Peter Peinhaupt. Transformative Justice. Neue Perspektiven für den Gewaltschutz. soziales_kapital,  
Bd. 28 (2024). Rubrik: ema. Printversion: http://www.soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/  
28. Ausgabe 2024  
Soziale Arbeit, Staat und Zivilgesellschaft  
Transformative Justice  
Neue Perspektiven für den Gewaltschutz  
Peter Peinhaupt  
Zusammenfassung  
Das Paper stellt dar, wie Transformative Justice und Community-Accountability-Ansätze neue  
Perspektiven für den Gewaltschutz in der Sozialen Arbeit eröffnen. Ausgangspunkt dafür ist die  
Darstellung der Widersprüche im gegenwärtigen Gewaltschutz, woran anschließend das Konzept  
Transformative Justice als Alternative vorgeschlagen wird. Dieses hat ein enormes Potential,  
um Gewalt auf eine moderierende und unterstützende Weise in Gemeinschaften zu bekämpfen.  
Nicht der strafende Staat, sondern kleine, sorgende Gemeinschaften werden hier zum Raum der  
Transformation und Intervention. Das Paper beschreibt Konzepte, die in der aktivistischen Praxis  
entstanden sind, und zeigt mögliche Anschlüsse, um den Gewaltschutz in Österreich zu erneuern  
und zu erweitern. Der Beitrag soll insgesamt zu einer gewaltfreien und demokratischen Welt  
beitragen, indem er ein Plädoyer für abolitionistisch-feministischen Gewaltschutz formuliert.  
Schlagworte: Transformative Justice, Strafrechtsfeminismus, Intersektionalität, Gewaltschutz,  
Feminismus, Abolitionismus, Community Accountability, Anti-Gewalt-Arbeit  
Abstract  
The paper shows how transformative justice and community accountability approaches offer new  
perspectives for the protection against violence and social work. The starting point for this is the  
delineation of the contradictions in the current approach to violence prevention. This is followed  
by the presentation of the concept of transformative justice as an alternative. The concept has  
enormous potential to combat violence in communities in a moderating and supportive way. It is not  
the punitive state, but rather small, caring communities that become the space for transformation  
and intervention. The paper describes concepts that have emerged in activist practice and shows  
possible connections for renewing and expanding the existing protection against violence in Austria.  
The paper thus aims to contribute to a non-violent and democratic world by formulating a plea for  
abolitionist feminist protection against violence.  
Keywords: transformative justice, carceral feminism, abolition, community accountability,  
community-based response, feminism, anti-violence work, intersectionality, protection against  
violence  
1
Einleitung  
In der Arbeit mit Betroffenen als auch mit Ausübenden von Gewalt bin ich immer wieder  
mit den Rahmenbedingungen des österreichischen Gewaltschutzes konfrontiert. Die  
Unterstützungsmöglichkeiten sind meist an strafrechtliche Interventionen gebunden, was sowohl  
historische als auch ethisch-philosophische Wurzeln hat. Straf- und Zivilrechtliche Interventionen  
sind sehr wichtig, auf vieles können sie aber nicht reagieren und vor allem öffnen sie nicht den Blick  
auf und für ein gewaltfreies Miteinander.  
DerGewaltschutzinÖsterreichisteinerkämpftesundwichtigesGutderFrauenhausbewegung.  
Sein wichtigstes Instrument und auch die zentrale Errungenschaft der Bewegung ist das  
Gewaltschutzgesetz.Estrat1997inKraftundmitihmgelanges,GewaltgegenFrauenausdemPrivaten  
zu holen und staatlich zu bearbeiten. Der aktuelle professionelle Gewaltschutz ist entsprechend eng  
verbunden mit der Strafjustiz. Psychosoziale Prozessbegleitung, die Begleitung von Adressat:innen  
in einem Strafprozess, ist eine zentrale Praxis der Anti-Gewalt-Arbeit. Wegweisungen finden in  
einer engen Interventionskette, bei hoher Vernetzung und im Austausch zwischen Polizei und  
Gewaltschutzzentren sowie weiteren Sozialeinrichtungen statt. Derzeit wird Sicherheit durch die  
Augen der Strafjustiz definiert; die im Notfall zu rufende Polizei soll diese garantieren. Die Gerichte  
strafen die gewaltausübenden Personen und sollen vor weiteren Taten schützen. Gefängnisse und  
Anti-Gewalt-Therapien sollen resozialisieren. Dieses Sicherheitsverständnis ist auch prägend für  
die Praxis im Gewaltschutz. Anzeige, Begleitungen und das Stellen von einstweiligen Verfügungen  
sind gängige sozialarbeiterische Praxen. Transformative-Justice-Frameworks setzen hier an. Sie  
fordern uns heraus, Sicherheit neu zu denken. Die Theoretiker:innen und Praktiker:innen fordern  
eine sichere Gesellschaft ohne Strafjustizsystem, ohne Polizei und ohne Gefängnisse (vgl. Quan  
2024: 187f.).  
Entwickelt wurden und werden Transformative-Justice-Modelle und -Praxen von  
abolitionistischen Feminist:innen. Aufbauend auf intersektionalen Herrschaftsanalysen verbindet  
das Konzept interpersonelle Gewalt mit sozio-materiellen Umständen, Marginalisierungen,  
heteropatriarchalen Ausgrenzungen usw. (vgl. Quan 2024: 187f.). Transformative Justice ist praktisch  
und bietet konkrete methodische Vorschläge für Anti-Gewalt-Arbeit im sozialen Nahraum. Gewalt  
wird als gemeinschaftliche Bürde verstanden. Die Gemeinschaft wird zum Ort der Prävention,  
Intervention und durch gelebte Praxen zum Katalysator für Transformation. Für abolitionistische  
Feminist:innen bietet die Befähigung sozialer Netzwerke, nachhaltig Gewalt zu bearbeiten, eine  
transformative Chance: Die Chance einer gesellschaftlichen Veränderung durch alltägliche sorgende  
Praxen. Davon ausgehend machen sich abolitionistische Feminist:innen für neue Rationalitäten  
stark und sie fordern, Sicherheit und Gewalt neu zu begreifen. Gewalt muss diesem Konzept zufolge  
in ihrer Vielfältigkeit und Interdependenz begriffen werden, wodurch auch gängige Gewaltanalysen  
des bestehenden Gewaltschutzes herausgefordert werden. Die Soziale Arbeit kann in diesem  
Zusammenhang eine zentrale Rolle einnehmen. Entsprechend ihres Anspruches, Menschen zu  
befähigen und Ungleichheitsverhältnisse zu bekämpfen, verhelfen Transformative-Justice-Praxen  
zu einer möglichen Neuausrichtung: weg von strafender Anti-Gewalt-Arbeit, hin zu befähigenden  
Prozessen und zur gesellschaftlichen Transformation.  
Im folgenden Paper wird in einem ersten Schritt dargestellt, warum es eine intersektionale  
Perspektive braucht, um Menschen vor Gewalt zu schützen. Ich werde beschreiben, warum ein  
erweitertes Verständnis von Gewalt notwendig ist, das unterschiedliche Gewaltformen verbindet  
und das interpersonelle oder intime Partner:innen-Gewalt im Kontext größerer gewalttätiger  
Regime denkt (vgl. Quan 2024: 186). Daran anschließend wird anhand einer abolitionistischen Linse  
auf die Grenzen der Veränderungshorizonte im aktuellen Gewaltschutz verwiesen. In Abgrenzung  
dazu werde ich darlegen, wie abolitionistische Praxis gesellschaftlich transformativ wirkt. Das  
Vielversprechende an diesem Zugang ist gerade, dass Gewalt sowohl mit Blick auf das individuelle  
Verhalten als auch auf Makro- und Mesoebene bearbeitet wird. Da Transformative-Justice-Praxen  
Gemeinschaften dazu befähigen, die Gewalt im Nahraum zu bekämpfen, ohne dabei den Blick auf  
die Verhältnisse zu verlieren, ermöglichen sie auch langfristige Veränderungen und Prävention. In  
einem letzten Schritt wird dargelegt, welche Konsequenzen und Widersprüchlichkeiten sich aus den  
kontrovers diskutierten Konzepten Transformative Justice und Community Accountability ergeben.  
Im Anschluss werden professionsethische Konsequenzen für die Soziale Arbeit dargestellt. Darüber  
hinaus werden durch die Vorstellung von praktischen Methoden und konkreten Implementierungs-  
Überlegungen die Möglichkeiten der Operationalisierbarkeit des Konzepts gezeigt.  
2
Die Notwendigkeit einer intersektionalen Analyse  
Bei einer Podiumsdiskussion gegen Gewalt an Frauen im vergangenen Herbst, an der ich  
teilnahm, verwiesen migrantische Frauen wiederholt auf das Zusammenspiel von systematischer  
Staatsgewalt und Gewalt in der Beziehung. Frauen, deren Aufenthaltsstatus an den Mann gebunden  
ist, oder die aufgrund der fehlenden Arbeitserlaubnis kein eigenes Einkommen haben, sind der  
gewaltausübenden Person vollkommen ausgesetzt. Staatliche Schutzsysteme wie die Polizei  
werden als gefährlich wahrgenommen. Ein repressives Fremden- und Arbeitsrecht drängt die  
Frauen in die Gewaltbeziehung. Die geschilderten Erfahrungen der Aktivistinnen verweisen auf die  
Probleme des aktuellen Gewaltschutzes: Der Gewaltschutz orientiert sich an den Lebensrealitäten  
weißer, europäischer Frauen.  
Intersektionale Analysen machen sichtbar, dass die Lebensrealitäten und multiplen  
Ausformungen von Identität auch die spezifischen Ausformungen von erfahrener Gewalt prägen (vgl.  
Crenshaw 1991: 1242). Kimberlé Crenshaw erkannte das schon früh. In ihrem kanonischen Artikel  
„Mapping the Margins: Intersectionality, Identity Politics, and Violence against Women of Color“  
(1991) problematisiert sie, dass Frauen bei der Analyse von Gewalt zumeist als homogene Gruppe  
beschrieben werden, die eine gemeinsame Erfahrung der Welt teilen. Gerade die spezifischen  
und multiplen Ausformungen der Identitäten bilden eben auch spezifische Ausformungen der  
Gewalterfahrungen (vgl. Crenshaw 1991: 1242). Mimi Kim (2018) unterstreicht, dass Anti-Gewalt-  
Programme zumeist von weißen Feminist:innen konzipiert wurden. Für BIPoC-Frauen, so Kim,  
sind diese oft nicht relevant oder verstoßen gegen Interessen der eigenen Community (vgl. Kim  
2018: 7). Mit ähnlicher Stoßrichtung fordert Ann Russo, dass der Gewaltschutz sich nicht nur an  
den Lebensrealitäten von weißen Frauen orientiert, denn dadurch werden auch rassifizierte Opfer-  
und Täter-Vorstellungen reproduziert (vgl. Russo 2019: 6). Im Extremfall, so zeigen die Berichte  
der Aktivist:innen, drängen staatliche Praxen Betroffene dann regelrecht in Gewaltbeziehungen.  
Mehrfach diskriminierte Menschen berichten häufig von schlechten Erfahrungen mit staatlichen  
Institutionen, denen sie oftmals auch nicht trauen (vgl. Levinen/Meiners 2020: 8). Dies hat zur Folge,  
dass marginalisierte Personen im Vergleich zu weißen Cis-Personen nicht nur spezifisch, sondern  
auch überproportional und multipel von Gewalt betroffen sind (vgl. ebd.: 6).  
Intersektionale Analysen von Feministinnen wie Angela Davis (2003; Davis et al. 2022)  
oder Beth Richie (2022) ermöglichen es, Gewalt in ihrer Komplexität zu analysieren. Wird Gewalt  
als strukturelle Größe und in Verbindung zu gewalttätigen Regimen wie dem Migrations- oder  
Sicherheitsregime, der Polizei und Gefängnissen verstanden, kann auch intime Partner:innen-  
Gewalt nicht mehr als individueller Einzelfall ausgelegt werden. Anti-Gewalt-Arbeit muss sich dann  
zwingendmitHerrschaftssystemenwieeinemrassifiziertenKapitalismusoderdemHeteropatriarchat  
auseinandersetzen. Es bedarf einer intersektionalen Herrschaftsanalyse, um Gewalt begreifen und  
aufbrechen zu können.  
3
Feministische Perspektiven und Abolitionismus  
In abolitionistischer Tradition nehmen vorwiegend nordamerikanische BIPoC-Theoretiker:innen  
und -Aktivist:innen staatliche Justizpraxen in den Blick und fragen, ob diese wirklich zu mehr  
Sicherheit führen. Der häufig formulierte Vorwurf ist, dass die Strafjustiz die Verhältnisse eher  
verfestigt und so im Gegenteil zu mehr Gewalt führt. Abolitionistische Feminist:innen verorten sich,  
wie es der Name schon verrät, in einer feministischen und abolitionistischen Tradition. Geleitet  
von abolitionistischen Analysen erkennen die Theoretiker:innen Gewalt als notwendige Folge eines  
heteropatriarchalen und rassistischen Kapitalismus (vgl. Quan 2024: 15). Sowohl die Ungleichheit  
zwischen den Geschlechtern als auch die rassistische Herrschaft werden durch vielfache Formen  
der Gewalt aufrechterhalten. Beispielhaft zeigt sich dies in geschlechtsspezifischer Gewalt, bei  
Zwangsheiraten, in diskriminierenden Gesetzen, in rassistischer Polizeigewalt und vielem mehr. Die  
politischen und ökonomischen Verhältnisse sind diesem Verständnis zufolge also die Grundlage der  
Gewalt und gehören, so der Schluss, als Ganzes abgeschafft. Abolitionismus fordert somit nichts  
geringeres als die Transformation der bestehenden Verhältnisse. In der Tradition einer gelebten  
Utopie geflüchteter Sklaven muss eine andere, gewaltfreie Welt ausprobiert und erfahren werden.  
Die Utopie wird in alltäglichen Praxen gefunden (vgl. Loick/Thompson 2022: 10).  
Der Abolitionismus hat immer zwei Seiten. Er ist eine kritische Auseinandersetzung mit  
Herrschaftssystemen und gleichzeitig gelebte Praxis. Die neuen Verhältnisse, Rationalitäten und  
Beziehungen werden im täglichen Tun gelebt. Transformative Justice setzt hier an. Transformative  
JusticeistinspiriertvonAnti-Gewalt-PraxeninGemeinschaften,diesichnichtaufdiePolizeiverlassen  
können. In der abolitionistischen Tradition wird praktisch an einer gewaltfreien Welt im Hier und Jetzt  
gearbeitet. Gleichzeitig verweist die abolitionistische Analyse auf die Grenzen der Reformierbarkeit  
des bestehenden Systems. Transformative Justice will eben nicht das Strafjustizsystem reformieren,  
sondern eine Vielzahl funktionaler Alternativen schaffen. So grenzt sich das Konzept klar von  
Formen des Strafens (Gefängnis, Polizei) oder restaurativen Praxen (Tatausgleich) ab. Nicht im  
Strafjustizsystem wird also gearbeitet, sondern außerhalb davon, weil das Strafjustizsystem  
diesem Verständnis zufolge im Dienst eines rassifizierten und vergeschlechtlichten Kapitalismus  
steht (vgl. ebd.: 11f.). Abolitions-Feminist:innen kritisieren entsprechend die Entwicklung und die  
Praxen des staatlich-institutionellen Gewaltschutzes. Sie werfen diesem Gewaltschutz vor, den  
gesellschaftspolitischen Anspruch verloren zu haben und zum Ausbau des Sicherheitsapparats  
beizutragen.  
Der moderne Gewaltschutz ist geprägt von der Idee eines starken Staates, der Gewalt  
verhindert. Gleichzeitig ist er das Resultat von Kämpfen, deren Errungenschaften jedoch eng mit  
der Strafjustiz verknüpft sind. Sylvia Walby (2013) hinterfragt in ihrer Forschung, ob ein stärkerer  
Staat interpersonelle Gewalt minimieren kann. Sie kritisiert die Annahme, dass Gewalt durch den  
Ausbau eines Nationalstaates weniger werde. Walby sieht hier eine Idee der Moderne am Werk, wenn  
davon ausgegangen wird, dass ein immer weiter ausgebauter Nationalstaat zu einer gewaltfreien  
Welt führe. Sie führt diese Idee auf Max Weber und Thomas Hobbes zurück, die dem Staat das  
Gewaltmonopol zusprechen, um ein reguliertes und gewaltfreies Miteinander zu sichern. Beide  
verorten Gewalt nach Walby an den unregulierten Rändern der Gesellschaft, die Devianz wird in  
der Abgeschlagenheit der dunklen Gassen vermutet (vgl. Walby 2013: 98). Diese Annahmen halten  
feministischer Forschung jedoch nicht stand, denn der Staat teilt sich nach Walby die Gewalt mit  
Patriarchen und Rassisten. Gewalt gegen Frauen und marginalisierte Menschen entsteht nicht an  
den Rändern der Gesellschaft, sondern durchdringt alle Gruppen und sozialen Schichten. Nicht die  
gesellschaftlich Abgeschlagenen, die Marginalisierten nutzen die Gewalt, sondern die Privilegierten,  
um Herrschaftsverhältnisse aufrechtzuerhalten (vgl. Walby 2013: 7). Walby unterstreicht, dass das  
Versprechen der Moderne von einer gewaltfreien Welt für marginalisierte Gruppen nicht eingelöst  
wurde.  
In diesem Spannungsfeld zwischen Gewaltschutz und Staat lässt sich auch die Entwicklung  
des österreichischen Gewaltschutzes skizzieren. Der Leitspruch der Frauenhausbewegung der  
1970er Jahre war: Das Private ist politisch. Bis in die 1970er Jahre war häusliche Gewalt rechtlich  
eine private und familiäre Angelegenheit und wurde nicht in gesellschaftlicher Verantwortung  
gesehen. Der Mann galt gesetzlich als Familienoberhaupt, seinen „Maßregeln“ hatte sich die  
Ehefrau unterzuordnen. Der Slogan ‚Das Private ist politisch‘ verweist auf die bis dahin staatlich  
akzeptierte Gewalt im Privaten, welche von nun an politisch und eben auch staatlich bearbeitet  
werden sollte. 1997 trat nach jahrzehntelanger Lobby- und aktivistischer Arbeit das Bundesgesetz  
zum Schutz vor Gewalt in der Familie, kurz: Gewaltschutzgesetz, in Kraft. Entwickelt wurde es nach  
einer ministeriellen Auftragserteilung von Feministinnen der Frauenhausbewegung, gemeinsam mit  
Polizei, Zivil- und Strafjustiz (vgl. Dearing 2017: 2ff.). Das Gesetz gilt als zentrale Errungenschaft der  
Frauenhausbewegung.  
David Garland argumentiert, dass die Entwicklung vom Sozialstaat in den 1970er Jahren  
zum neoliberalen Staat der Gegenwart dazu geführt hat, dass Gewalt nicht mehr als Produkt  
der Verhältnisse verstanden wird, die mit dem Ausbau sozialer Leistungen gemeinschaftlich  
gelöst werden könne. Gewalt wurde immer mehr als individuelle Abweichung begriffen, die  
sicherheitspolitisch bearbeitet werden sollte (vgl. Garland 2016: 367f.). In diesem Zusammenhang  
entwickelte die Soziologin Elisabeth Bernstein den Begriff des Carceral Feminismus (Strafjustiz  
Feminismus). Sie beschreibt, wie sich die feministischen Werkzeuge praktisch und ideologisch  
durch diese Entwicklungen verändert haben. Die feministischen Utopien einer gewaltfreien Welt  
durch die Abschaffung des Patriarchats wurden durch Praktiken der Strafjustiz ersetzt. Gewalt wird,  
so die Kritik, individualisiert und nicht als gesellschaftliches Problem begriffen. Stattdessen wird  
davon ausgegangen, dass das soziale Problem patriarchaler Gewalt durch eine Law-and-Order-  
Politik lösbar sei (vgl. Bernstein 2007: 16).  
Dies führte schlussendlich auch dazu, dass der Gewaltschutz zunehmend Service- und  
Einzelfall-orientiert ausgerichtet wurde und eng mit den Strafjustizbehörden arbeitete (vgl. Logar  
2014: 353f.; Kim 2018: 5, 2020: 254). Gewalt wird dann nicht mehr gesellschaftlich bearbeitet,  
sondern in Einzelberatungen und individuellen Therapien. Professionist:innen im Gewaltschutz  
beraten sodann, bieten juristische und psychosoziale Prozessbegleitung oder vermitteln an  
andere Institutionen. Russo hält diesbezüglich fest, dass die Akteur:innen im Gewaltschutz für die  
Betroffenen,abernichtmitihnenarbeiten.Zielewerdennichtgemeinsamentwickelt,sondernmüssen  
in ein vorgefertigtes Korsett passen: „This service approach structures support as something we  
– as individuals, as experts – do for a survivor, not something we do with them.“(Russo 2019: 114)  
Auch Kim beschreibt mit ihrer Idee des „Carceral Creep“, dass der einst progressive Gewaltschutz  
durch seine Forderungen nach (härteren) Gesetzen und (verstärktem) polizeilichen Einschreiten  
Stück für Stück vom Strafjustizsystem vereinnahmt wurde. Schlussendlich hat er dadurch seine  
gesellschaftspolitischen Ziele verloren bzw. sich den sicherheitspolitischen Zielen untergeordnet  
(vgl. Kim 2020: 254). Dieser sicherheitspolitische Gewaltschutzdiskurs ist zum dominanten Diskurs  
geworden und er beeinflusst Rechtsvorschriften und Reformen (vgl. Davis et al. 2022). Der ständige  
Verweis auf Sicherheit wird so auch von konservativen Politiker:innen genutzt, um Strafjustizsysteme  
auszubauen (vgl. Bernstein 2007: 143).  
4
Transformative Justice  
Abolitionistische Feminist:innen fordern neue Formen des Gewaltschutzes außerhalb des  
Strafjustizsystems bzw. schlussendlich dessen Abschaffung (vgl. Levine/Meiners 2020: 12;  
McGlynn 2022: 1). Praktische Lösungen finden sie in Transformative-Justice-Ansätzen. Diese  
wurden primär von Gruppen entwickelt und praktiziert, die sich nicht auf die Polizei verlassen  
können oder für die die Polizei sogar gefährlich ist (vgl. Levine/Meiners 2020: 144). Vorstellungen  
von Verantwortung, Strafen oder Sicherheit werden neu und außerhalb der Logiken der Strafjustiz  
interpretiert. Community Accountability und Transformative Justice stellen dem Strafjustizsystem  
dabei eine sorgende Ethik gegenüber (vgl. Brazzell 2015: 3).  
Diesen Ansätzen entsprechend sollen Lösungen gegen Gewalt in kleinen, sicheren  
Gemeinschaften gefunden werden. Dies unterstreichen auch die Bezeichnungen Community  
Accountability oder Community-based Response, die häufig synonym mit der Bezeichnung  
TransformativeJusticeverwendetwerden.GemeinschaftenwerdenzumprimärenRaumderPrävention,  
Intervention und Transformation, es wird ausprobiert, initiiert und Gewaltschutzmechanismen  
werden implementiert. Die Gemeinschaft dient dabei als Alternative zu staatlichen Systemen (vgl.  
Kim 2018: 11f.).  
Transformative-Justice- und Community-Accountability-Ansätze können nicht als  
abgeschlossene Konzepte betrachtet werden. Die Praxen sind in ständiger Entwicklung. Mariam  
Kaba unterstreicht, dass die abolitionistische Praxis das Ausprobieren, Fallen, Evaluieren und  
erneutes Versuchen impliziert (vgl. Kaba/Hassan 2019: 12). Ganz klar ist dabei, dass die individuelle  
Sicherheit von Betroffenen oberste Priorität hat. Menschen, die Gefahren ausgesetzt sind, müssen  
unterstützt, ermächtigt und geschützt werden (vgl. Creative Interventions 2022: 47; Generation  
FIVE 2007: 40). Wie mit gewalttätigen Personen umzugehen sei, ist wiederum eine zentrale Frage  
und ein zentraler Kritikpunkt an Transformative-Justice-Ideen. Gewaltausübende Menschen sollen,  
begleitet durch ihren sozialen Nahraum, Verantwortung (accountability) für ihr Verhalten übernehmen.  
Nicht die Strafe ist zentral, sondern die Auseinandersetzung mit und langfristige Veränderung des  
Verhaltens der gewaltausübenden Person und des Umfeldes. Accountability wird dabei als Prozess  
verstanden, der ständig geübt, reflektiert und gepflegt werden muss und nie ganz abgeschlossen  
ist (vgl. Kaba/Hassan 2019: 78; Russo 2019: 6).  
Das Gesagte impliziert auch, dass Gewalt bei diesen Ansätzen nicht als moralische  
Schwäche oder pathologischer Zustand verstanden wird, sondern als sozialisiertes Verhalten, das  
verlernt werden kann. Dies findet sich auch in der Sprache wieder. So wird in der Literatur von  
„Gewalt ausübenden Personen“ statt von Täter:innen geschrieben, um damit die Veränderbarkeit  
des Verhaltens zu unterstreichen (vgl. Brazzell 2015: 30; Creative Interventions 2022: 54). In diesem  
KontextwarntLiseGotelldavor, dasseinVerzichtaufstrafrechtlicheMaßnahmenGefahrläuft, Gewalt  
wieder ins Private zu drängen und damit Gewalt ausübende Menschen nicht durch den Staat in die  
Verantwortung zu nehmen (vgl. Gotell 2015: 54). Doch Accountability meint sowohl die Reflexion  
der eigenen Handlungen als auch die strukturelle Verantwortung den Mitmenschen gegenüber (vgl.  
Brazzell 2015: 28). Die Übernahme von Verantwortung wird dabei als individuell-subjektiver, aber  
auch als kollektiver Prozess verstanden (vgl. Russo 2019: 6). Community-Accountability-Konzepte  
fordern also Verantwortung auf einer Verhaltensebene und auf einer systemischen Ebene. Umstritten  
bleibt dabei, welche Gewaltformen überhaupt bearbeitbar sind. Die meisten praktischen Vorschläge  
richten sich gegen interpersonelle Gewalt. Wie die Verhältnisse praktisch bearbeitet werden, bleibt  
oftmals unbeantwortet (vgl. Brazzell 2015: 29ff.).  
5
Widersprüche und Grenzen von Transformative Justice  
Viele Feminist:innen weisen auf Widersprüche, Grenzen und auch Gefahren von Transformative-  
Justice-Ansätzen hin. Zwar teilen sie die intersektionalen Analysen und erkennen den Verlust  
gesellschaftspolitischer Perspektiven durch die Hinwendung zu Gewaltschutzmaßnahmen, die eng  
mit den Strafjustizbehörden verbunden sind. Doch gilt „Das Private ist politisch“ zugleich als zentrale  
Forderung und größte Errungenschaft der Frauenhausbewegung. So warnen Feminist:innen, dass  
eine totale Ablehnung des Strafjustizsystems dazu führt, Gewalt wieder ins Private zu verschieben,  
wodurch Gewalt Ausübende keine Rechenschaft mehr schuldig sind. Des Weiteren liege der  
Ablehnung staatlicher Schutzsysteme ein verkürztes Verständnis von Staat und Recht zugrunde  
(vgl. McGlynn 2022: 3; Terwiel 2020: 9; Wegerstad 2022: 3). Denn so etwas wie ein einheitliches  
Rechtsverständnis gibt es diesen Argumentationen zufolge nicht: Recht wird diskursiv hergestellt  
und verhandelt. Gerade die Kategorie Geschlecht und der rechtliche Umgang damit befinden sich  
ständig in Veränderung und Entwicklung. Recht entwickelt sich demnach auch nicht linear, sondern  
es wird beeinflusst durch unterschiedliche Interessen, durch Widerstände und Kämpfe. Jeden  
Rechtserfolg von Feminist:innen im Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt als Unterordnung  
unter den strafenden Staat abzutun, ist demzufolge zu kurz gedacht, denn das Strafgesetz trägt  
nicht die alleinige Verantwortung für Dominanzverhältnisse und deren Reproduktion (vgl. McGlynn  
2022: 3; Terwiel 2020: 9; Wegerstad 2022: 3). Viele Betroffene wünschen sich Gerechtigkeit durch die  
Strafjustiz und auch diesen Wunsch gilt es zu beachten. Kritiker:innen stellen dem entgegen, dass  
häufig nur wenige Alternativen aufgezeigt werden und ein anderes Verständnis zur Wiederherstellung  
von Gerechtigkeit erst entwickelt werden müsse (vgl. McGlynn 2022: 4).  
Auch die Idee der Community wirft Widersprüche auf. Die Begriffe Community Accountability  
und Community-based Interventions verraten, dass Gewalt in und durch Gemeinschaften bearbeitet  
wird. Wer nun allerdings eine Gemeinschaft ist, ist umstritten. Angela Davis warnt diesbezüglich  
davor, die Communities zu romantisieren. So schreibt sie, dass der Fokus auf Gemeinschaft  
manchmal fast mystisch ist. Die Gemeinschaft, so Davis, muss vieles gleichzeitig sein: eine  
radikale Vision, eine flüchtige, schwer greifbare Möglichkeit und ein aktiver Kampf (vgl. Davis et  
al. 2022). Damit hängt auch der Einwand zusammen, dass Gemeinschaften, Freund:innen oder  
Familie häufig das Wissen über komplexe Gewaltdynamiken fehlt. Somit mangelt es auch an der  
Fähigkeit, Missbrauch als solchen zu erkennen, zu benennen und zu bearbeiten. In konservativen  
und patriarchalen Gemeinschaften ist schädliches Verhalten zudem tief in den gemeinschaftlichen  
Kulturen und Normen verankert. Bei geschlechtsspezifischer Gewalt kommt es regelmäßig zu Täter-  
Opfer-Umkehrungen oder dazu, dass patriarchale kommunale Strukturen die Männer schützen (vgl.  
Gupta Rahila 2020).  
Auf Gemeinschaften ist also nicht per se schon Verlass, denn kommunale Unterstützung darf  
nicht einfach vorausgesetzt werden. Gemeinschaftliche Unterstützungsnetzwerke müssen von den  
Beteiligten aktiv aufgebaut und getragen werden (vgl. Russo 2019: 120). Ein zentrales Element von  
Transformative Justice ist entsprechend, ein kritisches Bewusstsein gegenüber Gewaltdynamiken  
und den dahinterliegenden Verhältnissen zu etablieren. Machtstrukturen, die Gewalt fördern,  
müssen dekonstruiert, herausgefordert und reflektiert werden (vgl. Russo 2019: 183).  
Mia Mingus arbeitet für das Bay Area Justice Collective und berichtet aus ihrer Praxis, dass  
der Begriff Community nicht wirklich passend ist. Wenn Menschen aufgefordert werden, sich an  
ihre Community zu wenden, wissen viele nicht, wen oder was sie konkret ansprechen sollen. Um  
sichere Netze sichtbar zu machen und aufzubauen, haben die Aktivist:innen den Begriff Community  
verworfen. Sie verwenden den Begriff Pod als Bezeichnung für ein konkretes und enges soziales  
Netzwerk. So können Menschen im sozialen Nahraum bestimmt werden, die in Zeiten von Krisen  
oder erfahrener Gewalt gerufen werden können, um sodann gemeinschaftlich zu intervenieren (vgl.  
Mingus 2017: 118f.).  
6
Konsequenzen für die Soziale Arbeit und methodische Chancen  
Die Black-Lives-Matter-Proteste haben ein Schlaglicht auf die Soziale Arbeit geworfen. Durch sie  
wurden abolitionistische feministische Ideen in den USA wieder diskursfähig: Aktiv wurde und  
wird nach Alternativen zur Polizei gesucht. Dabei wird auch der Sozialen Arbeit eine zentrale Rolle  
zugeschrieben. Vielfach wurde die Forderung laut, dass diese ausgebaut und die Polizei dafür  
abgebaut wird. Ob Soziale Arbeit tatsächlich eine Alternative zur Polizei ist, ist jedoch fraglich.  
Jacobs und Kolleg:innen heben in ihrem Positionspapier hervor, das die Praktiken der Sozialen  
Arbeit in den USA immer eng mit der Polizei verbunden waren. Das kann auch gegenwärtig  
dazu beitragen, white supremacy und kapitalistische Ungleichheit zu verfestigen (vgl. Jacobs et  
al. 2020: 3f.). Entsprechend nehmen Thompson und Loick in ihrer abolitionistischen Kritik nicht  
nur die Institution Polizei, sondern auch das Fürsorge-Regime in den Blick. Sie weisen auf die  
Verstrickungen sozialarbeiterischer Praktiken mit den Praxen der Unterdrückung durch Polizei und  
Psychiatrien hin (vgl. Loick/Thompson 2022: 30).  
Das Aufgreifen abolitionistischer feministischer Ideen in der Sozialen Arbeit zog eine Reihe  
von Positionspapieren nach sich. So fordert eine Gruppe von US-Professor:innen der Sozialen  
Arbeit eine anti-carcerale Ausrichtung der Profession. Die Soziale Arbeit soll ihre Zusammenarbeit  
mit Strafjustizbehörden kritisch hinterfragen, sie in Folge eindämmen und sich in Lehre und  
Forschung intensiv mit ihrer Rolle im Strafjustizsystem beschäftigen (vgl. Jacobs et al. 2020).  
Auch Murray et al. verweisen auf die Widersprüchlichkeit zwischen Professionsethik und gelebter  
Praxis. Eine abolitionistische Linse kann den Autor:innen zufolge helfen, die Praxis dem ethischen  
Professionsanspruch anzugleichen. Schwierigkeiten erkennen sie jedoch in einem konsequent  
zu Ende gedachten Abolitionismus, der eine totale Ablehnung und sofortige Einstellung der  
ZusammenarbeitmitStrafjustizBehördenfordert(vgl.Murray/Copeland/Dettla2023).Feldmangeht  
hier sogar noch einen Schritt weiter und fordert eine disruptive Soziale Arbeit. In abolitionistischer  
Tradition soll sich eine disruptive Soziale Arbeit aktiv gegen repressive Systeme stellen. Da die  
Soziale Arbeit häufig Teil solcher Systeme ist, hat sie die einzigartige Möglichkeit, diese durch  
widerständige Praxen von innen zu zersetzen. Gleichzeitig sollen Adressat:innen befähigt werden,  
Widerstandspraxen zu entwickeln (vgl. Feldman 2022).  
Ein Paradebeispiel für die Verstrickung von Sozialer Arbeit und Polizei ist der Gewaltschutz.  
Eng vernetzte Interventionsketten, wie beispielsweise die Meldung von häuslicher Gewalt von  
den Behörden an die Gewaltschutzzentren, werden als internationales Best-Practice-Modell des  
Gewaltschutzes beschrieben (vgl. Logar 2014: 353f.). Auch die deutsche Interventionsstelle sieht  
in der Polizei ihren wichtigsten Kooperationspartner. Insgesamt ist bei häuslicher Gewalt eine  
Verschiebung hin zum Ausbau von polizeilicher Bearbeitung bemerkbar (vgl. Pütter 2021: 159).  
Transformative-Justice-Konzepte beschäftigen sich primär mit aktivistischen Praxen, die erst  
langsam ihren Einzug in die Soziale Arbeit finden. Konkrete Beispiele einer Sozialen Arbeit, die  
sich an den Konzepten und Methoden der Transformative Justice und Accountability Community  
orientieren, können dabei die Frage der Anwendbarkeit für die Gewaltschutzarbeit beantworten.  
Das Bay Area Justice Collective, aber auch Creative Interventions bieten konkrete  
methodische Lösungsvorschläge, wie sozialräumliche Schutznetzwerke aufgebaut werden können.  
Diese ermöglichen es, Gewalt gemeinschaftlich und nachhaltig zu bearbeiten. Dabei kommt den  
Betroffenen die zentrale Rolle zu: sie entscheiden, wer wann und wie mit ihnen arbeitet. Der  
Wechsel von individualisierten Services hin zu gemeinschaftlichen sorgenden Netzwerken hat den  
Vorteil, dass die Bedürfnisse der Betroffenen besser in den Blick genommen werden können, dass  
die Last der Gewalt gemeinsam getragen wird und dass die Auswirkungen der Gewalt auf alle  
wahrgenommen werden (vgl. Russo 2019: 115). Erfahrungen jahrelanger praktischer Anwendung  
wanderten sodann in das Creative Interventions Toolkit. Dieses Toolkit umfasst eine immense  
Sammlung von Vorschlägen und Methoden für die gemeinschaftliche und moderierte Bearbeitung  
von Gewalt. Auf nicht ganz 600 Seiten finden sich Erklärungen zu Gewaltdynamiken, Reflexionen zur  
eigenen Rolle, konkrete Vorschläge zur gemeinschaftlichen Bearbeitung von Gewalt, Überlegungen,  
wie Betroffenen Sicherheit gegeben werden kann, aber auch, wie Verantwortungsübernahme bei  
Gewalt ausübenden Personen hergestellt werden soll. Dazu gibt es Checklisten, Anregungen zur  
Dokumentation und vieles mehr (vgl. Creative Interventions 2019). 2022 erschien die erste Beta  
Version des Creative Interventions Workbook (2022) eine gekürzte und zusammengefasste Form  
des Creative Interventions Toolkits.  
Zur konkreten Ausgestaltung und Implementierung von Transformative Justice und  
Community Accountability in Gewaltschutzeinrichtungen liefert die Implementation Study of  
Community-Based and Social Network Intervention to Gender-Based-Violence von Mimi Kim  
Vorschläge. Kim entwickelte ein Untersuchungsmodell, mit dem sich Community-Accountability-  
Ansätze von konventionellen Methoden des Gewaltschutzes kategorisch abgrenzen lassen (vgl. Kim  
2021: 229). Die entwickelten Unterscheidungskategorien von Kim liefern eine konkrete analytische  
Linse zur Untersuchung von Gewaltschutzeinrichtungen. Campbell untersucht anhand von  
Fokusgruppeninterviews Implementierungsmöglichkeiten von Transformative-Justice-Methoden  
für die Arbeit mit Gewalt ausübenden Personen in North Carolina. Auch wenn die Teilnehmenden  
Vorbehalte formulierten und auf organisatorische Grenzen verwiesen, erkannten sie auch die  
Möglichkeiten der kommunalen Anti-Gewalt-Arbeit (vgl. Campbell et al. 2023).  
Die Arbeiten von Creative Interventions und anderen liefern somit einen Schatz an  
methodischen und praktischen Vorschlägen (vgl. Generation FIVE 2007; Kaba/Hassan 2019; Nia  
2020; Zionov/Valgre 2021), wie sich Anti-Gewalt-Arbeit konkret ausgestalten lässt. Hier kann die  
Soziale Arbeit eine übersetzende Rolle einnehmen und die methodischen Vorschläge auf den Wiener  
Gewaltschutz übertragen, um Gewaltschutzeinrichtungen bei der Implementierung zu unterstützen  
und das Gelernte zu evaluieren.  
7
Resümee  
Es konnte dargelegt werden, warum eine intersektionale und abolitionistische Perspektive sinnvoll  
für den Gewaltschutz ist. Die vorgestellten Konzepte laden nicht nur zur Reflexion der eigenen  
Position ein, sie zeigen auch konkrete Möglichkeiten auf, wie Gewalt nachhaltig und gesellschaftlich  
transformativbearbeitetwerdenkann. DerSozialenArbeitkanneineRollealsVermittlerinzukommen,  
um gemeinsam mit den Betroffenen Gewalt zu bearbeiten. Die Grundlage für eine abolitionistisch-  
feministische Neuausrichtung des Gewaltschutzes ist dabei die Auseinandersetzung mit dem  
Strafjustizsystem und der Polizei. Soziale Arbeit kann hier sowohl in der Lehre als auch in der Praxis  
eine tragende Rolle übernehmen. Durch kritische Forschung und praktisches Ausprobieren können  
neue Formen der Anti-Gewalt-Arbeit entwickelt werden. Aus einer intersektionalen Perspektive  
muss dabei darauf geachtet werden, dass die von Gewalt am meisten betroffenen Menschen und  
Gruppen in die Entwicklung von Theorie und Praxis eingebunden werden.  
Die erarbeiteten Tools von Creative Interventions und anderen liefern methodische und  
praktische Vorschläge, wie sich abolitionistische Anti-Gewalt-Arbeit praktisch umsetzen lässt.  
Diese Vorschläge können von der Sozialen Arbeit auf den Wiener Gewaltschutz übertragen werden,  
um Gewaltschutzeinrichtungen bei der Implementierung zu unterstützen und das Gelernte zu  
evaluieren. Eine Weiterentwicklung der sozialarbeiterischen Praxis weg von nur serviceorientiertem  
Case Management hin zu Transformative-Justice-Konzepten bietet die einzigartige Möglichkeit,  
Gewaltschutz in Einklang mit der Professionsethik zu bringen. Denn das Befähigen von  
Gemeinschaften, insbesondere marginalisierten Gruppen gehört traditionell zu den Kernaufgaben  
der Profession. Community-Accountability- und Transformative-Justice-Konzepte sind hochaktuell  
und noch kaum beforscht. Von Einrichtungen wie dem Bay Area Justice Kollektive oder API Chaya  
kann hier viel gelernt werden. Mithilfe von Aktions-Forschungsmethoden könnte herausgefunden  
werden, was Wiener Gemeinschaften konkret Sicherheit schafft. Spannend wäre auch eine  
Diskursanalyse zur Verbindung von Strafrecht und Feminismus im österreichischen Gewaltschutz  
und deren Auswirkung auf die Gesetzgebung und die professionelle Landschaft.  
Die Gefahr des Zurückdrängens von Gewalt ins Private und einer Umkehr der historischen  
Erfolge des Gewaltschutzes ist real. Aber auch die Vereinnahmung durch konservative und  
polizeiliche Sicherheitsdiskurse ist ein Risiko. Es darf der Blick auf diejenigen Betroffenen nicht  
versperrt sein, die aufgrund von staatlichen Systemen sowieso ins Private gedrängt sind. Das  
Konzept der Community Accountability bietet hier Handlungsorientierungen, um den Gewaltschutz  
konstruktiv auszubauen und gesellschaftliche Transformationsprozesse zu beleben. So kann  
das Handwerkszeug des Gewaltschutzes erweitert und Betroffenen von Gewalt, besonders aus  
marginalisierten Gruppen, Handlungsmacht zurückgegeben werden.  
Literaturverzeichnis  
Bay Area Transformative Justice Collective (2020): Bay Area Transformative Justice Collective.  
Bernstein, Elizabeth (2007): The Sexual Politics of the “New Abolitionism”. In: Differences: A Journal  
of Feminist Cultural Studies, 18(3), S. 128–151. https://doi.org/10.1215/10407391-2007-013.  
Brazzell, Melanie (2015): Responsibility for Sexual Violence: Dialogues with I.M. Young & the  
Community Accountability Movement. Conference Paper der Fifth Oxford Graduate Political Theory  
Conference.  
Campbell, Julia K./Moracco, Kathryn E./Hawkins, Scarlett/Sharpless, Laurel/Weinrich, Julia/  
Weissman, Deborah M. (2023): Program Providers’ Perceptions of Restorative and Transformative  
Justice in the Context of Domestic Violence Offender Treatment in North Carolina. In: Victims &  
Creative Interventions (2019): Creative Interventions Toolkit: A Practical Guide to Stop Interpersonal  
Violence.  
Creative Interventions (2022): Creative Interventions Workbook: Practical Tools to Stop Interpersonal  
Violence. Workbook edition. Chico: AK Press.  
Crenshaw, Kimberle (1991): Mapping the Margins: Intersectionality, Identity Politics, and  
org/10.2307/1229039.  
Davis, Angela Y. (2003): Are Prisons Obsolete? New York: Seven Stories Press.  
Davis, Angela Y./Meiners, Erica R./Richie, Beth E./Dent, Gina (2022): Abolition. Feminism. Now.  
London: Hamish Hamilton.  
Dearing, Albert (2017): Das (Erste) Gewaltschutzgesetz – Rückblick und Bewertung. In: Mayrhofer,  
Mariella/Schwarz-Schlöglmann, Maria (Hg.): Gewaltschutz. 20 Jahre Gewaltschutzgesetz und  
Gewaltschutzzentren/Interventionsstellen. Wien: Verlag Österreich, S. 1–14.  
Feldman, Guy (2022): Disruptive Social Work: Forms, Possibilities and Tensions. In: The British  
Garland, David (2016): Kultur der Kontrolle. Verbrechensbekämpfung und soziale Ordnung in der  
Gegenwart. In: Kriminologische Grundlagentexte- Wiesbaden: Springer Fachmedien, S. 353–376.  
Generation FIVE (2007): Toward Transformative Justice. A Liberatory Approach to Child Sexual  
Abuse and Other Forms of Intimate and Community Violence. A Call to Action for the Left and the  
Gotell, Lise (2015): Reassessing the Place of Criminal Law Reform in the Struggle Against Sexual  
Violence. In: Rape Justice: Beyond the Criminal Law. London: Palgrave Macmillan, S. 53–71.  
Gupta, Rahila (2020): Opinion: Why Abolishing the Police in the Wake of Racist Brutality Will Not  
Jacobs, Leah A./Kim, Mimi E./Whitfiled, Darren L./Gartner, Rachel E./Panichelli, Meg/Kattari,  
Shanna K./Downey, Margaret Mary/Stuart McQueen, Shanté/Mountz Sarah E. (2020): Defund the  
Police: Moving Towards an Anti-Carceral Social Work. In: Journal of Progressive Human Services,  
Kaba, Mariame/Hassan, Shira (2019): Fumbling Towards Repair: A Workbook for Community  
Accountability Facilitators. Workbook edition. Chicago: Project NIA.  
Kim, Mimi E. (2018): From Carceral Feminism to Transformative Justice: Women-of-Color Feminism  
and Alternatives to Incarceration. In: Journal of Ethnic and Cultural Diversity in Social Work, 27(3),  
S. 219–233.  
Kim, Mimi E. (2020): The Carceral Creep: Gender-Based Violence, Race, and the Expansion of the  
Punitive State, 1973–1983. In: Social Problems, 67(2), S. 251–269. https://doi.org/10.1093/socpro/  
spz013.  
Kim, Mimi E. (2021): Shifting the Lens: An Implementation Study of a Community-Based and Social  
Network Intervention to Gender-Based Violence. In: Violence Against Women, 27(2), S. 222–254.  
Levine, Judith/Meiners, Erica R. (2020): The Feminist and the Sex Offender: Confronting Harm,  
Ending State Violence. London: Verso.  
Logar, Rosa (2014): Die Istanbul-Konvention. In: Juridikum: zeitschrift für kritik & recht & gesellschaft,  
124(3), S. 349–359.  
Loick, Daniel/Thompson, Vanessa Eileen (2022): Abolitionismus: ein Reader. Berlin: Suhrkamp.  
McGlynn, Clare (2022): Challenging Anti-Carceral Feminism: Criminalisation, Justice and Continuum  
Thinking. In: Women’s Studies International Forum, 93, 102614. https://doi.org/10.1016/j.  
Mingus, Mia: (2017): What Would It Take to Actually End Intimate Violence? https://transformharm.  
Murray, Bethany Jo/Copeland, Victoria/Dettlaff, Alan J. (2023): Reflections on the Ethical Possibilities  
org/10.1177/08861099221146151.  
Pütter, Norbert (2021): Soziale Arbeit und Polizei: Zwischen Konflikt und Kooperation. Stuttgart:  
Kohlhammer.  
Quan, H. L. T. (2024): Become Ungovernable: An Abolition Feminist Ethic for Democratic Living.  
London: Pluto Press.  
Richie, Beth E (2022): The Effects of Violence on Communities: The Violence Matrix as a Tool for  
AdvancingMoreJustPolicies.In:Daedalus,151(1),S.84–96.https://doi.org/10.1162/daed_a_01890.  
Russo, Ann (2019): Feminist Accountability: Disrupting Violence and Transforming Power. New  
York: New York University Press.  
Terwiel, Anna (2020): What Is Carceral Feminism? In: Political Theory, 48(4), S. 421–442. https://doi.  
Walby, Sylvia (2013): Violence and Society: Introduction to an Emerging Field of Sociology. In:  
Current Sociology, 61(2), S. 95–111. https://doi.org/10.1177/0011392112456478.  
Wegerstad, Linnea (2022): Theorising Sexual Harassment and Criminalisation in a Swedish Context.  
In: Bergen Journal of Criminal Law and Criminal Justice, 9(2), S. 61–81.  
Zionov, Aaliyah/Valgre, Mackenzie (2021): Transformative Justice Workshop. Practical Ways of  
Solving Interpersonal Harm and Conflict in Our Communities. https://shop.papa.org.nz/shop/  
our-communities/ (01.01.2023).  
Über den Autor  
Peter Peinhaupt, BA MA (er/ihm)  
Ich bin Sozialarbeiter und Sozialwissenschaftler. Seit Jahren arbeite ich im Feld, früher in der Offenen  
Kinder- und Jugendarbeit, jetzt im Gewaltschutz. Ich arbeite sowohl mit Gewalt-Ausübenden als  
auch mit Gewaltbetroffenen als Sozialarbeiter und Psychosozialer Prozessbegleiter. Aktuell forsche  
ich im Rahmen meiner Dissertation zu abolitions-feministischen Perspektiven für den Gewaltschutz  
in Wien. Ich freue mich über jegliches Feedback und bin unter meiner E-Mail-Adresse erreichbar.