Sophie Gaidoschik, Johannes Gorbach, Elena Mitrenova, Christoph Stoik, Elisabeth Winkler.  
Klimaneutrale Stadtentwicklung versus Bürger:innen-Beteiligung? Inklusion und Ausschluss von  
Bewohner:innen und Nutzer:innen öffentlicher Räume im Zuge der urbanen Transformation am  
Beispiel Wiens. soziales_kapital, Bd. 29 (2024). Rubrik: ema. Feldkirchen. Printversion: http://  
29. Ausgabe 2024  
Klimagerechtigkeit und Soziale Arbeit in Österreich  
Klimaneutrale Stadtentwicklung versus  
Bürger:innen-Beteiligung?  
Inklusion und Ausschluss von Bewohner:innen und  
Nutzer:innen öffentlicher Räume im Zuge der urbanen  
Transformation am Beispiel Wiens  
Sophie Gaidoschik, Johannes Gorbach, Elena Mitrenova,  
Christoph Stoik & Elisabeth Winkler  
Zusammenfassung  
Bei der Umgestaltung öffentlicher Räume werden in Wien zunehmend Beteiligungsformate für  
Bürger:innen genutzt. Während diese ergebnisoffen und inklusiv durchgeführt werden sollen,  
steht die Stadt zugleich unter dem Druck, Klimawandelanpassungsmaßnahmen umzusetzen, um  
öffentliche Räume angesichts der urbanen Erhitzung nutzbar zu halten. Letzteres ist aus Sicht  
der Gemeinwesenarbeit besonders relevant, da benachteiligte soziale Gruppen auf öffentliche  
Räume angewiesen sind. Ein interdisziplinäres Team der FH Campus Wien untersuchte anhand von  
drei Fallstudien die Inklusions- und Ausschlussprozesse sowie Interessensgegensätze zwischen  
verschiedenen Akteur:innen bei der Umgestaltung öffentlicher Räume in Wien. Durch ein Mixed-  
Methods-Design wurden die Reichweite von Beteiligungsprozessen und Einflussfaktoren, wie die  
Programmatik der Prozesse, Partizipationsmethoden, die Symbolik der Beteiligungssettings, die  
Zeit als Ausschlussfaktor sowie politische Prozesse und Verwaltungsstrukturen untersucht.  
Schlagworte: klimaneutrale Stadtentwicklung, Bürger:innenbeteiligung, Inklusion, Ausschluss-  
prozesse, Partizipationsmethoden  
Abstract  
The utilisation of participatory formats for citizens is becoming increasingly prevalent in the redesign  
of public spaces in Vienna. While these processes are intended to be open-ended and inclusive,  
the city is simultaneously under pressure to implement climate adaptation measures to ensure  
the continued usability of public spaces in the face of urban overheating. The latter is particularly  
relevant from the perspective of community work, as disadvantaged social groups rely heavily  
on public spaces. An interdisciplinary team from FH Campus Wien investigated the processes of  
inclusion and exclusion, as well as conflicts of interest among different stakeholders, in the redesign  
of public spaces in Vienna through three case studies. Using a mixed-methods approach, the study  
investigated the reach of these participation processes and the influence of various factors, such as  
the objectives of the processes, participation methods, the symbolism of the participation settings,  
time as a factor of exclusion, and political and administrative structures.  
Keywords: climate-neutral urban development, citizen participation, inclusion, exclusion processes,  
participation methods  
1
Einleitung  
Die Stadtentwicklung ist aktuell gefordert, den urbanen Raum so umzugestalten, dass dieser  
klimaneutral wird und trotz zunehmender Erderwärmung nutzbar bleibt. Die Nutzung öffentlicher  
RäumeinZeitenderKlimakriseistausderPerspektivederSozialenArbeitunteranderemdeshalbvon  
Relevanz, weil Menschen, die nicht über ausreichend private gekühlte Räume verfügen, besonders  
auföffentlicheRäumeangewiesensind. GleichzeitigbestehtzunehmenddieAnforderung, Menschen  
in die Stadtentwicklung einzubeziehen. Die Partizipation von Bürger:inneni und Geschäftsleuten bei  
der (Um-)Gestaltung der Stadt entwickelt sich aktuell zu einem (zumindest normativen) Standard  
in der Stadtentwicklung. Bürger:innenbeteiligungs-Prozesse benötigen allerdings Zeit und basieren  
idealerweise auf dem Anspruch, ergebnisoffen zu bleiben, damit die Interessen möglichst vieler  
Akteur:innen einfließen können. Partizipation in diesem Sinne scheint demnach nur bedingt vereinbar  
mit der Notwendigkeit bestimmter Veränderungen für eine klimagerechte Stadt.  
Das von der Stadt Wien (MA 23 – Wirtschaft, Arbeit und Statistik) geförderte Projekt  
„Public Value of Participation in Urban Development – Gemeinwohleffekte von Partizipation in  
der Stadtentwicklung“ beforschte den Mehrwert der Beteiligung von Bürger:innen an urbanen  
Transformationsprozessen. Durchgeführt wurde es von einem interdisziplinären Team der FH  
Campus Wien. Es bestand aus Julia Dahlvik, Martina Kollegger und Wolfgang Tomaschitz, die im  
DepartmentVerwaltung,Wirtschaft,Sicherheit,Politiktätigsindundeinenpolitikwissenschaftlichen  
Hintergrund haben; Elena Mitrenova, mit Architektur-Hintergrund, aus dem Department „Bauen und  
Gestalten“; Sophie Gaidoschik, Johannes Gorbach, Christoph Stoik und Elisabeth Winkler aus dem  
Department „Soziales“ mit sozialarbeitswissenschaftlichem Hintergrund. Durch die interdisziplinäre  
Zusammensetzung konnte untersucht werden, wie Bürger:innenbeteiligungsprozesse in der  
Stadtentwicklung von Akteur:innen aus Verwaltung und Politik wahrgenommen bzw. genutzt werden  
und wie Bewohner:innen der Stadt und Nutzer:innen öffentlicher Räume in die Prozesse inkludiert  
bzw. ausgeschlossen werden.  
Die empirische Umsetzung erfolgte in Form von drei Fallstudien zu ausgewählten  
Partizipationsprozessen, die jeweils in diachroner Perspektive über drei Jahre ab September  
2021 begleitet wurden. Für die Untersuchung ausgewählt wurden (i) eine top-down-organisierte  
Umgestaltung einer zentralen Einkaufsstraße (Lerchenfelderstraße), (ii) ein peripher gelegener  
Verkehrsknotenpunkt (Quellenplatz), der von einer Gebietsbetreuung fokussiert wurde und (iii) ein  
relativ zentral gelegenes Marktgebiet (Gebiet um den Meidlinger Mark), das eine Bürger:innen-  
Initiative umgestalten will.  
Im Fokus des folgenden Artikels stehen die (möglichen) Spannungen, die zwischen dem  
Handlungsdruck zur klimagerechten Umgestaltung einerseits und der Partizipation von Bürger:innen  
andererseits bestehen. Folgende Fragestellungen waren dabei leitend:  
-
Welche Menschen (Bewohner:innen bzw. Nutzer:innen öffentlicher Räume) werden bei der  
Planung und Entwicklung öffentlicher Räume einbezogen bzw. ausgeschlossen und wie  
geschieht dies (Methoden bzw. Ausschließungsprozesse)?  
-
In welchem (Spannungs-)Verhältnis stehen städtische bzw. fachliche Interessen  
(Klimaanpassungsmaßnahmen, Stadtarchitektur) zu den Interessen von Nutzer:innen bzw.  
Bewohner:innen?  
-
Wie wird mit Interessensgegensätzen zwischen unterschiedlichen Akteur:innen umge-  
gangen?  
2
Theoretische Einbettung  
2.1 Bürger:innenbeteiligung in der Stadtentwicklung  
Abb. 1: Bürger:innenbeteiligung am Quellenplatz, 10. Wiener Gemeindebezirk.  
Die aktive Teilnahme und Mitentscheidungsmöglichkeit der Bürger:innen bei politischen Prozessen  
gelten als zentrale Säulen moderner Demokratien (vgl. Zmerli 2011: 34). Fragen nach dem  
Partizipationsgrad – Inwieweit können die betroffenen Personen mitentscheiden? – und nach  
der Partizipationsmöglichkeit – Wer darf mitentscheiden? – spielen dabei eine zentrale Rolle.  
Basierend auf den ‚Stufen der Partizipation‘ nach Arnstein (1969) entwickelte Kerstin Arbter ein  
dreistufiges Modell, das die Partizipationsmöglichkeiten unterteilt in: Information, Konsultation  
und Mitbestimmung (vgl. Arbter/Handler/Purker/Tappeiner/Trattnigg 2005: 9). Dieses Modell  
wurde als Leitfaden für die Erstellung der offiziellen Richtlinien für Partizipation der Stadt Wien  
verwendet: Der Masterplan partizipative Stadtentwicklung (vgl. MA 21 2017) ist das offizielle  
Instrument der Magistratsabteilungen, um informelle Beteiligung in die Planungsabläufe der Stadt  
Wien zu integrieren. Darüber hinaus steht auch das Praxisbuch Partizipation der Stadt Wien zur  
Verfügung, das sich in erster Linie an die Prozesstreibenden richtet und auf praktische Vorschläge  
zur Durchführung von Beteiligungsprozessen konzentriert (vgl. Arbter 2014: 12).  
2.2 Partizipation im Spannungsfeld von Inklusion und Exklusion  
Eine inklusive Stadt (vgl. Bukow/Berding/Cudak 2018: 13f.) sollte unterschiedliche Formen von  
Exklusion reduzieren und zur Realisierung der Menschenrechte im urbanen Raum beitragen.  
Hinsichtlich der Partizipation der Stadtbewohner:innen bei der Stadtplanung sind deshalb  
die Zusammenhänge zwischen Ausgrenzung und Wohngebiet einerseits und andererseits die  
unterschiedlichen Möglichkeiten, eine aktive Rolle bei der Entwicklung des Quartiers einzunehmen,  
zu berücksichtigen (vgl. Kronauer/Häußermann 2019: 197, 200). Die Gemeinwesenarbeit (GWA) wird  
alsFachkonzeptfürdieGestaltungundBegleitungvonBeteiligungsprozessenimdeutschsprachigen  
Raum herangezogen (vgl. Becker 2014; Drilling/Oehler 2016; Stövesand/Stoik/Troxler 2013).  
Aus der Perspektive der Sozialen Arbeit betrachtet, bieten Konzepte der GWA die Möglichkeit,  
Ungleichheiten, Ausschlüsse und Diskriminierung in Beteiligungsprozessen zu fokussieren – und  
ihnen entgegenzuwirken (vgl. z.B. Kirsch-Soriano da Silva/Stoik 2023; Stoik 2021).  
2.3 Bezüge zur Klimakrise  
Die Klimakrise trifft Menschen, die von Armut betroffen sind, am härtesten. Wie Yannik Liedholz  
(2023: 189) formuliert, sind „klimafreundliche Handlungsweisen [zudem] nicht für alle Menschen  
gleich zugänglich und finanzierbar“. Das Resümee der 13. Armutskonferenz im Mai 2022 lautete  
daher: „Klimaschutz kann nur dann erfolgreich sein und Akzeptanz finden, wenn er nicht sozial blind  
ist. Klimaschutz selbst muss Armut bekämpfen.“ (Appel et al. 2023: 11) Gerade von Armut betroffene  
und/oder obdachlose Menschen, aber auch Jugendliche sind auf öffentliche Räume in Städten  
angewiesen. Diese sind daher so zu gestalten, dass sie trotz Hitze eine hohe Aufenthaltsqualität  
haben. Hitze trifft vor allem jene, die sich nicht in klimatisierte Wohnungen oder Büros zurückziehen  
können (vgl. Haunold 2023: 179).  
Auch in Wien ist es dort, wo die Stadt am dichtesten gebaut ist und wo viele u.a.  
einkommensschwache Menschen leben, oft um mehrere Grad heißer als in anderen Vierteln. 2019  
wurde die Urban Heat Vulnerability Map im Auftrag der Stadt Wien erstellt (vgl. ECOTEN 2019).  
Diese kombiniert Klimadaten mit Sozialraumdaten, wodurch erhöhte Belastungen durch Hitze in  
verschiedenen Teilen der Stadt ausgemacht werden können. Laut Staller und Studer (2022) sind  
ein gesamtstädtisches Konzept und eine flächendeckende und partizipative Umgestaltung wichtig,  
da es bei kleinräumigen, teuren Neugestaltungen auch zu Gentrifizierungsprozessen kommen kann  
(vgl. ebd.: 48ff.). Maßnahmen im kommunalen Klimaschutz sollen nach Behr und Ahaus (2016) 1)  
gemeinschaftlich, 2) vor Ort und 3) thematisch offen sein und einen Bezug zur Alltagswelt aufweisen.  
2021 wurde von der derzeitigen Wiener Stadtregierung das Förderprogramm  
„Klimamusterstadt“ gestartet. Bis 2025 steht dazu ein Budget von jährlich 20 Millionen Euro zur  
Verfügung, mit dem Projekte finanziert werden sollen, die der Bodenentsiegelung, der Pflanzung von  
Bäumen und Grünflächen und dem Schwammstadtprinzip dienen. Ziel ist es, dass Wien bis 2040  
CO2-neutral wird. Ebenso verfolgen die „Smart City Rahmenstrategie“, das Klimaschutzprogramm  
KliP und InkA sowie der Stadtentwicklungsplan STEP 2025 diese Ziele.  
3
Forschungsfeld  
Für das Forschungsprojekt wurden drei Fallbeispiele innerhalb Wiens untersucht, in denen  
Beteiligungsverfahren stattfanden. Sie wurden in Hinblick auf ihre Verschiedenheit – der Demografie,  
der Verortung in Wien, der Funktion der Orte, der Organisation der Prozesse und der politischen  
Verhältnissen – ausgewählt, um eine Kontrastierung vornehmen zu können.  
3.1 Fallbeispiel Lerchenfelderstraße  
Die Umgestaltung der Lerchenfelderstraße wurde von den Bezirken Neubau (7.) und Josefstadt  
(8.) initiiert, um die Einkaufsstraße attraktiver und klimafitter zu gestalten. Die Organisation  
StadtPsychologie wurde mit der Koordination des Beteiligungsprozesses und des Projektteams  
beauftragt, wobei die Gebietsbetreuung und der Verein der Gewerbetreibenden Lebendige  
Lerchenfelder Straße eine aktive Rolle spielten.  
Abb. 2: Beteiligungsprozess Lerchenfelderstraße (eigene Darstellung)  
Das Projekt begann im Februar 2022 und die Aktivitäten erstreckten sich über die Jahre 2022 und  
2023. Es zeichnet sich durch eine klare Organisationsstruktur aus: Neben wöchentlichen Jour Fixes  
und regelmäßigen Treffen des Steuerungsteams (beide Bezirksvorstehungen) gab es sogenannte  
Resonanzgremien mit mehreren Magistratsabteilungen, den Wiener Linien und Vertreter:innen von  
Vereinen und Bürger:inneninitiativen.  
Im April 2022 wurden verschiedene Nutzungen der Straße anhand der Beobachtungen der  
Gebietsbetreuung erfasst. Die Involvierung der Bevölkerung erfolgte durch eine Straßenbefragung  
im Mai und Juni 2022. Im September 2022 wurden die Ergebnisse während zweier  
Abendveranstaltungen („Dialogforen“) in den Bezirksämtern mit Teilen der Anwohner:innenschaft  
diskutiert. Feedbackmöglichkeiten gab es auch im Kontext einer Ausstellung, die im Herbst 2022 im  
Büro des Vereins Lebendige Lerchenfelder Straße stattfand. Die Umgestaltung wurde bisher noch  
nicht umgesetzt.  
3.2 Fallbeispiel Meidlinger Markt  
Das zweite Beteiligungsverfahren fand im 12. Bezirk statt, es fokussierte das Gebiet rund um  
den Meidlinger Markt und ging von der Initiative MeiMeidling aus. MeiMeidling setzt sich für eine  
klimagerechte und partizipative Gestaltung im Bezirk ein. Anfänglich fand eine Steuerung und  
Anleitung durch die Gebietsbetreuung vor Ort statt. In weiterer Folge engagierte sich hauptsächlich  
die Bürger:inneninitiative für die Umgestaltung.  
Abb. 3: Beteiligungsprozess Meidlinger Markt (eigene Darstellung)  
Der spätere Beteiligungsprozess wurde direkt vom Bezirksvorsteher des 12. Bezirks in Form von  
drei Abendveranstaltungen übernommen, die zwischen April 2022 und April 2023 stattfanden.  
Parallel dazu fanden mehrere Grätzl-Treffen und das jährliche Klima-Grätzl-Fest von MeiMeidling  
statt. Letztere hatten einen informellen Charakter und zielten auf die Bewerbung der Initiative sowie  
die Bewusstseinsbildung bezüglich der Notwendigkeit von Klimawandelanpassungsmaßnahmen  
ab. Die Umsetzung der konkreten Umgestaltung einer Straße war für Frühjahr 2024 geplant.  
3.3 Fallbeispiel Quellenplatz  
Im dritten Beteiligungsverfahren ging es um die Gestaltung des Quellenplatzes im 10. Bezirk. Der  
Quellenplatz fungiert als Verkehrsknotenpunkt und zeichnet sich durch ein hohes Transitaufkommen  
und wenig Aufenthaltsqualität aus. Durch den Prozess sollte auf diese Probleme und die  
Notwendigkeit einer Verkehrsberuhigung hingewiesen werden.  
Abb. 4: Beteiligungsprozess Quellenplatz (eigene Darstellung)  
Die Umgestaltung des Quellenplatzes wurde im Juni 2021 von WieNeu+ initiiert. Aufgrund der  
Komplexität der Umgestaltung eines Verkehrsknotenpunkts konzentrierte sich die Projektarbeit  
zuerst auf die Koordination mit verschiedenen Dienststellen der Stadt Wien und den Wiener Linien.  
Die Bürger:innenbeteiligung, die die Gebietsbetreuung 10 durchführte, hatte die Funktion, dass  
diverse Akteur:innen für eine notwendige Umgestaltung sensibilisiert werden. Die Involvierung der  
Bürger:innen begann im September 2021 mit informellen Straßenbefragungen. Die Haupterhebung  
fand im September 2022 während einer ganztägigen Freiluftwerkstatt statt. Eine konkrete  
Umgestaltung des Quellenplatzes wurde bisher noch nicht geplant.  
4
Methodisches Vorgehen der Forschung  
4.1 Qualitative Perspektive  
Das Forschungsteam führte insgesamt 17 teilnehmende Beobachtungen (vgl. Slezak 2010) bei  
Versammlungen, Veranstaltungen, Workshops und Aushandlungsprozessen der drei untersuchten  
Fallbeispiele im Zeitraum von März 2022 bis November 2023 durch. Während der Beobachtungen  
wurden folgende Fragen berücksichtigt: Welche Themen werden von welchen Teilnehmenden  
aufgegriffen und behandelt? Welche Themen werden hingegen nicht aufgegriffen? Wie verlaufen  
diese Ausschlussprozesse?  
Zudem wurden qualitative Dokumentenanalysen (vgl. Deutschmann 2014) von  
verschiedenen, von den Prozesstreibenden produzierten Quellen durchgeführt – darunter  
Nutzungs- und Sozialraumanalysen, Protokolle, Prozessbeschreibungen, Einladungen zu  
Beteiligungsveranstaltungen, Flyer, Poster sowie Ergebnisse von Befragungen. Diese wurden  
inhaltsanalytisch untersucht, um die Ziele der Prozesse, angewendete Methoden und die sich  
im Laufe der Zeit durchsetzenden Interessen zu erfassen. Insgesamt wurden 40 fremde Quellen  
analysiert.  
Parallel dazu fanden insgesamt neun Gespräche, Expert:inneninterviews und Fokusgruppen  
(vgl. Dannecker/Vossemer 2014) mit den Prozesstreibenden statt, die zu verschiedenen Zeitpunkten  
der Forschung und mit unterschiedlichen Zwecken durchgeführt wurden: zum Feldeinstieg, zur  
Klärung offener Fragen bezüglich der Prozesse, zu den angewendeten Methoden und erreichten  
Personen sowie zur Reflexion der vorläufigen Ergebnisse mit den Prozesstreibenden am Ende der  
Forschung.  
4.2 Quantitative Perspektive  
Zur Bearbeitung der Frage, welche Menschen bei der Entwicklung öffentlicher Räume einbezogen  
bzw. ausgeschlossen werden, umfasste das Mixed-Methods-Design (vgl. Slezak 2014) zusätzlich  
zu den qualitativen Erhebungen auch standardisierte Befragungen. Mittels dieses quantitativen  
Verfahrens sollte die soziale Reichweite der Prozesse erhoben werden, wie sie auch im Masterplan  
Partizipative Stadtentwicklung (vgl. MA 21 2017: 96) beschrieben wird: „Für das Gelingen von  
Beteiligungsprozessen ist darauf zu achten, dass sich möglichst viele und unterschiedliche Personen  
beteiligen.“ Dementsprechend richteten sich die quantitativen Befragungen an jene Personen,  
die in den drei Fallstudien im Forschungszeitraum durch die Partizipationsmaßnahmen erreicht  
wurden. Als „in die Entwicklung öffentlicher Räume einbezogen“ wurden folglich alle Personen  
betrachtet, die an den Partizipationsangeboten der prozesstreibenden Akteur:innen teilnahmen.  
Zum einen gewährte die Befragung Einblicke in ihre Wahrnehmung der Stadtentwicklung und  
diente zur Triangulation mit den qualitativen Daten. Zum anderen erweiterte der quantitative Ansatz  
die Möglichkeiten einer Charakterisierung der einbezogenen Personengruppen anhand abgefragter  
sozio-demographischer Merkmale. Dadurch konnten die Befragten mit der Grundgesamtheit all  
jener Personen verglichen werden, die von den prozesstreibenden Akteur:innen adressiert wurden.  
Für die Auseinandersetzung mit eventuell exkludierten Personengruppen anhand sozio-  
demographischer Merkmale konnten verfügbare Bevölkerungsdaten herangezogen werden, die mit  
den Daten aus der Befragung verglichen wurden. Die Magistratsabteilung 23 der Stadt Wien (MA 23)  
stellte für das Forschungsprojekt aggregierte Bevölkerungsdaten auf Ebene der Zählsprengel zur  
Verfügung. Die Auswahl der entsprechenden Zählsprengel je Fallstudie erfolgte anhand der von den  
Prozesstreibenden adressierten Referenzgebiete. Für die beschriebenen Referenzgebiete der drei  
Fallstudien wurden von der MA 23 aggregierte Bevölkerungsdaten für insgesamt 32 Zählsprengel  
in Wien zur Verfügung gestellt. Die zugrundeliegenden Daten der Statistik Austria wurden am  
31.10.2020 erhoben und umfassen insgesamt 36.502 Personen (Lerchenfelderstraße: 20.738;  
Meidlinger Markt: 6.140; Quellenplatz: 9.624). Für das Fallbeispiel Lerchenfelderstraße wurden  
außerdem Sekundärdaten einer Sozialraumerhebung und Straßenbefragung (LeFe) herangezogen,  
die von den Prozesstreibenden (Gebietsbetreuung Stadterneuerung [GB*]) im Mai und Juni 2022  
durchgeführt wurden.  
Der entwickelte Fragebogen umfasste zehn Fragen und gliederte sich in die zwei Bereiche  
„Umgestaltungsthemen“ und „Sozio-Demographie“. Es wurden insgesamt 264 Teilnehmende  
bei sieben Veranstaltungen befragt, die von den Prozesstreibenden der drei Fallstudien zu  
Partizipationszwecken zwischen September 2022 und Mai 2023 durchgeführt wurden. Zusätzlich  
wurden zwischen Oktober 2022 und Jänner 2023 mit einer Online-Version des Fragebogens  
insgesamt 38 Personen befragt, die von den Prozesstreibenden einen Teilnahmelink per E-Mail  
erhielten.  
Abb. 5: Quantitative Befragungen. Dialogforum Lerchenfelderstraße.  
5
Forschungsergebnisse  
5.1 Inklusion – Exklusion  
Die quantitative Erhebung zeigte deutlich, dass gesellschaftlich benachteiligte Gruppen auch  
bei Beteiligungsprozessen nur sehr eingeschränkt inkludiert wurden. Bei den Merkmalen  
Staatsangehörigkeit, Bildungsabschluss und Beschäftigung zeigten sich in allen Fallbeispielen  
statistisch signifikante Unterschiede (α=0,05) zwischen den Beteiligten und der jeweiligen  
Referenzbevölkerung: Drittstaatsangehörige, Personen mit Pflichtschulabschluss und Arbeitslose  
wurden mit den Beteiligungsangeboten weniger erreicht bzw. konnten teilweise gar nicht erreicht  
werden.  
Personen mit Pflichtschulabschluss wurden am Meidlinger Markt und bei der  
Lerchenfelderstraße nicht erreicht (während diese Personengruppe in den Referenzbevölkerungen  
26% und 12% ausmacht); lediglich am Quellenplatz gaben 24% der erreichten Personen an,  
als höchsten Bildungsabschluss einen Pflichtschulabschluss zu haben (versus 43% in der  
Referenzbevölkerung).  
Grafik 1: Vergleich Forschungsfelder und Referenzgebiete mit Blick  
auf den Bildungsabschluss (eigene Darstellung).  
Die Daten zeigen deutlich, dass Menschen mit einem höheren Bildungsabschluss besser und  
Personen mit einem niedrigeren Bildungsabschluss schlechter erreicht wurden. Ähnliche Inklusions-  
bzw. Exklusionsprozesse zeigten sich auch in Bezug auf das Merkmal Beschäftigung: Arbeitslose  
Personen wurden bei der Lerchenfelderstraße im Beteiligungsprozess nicht erreicht (in der  
Referenzbevölkerung sind 5% arbeitslos); am Meidlinger Markt gaben 3% der erreichten Personen  
an, arbeitslos zu sein (versus 10% in der Referenzbevölkerung) und am Quellenplatz waren 5% der  
Erreichten arbeitslos (versus 14% in der Referenzbevölkerung). Erwerbstätige und Pensionist:innen  
waren bei den Beteiligungsprozessen stärker als in der Referenzbevölkerung vertreten.  
Grafik 2: Vergleich Forschungsfelder und Referenzgebiete mit Blick  
auf die Beschäftigungssituation (eigene Darstellung).  
Auch bei der Staatsangehörigkeit zeigten sich ähnliche Ergebnisse: Bei der Lerchenfelderstraße  
wurden keine Drittstaatsangehörigen erreicht, die in der Referenzbevölkerung allerdings 13%  
ausmachen; am Meidlinger Markt gab 1% der Erreichten an, Drittstaatsangehörige:r zu sein (versus  
27% in der Referenzbevölkerung); lediglich am Quellenplatz lag der Anteil an Drittstaatsangehörigen  
bei 13% (versus 39% in der Referenzbevölkerung). Aber auch ausländische EU-Bürger:innen wurden  
in allen drei Fallbeispielen weniger erreicht, als sie in der Referenzbevölkerung vertreten sind.  
Grafik 3: Vergleich Forschungsfelder und Referenzgebiete mit Blick  
auf die Staatsangehörigkeit (eigene Darstellung).  
EbenfallssignifikanteUnterschiede(α=0,05)zwischendenerreichtenPersoneninallenFallbeispielen  
und der jeweiligen Referenzbevölkerung zeigten sich hinsichtlich des Alters: Bei den 15- bis  
24-Jährigen lag der Anteil der erreichten Personen bei der Lerchenfelderstraße bei 4% (gegenüber  
14% in der Referenzbevölkerung) und beim Meidlinger Markt bei 6% (gegenüber 13%); lediglich  
am Quellenplatz lag der Anteil der Erreichten mit 13% etwas weniger deutlich unter den 16% der  
Referenzbevölkerung.  
Grafik 4: Vergleich Forschungsfelder und Referenzgebiete mit Blick  
auf die Altersgruppen (eigene Darstellung).  
Jüngere Menschen wurden also weniger gut erreicht als andere Altersgruppen. Die schwächere  
Repräsentation der Interessen von Jugendlichen und Kindern in den Beteiligungsprozessen wurden  
auch in der qualitativen Auswertung sichtbar (vgl. L19e, L20e, M12e).  
Statistisch signifikante (α=0,05) Unterschiede bei der Geschlechterverteilung zeigten  
sich indes lediglich beim Fallbeispiel Quellenplatz, wo mit 58% erreichten weiblichen Personen  
gegenüber 47% in der Referenzbevölkerung mehr Frauen erreicht werden konnten.  
Grafik 5: Vergleich Forschungsfelder und Referenzgebiete mit Blick  
auf Geschlecht (eigene Darstellung).  
Mittels der Auswertung des qualitativen Forschungsmaterials und der Triangulation mit den  
quantitativen Ergebnissen konnten verantwortliche Faktoren für die Inklusion bzw. Exklusion  
bestimmter Gruppen gefunden werden, die in Folge dargestellt werden.  
5.2 Programmatik (Prozesssteuerung)  
Die starke Fokussierung der Stadt Wien auf Klimaneutralität spiegelt sich in den Programmatiken  
der drei Beteiligungsprozesse wider, auch wenn diese insgesamt sehr unterschiedlich  
sind. Die Auswertung des Datenmaterials zeigte deutlich, dass bestimmte Themen, die mit  
Klimawandelanpassungsmaßnahmen verbunden waren, bereits bei der Konzeption der  
Beteiligungsprozesse vorgegeben wurden. Gleichzeitig wurden Inhalte, die im Widerspruch zur  
Programmatik stehen, weniger thematisiert. In allen drei Prozessen wurde der Schwerpunkt auf  
die Klimathematik durch das Förderprogramm „Lebenswerte Klimamusterstadt“ der Stadt Wien  
begründet (vgl. Q6f, M1e, M7e, M12e). Dadurch ergab sich eine Spannung zwischen der Offenheit  
der Prozesse sowie dem Ziel, möglichst viele Interessen einzubinden, und der Notwendigkeit von  
Klimawandelanpassungen.  
Die vorgegebene Programmatik beeinflusste bei den Fallstudien Meidlinger Markt und  
Lerchenfelderstraße den Leitfaden der jeweils im Mai 2023 und September 2022 im Rahmen der  
Bürger:innen-Beteiligung durchgeführten Straßenbefragungen insofern, als die gestellten Fragen  
gezielt auf verschiedene Klimawandelanpassungsmaßnahmen eingingen (vgl. M5f, L8f). Im  
Gegensatz dazu agierten die Prozesstreibenden beim Quellenplatz ergebnisoffener und methodisch  
inkludierend, was mit dem unterschiedlichen Stellenwert der Beteiligung in dieser Fallstudie erklärt  
werden kann. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Prozesstreibenden im Verlauf des  
Prozesses bewusst entschieden haben, welche Interessen gestärkt und welche geschwächt werden.  
Partizipationsprozesse wurden demnach genutzt, um bereits feststehende Projektziele zu erreichen  
und zu legitimieren. In anderen Worten: Die Prozessbetreiber:innen – sowohl Fachstellen als auch  
Bürger:inneninitiativen – instrumentalisierten die Anwohner:innen und Nutzer:innen öffentlicher  
Räume.  
Die stark vorgegebene Programmatik der Prozesse führte in Folge nicht nur dazu, dass  
verschiedene Themen nicht aufgegriffen wurden, sondern auch dass bestimmte Personengruppen,  
deren Interessen nicht mit den vordefinierten Inhalten übereinstimmen oder die nicht über ein  
bestimmtes Vorwissen verfügen, ausgeschlossen wurden.  
5.3 Partizipationsmethoden  
Die angewendeten Partizipationsmethoden nehmen Einfluss auf die Inklusion in die bzw. Exklusion  
aus den Beteiligungsprozessen. Das Forschungsprojekt zeigt, dass die Gestaltung des öffentlichen  
Raums die Beteiligung und das Interesse der Bürger:innen erhöhen kann. Die Vielfalt der Methoden  
trug dazu bei, den öffentlichen Raum für verschiedene Bevölkerungsgruppen zugänglicher und  
erlebbarer zu machen. Beispielsweise wurde der öffentliche Raum in Meidling durch Veranstaltungen  
wie das Klima-Grätzl-Fest und Maßnahmen wie das Aufstellen von Topfpflanzen und das Auslegen  
grüner Gras-Teppiche erlebbar gemacht (vgl. M10e). Ähnliches wurde am Quellenplatz beobachtet:  
Aktionen wie die Freiluftwerkstatt zielten darauf ab, das Interesse an der Umgestaltung zu wecken  
und die Raumwahrnehmung zu schulen (vgl. Q1e, Q9).  
Grafik 6: Freiluftwerkstatt am Quellenplatz.  
In der Lerchenfelderstraße wurden die unterschiedlichen Wirkungen verschiedener Methoden  
besonders sichtbar. Die Straßenbefragung konnte sehr viele unterschiedliche Menschen erreichen,  
während die hochschwelligeren Dialogforen stärker exkludierend wirkten. Das zeigt sich auch in der  
quantitativen Auswertung. Hinsichtlich der Beschäftigungssituation zeigt der Vergleich zwischen  
1.) der Straßenbefragung LeFe der Gebietsbetreuung (GB*) bei der Lerchenfelderstraße, den 2.)  
während des Forschungsprojekts Befragten und 3.) dem Referenzgebiet statistisch signifikante  
Unterschiede (α=0,05): Die Straßenbefragung erreichte eher die Referenzbevölkerung als die im  
Forschungsprojekt untersuchten Dialogforen.  
Tabelle 2: Vergleich der Befragung LeFe, Forschungsprojekt und  
Referenzgebiet hinsichtlich der Beschäftigung.  
Die Straßenbefragung erreichte hinsichtlich der Beschäftigungsverteilung eher die  
Referenzbevölkerung als die im Forschungsprojekt untersuchten Beteiligungsangebote. Ein  
weiterer Aspekt war die zeitliche Gestaltung der Dialogforen, die ausschließlich abends stattfanden  
und somit Personen mit Betreuungspflichten tendenziell ausschlossen. Kinder und Jugendliche  
waren ebenfalls kaum vertreten. Diese zeitliche Barriere zeigt, dass die Berücksichtigung von  
Lebensumständen und Alltagsverpflichtungen der Bürger:innen entscheidend ist, um eine breite  
und inklusive Beteiligung zu gewährleisten (vgl. L19e).  
Insgesamt zeigt sich, dass Partizipationsmethoden einen großen Einfluss auf die Inklusion  
in Beteiligungsprozessen haben. Eine vielfältige und erlebbare Gestaltung des öffentlichen Raums  
kann das Interesse und die Teilnahme von Anwohner:innen erhöhen, führt aber nicht zwangsläufig  
zu einer längerfristigen aktiven Beteiligung im Umgestaltungsprozess. Niedrigschwellige Methoden  
sind entscheidend, um eine breite und nachhaltige Beteiligung zu gewährleisten.  
5.4 Exklusion, Habitus und Symbolik  
Bei der Analyse der Exklusionsmechanismen innerhalb der partizipativen Prozesse spielten  
die Dimensionen Symbolik, Raum und Habitus eine wichtige Rolle. Niederschwellige  
Beteiligungsmethoden zeichnen sich dadurch aus, dass sie in lebensweltlich vertrauten Räumen  
stattfinden und somit eine größere Nähe zu den Bürger:innen aufweisen. Diese Methoden  
finden häufig im öffentlichen Raum statt und sind in der Regel informell, wodurch sie niedrigere  
Zugangshürden haben. Die Bürger:innen können in ihrer gewohnten Umgebung angesprochen  
werden, was die Bereitschaft zur Teilnahme erhöht und wodurch eine breitere Bevölkerungsschicht  
erreicht werden kann.  
Im Gegensatz dazu stehen hochschwellige Beteiligungsmethoden wie Dialogforen, die  
oft im formellen Rahmen eines Bezirksamts stattfinden und wo die Architektur und Einrichtung  
Autorität ausstrahlen. Die Sitzreihen, die frontal zu einem Pult für die Redner:innen angeordnet sind,  
schaffen eine klare Trennung zwischen den Prozesstreibenden und den Teilnehmer:innen. Dieses  
Setting kann eine distanzierte Atmosphäre erzeugen und das Gefühl der Nähe und Partizipation  
mindern. Die Symbolik dieser Räume trägt ebenfalls zur Exklusion bei. Die formelle Kleidung der  
Prozesstreibenden und Verwaltungsmitarbeiter:innen unterstreicht die hierarchische Struktur. Diese  
äußeren Merkmale können auf bestimmte Gruppen potenziell abschreckend wirken.  
Abb. 7: Dialogforum im Bezirksamt, Fallbeispiel Lerchenfelderstraße.  
Eszeigtsich,dasshochschwelligeBeteiligungsformatebestimmteBevölkerungsgruppentendenziell  
ausschließen, während niederschwellige Ansätze eine breitere und inklusivere Partizipation fördern  
können. Um partizipative Prozesse inklusiver zu gestalten, ist es daher essenziell, die symbolischen  
und räumlichen Rahmenbedingungen bewusst zu gestalten und an die Lebenswelten der  
Bürger:innen anzupassen.  
5.5 Zeit als Ausschlussfaktor in Partizipationsprozessen  
Die Forschung zeigt, dass die Exklusion von Bürger:innen und Nutzer:innen sowie von bestimmten  
Interessen im Laufe der Zeit zunimmt. Während am Beginn noch relativ viele unterschiedliche  
Menschen erreicht werden konnten, nahm die Diversität und die Quantität der Beteiligten im  
Laufe der Zeit ab. Ausschlusseffekte zeigten sich besonders dann, wenn die Prozesse komplexer  
wurden, beispielsweise in Bezug auf die Aushandlung unterschiedlicher Interessen bzw. auf  
das Treffen notwendiger Entscheidungen. Das zeigt beispielsweise der Vergleich zwischen der  
Straßenbefragung in der Lerchenfelderstraße und dem Dialogforum: Während an der initialen  
Straßenbefragung etwa 600 Personen teilnahmen, waren bei den späteren Dialogforen insgesamt  
etwa 40 Personen anwesend (vgl. L26f). Ähnliches zeigte sich in Meidling: Im Laufe der Zeit wurden  
die Bürger:innen-Versammlungen immer schwächer besucht (vgl. M2e, M12e, M13e). Während sich  
die erste Veranstaltung breiter mit klimafitten Maßnahmen beschäftigte, ging es bei den späteren  
um die konkrete Umgestaltung einer Gasse. Die Beteiligungsqualität war dabei sehr hoch; die  
anwesenden Bürger:innen nahmen Einfluss auf die Entscheidungen der Planer:innen. Allerdings  
waren am Ende der letzten Veranstaltung nur noch 4-5 Personen anwesend (vgl. M13e).  
5.6 Ausschluss durch politische Prozesse und Verwaltungsstrukturen  
Wesentliche Faktoren, die sich auf den Ausschluss von Bürger:innen auswirken, sind die politischen  
Prozesse und die Verwaltungsstrukturen. Zwei Aspekte werden in unserer Forschung besonders  
sichtbar. Erstens ist die Komplexität der Umgestaltungen aufgrund der Involvierung zahlreicher  
Verwaltungsabteilungen und Expert:innen für Bürger:innen nur begrenzt erfassbar und verständlich  
– selbst innerhalb der Verwaltung ist es fordernd, die unterschiedlichen rechtlichen, politischen  
und inhaltlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Sichtbar wurde das in den Fallstudien  
beispielsweiseindenDialogforenbeiderLerchenfelderstraße, wodieunterschiedlichenAkteur:innen  
der Verwaltung (von Magistratsabteilungen bis zu den Wiener Linien) sehr präsent waren. Deutlich  
wird dadurch, dass die Verwaltung wesentlich mehr Zeit aufwendet als die Bürger:innen, um der  
Komplexität der Umgestaltungen gerecht werden zu können. Die Koordination der Verwaltung  
erfolgt denn auch in Sitzungen ohne Bürger:innen-Beteiligung – vor, während und nach den  
jeweiligen Beteiligungsprozessen. Ähnliches trifft auf die politischen Prozesse zu. Nicht nur die  
Bezirksvorstehung bzw. die Bezirksvertretung mit den unterschiedlichen Fraktionen, sondern auch  
die Eingebundenheit unterschiedlicher politischer Ebenen (Bezirk – Stadt) erhöhen die Komplexität  
der Prozesse.  
Das verweist auf den zweiten Aspekt: Sowohl durch die Ressourcen, aber auch aufgrund  
ihrer Legitimation verfügen Verwaltung und Politik im Vergleich zu Bürger:innen über mehr Macht.  
Auf Verwaltungsebene werden die notwendigen Entscheidungen zumindest vorbereitet, auf  
politischer Ebener wird letztlich entschieden (vgl. Q21e, L23e). Bürger:innen-Beteiligung kann hier  
als „Störfaktor“ für die komplexen Prozesse in Politik und Verwaltung gesehen werden. Sie scheint  
nur eingeschränkt in die Prozesse integriert zu sein. Die Forschungsergebnisse zeigen deutlich,  
dass diese Prozesse zu Ausschlüssen von Bürger:innen und ihren Interessen führen.  
6
Empfehlungen  
Bürger:innen-Beteiligung strukturell besser verankern  
Beteiligungsverfahren sollten in den Verwaltungsstrukturen stärker verankert werden. Eine stärkere  
Verankerung würde die Machtungleichheit zwischen Verwaltung und Bürger:innen zwar nicht  
auflösen, könnte aber dazu führen, dass Beteiligungsverfahren als „konstruktive Störung“ in die  
Verwaltung eingebunden und erlebt werden.  
Transparenz über Partizipationsspielräume  
Die Forschung zeigt, dass Bürger:innen insbesondere bei den konkreten Entscheidungen nur  
eingeschränkt eingebunden werden. Deutlich wird auch, dass politische Grundsatzentscheidungen  
schon vor dem Beginn von Beteiligungsverfahren erfolgen – u.a. zu Klimamaßnahmen. Aus  
der Perspektive des Forschungsprojektes ist es zu begrüßen, wenn grundlegende politische  
Entscheidungen vorab getroffen werden. Dies ermöglicht, dass die Interessen der Menschen, die  
besonders auf öffentliche Räume angewiesen sind, a priori in die Umgestaltungen inkludiert werden.  
Programmatiken für eine klimafitte Stadt sorgen darüber hinaus dafür, Städte so zukunftsfähig  
zu gestalten, dass sie auch für nachfolgende Generationen noch als lebenswerte Orte erhalten  
bleiben. Gleichzeitig macht die Forschung deutlich, dass bereits getroffene Entscheidungen  
noch transparenter kommuniziert werden müssen. Alle Beteiligten müssen darüber informiert  
werden, worüber im Verfahren verhandelt werden kann und was außer Streit steht. Lediglich ein  
Programmname reicht nicht, um diese Partizipationsspielräume klarzumachen. Diese Transparenz  
kann Exklusionsprozesse zwar nicht endgültig beseitigen. Sie macht diese aber nachvollziehbarer.  
Relativierung überhöhter Ansprüche  
Die Forschungsergebnisse zeigen, dass Beteiligungsverfahren im Rahmen der Umgestaltung  
öffentlicherRäumenursehreingeschränktemanzipatorischeProzesseermöglichen.Wennüberhaupt  
können nur wenige inkludierte Bürger:innen Empowerment-Erfahrung machen. Ansprüche an  
Partizipationsprozesse, die Emanzipation von Bürger:innen zu befördern oder deren Vertrauen  
in Verwaltung und Politik zu erhöhen, scheinen zu hoch zu greifen. Insbesondere Begleitungs-  
Expert:innen ist zu empfehlen, eigene Erwartungen an die Prozesse zu überprüfen, um diese nicht  
zu überladen und Frustration bei sich selbst und beteiligten Akteur:innen auszulösen.  
Überprüfung der Reichweite des jeweiligen Beteiligungsverfahrens  
Um Exklusionsprozessen entgegenwirken zu können, ist es empfehlenswert, laufend zu überprüfen,  
welche Gruppen inkludiert und welche Gruppen im Verfahren ausgeschlossen werden. Dazu  
könnten Bevölkerungsdaten herangezogen werden, um zumindest grob zu überprüfen, wer vom  
Verfahren nicht erreicht wurde.  
Anwendung lebensweltnaher, raumbezogener Partizipationsmethoden  
Empfohlen werden Partizipationsmethoden, die sich nah am Alltag der Bürger:innen befinden  
und den umzugestaltenden Raum erlebbar machen. Befragungen sowie Aktionen im öffentlichen  
Raum und lebensweltnahe Methoden (wie Feste oder „planning for real“) eignen sich gut dazu,  
viele unterschiedliche Menschen anzusprechen – sie wirken inklusiv. Empfehlenswert ist zudem,  
einfache Sprache(n) zu verwenden und eine alltagsnahe Symbolik zu berücksichtigen. Je öfter  
inkludierende Methoden angewendet werden, umso breiter und diverser kann die Beteiligung  
werden. Die Forschung zeigt auch, dass die Anwendung unterschiedlicher Methoden die Inklusion  
unterschiedlichster Menschen befördert. Empfehlenswert ist es außerdem, mit Organisationen  
zusammenzuarbeiten, die spezifische Interessen aktiv einbringen können, beispielsweise solche  
aus den Bereichen Jugendarbeit oder aufsuchende Soziale Arbeit.  
Ausübung unterschiedlicher Funktionen durch Beteiligungsexpert:innen  
Beteiligungsexpert:innen kommen unterschiedliche Funktionen in den Verfahren zu. Einerseits  
sollen sie zwischen unterschiedlichen Interessen vermitteln, andererseits müssen sie darauf achten,  
dass weniger mächtige Interessen nicht ausgeschlossen werden. Um diese widersprüchlichen  
Rollen wahrnehmen zu können, empfiehlt sich eine personelle Trennung dieser Funktionen durch  
die Beteiligungsexpert:innen.  
7
Zusammenfassung  
DasvorliegendeForschungsprojektzeigt, dassBürger:innennurbegrenztinUmgestaltungsprozesse  
in öffentlichen Räumen inkludiert werden. Die Beteiligungsprozesse scheinen eher der Legitimation  
zu dienen. Die Forschung verdeutlicht, dass Beteiligungsprozesse stark von Akteur:innen genutzt  
werden, um eigene Interessen durchzusetzen. Das bevorzugt Akteur:innen aus Politik und  
Verwaltung sowie stark organisierte Bürger:innengruppen. Deutlich wird außerdem, dass Gruppen,  
die tendenziell gesellschaftlich ausgeschlossen sind, auch in Beteiligungsverfahren kaum erreicht  
werden können. Bemerkenswert ist dabei, dass sich dies auch bei fachlich und methodisch gut  
gestaltetenVerfahrenzeigt. ObwohlniederschwelligeundlebensweltnaheMethodenzurAnwendung  
kamen, konnte der Exklusion von benachteiligten Gruppen kaum entgegengewirkt werden. Das  
zeigte sich insbesondere im zeitlichen Verlauf der Projekte.  
Die Forschung zeigt aber auch, dass alltagsweltliche und raumbezogene Methoden  
zumindest punktuell inklusiv wirken. Das legt nahe, dass Beteiligungsmethoden zwar Einfluss auf die  
Inklusion benachteiligter Gruppen und Interessen nehmen können, dass andere Faktoren allerdings  
umso stärker auf die Exklusion wirken. Insbesondere die Komplexität der Prozesse in Politik und  
Verwaltung wirkt sich negativ auf die Inklusion von Bürger:innen aus – sowohl was die Quantität  
als auch was die Diversität der Beteiligung betrifft. Die Programmatik von Beteiligungsformaten  
und der Druck, klimafitte Umgestaltungen durchzuführen, stehen dabei quer zur Offenheit von  
Partizipationsprozessen. Interessen, die im Widerspruch zu einer festgelegten Programmatik  
stehen, werden tendenziell ausgeschlossen – auch mit der Begründung, dass Klimamaßnahmen  
in öffentlichen Räumen allen zugutekommen, insbesondere Menschen, die auf öffentliche Räume  
mehr angewiesen sind.  
Zu empfehlen ist daher nicht nur eine größtmögliche Transparenz hinsichtlich der  
Entscheidungsspielräume, die Anwendung vielfältiger lebensweltlicher Partizipationsmethoden,  
die gezielte Einbeziehung von Organisationen marginalisierter Bevölkerungsgruppen, sondern v.a.  
auch die stärkere strukturelle Verankerung von Beteiligungsprozessen.  
Verweise  
i
Der Begriff „Bürger:innen“ bezieht sich in diesem Artikel auf Menschen, die in einem Gebiet (z.B. einer Stadt) einen wichtigen Teil  
ihres Lebens verbringen, im Sinne einer „Stadtbürger:innenschaft, unabhängig von zugestandenen oder verweigerten politischen  
Bürger:innen-Rechten (vgl. MA 21 2017: 52).  
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Über die Autor:innen  
Sophie Gaidoschik  
Ist als Sozialpädagogin tätig und arbeitet nebenbei an unterschiedlichen Forschungsprojekten des  
Forschungszentrums für Soziale Arbeit an der FH Campus Wien mit.  
Johannes Gorbach  
Ist Absolvent der Sozialwissenschaften und des Masterstudiums Sozialraumorientierte Soziale  
Arbeit und als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FH Campus Wien, als Scientific Advisor bei  
der „Social Innovation Research Unit“, als Beiratsmitglied bei der Plattform gegen Einsamkeit in  
Österreich und als Prozessverantwortlicher für Wirkungsevaluierung beim Wiener Hilfswerk tätig.  
Elena Mitrenova  
ForschtundlehrtimBereichdernachhaltigenArchitekturundStadtentwicklungalswissenschaftliche  
Mitarbeiterin am Department Bauen und Gestalten der FH Campus Wien.  
Christoph Stoik  
Forscht und lehrt am Department Soziales an der FH Campus Wien zu Sozialer Arbeit im öffentlichen  
Raum, im sozialen Wohnbau und in der Stadtentwicklung.  
Elisabeth Winkler  
Ist Absolventin des Masterstudiengangs Sozialraumorientierte und Klinische Soziale Arbeit der FH  
Campus Wien.