Marion Neunkirchner & Emanuel Tananau Blumenschein. Vaterschaſt in Haſt. soziales_kapital, Bd.  
29 (2024). Rubrik: Nachbarschaſt. St. Pölten. Printversion: http://www.soziales-kapital.at/index.php/  
29. Ausgabe 2024  
Klimagerechtigkeit und Soziale Arbeit in Österreich  
Vaterschaft in Haft  
Marion Neunkirchner & Emanuel Tananau Blumenschein  
Zusammenfassung  
Das von Erasmus+ geförderte Forschungsprojekt NESTOR hat sich mit der Implementierung und  
Evaluierung von Elternschulen für Väter in Haft beschäftigt. Dabei wurde festgestellt, dass es in  
Österreich zwar lokale aber keine bundesweiten Angebote für Väter in Haft gibt. Der Beitrag legt  
aus soziologischer Perspektive dar, inwieweit sowohl die individuelle Ausübung von Vaterschaft in  
Haft als auch eine bundesweite Unterstützung von inhaftierten Vätern durch die Bedingungen und  
Funktionsweisen des Strafvollzugs verhindert werden. Dazu werden zunächst drei Dimensionen  
von involvierter Vaterschaft (Verantwortung, Interaktion und Verfügbarkeit) definiert, um daran  
anschließend das Zusammenspiel verschiedener struktureller Faktoren bei der Vaterschaft in Haft  
zu beschreiben. Abschließend resümieren wir, dass die Haftbedingungen einer ganzheitlichen  
Ausübung der Vaterrolle aus empirischer und theoretischer Perspektive entgegenstehen. Daraus  
leiten wir ab, dass Elternschulen als bundesweite Projekte zur Verbesserung der Ausübung von  
Vaterschaft in Haft in Österreich unter bestimmten Voraussetzungen gefördert werden sollten.  
Schlagworte: Vaterschaft, Haft, Gefängnis, Strafvollzug, Resozialisierung, Exklusion, Empirie,  
Vaterschaft in Haft  
Abstract  
The Erasmus+-funded research project NESTOR dealt with the implementation and evaluation of  
parenting schools for fathers in prison. The research indicates that there are local but no nationwide  
services for fathers in prison in Austria. The article presents a sociological perspective on the extent  
to which both the individual exercise of fatherhood in prison and nationwide support for imprisoned  
fathers are prevented by the conditions and functioning of the prison system. To this end, we first  
define three dimensions of involved fatherhood (responsibility, interaction and availability) and then  
describe the interplay of various structural factors in fatherhood in prison. Finally, we conclude  
that, from both an empirical and theoretical perspective, the conditions of imprisonment hinder  
the holistic exercise of the father role. From this, we conclude that parenting schools should be  
promoted as nationwide projects to improve the exercise of fatherhood in prison in Austria under  
certain conditions.  
Keywords: fatherhood, incarceration, prison, penal system, resocialization, exclusion, empirical  
research, fatherhood in prison  
1
Einleitung  
Die Haft restrukturiert das Leben der Inhaftierten. Das fängt mit den strikt geplanten und  
fremdbestimmten Tagesabläufen an und reicht bis zur Limitierung sozialer Kontakte. Dieser  
totalitäre Charakter des Strafvollzugs hat auch Auswirkungen auf die Vaterschaft während der Haft.  
Im Gegensatz zu Angeboten für inhaftierte Mütter, wie zum Beispiel Mutter-Kind-Hafträume oder  
die Anbindung eines Kindergartens an das Frauengefängnis Schwarzau, gibt es in Österreich keine  
vergleichbaren Initiativen für Väter. Gesetzliche Regelungen, welche die Aufrechterhaltung oder  
Verbesserung der Vater-Kind-Beziehung während der Haft in Österreich adressieren, fehlen.  
Diesem Thema – der Vaterschaft in Haft – widmet sich das Forschungsprojekt NESTOR. Im  
Rahmen einer Förderung durch ERASMUS+ wurde von 2021 bis 2024 in Griechenland, Bulgarien,  
Zypern und Österreich geforscht. Auf Grundlage einer Literaturanalyse und von Interviews mit  
betroffenen Vätern, Partnerinnen, Gefängnismitarbeitenden und Entscheidungsträger:innen wurde  
ein Curriculum für sogenannte Elternschulen für inhaftierte Väter in 19 griechischen Gefängnissen  
implementiert und evaluiert. Die Elternschulen haben zum Ziel, die inhaftierten Väter in ihrer Vaterrolle  
zu bestärken, indem sie die Eltern-Kind-Beziehung während der Haft unterstützen und Softskills für  
die Vaterschaft vor und nach der Entlassung vermitteln.  
In Österreich wurden im Zuge des Projekts NESTOR keine Elternschulen eingerichtet.  
Hierzulande wurden Desktop-Recherchen durchgeführt und Interviews mit Sozialarbeiter:innen und  
Pädagog:innenausdemStrafvollzugsowiemitanderenExpert:innenundEntscheidungsträger:innen  
geführt. Die Haft und damit auch die Vaterschaft in Haft werden in Österreich aufgrund der  
Verwaltungsstruktur der Gefängnisse bundesweit reglementiert. Während sich vor der Corona-  
Pandemie mehrere lokale Initiativen darum bemühten, das Ausüben aktiver Vaterschaft auch hinter  
Gittern zu ermöglichen, verblieben nationale Bestrebungen in der Planungsphase. Demzufolge  
war das lokale Geschehen zum Zeitpunkt der Datenerhebung im Jahr 2022 Hauptgegenstand der  
Untersuchung.  
DieUntersuchungzeigt,dassesinJustizanstaltenzwarVorkehrungenfürdieAufrechterhaltung  
der Eltern-Kind-Beziehung gibt, dass jedoch nicht alle davon flächendeckend eingerichtet sind.  
Familienfreundliche Besuchszeiten und die Einrichtung von geeigneten Besuchsräumen sind  
gesetzlich geregelt und unterliegen spezifischen Bestimmungen des Vollzugshandbuchs. Darunter  
fällt auch die Regelung, „auf eine kinder- und familienfreundliche Ausstattung Rücksicht“ (BMJ  
2024: 2) zu nehmen, die von allen Justizanstalten umgesetzt werden sollte (vgl. dazu auch StVG  
§ 94 Abs. 1; § 93 Abs. 2;). Spezielle Projekte für Väter in Haft werden bislang nur in vereinzelten  
Anstalten angeboten, wie z.B. die Möglichkeit, Tonaufnahmen für die Kinder anzufertigen oder die  
Durchführung begleiteter Eltern-Kind-Besuche. Die Umsetzung dieser Initiativen ist oft von den  
persönlichen Bemühungen der Anstaltsleitungen und Gefängnismitarbeitenden abhängig. Wie die  
Forschungsergebnisse zeigen, wird das Thema Vaterschaft in Haft vom österreichischen Strafvollzug  
also überwiegend lokal und personenspezifisch adressiert. Nationale Regelungen für inhaftierte  
Eltern existieren in Österreich nur für Mütter von Kleinkindern gemäß § 74 Abs. 2 StVG (vgl. Oberlaber  
2012). Ihnen stehen speziell ausgestattete Hafträume für den Verbleib der minderjährigen Kinder  
bis zum (maximal) dritten Lebensjahr zur Verfügung. Dazu kommt die Möglichkeit, die Inhaftierung  
von Personen aufzuschieben, die bis zu einem Jahr vor Haftantritt entbunden haben (vgl. StVG § 5  
Abs 2). Ähnliche gesetzliche Regelungen zur Unterstützung der Ausübung von Vaterschaft in Haft  
existieren nicht.  
Folgender Beitrag analysiert aus soziologischer Perspektive, inwieweit die individuelle  
Ausübung von Vaterschaft in Haft und eine gesetzliche bundesweite Unterstützung von inhaftierten  
Vätern durch die Bedingungen und Funktionsweisen des Strafvollzugs verhindert werden. Dazu  
werden zunächst drei Dimensionen von involvierter Vaterschaft (Verantwortung, Interaktion und  
Verfügbarkeit) definiert, um daran anschließend das Zusammenspiel verschiedener struktureller  
Faktoren der Vaterschaft in Haft zu beschreiben. In diesem Zusammenhang zeigen wir, inwiefern die  
Haftbedingungen einer ganzheitlichen Ausübung der Vaterrolle aus empirischer und theoretischer  
Perspektive entgegenstehen. Als mögliche Initiative schlagen wir die Einführung von Elternschulen  
als bundesweites Projekt zur Verbesserung der Ausübung von Vaterschaft in Haft auch in Österreich  
und unter bestimmten Voraussetzungen vor.  
2
Dimensionen von Vaterschaft  
Das Definieren von Vaterschaft ist kompliziert, u.a. weil die Vaterrolle zeitlich, geographisch und  
persönlich zu verorten ist und somit Variationen unterliegt (vgl. Lamb/Pleck/Charnov/Levine  
1985: 885–889; Day/Lewis/O`Brien/Lamb 2005: 347f.; Meuser/Neumann 2022: 28–31). Auch das  
Verhältnis von Vaterschaft und Männlichkeit ist ähnlich unklar. Das Thema Vaterschaft war in den  
Men Studies lange Zeit kaum vorhanden. Dort spricht Meuser von einer „geschlechtsexklusiven  
Zuweisung der Sphären von Familie und Beruf“ (Meuser/Neumann 2022: 92). Da die öffentliche  
Sphäre und nicht die private Hauptschauplatz für Männlichkeit ist, wird Vaterschaft zum Randthema  
in der Männlichkeitsforschung. Diese öffentliche, männliche Sphäre befasst sich mit der Produktion  
und dem Politischen, im Gegensatz zur privaten, weiblichen Sphäre der Reproduktion, also vor  
allem der Haus- und Familienarbeit (vgl. Bourdieu 2001: 8f.; 47–49). Auch wenn Männlichkeit  
durch die Vaterschaftsrolle definiert werden kann, sind alternative Verständnisse von Männlichkeit  
verbreiteter: Sie beziehen sich auf das Nicht-Männliche, die Weiblichkeit und auf Institutionen, allem  
voran auf die Arbeit (vgl. Connell 2015: 69–78, 103f.). Daraus folgt, dass Vaterschaft zwar nicht  
ohne Männlichkeit gedacht werden kann, Männlichkeit jedoch nicht durch Vaterschaft definiert  
werden muss – und dies auch häufig nicht wird. Anders verhält es sich bei der Vorstellung von  
Weiblichkeit, für die die Mutterrolle und damit verbundene Eigenschaften der Fürsorglichkeit und  
Verantwortungsübernahme als zentrale Definitionsmerkmale angenommen werden.  
Das Festlegen einer stringenten, allgemeinen Definition von Vaterschaft wird spätestens  
mit dem Übergang zu modernen Produktions- und Geschlechterverhältnissen erschwert, seitdem  
Väter also nicht mehr einzig in ihrer Funktion als Versorger verstanden werden (vgl. Meusser 2009:  
148–152). Es finden sich nun verschiedene Vaterschaftsrollen, die über die Versorgung hinaus auch  
die fürsorglichen Eigenschaften von Vätern umfassen. Vaterschaft kann also auch in Bezug auf die  
Interaktion zwischen Vater und Kind betrachtet werden. Diese Involvierung des Vaters im Leben der  
Kinder wird mit dem Begriff father involvement umschrieben, der sich von fatherhood (Vaterschaft)  
unterscheidet.  
Auf der einen Seite stehen die theoretischen Vaterschaftsdefinitionen (fatherhood), auf der  
anderen die praktische Ausübung (father involvement), also die Frage, wie und wieviel Zeit Väter  
mit ihren Kindern verbringen. Diese müssen keineswegs deckungsgleich sein, da sich zwischen  
normativer Vorstellung und gelebter Praxis Unterschiede finden lassen (vgl. LaRossa 1988: 451f.).  
Lamb et al. (1985: 884) unterscheiden beim father involvement drei Bestandteile: Die Interaktion mit  
dem Kind (interaction), die Verfügbarkeit des Vaters (availability) sowie das Ausmaß an Verantwortung  
(responsibility), die ein Vater für das Kind übernimmt. In Bezug darauf erarbeitete Palkovitz (1997:  
207–10) 15 Arten, wie Väter Vaterschaft ausüben können. Diese umfassen u.a. Lehren, Erledigungen,  
Fürsorge und kinderbezogene Pflegearbeiten, Verfügbarkeit, Planung, Zuneigung, Schutz sowie  
emotionale Unterstützung (vgl. ebd.: 209f.).  
Für diesen Beitrag werden Tätigkeiten in Haft im Sinne des father involvements nach Lamb et  
al. (1985) in Interaktion, Verfügbarkeit und Verantwortung unterteilt. Die ersten zwei Begriffe stehen  
tendenziell mit Eigenschaften der Vaterschaft in Verbindung, die mit den modernen Produktions-  
und Geschlechterverhältnissen entstehen. Die Vaterrolle wird hier als aktive verstanden, wodurch  
der Vater, abseits seiner traditionellen Rolle als Ernährer und Familienoberhaupt, verfügbar und  
interaktiv als Teil des unmittelbaren Lebens des Kindes gedacht wird. Die Verantwortung meint  
dabei eher Formen der Vaterschaft, die v.a. das Versorgen, Erziehen, aber auch Disziplinieren der  
Kinder inkludiert. Gute bzw. schlechte Vaterschaft lässt sich dann daran beurteilen, inwieweit das  
väterliche Handeln mit vorherrschenden Handlungsvorstellungen kongruent ist, d.h. inwieweit  
z.B. die Verfügbarkeit eines Vaters den gesellschaftlichen und milieuspezifischen Anforderungen  
entspricht (vgl. z.B. Palkovitz 2002: 39–42).  
Wird Vaterschaft als eine gesellschaftliche Rolle verstanden, die sich im Sinne des father  
involvements aus den Dimensionen Verantwortung, Interaktion und Verfügbarkeit zusammensetzt,  
leiten sich daraus spezifische Folgen für die Situation von Vätern in Haft ab. Die Möglichkeit der  
Interaktion mit dem Kind und die damit verbundene Verfügbarkeit und Verantwortungsübernahme,  
so zeigen die NESTOR-Interviews, sind einerseits aufgrund der exkludierenden Haftbedingungen  
weitgehendverunmöglicht.AndererseitskanninhaftiertenVäternaufgrundderStraffälligkeitaucheine  
gute Vaterschaft abgesprochen werden. Dies resultiert aus (durchaus berechtigten) Unterschieden  
in der öffentlich-normativen Bewertung der Vaterschaftsqualitäten aufgrund des Delikts (Väter,  
welche Missbrauch Minderjähriger verübt haben, vs. Väter, die wegen Betrugsdelikten inhaftiert  
sind). Inhaftierte Väter können im öffentlichen Diskurs daher auch als schlechte Vorbilder für ihre  
Kinder gelten, wie in verschiedenen Medienberichten ersichtlich wird (vgl. ORF 2024; Möseneder  
2024; Dehnhardt 2022; Double-G und Double-H 2020; KURIER 2024). Anhand der Interviews  
im NESTOR-Projekt zeigt sich, dass Väter aufgrund ihrer Straffälligkeit und Inhaftierung an ihrer  
Vaterschaft zweifeln, was zum Teil auf internalisierten Normen zu guter und schlechter Vaterschaft  
beruhen kann. Inwieweit das auf alle inhaftierten Väter zutrifft, lässt sich anhand der empirischen  
Erkenntnisse des Projekts nicht mit Sicherheit sagen. Es kann davon ausgegangen werden, dass  
vor allem Väter an den Elternschulen und Interviews teilgenommen haben, die sich während der  
Haft um ihre Vaterschaft bemühen. Um das Zusammenspiel verschiedener Bedingungen für die  
Ausübung von Vaterschaft in Haft zu verstehen, werden im folgenden Kapitel die Perspektiven der  
befragten inhaftierten Väter erläutert und mit theoretischen Einsichten in die Mechanismen der Haft  
verknüpft.  
3
Die Situation inhaftierter Väter und das Gefängnis als Institution  
3.1 Ergebnisse des Projekts NESTOR  
IndenInterviewsdesNESTOR-ProjektszeichnensichwiederkehrendeVorstellungendarüberab, wie  
Inhaftierte ihre Vaterschaft ausüben wollen – sowohl in als auch nach der Haft. Im Vordergrund steht  
die Ausübung einer ökonomischen Vaterschaftsfunktion. Vaterschaft ist für viele das Absichern der  
familiären Existenz durch ein ausreichendes Einkommen. Die befragten Väter diskutieren aber auch  
die Bedeutung der Interaktion mit ihren Kindern, egal ob während Besuchszeiten oder über Telefon  
und Internet. Die Ausübung von Vaterschaft während der Haft wird auch über regelmäßige Anrufe  
oder Umarmungen bei Besuchen mit den Kindern versucht, so weit als möglich aufrechtzuerhalten.  
Dieses Verständnis von Vaterschaft in Haft, welches nicht auf die Versorgerfunktion limitiert wird,  
zeigt sich auch in ähnlichen Studien (vgl. Adritti/Smock/Parkman 2005: 7, 9f.; Clarke et al. 2005:  
7–10).  
Die Empirie lässt insgesamt auf unterschiedliche Bedürfnisse inhaftierter Väter schließen. Manche  
meiden den Kontakt zu ihren Kindern und verschweigen die Haft, um keine schlechten Vorbilder zu  
sein. Im Gegensatz dazu finden sich auch andere Väter, die sich aktiv um die Aufrechterhaltung des  
Kontakts zu ihren Kindern bemühen. Eine „Wunsch-Vaterschaft“ inkludiert jedoch für die meisten  
Inhaftierten ein Maß an Verfügbarkeit und Interaktion mit ihren Kindern, die durch die Haftsituation  
jedoch nicht ausgelebt werden können. Ebenso kann die Verantwortung für das Kind nicht  
übernommen werden, da Gefangene großteils handlungsohnmächtig und nicht verfügbar sind. So  
beschreibt ein Vater: „I can’t follow the path they are going towards, to see how they grow up and  
influence their upbringing.“ (NESTOR Interview: F3WG)  
Die gesellschaftlichen Vorstellungen von Vaterschaft stehen bei Inhaftierten immer  
in Beziehung zu den vorherrschenden Haftbedingungen. Für Väter in Haft gilt, dass sie nur  
Funktionen ausüben können, die von der Haftinstitution ermöglicht werden. Dies kann auch dazu  
führen, so zeigen die Interviews, dass Inhaftierte an ihrer Vaterrolle zweifeln. Die Zweifel entstehen  
aufgrund der mangelnden regelmäßigen Teilhabe an der Fürsorgearbeit und wegen dem fehlenden  
Entgegenbringen von Zuneigung. Ein Vater beschreibt das folgendermaßen: „Because I am not  
there, there is no presence […]. And I need to be a father from a distance, [...] to be there when  
someone asks for an advice […].“ (NESTOR Interview: F4WG)  
Wie die Erfahrungen der Inhaftierten zeigen, ist Haft vom unmittelbaren Erleben  
gesellschaftlicher Exklusion geprägt. Alle Inhaftierten sind aus den täglichen Abläufen im  
gesellschaftlichen Leben exkludiert, da sie sich einerseits physisch in einem Gefängnis befinden  
und andererseits ihre Handlungsmacht und sozialen Interaktionen kontrolliert werden. Diese  
Exklusion hat Folgen sowohl in der Untersuchungshaft als auch in der Strafhaft nach Ausspruch  
eines Urteils. Sie ist nicht nur eine physische, sondern auch eine soziale Ausschließung (vgl.  
Cremer-Schäfer/Steinert 1998: 45–53; Steinert 2016), weshalb sie die Inhaftierten auch von  
Handlungen und Aufgaben abhält, die mit dem Vatersein verbunden sind. So können Gefangene  
keine kinderbezogene Pflegearbeit oder fürsorgliche Tätigkeiten wahrnehmen, beispielsweise die  
tägliche Versorgung mit Nahrung oder die Begleitung zu Kinderbetreuungseinrichtungen. Sowohl  
die Interaktion als auch die Verfügbarkeit und Verantwortung der Vaterrolle können während der  
Inhaftierung daher kaum bis gar nicht ausgeübt werden.  
Neben dieser offensichtlichen Exklusion jener Menschen, die sich in Haft befinden, ist  
der Haftalltag selbst geprägt von der Ausübung und Durchsetzung von Macht. Die Folgen der  
sozialen Ausschließung sind, ähnlich wie für Personen in Pflegeheimen, für die Inhaftierten täglich  
spürbar (vgl. Krajic/Dötig 2007; Goffman 1987). Goffman (1987) beschreibt diesen spezifischen  
Charakter der Gefängnisse mit ihren starren Abläufen als „totale Institution“. Damit ist gemeint,  
dass während der Haft alle zentralen Lebensbereiche durch die Gefängnisorganisation kontrolliert  
werden. Die Autonomie über Essen, Schlafen, Arbeiten, Freizeitgestaltung oder soziale Kontakte  
geht für die eingesperrten Individuen verloren (vgl. Pilgram 1978: 134). Foucault spricht in diesem  
Zusammenhang von einer „zwanghafte[n] Individualisierung durch den Abbruch jeder Beziehung,  
die nicht von der Macht kontrolliert oder hierarchisch geordnet war“ (Foucault 1979: 307). Dies  
betrifft selbstredend auch die Kontrolle aller Beziehungen der Vaterschaft. Das Prinzip der Isolierung  
in Haft steht der Rolle des Vaters entgegen.  
3.2 Theoretische Bezüge zur Institution Gefängnis  
Aus theoretischer Perspektive kann Haft als Hauptstrafe eines Herrschaftsverfahrens gesehen  
werden, welches juristisch-ökonomische und technisch-disziplinäre gesellschaftliche Funktionen  
übernimmt (vgl. Foucault 1979: 297). Die disziplinäre Funktion bezieht sich laut österreichischem  
Strafvollzugsgesetz auf den Zweck, „den Verurteilten zu einer rechtschaffenen und den  
Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepaßten Lebenseinstellung“ zu verhelfen (vgl. StVG  
§20). Zusammengefasst meint das all jene Aspekte, die heute mit dem Begriff der Resozialisierung  
beschrieben werden. Das Verhalten und die Persönlichkeit der Gefangenen sollen also dem  
Gesetzestext folgend während der Haft verändert und gebessert werden. Foucault formuliert dies  
folgendermaßen: „Die Gefängnisstrafe war immer schon eine ‚legale Haft‘ mit dem Zweck der  
Besserung bzw. ein Unternehmen zur Veränderung von Individuen, das durch die Freiheitsberaubung  
legalisiert wird.“ (Foucault 1979: 297)  
DasZielderResozialisierungistfürdenStrafvollzugdemzufolgediePersönlichkeitsveränderung  
der Straffälligen, wodurch neuerlichen Straftaten vorgebeugt werden soll (vgl. Pilgram 1978: 131).  
Die Gefängnisstrafe ist jedoch kein adäquates Mittel, um die angestrebte Veränderung zu erreichen.  
Da sie mit diversen Deprivationen einhergeht, wie beispielsweise der Abnahme von Statussymbolen  
während der Haft (Name, Titel, persönliche Gegenstände etc.), wirkt sie einer gesellschaftlichen  
Inklusion entgegen (vgl. Pilgram 1978: 134).  
Cremer-Schäfer und Steinert (1998: 40) beschreiben Strafvollzug als Teil der Institution  
„Verbrechen und Strafe“ und meinen damit einen ideologischen Staatsapparat, der gesellschaftliche  
Moralvorstellungen abdeckt, ohne dabei all die vielfältigen Strafbedürfnisse der Bevölkerung  
tatsächlich zu erfüllen. Strafe ist demnach vor allem auf einer ideologischen Ebene bedeutsam.  
Straffällig gewordene Individuen sollen durch die Haft zunächst öffentlich-wirksam exkludiert  
werden, um vor ihrer Rückkehr im Sinne der Resozialisierung verändert zu werden. Darin zeigt sich  
der Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Exklusion durch Haft und gleichzeitiger Bestrebungen  
der Inklusion durch Resozialisierung. Die Exklusion ist auch hinsichtlich der Realisierung von  
Vaterschaft folgenreich: Die Verweigerung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben beinhaltet  
auch den Entzug von väterlichen Pflichten und Aufgaben (Verantwortung) sowie die Kontrolle  
sozialer Kontakte (Interaktion, Verfügbarkeit) durch den Strafvollzug. Das Problem der sozialen  
Ausschließung aufgrund des Gefängnisaufenthalts kann jedoch nicht gelöst werden.  
In Allianz mit der Institution „Verbrechen und Strafe“ folgt die Sozialarbeit im Strafvollzug der  
institutionellen Logik von „Schwäche und Fürsorge“ (vgl. Cremer-Schäfer/Steinert 1998: 57–75, 64).  
Mit ihren Bemühungen zur Resozialisierung versuchen die Betreuungsdienste umzusetzen, was  
durch Strafe nicht möglich ist (vgl. Cremer-Schäfer/Steinert 1998: 62, 57–75, 64). In Foucaults Worten  
handelt es sich dabei um die Umerziehung des ‚Delinquenten‘ in Abgrenzung zum Rechtsbrecher.  
Gemeint ist damit, dass die Veränderung auf die delinquente Person als Ganze abzielt und daher  
Eigenschaften inkludiert, die über den direkten Deliktbezug (Rechtsbrecher) hinausgehen (vgl.  
Foucault 1979: 323). Dies kann sich auch auf solche Bestrebungen beziehen, welche die Ausübung  
„guter Vaterschaft“ unterstützen sollen. Institutionelle Resozialisierungsbemühungen, z.B. im  
Zuge der Elternschulen, versuchen auf symbolischer Ebene, gesellschaftliche Inklusion durch  
Elternschaft (vgl. Cremer-Schäfer/Steinert 1998: 62) zu erreichen, trotz der vorhandenen Exklusion  
der Inhaftierten aufgrund der Straffälligkeit.  
Eine Schlussfolgerung der beschriebenen institutionellen Logik ist, dass Haft eine Form  
gesellschaftlicher Exklusion darstellt. Väter in Haft sind damit physisch und sozial vom täglichen  
Leben ihrer Kinder ausgeschlossen. Die gesellschaftliche Inklusion, im Sinne der Unterstützung der  
Interaktion mit dem Kind, wird derzeit nur in lokalen Vaterschaftsprojekten einzelner österreichischer  
Haftanstalten angestrebt. Da es keine vergleichbaren bundesweiten Angebote für die Unterstützung  
inhaftierter Väter in Österreich gibt, findet der soziale Ausschluss daher strukturell statt, trotz  
möglicher Resozialisierungsbemühungen von Inhaftierten.  
Die gesellschaftliche Aufgabe der Haft ist abseits der Resozialisierung und Strafe auch  
eine unmittelbar schützende, da die Bevölkerung vor dem delinquenten Verhalten der Inhaftierten  
bewahrt werden soll. Expert:innen des Sicherheits- und Betreuungsbereichs in den Gefängnissen  
sind daher auch mit Aufgaben des Risikomanagements und der Risikoprognose konfrontiert (vgl.  
Simon 2000: 287). Demzufolge erscheinen die Zwecke des Strafvollzugs widersprüchlich: Einerseits  
soll die Inklusion der Gefangenen nach Vollendung der Haftstrafe in die Gesellschaft gelingen, wozu  
es Resozialisierungs- und Lockerungsmaßnahmen benötigt. Andererseits sollen die Inhaftierten  
durch den Freiheitsentzug bestraft und exkludiert werden, um keine neuen Delikte zu begehen.  
Das Thema Vaterschaft in Haft ist dabei von vornherein moralisiert, da es um straffällige  
Menschen geht, die mit Kindern in Kontakt kämen. So wird argumentiert, dass die Risiken, welche  
von der Haftsituation und den inhaftierten Eltern ausgehen, für Kinder von inhaftierten Vätern zu  
groß seien (vgl. Oberlaber 2012). Die Resozialisierung im Sinne einer Unterstützung der Beziehung  
des Vaters zu seinen Kindern steht damit der Sicherheit (der Kinder) durch die Haftstrafe entgegen.  
Womöglich ist diese Ambivalenz ein Grund für ausbleibende bundesweite Maßnahmen zur  
Beziehungsförderung von Vater und Kind während der Haft. Wird dieser Annahme gefolgt, stellt  
sich auch die Frage, inwiefern ähnlich pauschalisierte Narrative über die Gefährlichkeit inhaftierter  
Mütter wirken, die sich nur aufgrund der Straffälligkeit und nicht anhand konkreter Beobachtungen  
im Umgang manifestieren.  
4
Resümee  
Der Beitrag beschreibt aus empirischer und theoretischer Perspektive, wie das Ausüben von  
Vaterschaft in Haft erschwert wird. Abschließend soll nun zusammengefasst werden, welche  
Folgen sich daraus für Initiativen zur Unterstützung von Vaterschaft in Haft ergeben. Dabei werden  
Gründe für das defizitäre Angebot bundesweiter Maßnahmen hergeleitet sowie die Umsetzung von  
Elternschulen für Väter nach dem Vorbild des Projekts NESTOR diskutiert.  
4.1 Fazit zur Ausübung von Vaterschaft in Haft  
Wie die NESTOR-Projektergebnisse und die theoretische Analyse von Vaterschaft in Haft zeigen,  
wird das Ausüben der Vaterrolle für Inhaftierte aufgrund der gesellschaftlichen Exklusion und  
Deprivationen im Gefängnis sehr erschwert. Im Strafvollzug finden sich zwar einzelne Initiativen,  
die Väter im Sinne der Resozialisierung fördern sollen, spezifische bundesweite Maßnahmen fehlen  
jedoch. Daraus leiten wir zwei Befunde ab:  
1. Die involvierte Ausübung der Vaterschaft (father involvement) kann nicht mit der Zuschreibung  
von Vaterschaft in und durch die Institution „Verbrechen und Strafe“ in Einklang gebracht werden.  
Eingangs wurde zwar argumentiert, dass sich diffuse Definitionen von Vaterschaft und Männlichkeit  
finden lassen, mit Blick auf den Strafvollzug zeigt sich aber eine recht klare Rollenverteilung.  
Wie aus den ausbleibenden gesetzlichen Bestimmungen zur Stärkung der Vater-Kind-Beziehung  
abgeleitet werden kann, werden Väter in Haft vor allem in ihrer Rolle zur finanziellen Versorgung  
der Kinder und der Familie erkannt und adressiert. Dies lässt sich am Beispiel der Auszahlung  
von Unterhaltsvorschüssen während der Haft erkennen. Familien von Inhaftierten können einen  
Unterhaltsvorschuss gem. Unterhaltsvorschussgesetz beim Jugendhilfeträger beantragen,  
welcher dann nach der Haft von den Vätern zurückbezahlt werden soll (vgl. UVG). Auch wenn  
diese gesetzliche Maßnahme nicht ausschließlich für die finanzielle Unterstützung bei Inhaftierung  
eines Vaters angedacht ist, kommt sie aufgrund der mehrheitlich männlichen Insassenpopulation  
vermutlich überwiegend durch den Ausfall des väterlichen Einkommens zur Anwendung. Die  
staatliche Maßnahme orientiert sich folglich an der ökonomischen Realität ungleich verteilter  
ErwerbseinkommenundreproduziertdamitverbundeneGeschlechterverhältnisse.Derökonomische  
Aspekt väterlicher Verantwortung wird also durch die gesetzlichen Maßnahmen adressiert, er kann  
jedoch durch den minimalen Verdienst von Gefangenen während der Haft nur in geringem Ausmaß  
aufrechterhalten werden.  
Eine involvierte Vaterschaft, so wie sie auch von inhaftierten Vätern in den Interviews  
gewünscht wird, scheint – im Gegensatz zur Mutterschaft im Gefängnis und aus analytischer  
Perspektive – nur optional möglich zu sein. Denn bundesweite Maßnahmen zur Unterstützung der  
fürsorglichen väterlichen Tätigkeiten fehlen. Dies zeigt sich z.B. anhand nicht vorhandener Vater-  
Kind-Hafträume sowie durch die ausbleibenden Möglichkeiten des Strafaufschubs für Männer  
zur Kinderbetreuung nach einer Entbindung. Bei inhaftierten Müttern wird die fürsorgliche Rolle  
gegenüber dem Kleinkind aktiv durch die genannten gesetzlichen Maßnahmen gefördert.  
2. Verantwortung in der Vaterschaft umfasst neben dem ökonomischen Aspekt auch die Erziehung  
des Kindes. In abstrakter Hinsicht übernimmt auch der Strafvollzug ökonomische und erzieherische  
Verantwortung für die Inhaftierten, ähnlich wie Väter für ihre Kinder: Einerseits versorgt er sie mit den  
notwendigen Existenzgrundlagen, andererseits möchte er sie auch als Institution der „Schwäche  
und Fürsorge“ erziehen und disziplinieren. Die widersprüchlichen gesetzlichen Zwecke der Haft  
(BestrafungundResozialisierung)zeigendiesendisziplinierendenCharakter.DochdieDisziplinierung  
durchdieHaftanstaltenschafftstrukturelleHindernissefürVäter, dieselbstVerantwortunggegenüber  
ihrenKindernausübenwollen:ErstensziehtdieHaftdieExklusionderInhaftiertendurchdieAbnahme  
und Beschränkung u.a. von Status und Kontaktmöglichkeiten nach sich. Die Kontrolle der sozialen  
Kontakte und die damit einhergehenden Beschränkungen der Interaktion zwischen Vätern und  
Kindern verhindern eine aktive Teilnahme an der Erziehung und Disziplinierung. Zweitens verfällt  
die Möglichkeit zur Erziehung der Kinder nicht nur auf unmittelbarer interpersoneller, sondern auch  
auf symbolischer Ebene. Aufgrund der Straffälligkeit und dem damit angenommenen Risiko für die  
Kinder (vgl. Oberlaber 2012) wird auch in Frage gestellt, dass inhaftierte Väter Erzieher sein können  
und sollen. Dieses gesellschaftliche Infragestellen der Fähigkeit zur Ausübung von Vaterschaft in  
Haft wird ebenso in den NESTOR-Interviews beschrieben, sie wird besonders deutlich anhand der  
geäußerten Zweifel der Inhaftierten hinsichtlich der Erfüllung ihrer Vaterrolle.  
Zusammenfassend zeigt sich, dass Vaterschaft in Haft nur entlang eines beschränkten  
Handlungsrahmens ausgeübt werden kann. Einerseits prägen die nationalen oder staatlichen  
Rahmenbedingungen der Haft ein auf Verantwortung limitiertes Vaterschaftsverständnis ohne  
Interaktion und Verfügbarkeit. Andererseits werden auch jene auf Verantwortung limitierten Aspekte  
der Vaterschaft durch die Haftbedingungen erschwert, welche von nationalstaatlicher Seite erkannt  
werden. Nun stellt sich berechtigterweise die Frage, inwieweit und wie alle Aspekte von Vaterschaft  
überhaupt durch den Strafvollzug adressiert werden können. Da Restriktionen in der Logik des  
Strafvollzugs tief verankert sind, bedarf eine alternative Ausgestaltung von Vaterschaft in Haft  
weitreichender gesetzlicher Veränderungen. Die Einführung von Elternschulen in Haft stellt einen  
möglichen ersten Schritt dar, durch den die involvierte Vaterfunktion für Inhaftierte auch über die  
Versorgerrolle hinaus Anerkennung findet. Abschließend wird daher die mögliche Implementierung  
von Elternschulen in Österreich diskutiert.  
4.2 Elternschulen: Ein passendes Angebot für Väter?  
Die Evaluierung der Elternschulen im NESTOR-Projekt fällt insgesamt positiv aus und zeigt, dass  
sich Väter durch diese in ihrer Vaterrolle gestärkt sehen und sich um bessere Interaktion mit ihren  
Kindern sowohl während der Haft als auch danach bemühen. Inwieweit das auch Jahre nach den  
Vaterschaftskursen und der Inhaftierung bestehen bleibt, ist zu beobachten. Die Implementierung  
von Elternschulen hat jedoch keineswegs das Ausmaß von strukturellen Veränderungen. Obwohl  
durch sie versucht wird, die Fürsorgerolle von Vätern zu stärken, lassen die bestehenden  
Rahmenbedingungen nur sehr beschränkte Möglichkeiten für Verfügbarkeit und Interaktion  
bei den Vätern zu. Das ist auch insofern problematisch, als sich die Erarbeitung fürsorglicher  
Vaterschaftsmodelle positiv auf die Resozialisierung der Väter und das Wohlbefinden ihrer Kinder  
auswirken könnte (vgl. z.B. Dallaire/Kaufman 2018: 6f., 13f.). Die Maßnahmen bewirken indes  
hauptsächlich eine verbesserte Vaterschaft für die Zeit nach der Haft – als eine Art Training für die  
„Vaterschaft in der Zukunft“.  
Folgen wir der Kritik von Cremer-Schäfer und Steinert (1998), kann jedoch auch angenommen  
werden, dass sich die Moralisierung der Gefangenen in den Elternschulen fortsetzt. Da die Institution  
„Verbrechen und Strafe“ eine moralische und ideologische Wirkung auf gesellschaftlicher Ebene  
ausübt, besteht die Gefahr, dass der symbolische Effekt der Implementierung von Vaterschulen  
womöglich weitreichender ist als der tatsächliche Nutzen für die Betroffenen auf individueller  
Ebene (vgl. ebd.: 40). Zudem stellen Elternschulen, wie auch andere Gruppenangebote in Haft, ein  
Instrument sozialer Kontrolle in dem Sinne dar, dass deren Anwendung (vgl. ebd.: 44) das Wissen  
über die Inhaftierten und deren Besserungsabsichten erweitert. Dadurch werden nicht nur die  
Rechtsbrecher, sondern vor allem auch das Leben der Delinquenten zum Zweck der Veränderung  
adressiert (vgl. Foucault 1979: 318–320).  
Ein Blick auf den Selektionsprozess zur Teilnahme an den Elternschulen wirft ebenso Fragen  
der Moralisierung auf. Strafvollzugsmitarbeitende entscheiden anhand des Benehmens während  
der Haft und der Vorgeschichte, welche Inhaftierten teilnehmen dürfen. Entschieden wird damit  
auch, welche Väter gefördert werden sollen, was ein Stück weit den Status eines (potenziell)  
„guten Vaters“ vordefiniert. Nicht-Ausgewählten wird die Vaterschaft dahingegen abgesprochen.  
Eine Umsetzung der Elternschulen erfordert daher bereits eine relative Gleichstellung und ein  
Mitspracherecht der Väter im Auswahlverfahren. Denn erst, wenn die Teilnahme der Gefangenen  
nicht an deren Verhalten außerhalb der Gruppe gebunden ist, wenn den zivilen Gruppenleiter:innen  
Entscheidungsautonomie auch in Bezug auf gerichtliche Stellungnahmen zur Entlassung  
zugesprochen wird und wenn kein Gefängnispersonal während der Gruppensitzungen anwesend  
ist, kann Pilgram (1978: 145–147) zufolge eine Veränderung auf struktureller Ebene wirksam werden.  
Wenn sich die Rahmenbedingungen nicht ändern, bleibt die Vaterschaft in Haft weiterhin ein  
schwieriges Unterfangen. Ungeachtet der bewährten internen Gruppenangebote in Justizanstalten,  
wie z.B. Entlassungsgruppen, sollten diese Kriterien daher bei der Umsetzung von Elternschulen  
berücksichtigt werden.  
Die Teilnahme an Elternschulen kann aus struktureller Perspektive schließlich auch als  
Anpassung an die Haftstruktur und damit als Unterordnung unter Disziplin und ökonomische  
Kontrolle verstanden werden (vgl. Pilgram 1978: 131). Für die Inhaftierten ist die Gruppenarbeit  
aber auch gefährlich, weil sie sich aufgrund der Preisgabe persönlicher Information gegenüber  
anderen Teilnehmenden vulnerabel machen. Umso wichtiger ist daher die sorgfältige Regelung  
der Verschwiegenheit innerhalb der Gruppe sowie die Freiwilligkeit in Bezug auf die Bekanntgabe  
privater Daten (Namen oder Geburtstage der Kinder, Wohnort etc.). Im Projekt NESTOR wurde  
dafür den teilnehmenden Vätern die Option gegeben, fiktive Szenarien zu verwenden oder sensible  
Inhalte mit Gruppenleiter:innen im Zweier-Setting zu besprechen.  
Insgesamt können Elternschulen, so sie mit genannten Rahmenbedingungen implementiert  
werden, ein erster Schritt sein, um die Rolle von Vätern in Haft in allen drei Dimensionen –  
Interaktion, Verfügbarkeit und Verantwortung – zu stärken. Für eine nachhaltige und strukturelle  
Veränderung benötigt es aber bundesweit geregelte, gesetzlich verankerte Angebote, ähnlich wie  
sie z.B. durch die Einrichtung von Mutter-Kind-Hafträumen existieren. Besonderes Augenmerk sollte  
dabei auf Maßnahmen gelegt werden, bei denen Kinder nicht in Haft verbleiben. Beispielsweise  
könnte der Strafaufschub nach §5 Abs 2 StVG auch für Väter zur Anwendung kommen, deren  
Partner:innen schwanger sind oder entbunden haben. Derzeit gilt die Regelung ausschließlich für  
schwangere Personen oder jene, deren Entbindung zum Zeitpunkt ihrer Verurteilung weniger als  
12 Monaten zurückliegt (vgl. StVG). Durch diese gesetzliche Erweiterung könnte ein ganzheitliches  
VaterschaftsverständnisauchinstitutionelleAnerkennungndenundsolangfristigzurNeugestaltung  
der Vaterrolle für Inhaftierte beitragen.  
Verweise  
i NESTOR wurde unter der Fördernummer 621410-EPP-1-2020-1-EL-EPPKA3-IPI-SOC-IN im Rahmen des Erasmus+-Förderprogramms  
von der Europäischen Kommission gefördert. Mehr Informationen zum NESTOR Projekt finden sich hier: https://www.vicesse.eu/nestor.  
ii  
Im Zuge des Projekts wurden Handbücher für Trainer:innen und für Väter entwickelt. Diese stehen kostenfrei zum Download zur  
iii  
Anhand dieser Handlungsarten unterteilt Palkovitz father involvement weiter in das inventory of father involvement (IFI) (vgl. Hawkins  
et al. 2002: 189f.).  
iv  
Insbesondere ist die Verfügbarkeit von Vätern aufgrund der Limitation von sozialen Kontakten während des Ermittlungsverfahrens  
eingeschränkt.  
Literaturverzeichnis  
Arditti, Joyce A./Smock, Sara A./Parkman, Tiffaney S. (2005): It‘s Been Hard to Be a Father“: A  
Qualitative Exploration of Incarcerated Fatherhood. In: Fathering, 3(3), S. 267–288. https://doi.  
BMJ – Bundesministerium für Justiz (2024): Auskunftsbegehren zu GZ: 2024-0.701.378, Wien am  
8.10.2024. https://fragdenstaat.at/a/3216 (20.12.2024).  
Bourdieu, Pierre (2001): Masculine Domination. Stanford: Stanford University Press.  
Clarke, Lynda/O`Brien, Margaret/Godwin, Hugo/Hemmings, Joanne/Day, Randal D./Connolly, Jo/  
Van Leeson, Terri (2005): Fathering behind Bars in English Prisons: Imprisoned Fathers‘ Identity and  
Contact with Their Children. In: Fathering, 3(3), S. 221–241. https://doi.org/10.3149/fth.0303.221  
Connell, Raewyn (2015): Der gemachte Mann. Konstruktion und Krise von Männlichkeit. 4. Aufl.  
Wiesbaden: Springer VS.  
Cremer-Schäfer, Helga/Steinert, Heinz (1998): Straflust und Repression: Zur Kritik der populistischen  
Kriminologie. Münster: Westfälisches Dampfboot.  
Dallaire, Danielle/Kaufman, Rebecca (2018): Parenting Programs for Incarcerated Fathers.  
Fatherhood Research & Practice Network. https://www.frpn.org/asset/frpn-research-brief-  
Day, Randal D./Lewis, Charlie/O`Brien, Margaret/Lam, Michael E. (2005): Fatherhood and Father  
Involvement. Emerging Constructs and Theoretical Orientations. In: Bengtson, Vern L./Acock, Alan  
C./Allen, Katherine R./Dilwoth-Anderson, Peggye /Klein, David M. (Hg.): Sourcebook of Family  
Theory and Research. Thousand Oaks/London/New Delhi: Sage Publications, S. 341–365.  
Dehnhardt, Patrick (2022): Wenn der Papa im Knast sitzt. Gießener Allgemeine vom 27.01.2022.  
(20.09.2024).  
Double-G und Double-H (2020): Wie kann es dazu kommen, dass Jugendliche kriminell werden?  
Eine Ursachenforschung. Schreibgruppe der JVA Hahnöfersand. In: Jugendserver: Haftnotizen,  
Foucault, Michel (1979): Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. 3. Aufl. Frankfurt  
am Main: Suhrkamp.  
Goffman, Erving (1987): Asylums: Essays on the social situation of mental patients and other  
inmates. London: Penguin (Repr.).  
Hawkins, Alan J./Palkovitz, Rob/Bradford, Kay P./Christiansen, Shawn L./Day, Randal D./Call,  
Vaughn R.A. (2002): The Inventory of Father Involvement. A Pilot Study of a New Measure of Father  
Involvement. In: Journal of Men‘s Studies, 10(2), S. 183–196. https://doi.org/10.3149/jms.1002.183  
Krajic, Karl/Dötig, Charlotte (2007): Organisationssoziologische Perspektive auf die Altenbetreuung  
und-pflege:InstitutionenundNetzwerke. WienerNeustadt:FerdinandPorscheFernfachhochschule.  
KURIER (2024): Vater macht Sohn zu siebenfachem Räuber: Acht Jahre Haft. 19.09.2024. https://  
(21.09.2024).  
Lamb, Michael E./Pleck, Joseph H./Charnov, Eric L./Levine, James A. (1985): Paternal Behaviour in  
Humans. In: American Zoologist, 25(3), S. 883–894. https://doi.org/10.1093/icb/25.3.883  
LaRossa, Ralph (1988): Fatherhood and Social Change. In: Family Relations, 37(4), S. 451–457.  
Meuser, Michael (2009): Männer und Familie – Perspektiven aus der Männlichkeitsforschung In:  
Kapella, Olaf/Rille-Pfeifer, Christiane/Rupp, Marina/Schneider, Norbert F. (Hg.): Die Vielfalt der  
Familie. Tagungsband zum 3. Europäischen Fachkongress Familienforschung. Leverkusen: Barbara  
Budrich, S. 145–156.  
Meuser, Michael/Neumann, Benjamin (2022): Vaterschaft. In: Haller, Y. Lisa/Schlender, Alicia (Hg.):  
Handbuch Feministische Perspektiven auf Elternschaft. Leverkusen: Barbara Budrich, S. 27–38.  
Möseneder, Michael (2024): Blutschandeprozess: Vater muss ins Gefängnis. Gerichtsreportage.  
DerStandard  
vom  
17.07.2024.  
Oberlaber, Johannes (2012): Kindererziehung in Haft (als Privileg der Frau)? https://rdb.manz.at/  
ORF (2024): Vier Tote an US-Schule: Vater des Schützen in Haft. 06.09.2024. https://orf.at/  
stories/3368691/ (21.09.2024).  
Palkovitz, Rob (1997): Reconstructing “Involvement” Expanding Conceptualizations of Men’s Caring  
in Contemporary Families. In: Hawkins, Alan J./Dollahite, David C. (Hg.): Generative Fathering:  
Beyond Deficit Perspectives. Thousand Oaks : Sage Publications, S. 200–216.  
Palkovitz, Rob (2002): Involved Fathering and Men’s Adult Development – Provisional Balances.  
London: Lawrence Erlbaum.  
Pilgram, Arno (1978): Herrschaft durch Korruption. Randbedingungen der Gruppenarbeit in  
Gefängnissen. In: Borneman, Ernest/Huber, Jakob (Hg.): Soziale Identität und Gruppendynamik: Zur  
Bildung individueller und kollektiver Identität im Alltag, im Betrieb, im Krankenhaus, im Gefängnis.  
Klagenfurt: Kärntner Dr.- u. Verl.-Ges., S. 131–150.  
Simon, Jonathan (2000): The ‘Society of Captives’ in the Era of Hyper-Incarceration. In: Theoretical  
Criminology, 4(3), S. 285–308. https://doi.org/10.1177/1362480600004003003  
Steinert, Heinz (2016): Soziale Ausschließung: Produktionsweisen und Begriffs-Konjunkturen. In:  
Klimke, Daniela/Legnaro, Aldo (Hg.): Kriminologische Grundlagentexte. Wiesbaden: Springer VS,  
S. 203–217.  
StVG – Strafvollzugsgesetz 1969, BGBL. Nr. 144/1969, idF. BGBl. I Nr. 223/2022.  
UVG – Unterhaltsvorschussgesetz 1985, BGBl. Nr. 451/1985 , idF. BGBl. I Nr. 61/2018. https://  
Über die Autor:innen  
Marion Neunkirchner, BA MA  
Forscht als Soziologin bei VICESSE Research GmbH zu Gewalt, Gefängnis, Digitalisierung und  
Technik. Hat BA Soziale Arbeit (FH Campus Wien) und MA Soziologie (Universität Wien) studiert, nun  
Dissertantin in Soziologie (Universität Wien). War Sozialarbeiterin im Strafvollzug (2015–2023) und  
ist seit 2024 in der Lehre (Techniksoziologie, FH Technikum Wien) tätig. Forschungsschwerpunkt:  
Strafvollzug.  
Emanuel Tananau Blumenschein, BA  
Arbeitet als Researcher bei VICESSE Research GmbH zu den Themen Häusliche Gewalt und  
Geschlecht. Studiert hat Emanuel Sinologie und Politikwissenschaften an der Universität Wien mit  
dem Schwerpunkt Partizipation in Autoritären Regimen.