld zu entwickeln. Im Mittelpunkt steht dabei die Policy- und
Stakeholder-Analyse, bei der die Studierenden die verschiedenen Akteur*innen und Interessen
identifizieren und analysieren, um die Dynamik und Einflussnahme in politischen Prozessen besser
zu verstehen. Anschließend entwickeln die Studierenden Handlungsansätze, um für eine bestimmte
Entwicklung einzutreten und beschreiben konkrete Maßnahmen in Form eines Aktionsplans. Für die
Umsetzung dieser Schritte stehen den Studierenden kommentierte Vorlagen als Orientierungshilfe
zur Verfügung. Die Ergebnisse werden in einem Werkstattbericht zusammengefasst.
Praxisworkshop (Präsenzveranstaltung): In diesem dreistündigen Workshop üben die
Studierenden konkrete Werkzeuge für die politische Praxis. Ziel ist es, das eigene Anliegen effektiv zu
kommunizierenundzuargumentieren.DabeikönnenunterschiedlicheZugängezumEinsatzkommen.
Die Lehrenden wählen in Absprache mit den Studierenden vier bis fünf Workshop-Angebote aus. Die
Studierenden besuchen dann den Workshop, der ihren persönlichen Interessen und Bedürfnissen
am besten entspricht. Beispiele für Workshops sind das Verfassen von Pressemitteilungen und
die Organisation von Pressekonferenzen, Debattiertraining, Argumentationstraining gegen
Stammtischparolen, Vorbereitung auf Interviews bzw. Interviewtraining vor der Kamera, Verfassen
von Petitionen und die Durchführung von öffentlichen Aktionen. Im Anschluss an die Workshops
treffen sich die Studierenden in ihren Peer-Gruppen, um ihre Erfahrungen auszutauschen und die
erworbenen Kompetenzen zu reflektieren. Dabei setzen sie sich auch damit auseinander, wie die
Inhalte der Workshops ihre zukünftige Arbeit als Sozialarbeiter*innen beeinflussen können und
welchen Beitrag sie zur Weiterarbeit am Aktionsplan leisten können.
Um den Leser*innen zu verdeutlichen, wie diese unterschiedlichen Lehr- und Lernmethoden
ineinandergreifen, folgt nun eine Darstellung der didaktischen Umsetzung der Lehrveranstaltung im
Semesterverlauf.
4
Didaktische Umsetzung
DiedidaktischeUmsetzungderLehrveranstaltung„Politikwerkstatt“zieltdaraufab,denStudierenden
eine Lernumgebung zu bieten, in der sie theoretische Konzepte und praktische Fähigkeiten der
politischen Sozialen Arbeit entwickeln und anwenden können. Im Folgenden werden die zeitliche
Abfolge der einzelnen Lehr- und Lernelemente (4.1), der Abschlussbericht (4.2) sowie die mündliche
Abschlussprüfung (4.3) näher dargestellt.
4.1 Gestaltung der Lehrveranstaltung im Semesterverlauf
DieLehrveranstaltung„Politikwerkstatt“erstrecktsichübereinSemester.ImFolgendenwirdskizziert,
wie die vorgestellten Methoden im zeitlichen Ablauf der Lehrveranstaltung eingesetzt werden
sollen. Die in Kapitel 3 vorgestellten Methoden sind dabei fett und kursiv gedruckt. Die Tatsache,
dass es in der realen Umsetzung zu minimalen Abweichungen zwischen den Organisationsformen
der Studiengänge (berufsbegleitend und Vollzeit) kommt, wird hier der Übersichtlichkeit halber
ausgeklammert.
Online-Phase 1: Einführung und Orientierung
ca. 10h
• Die Studierenden erhalten durch ein Einführungsvideo einen Überblick über die Ziele,
den Aufbau und die Methoden der Lehrveranstaltung. Sie bearbeiten zwei
Einführungsaufgaben: In ihren Peer-Gruppen notieren sie, was sie bereits aus den
vorangegangenen Semestern zum Thema der Lehrveranstaltung wissen (Aktivierung
von Vorwissen). Darüber hinaus wählen sie individuell einen zur Verfügung gestellten Text
aus, lesen diesen und erstellen ein kurzes Exzerpt, das sie zum ersten Präsenztermin
mitbringen.
1. Präsenzveranstaltung: Intro in Präsenz
Halbtag
• Die Studierenden werden in der Präsenzveranstaltung begrüßt, der Aufbau der LV
wird erläutert und eine Brücke zum Vorwissen der Studierenden geschlagen. Individuelles
Free Writing ermöglicht ein erstes Eintauchen in die Inhalte, bevor ein Austausch über
die Exzerpte in Kleingruppen stattfindet. Die Studierenden, die den gleichen Text gelesen
haben,tauschensichüberihreErkenntnisseaus.AnschließendwirddieAuseinandersetzung
in Form einer Fishbowl-Diskussion vertieft. Jeweils ein*e Vertreter*in pro Text führt die
Diskussion im Innenkreis, die Beobachter*innen können punktuell zu Teilnehmenden
werden.
• Die Studierenden nehmen abschließend an einer Aktivität teil, die es ihnen ermöglicht, ihre
Positionen zu bestimmten Themen zu reflektieren (Positionierungsübung „Where do you
stand?“).
• Der Termin endet mit einem Ausblick auf die Inhalte der zweiten Online-Phase: dem
theoretischen Input und einer Einführung in die Aufgabe Werkstattbericht.
Online-Phase 2: Theorie-Input und Beginn der Arbeit am Werkstattbericht
ca. 10h
• Die Studierenden erhalten einen theoretischen Input zu den Grundlagen der
Lehrveranstaltung in Form von Videos und einem begleitenden Skript.
• Zusätzlich wird ein Video zur Verfügung gestellt, das die Anforderungen an den
Werkstattbericht erläutert, der als Leistungsnachweis für die Lehrveranstaltung in
Peer-Gruppen zu erstellen ist. Dieser Bericht soll eine Politikfeldanalyse und einen
Aktionsplan enthalten. Für die Umsetzung dieser Schritte stehen den Studierenden
kommentierte Vorlagen als Orientierungshilfe zur Verfügung. Innerhalb ihrer Peer-Gruppen
wählen die Studierenden ein Politik- oder Handlungsfeld aus und führen exemplarisch
eine Politik- und Stakeholder-Analyse durch. Anschließend entwickeln sie Aktionspläne
zu einem ausgewählten Thema. Die Ergebnisse werden im Werkstattbericht festgehalten.
2. Präsenzveranstaltung: Praxisdialog zur politischen Dimension Sozialer Arbeit
Halbtag
• Es findet ein Praxisdialog statt, bei dem die Studierenden mit Praktiker*innen der
politischen Sozialen Arbeit in Austausch treten. Nach dem Dialog folgt eine Reflexion zur
Analyse unterschiedlicher Handlungsstrategien.
Online-Phase 3: Fortsetzung der Arbeit am Werkstattbericht
ca. 10h
• DieStudierendenentwickelnihreWerkstattberichteweiter. AufkommendeFragenkönnen
in einem Online-Forum untereinander oder mit den Lehrenden diskutiert werden.
Präsenzveranstaltung: Praxisworkshop
Halbtag
• Es wird ein Workshop-Halbtag (Praxisworkshop) durchgeführt, wobei die Studierenden
aus verschiedenen inhaltlichen Workshopangeboten wählen können, die von
Fachexpert*innengeleitetwerden.NacheinemdreistündigenWorkshopinihremgewählten
Angebot treffen sich die Studierenden in ihren Peer-Gruppen, um ihre Erfahrungen
auszutauschen und den Workshop zu reflektieren. Abschließend wird das Free Writing
erneut durchgeführt, um den Prozess der persönlichen Reflexion abzuschließen und
Veränderungen oder Entwicklungen in den eigenen Ansichten und Überzeugungen zu
dokumentieren. Die Studierenden haben die Möglichkeit, darüber nachzudenken, wie sich
ihre Wahrnehmung im Laufe der Lehrveranstaltung möglicherweise verändert hat, welche
neuen Erkenntnisse sie gewonnen haben und welche neuen Fragen möglicherweise
entstanden sind.
Online-Phase 4: Fertigstellung des Werkstattberichts
ca. 10h
• DieStudierendenschließendieArbeitanihrenWerkstattberichtenab.AuchindieserPhase
können aufkommende Fragen im Online-Forum untereinander oder mit den Lehrenden
diskutiert werden. Anschließend werden die Werkstattberichte eingereicht. Zusätzlich
füllen die Studierenden einen Online-Fragebogen aus, der die wichtigsten Erkenntnisse,
LehrenundEmpfehlungenausdemKurssowieeinenAusblickaufzukünftigeEntwicklungen
und Handlungsmöglichkeiten enthält.
Abschlussphase: Veröffentlichung Abschlussbericht und mündliche Prüfung
ca. 10h
• Eine schriftliche Zusammenfassung mit dem Titel „Abschlussbericht Politikwerkstatt“
fasst alle Ergebnisse zusammen (siehe dazu vertiefend Kapitel 4.2) und wird von den
LehrendenaufdergemeinsamenLernplattformveröffentlicht.Dieabschließendemündliche
PrüfunginderPeer-Gruppe(siehedazuvertiefendKapitel4.3)rundetdieLehrveranstaltung
ab.
4.2 Abschlussbericht Politikwerkstatt
Der „Abschlussbericht Politikwerkstatt“ ist eine schriftliche Zusammenfassung der im Rahmen der
Lehrveranstaltung verwendeten und entwickelten Materialien, die am Ende veröffentlicht wird und
über die Lehrveranstaltung hinaus als Nachschlagewerk dienen soll.
Es besteht planmäßig aus den folgenden Hauptteilen:
• Einführung und Kontextualisierung: Erläuterung des Zwecks des Abschlussberichts,
Überblick über den Kontext der Lehrveranstaltung „Politikwerkstatt“, Link zum
Einführungsvideo.
• Zusammenfassung des Vorwissens: Zusammenfassung der Beiträge „Aktivierung des
Vorwissens / Was wir bereits wissen“.
• Theoretische Grundlagen und weiterführende Materialien: Einblick in die theoretischen
Grundlagen der Lehrveranstaltung. Der Abschnitt enthält das Skript und Links zu den
entsprechenden Videos der zweiten Online-Phase.
• Dokumentation des Praxisdialogs: Auflistung der am Dialog teilnehmenden Akteur*innen
und Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse.
• Dokumentation der Praxisworkshops: Zusammenfassungen der Praxisworkshops werden
in Form von Abstracts dargestellt.
• Werkstattberichte der Peer-Gruppen: Veröffentlichung der Werkstattberichte der Peer
Gruppen, um die Analysen, Erkenntnisse und Handlungsansätze der Studierenden einer
breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
• Schlussbetrachtung: Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse und Ausblick auf
zukünftige Entwicklungen.
Der „Abschlussbericht Politikwerkstatt“ fungiert somit als eine sich im Laufe des Semesters
entwickelnde Dokumentation, die die gemeinsame Arbeit und die Ergebnisse während der
Lehrveranstaltung „Politikwerkstatt“ festhält.
4.3 Abschließende mündliche Prüfung
Die Abschlussprüfung der Lehrveranstaltung „Politikwerkstatt“ wird gemäß Curriculum in
Form einer mündlichen Modulprüfung gemeinsam mit der Lehrveranstaltung „Kasuistische
Fallwerkstatt“ durchgeführt. Im Folgenden werden die Überlegungen dargestellt, wie die Prüfung
der Lehrveranstaltung „Politikwerkstatt“ aus heutiger Sicht durchgeführt werden könnte.
Teilnehmende: Die jeweilige Peer-Gruppe und eine Kommission von drei Lehrenden, die an der
Umsetzung der Lehrveranstaltungen beteiligt waren.
Dauer: 30 Minuten pro Peer-Gruppe
Ablauf:
• Impulsreferat (8–10 Minuten): Die Gruppenmitglieder halten ein Impulsreferat, in dem
sie die wichtigsten Erkenntnisse und Lernergebnisse der Lehrveranstaltung
„Politikwerkstatt“ präsentieren, weiterführende Fragen diskutieren und ihre persönliche
Haltung zur politischen Sozialen Arbeit darlegen. Jedes Gruppenmitglied trägt aktiv
zum Vortrag bei, um sicherzustellen, dass alle Stimmen gehört werden. Der Einsatz
verschiedener Medien wie Folien, Grafiken oder Videos zur Veranschaulichung der Inhalte
ist optional, der Vortrag kann auch rein mündlich erfolgen.
• Fachgespräch (8–10 Minuten): Im Anschluss an den Impulsvortrag findet ein moderiertes
Fachgespräch statt, in dem die vorgetragenen Gedanken reflektiert, Argumente verteidigt
und gemeinsam vertieft werden können. Die Moderation erfolgt durch ein
Kommissionsmitglied.
• Feedback (8–10 Minuten): Die Lehrpersonen bewerten den Impulsvortrag sowie die
Fachdiskussion anhand zweier Leitfragen: Vor dem Hintergrund der Lernergebnisse dieser
Lehrveranstaltung: Was ist aus unserer Sicht besonders gut gelungen / was beeindruckt
besondersundwarum?VordemHintergrundderLernergebnissedieserLehrveranstaltung:
Was könnte aus unserer Sicht noch verbessert werden bzw. worauf möchten wir noch
hinweisen? Dieses Feedback soll den Studierenden die Möglichkeit geben, einen externen
Blick auf ihre Stärken zu erhalten und konkrete Verbesserungsmöglichkeiten zu
identifizieren. In weiterer Folge haben die Studierenden die Möglichkeit, das Feedback der
Lehrenden zu kommentieren und anhand derselben Leitfragen ein Feedback zur
Lehrveranstaltung zu geben.
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Fazit und Ausblick
Das vorgestellte Konzept zur Lehrveranstaltung „Politikwerkstatt“ präsentiert einen an unserer
Fachhochschule neuen Ansatz, angehende Sozialarbeiter*innen auf die komplexen Anforderungen
der politischen Sozialen Arbeit vorzubereiten. Durch die Auseinandersetzung mit Begriffen und
Themen aus dem Feld der politischen Sozialen Arbeit, die Förderung von Selbstreflexion und die
Vermittlung von Handlungskompetenzen für Analyse und Intervention sollen die Studierenden
befähigt werden, sich aktiv an gesellschaftlichen Entwicklungen zu beteiligen und sozialen Wandel
mitzugestalten.
Wie eingangs erwähnt, wird das Konzept im Studienjahr 2024/25 im Rahmen des
Bachelorprojektes „Werkstatt Politik: Die politische Dimension Sozialer Arbeit aus verschiedenen
Perspektiven“ mit einer Gruppe von ca. zwölf Studierenden erprobt und weiterentwickelt. Parallel
zum Bachelorprojekt werden im Studienjahr 2024/25 die Lehr- und Lernmaterialien erstellt und
Lehrveranstaltung dann erstmals im Vollbetrieb durchgeführt.
Dieser Artikel soll zur Diskussion und zum weiteren Austausch über die Integration der
politischen Dimension Sozialer Arbeit in die Studiengänge der Sozialen Arbeit anregen. Er wirft
vielleicht die eine oder andere Frage auf und soll dazu beitragen, sich über gute Praxisbeispiele
auszutauschen, um die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften kontinuierlich zu verbessern
und ihre Fähigkeit zu stärken, sozialen Wandel aktiv mitzugestalten. Die Autorin freut sich über
Kontaktaufnahme, Rückmeldungen und Initiativen zur Zusammenarbeit.
Literaturverzeichnis
Benz, Benjamin (2010): Sozialpolitik und Soziale Arbeit. In: Benz, Benjamin/Boeckh, Jürgen/Mogge-
Grotjahn, Hildegard (Hg.): Soziale Politik – Soziale Lage – Soziale Arbeit. Wiesbaden: VS Verlag für
Sozialwissenschaften, S. 317–336.
Benz, Benjamin/Rieger, Günter (2015): Politikwissenschaft für die Soziale Arbeit: Eine Einführung.
Fachbereichstag Soziale Arbeit und DBSH (Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit e.
uploads/2019/07/20161114_Dt_Def_Sozialer_Arbeit_FBTS_DBSH_01.pdf (01.03.2024).
FH St. Pölten (2023): FH-Bachelorstudiengang Soziale Arbeit. Curriculum Version 2.0 vom Jänner
2023.
Meyer, Thomas (2003): Was ist Politik? Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. DOI: https://
doi.org/10.1007/978-3-322-86690-5.
Über die Autorin
FH-Prof.in Mag.a (FH) Christina Engel-Unterberger
Dozentin am Department Soziales der FH St. Pölten. Koordiniert an den Bachelorstudiengängen
Sozialarbeit die Modulbereiche „Professionelle Entwicklung“ sowie „Profession Soziale Arbeit und
ihr Kontext“. Mitglied des Forschungsschwerpunkts Methoden- und Professionsentwicklung am
Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung der FH St. Pölten.