Eberhard Raithelhuber & Marija Mitic. Soziales Mentoring in Österreichs Hochschulen. Was bedeutet das für
die Soziale Arbeit? soziales_kapital, Bd. 30 (2025). Rubrik: Sozialarbeitswissenschaſt. Innsbruck. Printversion:
30. Ausgabe 2025
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Soziales Mentoring in Österreichs Hochschulen
Was bedeutet das für die Soziale Arbeit?
Eberhard Raithelhuber & Marija Mitic
Zusammenfassung
Soziales Mentoring ist ein sozial innovatives Modell der sozialen Intervention, das in Europa
zunehmend Anwendung findet. Dabei „matcht“ eine soziale Organisation eine_n Freiwillige_n mit
einer Person aus einer benachteiligten Gruppe und begleitet das neue Mentor-Mentee-Tandem
über mehrere Monate. Bisher ist allerdings wenig über soziale Mentoring-Programme bekannt, die
von österreichischen Hochschulen getragen werden. Basierend auf einer aktuellen Studie stellt der
Artikel Überlegungen dazu an, welche Bedeutung solche Tandem- und Patenschaftsprogramme für
die Soziale Arbeit haben. So könnte soziales Mentoring in die akademische Ausbildung integriert
werden und Studierenden wertvolle Praxiserfahrungen vermitteln. Darüber hinaus könnte es im
tertiären Bildungsbereich von der Sozialen Arbeit genutzt werden, um ihre Reichweite und Wirkung
zu erhöhen. Der Beitrag regt dazu an, Mentoring-Programme mit der Forschung, Ausbildung und
Praxis der helfenden Berufe zu verknüpfen.
Schlagworte: soziales Mentoring, Hochschulbildung, Österreich, gesellschaftliches Engagement,
soziale Intervention, Sozialarbeit und Sozialpädagogik, soziale Inklusion
Abstract
In Europe, social mentoring is a socially innovative model of social intervention that is increasingly
being used. A social organization facilitates the establishment of a relationship between a volunteer
and an individual facing social disadvantages, providing support over a period of several months.
At present, there is a dearth of knowledge about such programs offered at or organized by Austrian
universities. Basedonarecentstudy, thearticleexaminestherelevanceofsocialmentoringprograms
for social work and social pedagogy. Integrating social mentoring into academic education, for
example, could provide students with valuable practical training. In addition, social mentoring
based in tertiary education could increase the scope and enhance the impact of social work and
social pedagogy. The article proposes that these programs be connected with research, education,
and practice in the helping professions.
Keywords: social mentoring, higher education, Austria, community engagement, social intervention,
social work and social pedagogy, social inclusion
1
Intro: Fachliche Szenarien und persönliche Reflexionen
Der Begriff Social Mentoring wird in Europa für Programme verwendet, die auf zivilgesellschaftliches
Engagement setzen. Im Deutschen sind sie auch als Patenschaften oder Tandemprojekte
bekannt (vgl. Jakob/Schüler 2024). Sie sind an der Schnittstelle von Öffentlichem und Privatem
positioniert, da sie Freiwillige organisieren, um „soziale Probleme“ (vgl. Best 2020) im Rahmen einer
Interventionsform zu bearbeiten, die sich mit Kaufmann (2002: 101, Fußnote 39) als „pädagogisch“
beziehungsweise „personenbezogen“ beschreiben lässt. Denn solche Interventionen zielen
in Trägerschaft von Staat, intermediären Instanzen oder kollektiver Selbsthilfe typischerweise
darauf ab, durch Kommunikation eine „Verbesserung der Handlungskompetenzen von Personen“
(Kaufmann 2002: 104) zu bewirken. In sozialen Mentoring-Programmen werden Mentor_innen
von Koordinator_innen ausgewählt, vorbereitet und dann mit einer Person in einer benachteiligten
Situation (Mentee) – bspw. neu Zugewanderte, Heranwachsende mit Unterstützungsbedarf oder
Ältere, die sich mehr Kontakt wünschen – zusammengebracht. Die anschließenden Aktivitäten,
die einige Stunden pro Woche über mehrere Monate umfassen, bestimmen Mentor_in und Mentee
selbst. Als asymmetrische, aber wechselseitige wird die Beziehung so angelegt, dass beide Seiten
davon profitieren. Eine solche informelle und „persönliche Beziehung“ (vgl. Raithelhuber/Bauer/
Loch/Sting 2023) wird häufig initiiert, um das psychosoziale Wohlbefinden zu steigern, Orientierung
zu geben, soziale und ökonomische Teilhabe zu fördern, Übergänge im Lebenslauf zu unterstützen
oder – ganz allgemein – um die Situation der Mentees zu verbessern. Abstrakter ausgedrückt geht
es darum, Inklusion anzustreben oder (drohender) Ausgrenzung entgegenzuwirken.
Auch in Österreich bauen soziale Mentoring-Programme vor allem auf Freiwillige, die
zu Mentor_innen werden. Die Angebote sind vielfach in zivilgesellschaftlichen Organisationen
verankert, wobei kaum bekannt ist, dass auch einige Hochschulen solche Programme realisieren.
In der europäischen Forschung gibt es zudem noch wenig Erkenntnisse über soziales Mentoring an
Hochschulen. Dieser Artikel stellt einen ersten Versuch dar, die Situation in Österreich zu beleuchten
und einen Bezug zur Sozialen Arbeit herzustellen.
2
(Forschungs-)Überblick
Verschiedene Formen des Mentorings haben sich insbesondere in den USA verbreitet und wurden
dort auch intensiv untersucht. Die dortigen Ansätze haben die Forschung in anderen Regionen
beeinflusst (vgl. Preston/Prieto Flores/Rhodes 2019). In Europa entwickelt sich jedoch zunehmend
eineigenständigerDiskursrundumdasjungePhänomendessozialenMentorings.Wissenschaftliche
Studien befassen sich mit seinen Funktionen für soziale Unterstützung, soziale Netzwerkbildung,
kritische Autonomie, soziales Kapital oder Resilienzförderung (vgl. Brady/Dolan/McGregor
2020; Prieto Flores/Feu/Casademont/Alarcón 2021; Prieto Flores/Feu 2021). Soziale Mentoring-
Programme werden auch als Möglichkeit diskutiert, soziale Aufwärts-Mobilität und Kohäsion zu
fördern. Sie werden teils als Ergänzung zu den staatlichen Sicherungssystemen oder als Ausgleich
für deren Unzulänglichkeiten gesehen. Denn für stark marginalisierte Bevölkerungsgruppen ist
soziales Mentoring oft eine der wenigen Möglichkeiten, um Zugang zu sozialen Dienstleistungen zu
erhalten und soziale Rechte zu verwirklichen (vgl. Raithelhuber 2024a).
Um diese wohlfahrtspolitische Dimension zu fassen, sprechen Forschende auch von
„mentoring for social inclusion“ (z.B. Prieto Flores/Feu 2021). Raithelhuber (2024a, 2024b) zufolge
haben sich solche Programme als Teil einer „bottom-linked governance“ (Moulaert/MacCallum/
van den Broeck/Garcia 2019) entwickelt. Sie stellen in ihren jeweiligen Bereichen sozial innovative
Initiativen und Aktivitäten dar, da sie lokale zivilgesellschaftliche Akteur_innen (Organisationen und
Individuen)undderenHandlungsformeneinbeziehen.SolcheProgrammegestaltenihreBeziehungen
zu heterogenen Akteur_innen im sozialen, wirtschaftlichen und politischen Kontext so, dass soziale
Probleme auf neue und konkrete Weise in einer persönlichen Weise durch das Engagement von
Bürger_innen angegangen werden. Aktuell institutionalisieren und professionalisieren sich solche
Programme. Sie sind Gegenstand staatlicher Politik und werden sowohl durch private Geber_
innen als auch durch die öffentliche Hand finanziert. Raithelhuber (2024b: 181) beschreibt soziales
Mentoring in Europa daher als Teil der Mehrebenen-Governance in den Bereichen Wohlfahrt und
Migration.
Im österreichischen Kontext lässt sich ebenfalls beobachten, dass soziales Mentoring zu
einem Element des Wohlfahrtspluralismus geworden ist. So werden Programme aus den Budgets
der Kinder- und Jugendhilfe bezuschusst und sind Gegenstand von Ausschreibungen im sozialen
Dienstleistungssektor. In einigen Fällen wurden entsprechende Angebote von staatlichen Stellen
initiiert, wie den Kinder- und Jugendanwaltschaften. Mentoring wird im Sozialbereich aktiv genutzt,
um Zielgruppen zu unterstützen, deren Bedürfnisse unzureichend berücksichtigt werden. Teilweise
vermitteln private oder öffentliche Träger Kinder und Jugendliche zur Aufnahme. Zudem verfügen
Angehörige von Mentoring-Organisationen über akademische Qualifikationen im psychosozialen
Bereich – auch in der Sozialarbeit und Sozialpädagogik.
Angesichts dessen verwundert es, dass es in Österreich nur wenige Publikationen zu diesem
sich entwickelnden Feld gibt. Von den wenigen existierenden Beiträgen beschäftigen sich einige
umfassend mit Mentoring-Programmen (vgl. Raithelhuber 2018, 2019a, 2019b, 2021), andere
fokussieren auf einzelne Aspekte wie Geschlecht (vgl. Scheibelhofer 2019) oder den Einfluss von
Eigenschaften der Mentees und Mentor_innen auf die Programmwirksamkeit (vgl. Neuwirth/Wahl
2017). Insgesamt mangelt es jedoch an wissenschaftlichen Erkenntnissen und Statistiken. Auch die
Diskussion aus der Perspektive der Sozialen Arbeit steht am Anfang.
Eine wichtige Entwicklung in der Praxis war die Gründung von Mentoring Austria im Mai
2024, eine Initiative, die dem Netzwerk Mentoring Europe angeschlossen ist. Auch ein an einer
Universität angesiedeltes Programm ist bereits Mitglied dieser nationalen Interessensvertretung
geworden, die ansonsten soziale Organisationen umfasst. Dies erscheint wenig, wenn man bedenkt,
dass in Österreich die Hälfte aller sozialen Mentoring-Programme in tertiären Bildungseinrichtungen
verankert ist.
3
Soziales Mentoring im Kontext Hochschule
Auch für den Hochschulbereich gilt, dass soziales Mentoring bisher kaum im Blick der
wohlfahrtspolitischen Debatte ist und nur selten als Teil des Sozialbereichs wahrgenommen
wird. Dies gilt ebenso für die internationale Bühne. Auch ist die Schnittstelle zwischen solchen
Programmen und Ausbildungen in den helfenden Berufen – d.h. der sozialen, pflegerischen,
beratenden, therapeutischen und medizinischen Berufe – spärlich beleuchtet. Gleiches gilt für die
Lehramtsausbildungen.
Eine Beschreibung des Gesamtphänomens in Europa wird durch den Mangel an
Studien erschwert. Unsere Darstellung stützt sich daher teilweise auf qualitative Interviews mit
Koordinator_innen von Programmen an Hochschulen in Österreich, auf Erkenntnisse mit weiteren
Schlüsselpersonen im Feld sowie auf „graue Literatur“. Näherungsweise lässt sich festhalten, dass
sich soziale Mentoring-Programme im Hochschulbereich an unterschiedliche sozial benachteiligte
Gruppen richten, darunter Kinder- und Jugendliche im Schul- und Ausbildungsalter sowie
Studierende. Hochschulen arbeiten dabei teils mit Schulen und sozialen Organisationen zusammen,
aber auch mit Wirtschaftsunternehmen. Studien aus Irland (vgl. Brady et al. 2024) und Spanien (vgl.
Prieto Flores/Feu/Casademont 2016) sowie Berichte von Schlüsselakteur_innen (vgl. Sild Lönroth/
Nilsson 2007; Sild Lönroth 2024) deuten darauf hin: Hochschulen haben eine zentrale Rolle bei der
Entwicklung des sozialen Mentoring gespielt.
Soziales Mentoring im akademischen Kontext wird häufig als Teil des demokratischen
Lernens und der Diversitätsbildung betrachtet. Dabei werden auch Verbindungen zum „Service
Learning“ und zur Ausbildung von Fachkräften hergestellt, insbesondere für das Lehramt. Auch
ein Nutzen über formale Qualifikationen hinaus wird untersucht, z.B. für soziale Inklusion oder
zur Bewusstseinsbildung über (eigene) Privilegien und ungleiche Chancenverteilung (vgl. Grander
2011; Fresko/Wertheim 2006). Einige Studien betonen den Erwerb interkultureller Kompetenzen
(vgl. Prieto Flores/Feu 2018; Fresko/Rubinstein Reich/Sjöö Eriksson/Sild Lönroth 2013) sowie
die Förderung von Chancengleichheit und die Erweiterung von Zugängen für unterrepräsentierte
Gruppen (z.B. First-Generation- und internationale Studierende, Geflüchtete). Es wird argumentiert,
dass solche Bestrebungen in Einklang mit umfassenderen Zielen der Hochschulbildung stehen,
einschließlich der „Social Development Goals“ (Brady et al. 2024) und der „Third Mission“. Über
den Beitrag zum Studienerfolg hinaus wird betont, dass soziales Mentoring auch die Herausbildung
sozialer Fähigkeiten und berufsspezifischer Kompetenzen unterstützt. Demnach fördert Mentoring
die Persönlichkeitsentwicklung und zivilgesellschaftliche Werte wie Verantwortungs- und
Perspektivenübernahme (vgl. Buber/Ivanova/Mackerle-Bixa/Meyer/Rameder 2019; Feu 2015). Der
Wissensstand zu Österreich ist jedoch gering: Die wenigen Publikationen haben einen explorativen,
deskriptiven und praxisorientierten Charakter (z.B. Buber et al. 2019; Leeb/Ovrutcki 2023; Severa/
Wegenschimmel 2018; Plaimauer/Wegenschimmel 2016).
Die Wirkungen von sozialem Mentoring in der hochschulischen Ausbildung für das
Lehramt und die Soziale Arbeit wurden in einigen wenigen vor allem internationalen Forschungen
untersucht. Fresko und Kolleg_innen (2013) fanden heraus, dass Studierende dieser Studiengänge
durch ein Engagement als Mentor_in wichtige zwischenmenschliche Fähigkeiten erlangen. Cropper
(2000) hob die Vorteile einer solchen Unterstützung durch Gleichaltrige für neue Studierende der
Sozialarbeit hervor, einschließlich derer, die Minderheiten angehören. Ørmen und Simensen (2016)
zeigten, dass Mentoring Studierenden im Rahmen von Praktika in der Kinder- und Jugendhilfe
half, ihre Beziehungsfähigkeit zu entwickeln und die Lebenserfahrungen von Adressat_innen
besser zu verstehen. Roland (2020) analysierte, wie Mentoring Studierende dabei unterstützt,
über unterschiedliche Wertorientierungen in der Zusammenarbeit mit Mentees und deren Familien
nachzudenken. Sie ist der Ansicht, dass soziales Mentoring in der akademischen Berufsausbildung
das Potenzial hat, die Beziehungsfähigkeit zu verbessern und ein tieferes Verständnis für soziale
Zusammenhänge zu erlangen. Zudem unterstützt es die Entwicklung einer reflektierten Praxis in
Sozialarbeit und Lehramt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass soziale Mentoring-Programme an Hochschulen
bisher nur ansatzweise untersucht wurden. Es bestehen erhebliche Forschungslücken hinsichtlich
des Zusammenhangs zwischen sozialem Mentoring und der Forschung, Praxis und Ausbildung der
pädagogisch-didaktischen und helfenden Berufe.
4
Erkenntnisse zu sozialen Mentoring-Programmen an Hochschulen
Mittlerweile liegen aus einer ersten Datenerhebung und -analyse Ergebnisse zur Beteiligung der
österreichischen Hochschulen am sozialen Mentoring vor. Durch die Erhebungen lässt sich auch
besser einschätzen, welche Publikations- und Forschungslücken zum Phänomen hierzulande
bestehen.
4.1 Das Ment4EU-Projekt
Die zugrunde liegende Teilstudie wurde im Rahmen der ERASMUS+-Kooperationspartnerschaft für
Hochschulentwicklung „Mentoring for Social Inclusion in Europe: Sharing Knowledge and Building
Capacity“, kurz Ment4EU (12/2023 bis 12/2026), durchgeführt. Ment4EU ist die erste systematische
Zusammenarbeit zwischen Universitäten in diesem Feld. Ziel ist es, die Lücke zwischen der
raschen Verbreitung dieser sozialen Interventionsform in Europa einerseits und dem Hochschul-
und Forschungsbereich andererseits zu schließen. Das Konsortium mit Beteiligung aus Spanien,
Irland, Belgien, den Niederlanden und Österreich arbeitet in drei Hauptbereichen: (a) Schaffung
einer Wissensbasis, (b) Entwicklung von Curricula und (c) Förderung des gesellschaftlichen
EngagementsvonHochschulen. Dawirv.a. dieRelevanzdessozialenMentoringfürdieSozialeArbeit
diskutieren wollen, wird die Darstellung der Methodik (u.a. Website-Analysen, Telefongespräche
sowie vertiefende Interviews zu ausgewählten Programmen), des Designs sowie der detaillierten
Ergebnisse an dieser Stelle zurückgestellt.
4.2 Hochschulen als Träger_innen von sozialen Mentoring-Programmen
Für Österreich haben wir zehn Fälle an neun Hochschulen ermittelt (siehe Tabelle). Auf der
Grundlage unserer Merkmalsanalyse konnten wir diese in zwei Typen einteilen: 1) von Hochschulen
organisiertes soziales Mentoring für Community-Engagement (HEI-led social mentoring for
community engagement) sowie 2) soziales Mentoring innerhalb von Hochschulen (social mentoring
within HEI).
Tabelle 1: Überblick über soziale Mentoring-Programme in Verbindung
mit Hochschulen in Österreich.
* „Social mentoring within HEI“-Programme mit einer aufsuchenden Komponente
** Peer-Counseling-Programm
4.2.1 HEI-led social mentoring for community engagement
Programme des Typ 1 können als strukturierte Initiativen beschrieben werden, bei denen Studierende
Mentees aus dem weiteren Umfeld, z.B. in der Stadt oder der Region, Orientierung bieten und
sie unterstützen. Aktivitäten sind in der Regel darauf ausgerichtet, Kinder und Jugendliche aus
marginalisierten Verhältnissen zu fördern, indem deren persönliche, soziale und schulische
Entwicklung unterstützt wird. Die Eins-zu-Eins-Beziehungen gehen über übliche Mentoring-Modelle
imBildungs-undBerufskontexthinaus,dasieauchsoziale,freizeitbezogeneundemotionaleAspekte
umfassen. Typische Merkmale sind die Einbindung in die lokale Community, die Ausrichtung auf
sozialeInklusionundeineKombinationausEngagementundStudierendenausbildung.Diesbedeutet,
dass die Programme mit nicht-akademischen Communities verbunden sind und in Kooperation
mit sozialen Organisationen oder öffentlichen Einrichtungen vor Ort (bspw. Schulen) durchgeführt
werden. Sie verfolgen das übergeordnete Ziel, das soziale Kapital der Mentees zu erhöhen, deren
Inklusion zu begünstigen und die soziale Netzwerkbildung zu unterstützen. Als Mentor_innen
fungieren in der Regel Studierende, die ihre Mentees regelmäßig treffen und vertrauensvolle
Beziehungen aufbauen. Diese Freiwilligenarbeit wird mit der Ausbildung Studierender gekoppelt.
So soll sichergestellt werden, dass die Mentor_innen wertvolle berufliche Erfahrungen sammeln,
sich persönlich weiterentwickeln und eine stärkere Bereitschaft entwickeln, soziale Verantwortung
zu übernehmen. Wir haben drei Typ-1-Programme identifiziert, die zwei unterschiedliche Modelle
repräsentieren.
4.2.2 Social mentoring within HEI
Soziale Mentoring-Programme innerhalb von Hochschulen (Typ 2) sind strukturierte Initiativen
zur Förderung der sozialen Inklusion, der persönlichen Entwicklung und des Studienerfolgs von
gefährdeten Studierendengruppen. Mentees sind z.B. First-Generation-Studierende, Studierende
mit Migrations- oder Fluchtgeschichte oder mit Beeinträchtigungen. Die Tandems werden gebildet,
um nicht nur akademische Orientierung, sondern auch emotionale, soziale und logistische
Unterstützung zu bieten. Zu den wichtigsten Merkmalen gehören Peer-Beziehungen, ein Fokus auf
soziale Inklusion und ganzheitliche Unterstützung.
Bei den Mentor_innen handelt es sich um fortgeschrittenere Studierende, die ähnliche
Erfahrungen gemacht haben, eine verlässliche Orientierung bieten und das Gefühl der Zugehörigkeit
zur akademischen Gemeinschaft fördern. Darüber hinaus besteht das Hauptziel darin, den Mentees
bei der Überwindung sozialer und institutioneller Hürden zu helfen und ihre Integration in das
akademischeundweiteresozialeUmfeldzuverbessern.SchließlichbietendieseProgrammeSupport
über Studienangelegenheiten hinaus an. Sie gehen auf die sozialen, emotionalen und praktischen
Herausforderungen ein, mit denen die Mentees konfrontiert sind, wie etwa das Einleben in der
akademischen Welt oder die Bewältigung sozioökonomischer Schwierigkeiten. Wir haben sieben
Typ-2-Programme identifiziert, von denen zwei als Peer-Counseling beschrieben werden: Sie bilden
sowohl eine kurzfristige (z.B. eine oder mehrere Sitzungen) als auch eine langfristige Unterstützung
für vulnerable Studierende an. Dabei werden informelle Beziehungen zwischen Peers gefördert.
4.2.3 Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Überraschungen
Beide Programmtypen zielen auf soziale Inklusion, persönliche Entwicklung und die Unterstützung
benachteiligter Gruppen ab. Sie arbeiten mit Studierenden als Mentor_innen und beinhalten
strukturierte Aktivitäten, die die Integration in breitere Netzwerke fördern. Sie unterscheiden sich
jedoch in Bezug auf Umfang, Zielgruppen und Rahmenbedingungen. Auffallend ist, dass unseres
Wissens nach so gut wie keine wissenschaftlichen Studien oder Evaluationen zu sozialen Mentoring-
Programmen an österreichischen Hochschulen veröffentlicht wurden. Es gibt auch keine fachliche
und disziplinäre Debatte, die solche Programme als Teil des Wohlfahrtsstaates und der sozialen
Sicherungssysteme verhandelt.
5
Diskussion: Die Bedeutung für die Soziale Arbeit
Mit den Daten aus den Erhebungen des Ment4EU-Projekts liegt erstmals ein Überblick über
soziale Mentoring-Programme an österreichischen Hochschulen vor. International wurde bisher
wenig diskutiert, wie soziales Mentoring für die akademische Ausbildung in den helfenden Berufen
genutzt werden kann – oder ob es gar als eine Form der Sozialen Arbeit verstanden werden sollte.
Dies ist überraschend, da bspw. US-amerikanische Forschungen zum Youth-Mentoring (vgl.
McQuillin/Hagler/Werntz/Rhodes 2022: 20–22) zeigen, dass „paraprofessionelle“ Mentor_innen
im Bereich der helfenden Berufe eine niedrigschwellige und nicht-stigmatisierende Unterstützung
bieten können. Diese ist demnach oft nachhaltiger als professionelle soziale Dienste – sei es
aufgrund finanzieller Zwänge, begrenzter personeller Ressourcen oder bürokratischer Trägheit
bei der Bewilligung professioneller Hilfe. Das Fehlen einer entsprechenden Debatte ist auch
angesichts der Bedeutung unverständlich, die praxisorientiertes Lernen in der (akademischen)
Ausbildung von Sozialarbeit und Sozialpädagogik hat, ebenso angesichts des Stellenwerts von
sozialer Gerechtigkeit in Disziplin und Profession (vgl. IFSW/IASSW 2014). Anschlusspunkte lassen
sich allerdings finden: So wird beispielsweise das (community) service learning international als
ein Element der Sozialarbeitsausbildung diskutiert (vgl. Shanti/Gerstenblatt/Frisk 2022; Schelbe/
Petracchi/Weaver, 2014). Darüber hinaus betonen die „Globalen Standards für die Aus- und
Weiterbildung in der Sozialarbeit“ (vgl. IASSW/IFSW 2020) die Notwendigkeit des Erfahrungslernens
und der Praxisausbildung.
Abschließend präsentieren wir Überlegungen dazu, wie die sich entwickelnde Landschaft
des sozialen Mentorings in Europa – vor allem die Programme im Hochschulkontext – in die Praxis
und Ausbildung der Sozialen Arbeit integriert werden kann.
5.1 Integration in Studiengänge der Sozialen Arbeit
Die Integration von sozialem Mentoring in die Lehre könnte eine strategische Möglichkeit zur
Erweiterung und Verbesserung der Ausbildung in der Sozialen Arbeit sein. Sie könnte dazu beitragen,
theoretisches Wissen in besonderer Art und Weise mit praktischem Lernen zu verbinden.
5.1.1 Stärkung beruflicher Kernkompetenzen
Unsere Erfahrung zeigt, dass die meisten communityorientierten Programme an Hochschulen (Typ
1) angeleitete Feldpraktika beinhalten. Diese schulen die Reflexionsfähigkeit der Studierenden
sowohl auf zwischenmenschlicher als auch auf persönlicher Ebene. Mentor_innen können in diesen
Programmen Beziehungs- und Kommunikationsfähigkeiten erwerben, da sie tiefere, vertrauensvolle
Beziehungen fördern. Sie können ihre Fähigkeiten zum Aufbau von Beziehungen verbessern, ihr
Gegenüber besser verstehen und eine Vorstellung davon bekommen, was es bedeutet, unter
benachteiligenden Bedingungen aufzuwachsen. Typ-1- und Typ-2-Programme machen Mentor_
innen auf strukturierte Weise mit unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen, Umgebungen und
intersektionellen Herausforderungen vertraut.
Für die akademische Ausbildung in der Sozialen Arbeit ist dies in mehrfacher Hinsicht
interessant: Das studentische Engagement im Mentoring vermittelt praktische Erfahrungen
in Empathie, aktivem Zuhören und nicht-direktiver Unterstützung. Mentor_innen lernen, sich
auf interkulturelle Kontexte und inklusive Praktiken einzulassen, da sich viele Programme an
Mentees mit Migrationsgeschichte oder First-Generation-Studierende richten. Die Teilnahme an
solchen Programmen brächte Studierende in helfenden Berufen mit Empowerment-orientierten
Ansätzen in Kontakt. Die Studierenden könnten so lernen, Handlungsfähigkeit herzustellen und
Unterstützungsstrukturen aktiv mitzugestalten.
5.1.2 Strukturierte, erlebnisorientierte Lerngelegenheiten
Unserer Erfahrung nach umfassen einige Programme in Hochschulen eine systematische
Tagebuchführung von Mentor_innen mit Feedback, Supervisionssitzungen, Einzelgespräche
sowie Gruppenaktivitäten, die die kollektive Identität und Zugehörigkeit von Mentor_innen fördern.
In einigen Fällen, wie z.B. beim Mentoring in der Lehramtsausbildung, ähneln Supervision und
Training den Fallkonferenzen, wie sie in der Sozialen Arbeit üblich sind. Peer-Treffen dienen dazu,
Herausforderungen in der Interaktion zu identifizieren und geeignete Antworten zu ergründen, wobei
die Koordinator_innen Inputs liefern.
Diese Beobachtungen legen nahe, dass Studierende der Sozialen Arbeit Pflichtpraktika in
Zukunft auch in sozialen Mentoring-Programmen im Hochschulkontext absolvieren. In Mentor_
innen-Trainings könnten Erfahrungen darin gesammelt werden, wie sich Theorien der Sozialen
Arbeit und Pädagogik auf ein peerbasiertes, partizipatives Unterstützungsmodell anwenden lassen.
Entsprechend den österreichischen Standards für Praktika in FH-Studiengängen der Sozialen
Arbeit (vgl. Österreichweite Vernetzung 2024; FBKSSO 2024) könnte das soziale Mentoring als
eine intensive Form des Theorie-Praxis-Lernens genutzt und ausgebaut werden. Supervision
und Reflexion können sicherstellen, dass die Teilnehmer_innen kritisch über Machtdynamiken
nachdenken, Grenzen aushandeln und ethische Dilemmata bewältigen. Wenn Programme
interdisziplinär geöffnet sind, ermöglichen sie es Studierenden, Fähigkeiten zur fachübergreifenden
Zusammenarbeit zu entwickeln.
5.1.3 Vermittlung von Wissen
Bis vor kurzem gab es keine Curricula, die grundlegende Kenntnisse und Fähigkeiten zum sozialen
Mentoring auf akademischem Niveau vermittelten. Im Frühjahr 2025 führte das Ment4EU-Projekt
den ersten interdisziplinären, internationalen Kurs „Mentoring for Social Inclusion“ mit einer
einwöchigen Präsenzphase durch. Teilnehmende waren u.a. Studierende der Sozialen Arbeit,
der (inklusiven) Pädagogik, der Kindheits-, Jugend- und Familienstudien und der Psychotherapie
sowie Verantwortliche aus Mentoring-Programmen. An der Universität Girona in Spanien – einer
Ment4EU-Partner_in – wird demnächst ein sogenanntes Microcredential zu sozialem Mentoring
eingeführt, d.h. ein eigenständiger, transdisziplinärer Blended-Learning-Kurs mit Präsenzphasen.
Die Universität Navarra wiederum bietet in Bälde ein Sommer-Trainingsprogramm für (soziales)
Jugendmentoring in Kooperation mit dem spanischen Dachverband Coordinadora de Mentoría
Social an.
Die Einführung solcher Basiskurse in die reguläre akademische Ausbildung der Sozialen
Arbeit könnte neue Profile und Karrierewege ermöglichen, z.B. als Programmkoordinator_in.
Absolvent_innen hätten ein Grundwissen darüber, wie Mentoring eingesetzt werden kann, um
die Lebensbedingungen von Adressat_innen zu verbessern. Sie könnten lernen, wie sie mit
Communities, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Unternehmen, Geldgeber_innen und
Freiwilligenorganisationen zusammenarbeiten können, um soziale Innovation zu erzeugen. Die so
geschulten Fachkräfte könnten sich für eine Politik einsetzen, die soziale Inklusion durch persönliche
Beziehungen im Rahmen institutionalisierter, professionell geführter sozialer Mentoring-Programme
fördert.
5.2 Innovation in der Sozialen Arbeit
Soziales Mentoring könnte sogar selbst als Teil der Profession und ihres Auftrags verstanden werden,
wie Raithelhuber (2024a) und Häseler-Bestmann (2022) vorschlagen. Entsprechende Programme
an Hochschulen könnten dazu dienen, die Wirkung und Reichweite der Sozialen Arbeit über ihre
bisherigen Grenzen hinaus zu vergrößern.
5.2.1 Eine Brücke zwischen Dienstleistung und niedrigschwelliger
Unterstützung
Unsere Erhebungen zeigen, dass soziales Mentoring an österreichischen Hochschulen mehr ist als
ein informeller Unterstützungsmechanismus. Vielmehr weist es die Merkmale einer organisierten,
personalisierten und „pädagogischen Interventionsform“ auf (Kaufmann 2002: 101). In den von
uns identifizierten Programmen werden Mentor_innen im Rahmen ihrer akademischen Ausbildung
tätig. Sie erhalten dafür eine institutionelle Anerkennung (bspw. ECTS-Punkte) und zum Teil auch
eine geringe finanzielle Entschädigung. Ihre Tätigkeit wird von Koordinator_innen begleitet – zum
Teil pädagogisch-fachlich – und supervidiert. Es besteht also eine Parallele zum vorherrschenden
Verständnis von Sozialer Arbeit als strukturierte Intervention mit dem Ziel, soziale Inklusion zu
vermitteln und Exklusion zu vermeiden.
Die Vorstellung, dass sich Mentor_innen aus der Zivilgesellschaft in sozialen Mentoring-
Programmen im traditionell-ehrenamtlichen Sinne als unbezahlte Freiwillige engagieren,
ist zumindest für den Hochschulkontext unzureichend. Ähnlich wie soziale Organisationen
stellen solche Hochschulprogramme für die Wohlfahrtsproduktion zusätzliche Ressourcen zur
Bearbeitung sozialer Probleme zur Verfügung, wie dies im Rahmen von New Governance von
allen Akteur_innen gefordert wird (vgl. Hustinx 2010: 167). Hochschulen rekrutieren Freiwillige
unter Berücksichtigung ihrer Motive und Lebensphasen und schaffen individuelle Formen der
Anerkennung, die berufsbiografisch genutzt werden können. Dies entspricht typischen Merkmalen
eines modernen Freiwilligenmanagements (vgl. Jakob 2019: 16). Gleichzeitig entwickeln tertiäre
Bildungsorganisationen im Rahmen des institutionell-individualisierten Ehrenamts eine quasi-
zivilgesellschaftliche Handlungsform (vgl. Hustinx 2010: 175), ähnlich wie Unternehmen, die
Corporate Volunteering fördern (vgl. Simonet 2021: 414).
Soziale Mentoring-Programme an Hochschulen können somit als Vermittler_innen bzw.
Bindeglieder zwischen den (teilweise noch) geschützten und regulär finanzierten Kernbereichen
professioneller Leistungserbringung einerseits und Community-orientierten, sozial innovativen
Ansätzen der Wohlfahrtsproduktion andererseits verstanden werden. Unabhängig davon, wie man
die wohlfahrtsstaatliche Gesamtentwicklung betrachtet, besteht für die Profession und Disziplin der
Sozialen Arbeit hier die Möglichkeit, vielleicht sogar der Auftrag, sich kritisch-produktiv einzubringen.
Soziale Arbeit könnte ihre Expertise zur Verfügung stellen, z.B. in Fragen des Kinderschutzes und
der traumasensiblen Arbeit – im Wissen darum, dass solche Formen sozialer Unterstützung dazu
beitragen können, spezialisiertere und weitaus teurere Dienstleistungen zu flankieren oder gar
überflüssig zu machen. Sie könnte ihre strukturierte und reflexionsorientierte Arbeitsweise ebenso
einbringen (z.B. im Rahmen von Supervision, Praktikumsbegleitung oder Fallreflexion) wie ihre
Erfahrung im Schnittstellenmanagement. Kurzum: Soziale Arbeit könnte eine unterstützende Rolle
bei der Stärkung und Professionalisierung des sozialen Mentorings spielen und gleichzeitig dessen
Flexibilität, Offenheit und persönlichen Beziehungscharakter erhalten und fördern.
5.2.2 Soziale Arbeit in der Hochschule
Im deutschsprachigen Raum sind Sozialarbeit und Sozialpädagogik traditionell stärker in den
Bereichen Bildung, Betreuung, Wohlfahrt, Gesundheit und Gemeinwesen vertreten als im
Hochschulbereich. Unsere Ergebnisse zeigen jedoch, dass sich auch soziale Mentoring-Programme
im Bereich der tertiären Bildung auf Adressat_innen aus sozial benachteiligten Verhältnissen
konzentrieren, einschließlich solcher mit Migrationsgeschichte. Dies entspricht in vielem den
Zielgruppen in etablierten, professionalisierten Angeboten.
Aus diesem Grund könnte soziales Mentoring ein guter Einstiegspunkt für die Soziale
Arbeit an Hochschulen sein. Sozialarbeiter_innen und Sozialpädagog_innen könnten Mentoring in
umfassendere Strategien zur Bekämpfung von Bildungsungleichheit sowie zur Förderung sozialer
Mobilität und institutioneller Zugehörigkeit integrieren und zudem ihre Praxis über das Case
ManagementoderdieprofessionelleBeratunghinauserweitern. Programme, diesichanZielgruppen
außerhalb des Hochschulbereichs richten (bspw. Schüler_innen) und dabei mit kommunalen
Akteur_innen zusammenarbeiten – also Typ-1-Programme –, können als innovative Modelle für
Partnerschaften zwischen Hochschulen, Sozialer Arbeit und dem Gemeinwesen entwickelt werden.
6
Ausblick
Auf der Grundlage unserer vorläufigen, in weiten Teilen noch explorativen Ergebnisse und ausgehend
von den daran anknüpfenden Überlegungen halten wir es für erforderlich, soziale Mentoring-
Programme im Kontext von Hochschulen genauer zu untersuchen. Beim sozialen Mentoring
an Hochschulen greifen mehrere Aspekte ineinander, die für das heutige Selbstverständnis
und die Anforderungen an akademische Organisationen zentral sind: Es überschneiden sich
Bildungsanliegen und -auftrag (insbesondere im Sinne einer nicht rein fachlichen Qualifikation) mit
der Forderung nach gesellschaftlichem Engagement („Third Mission“, „Service to Society“) und
dem Anliegen der Chancengleichheit und Inklusionsförderung sowie einer zukunftsorientierten
Hochschulentwicklung.
Darüberhinaus–unddasistderentscheidendePunkt–istsozialesMentoringanHochschulen
ein hochinteressantes Thema für die Ausbildung und Praxis der Sozialen Arbeit. Offensichtlich
ist dieser Schatz noch nicht gehoben. Das liegt zum einen daran, dass es an Erkenntnissen und
ausreichend wissenschaftlicher Beschäftigung fehlt. Zum anderen wurde bislang nicht versucht,
das Phänomen mit Diskussionen in den helfenden Berufen zu verknüpfen.
Wir haben hier argumentiert, dass soziales Mentoring soziale Innovation in die Soziale
Arbeit bringen kann. Soziale Mentoring-Programme – insbesondere jene mit Hochschulbezug –,
können als Mittel und Weg verstanden werden, den Auftrag Sozialer Arbeit umzusetzen. Soziales
Mentoring hat als eine hybride Form sozialer Intervention das Potenzial, etablierte soziale Dienste
und professionalisierte Arbeitsfelder zu ergänzen und zu erweitern. Es kann dazu beitragen, neue
Ansätze in Interaktion mit verschiedenen Akteur_innen und Interessengruppen auf vertikaler und
horizontaler Ebene zu entwickeln – und vor allem mehr Menschen und andere Zielgruppen mit
diversen Bedürfnissen zu erreichen.
Literaturverzeichnis
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Brady, Bernadine/Dolan, Pat/McGregor, Caroline (2020): Mentoring for young people in care and
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Brady, Bernadine/Duffy, Lorraine/Flynn, Paul/Crosse, Rosemary/Keenaghan, Celia/Morrissey,
Seamus (2024): Mentoring for Access, Retention and Student Success: A review of practice in
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Über die Autor_innen
Univ.-Prof. Dr. Eberhard Raithelhuber, Privatdozent
Universitätsprofessor für Soziale Intervention und sozialen Wandel an der Bertha von
Suttner Privatuniversität St. Pölten, Österreich. Er ist Projektmanager der ERASMUS+
Kooperationspartnerschaft für Hochschulentwicklung „Mentoring for Social Inclusion in Europe“
(Ment4EU). Zu seinen Forschungsinteressen gehören Übergänge im Lebensverlauf, junges
Erwachsenenalter, Migration, Mobilität und Transnationalität, persönliche Beziehungen und
partizipative Aktionsforschung.
Dr. med. Marija Mitic
Interdisziplinäre Forscherin und Tanz-Bewegungstherapeutin, die an den Schnittpunkten von
psychischer Gesundheit, soziokulturelle Beziehungen, Übergänge im Lebenslauf und Kreativität
arbeitet. Seit 2024 ist sie an der Bertha von Suttner Privatuniversität St. Pölten und dort im Ment4EU-
Projekt tätig. Ihre Veröffentlichungen befassen sich u.a. mit Peer-Beziehungen, Übergängen in der
Mittelschule, partizipativen Methoden sowie Verlust und Trauma bei Migrantinnen.