Anne Unterwurzacher, Nadjeschda Stoffers. „Ledige“ Mütter, ihre Kinder und die Praxis der Amtsvormundschaſt in Niederösterreich
(1945–1989). Ergebnisse und Erfahrungen aus einem Lehrforschungsprojekt. soziales_kapital, Bd. 31 (2025). Rubrik: ema. St. Pölten.
31. Ausgabe, 2025
Geschlechtergerechtigkeit
„Ledige“ Mütter, ihre Kinder und die Praxis der
Amtsvormundschaft in Niederösterreich (1945–1989)
Ergebnisse und Erfahrungen aus einem
Lehrforschungsprojekt
Anne Unterwurzacher, Nadjeschda Stoffers
Zusammenfassung
Im vorliegenden Beitrag werden die Ergebnisse und Erfahrungen einer zweisemestrigen Bachelor-
projektwerkstatt diskutiert, die im Studienjahr 2023/24 an der FH St. Pölten (Studiengang Soziale
Arbeit) durchgeführt wurde. Im Rahmen der Projektwerkstatt setzten sich Studierende mit der Ge-
schichte der niederösterreichischen Kinder- und Jugendfürsorge in der frühen Zweiten Republik aus
interdisziplinärer und geschlechtergeschichtlicher Perspektive auseinander. Der Fokus lag auf dem
Umgang der Fürsorge mit „ledigen“ Müttern und ihren Kindern vor dem Hintergrund der gesetzlich
vorgeschriebenen Amtsvormundschaft. Der vorliegende Beitrag gibt einen kurzen Überblick zum
historischen Kontext, um dann die Umsetzung der Projektwerkstätte sowie zentrale Ergebnisse an-
hand ausgewählter Arbeiten der Studierenden vorzustellen. Anschließend werden die Vorteile einer
interdisziplinären Aufarbeitung der eigenen Professionsgeschichte reflektiert und deren positive
Auswirkungen sowie deren mögliches Potenzial für die Ausbildung zukünftiger Sozialarbeiter:innen
diskutiert. Schlussendlich beleuchtet der Beitrag, wie das Selbstverständnis der Sozialen Arbeit
als Menschenrechtsprofession von historischer Aufarbeitung unerforschter Geschichte/n profitiert.
Schlagwörter: Professionsgeschichte, ledige Mütter, Amtsvormundschaft, Niederösterreich, Zwei-
te Republik, Kinder- und Jugendfürsorge, Sozialarbeitsausbildung, Bachelorprojektwerkstatt
Abstract
This article discusses the results and experiences of a two-semester bachelor’s project conducted
at St. Pölten University of Applied Sciences (Social Work programme) in the 2023/24 academic
year. As part of the project, students examined the history of child and youth welfare in Lower Aus-
tria in the early Second Republic from an interdisciplinary and gender-historical perspective. The
primary focus of the study was to examine the manner in which welfare services dealt with the is-
sue of unmarried mothers and their children, particularly in the context of legally designated official
guardianship. The article commences with a brief historical overview, subsequently presenting the
implementation of the teaching project and the key findings derived from the students’ work. Fol-
lowing this, we reflect on the advantages of an interdisciplinary examination of the history of Social
Work and discuss its positive impact and potential regarding the training of future social workers.
The article concludes by highlighting how the profession’s self-conception as a human rights pro-
fession benefits from the historical examination of unexplored histories.
Keywords: professional history, unmarried mothers, official guardianship, Lower Austria, Second
Republic, child and youth welfare, social work training, bachelor’s project
1
Einleitung
Im Rahmen einer zweisemestrigen Bachelorprojektwerkstatt im Studienjahr 2023/24 setzten sich
Sozialarbeitsstudierende der FH St. Pölten mit der Geschichte der niederösterreichischen Kinder-
und Jugendfürsorge aus geschlechtergeschichtlicher Perspektive auseinander. Im Mittelpunkt der
studentischen Forschungsarbeiten zur regionalen Professionsgeschichte standen „ledige“ Mütter
als eine spezifische Gruppe von Klientinnen der Kinder- und Jugendhilfe. Uns interessierte, wie
die zuständigen Behördenvertreter:innen mit Müttern und ihren Kindern im Rahmen der gesetzlich
verankerten Amtsvormundschaft umgingen, insbesondere wie diese ihre Klient:innen darstellten.
Um diese Fragen zu beantworten, setzten wir uns mit bisher unbearbeiteten Jugendamtsakten
auseinander, zudem führten Studierende Interviews durch. Damit unternahmen wir den Versuch, in
die Geschichte der Sozialen Arbeit einzutauchen und Aspekte zu beleuchten, die von der Forschung
in und zu Niederösterreich bislang vernachlässigt wurden. In dem vorliegenden Artikel wollen wir
einige erste Ergebnisse aus den studentischen Forschungsarbeiten vorstellen. Darüber hinaus
diskutieren wir, welches Potential der von uns realisierte Zugang für die Ausbildung eines reflexiven
Professions- und Methodenverständnisses im Rahmen des Bachelorstudiums bietet.
2
Historischer Kontext und Forschungsstand
Unehelich geborene Kinder standen in Österreich bis 1989 unter der Vormundschaft des
Jugendamtes. Dies hatte zur Folge, dass ihre Mütter bei vielen Entscheidungen bezüglich ihrer
Kinder der Kontrolle der Kinder- und Jugendfürsorge unterworfen bzw. von deren Wohlwollen
abhängig waren. Diese asymmetrische Machtposition lässt sich bereits in der Struktur der
Betreuung erkennen: Fürsorgerinnen führten regelmäßig unangekündigte Hausbesuche durch; die
dabei in Berichten festgehaltenen Eindrücke waren die Grundlage für behördliche Entscheidungen
(z.B. über den Verbleib bei der Mutter oder die alternative Unterbringung in Pflegefamilien oder
Heimen). Ausgehend vom Modell der bürgerlichen Kernfamilie wurde „ledigen“ Müttern von Seiten
der Jugendfürsorge, der Gesellschaft und der Judikative oft unterstellt, dass sie vor allem in „sittlich-
moralischer“HinsichtkeineausreichendenErziehungskompetenzenbesäßen. Diesgeschahvordem
Hintergrund der patriarchalen österreichischen Nachkriegsgesellschaft, in der es um Frauenrechte
allgemein schlecht bestellt war. So durften Frauen zwar seit 1918 wählen, allerdings war es ihnen
bis zu den Familienrechtsreformen unter Bruno Kreisky in den 1970er Jahren untersagt, ohne
Zustimmung ihres Ehemannes eine Arbeitsstelle anzunehmen. Auch Vergewaltigungen innerhalb
der Ehe galten bis 1989 juristisch gesehen nicht als solche, da die Frau gegenüber dem Mann als
„Haupt der Familie“ ihre „ehelichen Pflichten“ erfüllen musste (vgl. Demokratiewebstatt o.J.).
Die behördliche Fürsorge war zudem für Einvernahmen und Unterstützung im Rahmen
von Vaterschaftsfeststellungen zuständig. Frauen mussten dabei den meist männlichen
Behördenvertretern intime Details aus ihrem Privat- und Sexualleben erzählen, die auch in den
Akten festgehalten wurden. Ab 1970 bestand für die Mütter unehelich geborener Kinder die
Möglichkeit, die Vormundschaft für selbige per Gerichtsbeschluss zu erhalten; allerdings musste
das Jugendamt dem zustimmen. Erst mit der Abschaffung der Amtsvormundschaft im Jahr 1989
erhielten „ledige“ Mütter automatisch die Obsorge über ihre unehelich geborenen Kinder (vgl.
Maier 2019: 29–30). Die ab 1989 und in den Folgejahren erwirkten gesetzlichen Änderungen in
der Jugendwohlfahrt markieren den Übergang weg von paternalistisch-protektiven Eingriffen hin
zu einer stärker unterstützenden und am Kindeswohl orientierten Arbeitsweise in der Kinder- und
Jugendhilfe (vgl. etwa Wolfgruber 2013).
Die aus der fürsorgerischen Kontrollpraxis resultierende „verwaltete“ Mutterschaft und
Kindheit sind in Österreich vergleichsweise wenig erforscht. Neben allgemeineren Werken zur
historischen Entwicklung der (regionalen) Kinder- und Jugendhilfe (vgl. u.a. Knapp/Scheipl
2001; für Wien Wolfgruber 2013) liegen für Wien und die westlichen Bundesländer umfassende
Forschungsarbeiten vor, die die Fremdunterbringung von Kindern und Jugendlichen in Heimen als
Folge der intensivierten Fürsorgeerziehung in den Nachkriegsjahrzehnten untersuchen (vgl. u.a.
Sieder/Smioski 2012; Bauer/Hoffmann/Kubek 2013; Ralser et al. 2017; zur Fremdunterbringung von
Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in stationären Einrichtungen Wiens vgl. Mayrhofer/
Wolfgruber/Geiger/Hammerschick/Reidinger 2017). Für den Raum Niederösterreich fehlen solche
systematischenStudienbislang,lediglichdieGeschichtederehemaligenErziehungsanstaltKirchberg
am Wagram wurde von Studierenden der FH St. Pölten im Rahmen zweier Lehrforschungsprojekte
erforscht(vgl. USTP2018;USTP2024). AuchinArbeitenzubenachbartenThemengebieten, wieetwa
Forschungen zu „Besatzungskindern“, spielen das Heimleben und (internationale) Adoption eine
Rolle (vgl. u.a. Rohrbach 2021), ebenso Fragen bezüglich Vaterschaftsklagen, Unterhaltsansprüchen
und Alimentationszahlungen (vgl. u.a. Schretter 2022).
Darüber hinaus untersuchten mehrere Forscher:innen die zentrale Rolle, welche die
heilpädagogischen Beobachtungsstationen unterschiedlicher Bundesländer im System der
Fürsorgeerziehung spielten (vgl. u.a. Dietrich-Daum/Ralser/Rupnow 2020; Friedmann 2022).
Einen explizit genderspezifischen Zugang verfolgten gleich mehrere Arbeiten aus Tirol: Bechter,
Guerrini und Ralser (2013) analysieren, wie „ledige“ Mütter aus sozial benachteiligten Schichten
und ihre Kinder in besonderem Ausmaß ins Visier der Fürsorgeerziehung gerieten und wie diese
als „Anormalität der bürgerlichen Moral“ vom Staat „kontrolliert, beschrieben, dokumentiert und
diszipliniert“ (ebd.: 138) wurden. Weiters untersuchten Forscherinnen, wie mittels Praktiken der
„Korrekturerziehung“, und zwar durch „Erziehung zur Arbeit durch Arbeit“ (Bischoff/Guerrini/Jost
2014: 241) und die Anpassung an bürgerliche Weiblichkeitsideale der Hausfrau und Mutter (vgl.
ebd.: 243) in einem Tiroler Mädchenheim die bestehende (Geschlechter-)Ordnung verteidigt wurde.
In einer neueren Arbeit widmet sich Guerrini (2020) den Repräsentationen von sexueller Gewalt und
sexuellen Grenzüberschreitungen in Jugendfürsorgeakten.
Die Literaturrecherche zeigt, dass die Geschichte der Kinder- und Jugendhilfe in
Niederösterreich, insbesondere die Ausgestaltung der Praxis der Amtsvormundschaft und
die damit einhergehende Definitionsmacht für Geschlechternormen, ein bislang unbetretenes
Forschungsterrain ist. Daher entwickelten wir ein entsprechendes Lehrforschungsprojekt, das wir
im Folgenden ausführlicher vorstellen möchten.
3
Das Lehrforschungsprojekt: Umsetzung und zentrale Ergebnisse
3.1 Zur konkreten Umsetzung der Bachelorprojektwerkstatt
Das interdisziplinäre Projekt verband Sozial- und Geschichtswissenschaften sowie die
(Professionsgeschichte der) Soziale(n) Arbeit und ermöglichte unterschiedliche methodische
Zugänge. Neben den regelmäßig stattfindenden Lehrveranstaltungseinheiten bekamen die
Studierenden im Rahmen mehrerer Exkursionen (u.a. in das Niederösterreichische Landesarchiv,
in die Sammlung Frauennachlässe am Institut für Geschichte der Universität Wien und in
die Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen des Instituts für Wirtschafts- und
Sozialgeschichte der Universität Wien) die Gelegenheit, sich mit unterschiedlichen historischen
Quellentypen auseinanderzusetzen und ihre Forschungsinteressen zu definieren.
Die Studierenden leisteten mit ihren empirischen Bachelorarbeiten einen wichtigen Beitrag
zur regionalen Professionsgeschichte: Der Großteil analysierte ausgewählte Mündelakten der
BezirkshauptmannschaftenAmstetten(1955–1975)undSt.PöltenLand(1945–1955);unter„Mündel“
ist eine minderjährige Person zu verstehen, die unter der Betreuung und Vormundschaft der Fürsorge
stand. Die Fürsorgerinnen sammelten die gesamte Korrespondenz und alle Unterlagen, die das
ihnen anvertraute „Mündel“ betrafen, in einem Akt – dem „Mündelakt“. Neben den Berichten und
Korrespondenzen der Fürsorgerinnen finden sich also in einem solchen auch diverse Unterlagen
von Gerichtsprozessen, ärztliche Gutachten, Schulzeugnisse etc. – eine reichhaltige, vielschichtige
Quelle,dieeinerseitsvielüberdieHintergründevonbehördlichenEntscheidungenverrät;andererseits
kommen die eigentlichen Protagonist:innen, nämlich die Kinder/Jugendlichen und ggf. ihre Mütter,
nahezu gar nicht zu Wort. Diesen Lücken und Leerstellen sowie den (unwidersprochenen) Narrativen
der Behörden galt es, bei der Analyse besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
Das taten unsere Studierenden, indem sie sich nach der Erarbeitung des historischen
Kontexts mit den Akten auseinandersetzten und diese mittels eines quellenkritischen und
interpretativen Zugangs untersuchten. Wichtige Einblicke steuerte im Rahmen eines Gastvortrags
auch Vanessa Blaha (Universität Salzburg) bei, die sich derzeit in ihrer Dissertation am Beispiel
von Salzburger Mündelakten mit den staatlichen Eingriffspolitiken mit Fokus auf Weiblichkeit und
Sexualität auseinandersetzt (vgl. Blaha o.J.) (zu den Vorteilen der Auswertung von Mündelakten
für die Rekonstruktion der Geschlechterdimension siehe Bütow/Blaha/Steinberger 2024). Weitere
eingeladeneForscher:innen,dieimRahmenderProjektwerkstättedankenswerterweiseihreaktuellen
Arbeiten präsentierten, waren Irene Messinger, die zu vom NS-Regime verfolgten Fürsorgerinnen
forscht (vgl. Messinger o.J.), und Philipp Rohrbach, der zu Schwarzen „Besatzungskindern“ arbeitet
(vgl. Rohrbach o.J.).
Einige der Studierenden wählten statt der Auswertung von Mündelakten eine andere Form
der Auseinandersetzung mit der Geschichte der Fürsorge bzw. der Kinder- und Jugendhilfe: Sie
interviewten pensionierte Sozialarbeiter:innen zu deren Erfahrungen bei der Ausgestaltung der
Amtsvormundschaft und mit der veränderten Fürsorgepraxis in Folge der Gesetzesänderung im
Jahr 1989 (vgl. Berger 2024; Irmler 2024). Ein Student legte zudem den Fokus auf die Erzählungen
und Eindrücke einer Frau, die als Kind ihrer jenischen Mutter abgenommen worden und viele
Jahre in verschiedenen Heimen untergebracht war. Als Quellenkorpus diente ihm einerseits die
autobiografische Aufzeichnung der Betroffenen, andererseits ein Interview, das er mit ihr führte (vgl.
Dvoran 2024).
3.2 Ergebnisse aus ausgewählten studentischen Forschungsarbeiten
Es würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, alle Bachelorarbeiten vorzustellen, daher werden
wir im Folgenden exemplarisch ausgewählte Arbeiten ausführlicher besprechen und gehen punktuell
auf weitere wichtige Erkenntnisse ein.
Pia Mayer (2024) analysierte in ihrer Arbeit die Sprache der Fürsorgerinnen sowie deren
Zuschreibungen gegenüber den Minderjährigen und deren Müttern. In ihrer Fallauswahl aus den
Jahren 1963, 1969 und 1971 legte sie Wert auf eine Bandbreite bezüglich der Einschätzungen der
Fürsorge. Neben zwei eher negativ beschriebenen „Fällen“ wählte sie einen weiteren aus, der von
den Fürsorgerinnen grundsätzlich positiv beschrieben wurde. Allerdings finden sich auch in diesem
Akt die zeitgenössisch typischen negativen Zuschreibungen und Bewertungen von unehelicher
Mutterschaft, insbesondere die vermeintlich fehlende Erziehungsfähigkeit der „ledigen“ Mütter
(vgl. ebd.: 14). Die Studierende analysierte auch die Sprache der Fürsorgerinnen, die über weite
Strecken, so ihr Ergebnis, in einem ab/wertenden Stil verfasst war: Teils fanden sich biologistische
Attribuierungen bzw. Begriffe, die eher mit Haustieren assoziiert werden (wie etwa „zutraulich“; ebd.:
33), teils wurden Diagnosen einzig auf der Grundlage von Äußerlichkeiten gestellt, ohne fachliche
bzw. medizinische Überprüfungen hinzuzuziehen („Der Mj. ist ein schlecht gedeihendes Kind, wirkt
rein äußerlich bereits gestört […]“; ebd.: 21). Mayer attestierte den Fürsorgerinnen insgesamt ein
distanziertes Verhältnis zu den betreuten Minderjährigen (vgl. ebd.: 33).
Mona Unterberger (2024) analysierte im Rahmen ihrer Case Study den gerichtlichen Streit um
eine mehrjährige Vaterschaftsanerkennung. Trotz der Beteuerungen und detaillierten Ausführungen
derMutter,dassdieserManndereinzigegewesensei,mitdemsieinihremLebenGeschlechtsverkehr
gehabt hätte, blieb das Gericht skeptisch. Unterberger zeichnet die Argumentationsstrategien des
mutmaßlichen Vaters nach – u.a. die Mehrverkehrseinrede und Verweise auf den angeblich „sehr
lockeren Lebenswandel“ (ebd.: 25) der Mutter – sowie die Schritte, die das Gericht setzte, z.B.
die Anordnung eines sogenannten Blutgutachtens. Unterberger analysiert das über den Verlauf
von zwölf Jahren ausgetragene Verfahren und zeichnet dabei nach, wie sich die anfängliche
Skepsis der Behörden („KM hat nicht den besten Ruf“; ebd.: 27) gegenüber der Mutter im Verlauf
des Prozesses in Ablehnung wandelt („Km wirkt debil“; ebd.: 28) und sich schließlich zu einer
Pathologisierung entwickelt („KM ist vollkommen asozial“; ebd.: 32). Die Tatsache, dass die Mutter
ihre Aussage bezüglich der Vaterschaft nicht änderte, reichte aus, um sie schlussendlich völlig zu
diskreditieren. Dass das angewandte „Blutgutachten“ laut Behördenunterlagen bereits damals als
nicht ausreichend wissenschaftlich abgesichert galt, wie in einem Berufungsakt vermerkt ist, tat
dem Pathologisierungsprozess keinen Abbruch. Wie Unterberger in ihrer Arbeit zeigt, spielten die
Fürsorgerinnen in diesem Gerichtsverfahren durch ihre Gutachten eine wichtige Rolle.
Lisa Obermüller (2024) beschäftigte sich in ihrer intersektional angelegten Arbeit mit
zeitgenössischen Normbrüchen und deren stigmatisierenden Folgen. Sie untersuchte anhand
der Mündelakte von Petra E. (Synonym), wie die Wohn- und Familienverhältnisse des „Mündels“
und der Bruch gesellschaftlicher Normen seitens der erwachsenen Familienmitglieder von den
Fürsorgerinnen dargestellt wurden. Dieses Verhalten wurde schließlich in Form von Abnahme
sämtlicher Kinder sanktioniert. Die „ledige“ Mutter von Petra E. heiratete einige Jahre nach der
Geburt ihrer ersten Tochter einen anderen Mann, der ab diesem Zeitpunkt als Stiefvater für Petra
E. agierte. Gemeinsam bekam das Ehepaar zwei weitere Kinder. Im Jahr 1960 zog ein (jüngerer)
Untermieter in die Wohnung der Familie ein. Die Fürsorgerinnen stellten bei ihren Kontrollbesuchen
fest, dass die Mutter zu beiden Männern offenbar in wechselseitigem Einverständnis eine
Beziehung zu unterhalten schien – ein absoluter Normbruch in der patriarchalen, heteronormativen
österreichischen Nachkriegsgesellschaft. Noch im selben Jahr beantragte die zuständige
Fürsorgerin die Kindesabnahme, da die Mutter „sittliche Defekte“ (ebd.: 24) habe und ihr Mann „in
einem Hörigkeitsverhältnis“ (ebd.) stehe bzw. gar „ein willenloses Werkzeug in den Händen seiner
Gattin“ (ebd.) sei. Zusätzlich überkäme Frau E. „von Zeit zu Zeit der Wandertrieb“ (ebd.). Dem Antrag
wurde stattgegeben, der Mutter wurden alle ihre Kinder abgenommen. Obermüller analysierte die
Berichte und den Antrag der Fürsorgerinnen semantisch, erarbeitete die Argumentationslinien und
die Zuschreibungen vor dem historischen Kontext und kommt schließlich zu folgendem Fazit:
„Die Sprachpraxis der Fürsorgerinnen verrät mehr über die Normvorstellungen
ebendieser, anstatt über die Wohn- und Familienverhältnisse sowie den
Entwicklungsprozess des befürsorgten Kindes selbst. Die Entscheidung der
Kindesabnahmen ist durch heteronormative Geschlechtszuschreibungen, wie die
der bürgerlichen Norm und konservative geschlechterstereotype Rollenaufteilungen,
bestimmt. Die eheliche Treue der Mutter wird als besonders bedeutsam für die
Kindesentwicklung von Petra E. und ihren Geschwistern interpretiert. Der Mann
hingegen muss der Rolle als Oberhaupt der Familie entsprechen […].“ (Ebd.: 30)
Martin Dvoran (2024) untersuchte in seiner Arbeit die Erinnerungen der Zeitzeugin Erika Held
(Synonym). „Ihr Vater überlebte den Nationalsozialismus als Sinto nur knapp. Ihre Mutter
geriet aufgrund ihrer unehelichen Kinder und ihrer jenischen Herkunft ins Visier der staatlichen
Behörden.“ (Ebd.: 2) Erika Held und ihre Geschwister wurden den Eltern abgenommen und
getrennt voneinander in Pflegefamilien und diversen Heimen untergebracht. Dvoran thematisiert in
seiner Arbeit, inwiefern im Behördenhandeln in der Nachkriegszeit Kontinuitäten aus der Zeit des
Nationalsozialismus auszumachen sind und inwieweit rassistisches Gedankengut weiterwirkte: So
wurde etwa in einer Notiz in der Heimaufnahmeakte der familiäre Hintergrund von Erika Held mit zu
erwartenden pädagogischen Schwierigkeiten verknüpft. Die Parallelen zur bzw. die Weiterführung
der nationalsozialistischen Ideologie – Vorstellungen über die Vererbung von „Asozialität“ und die
Biologisierung sozialen Verhaltens – werden hier offensichtlich (vgl. zu letzterem etwa Amesberger/
Halbmayr 2021: 29; vgl. zur Attribuierung von „Asozialität“ im Nationalsozialismus Kranebitter
2024). Darüber hinaus setzte sich Dvoran mit den Folgen des Behördenhandelns für den weiteren
Lebensweg von Erika Held auseinander: Neben rassistischen Beschimpfungen erfuhr sie im Heim
Gewalt, religiösen Drill und strenge Disziplinierung. Der Verlust der Familie und die leidvollen
Erfahrungen der Fremdunterbringungen führten bei Erika Held zu einem Gefühl der „Entwurzelung“
und einer schwierigen, lebenslangen Suche nach Zugehörigkeit, wie sie in ihrer Autobiografie und
demgeführtenInterviewberichtet.DvoraninterpretiertdielebensgeschichtlicheAuseinandersetzung
der Zeitzeugin im Rahmen ihrer Autobiografie als den Versuch, erlebtes Leid aufzuarbeiten und
als selbstermächtigende Gegendarstellung zur behördlichen Dokumentation ihrer damaligen
Heimaufnahme (vgl. Dvoran 2024: 25).
3.3 Übergreifende Ergebnisse der Projektwerkstatt
Auf Grundlage der interpretativen Analysen der Studierenden verdichtete sich der Eindruck, dass
„ledige“ Mütter in den Akten vergleichsweise wenig zu Wort kamen. Den Vätern hingegen wurde mehr
Raum zugestanden, sowohl bei den Einvernahmen im Rahmen der Vaterschaftsfeststellungen als
auchinjenenFällen,indenenVäterUnterhaltszahlungenschuldigblieben.Vaterschaftsfeststellungen
waren häufig mit besonders stigmatisierenden Erfahrungen für „ledige“ Mütter verbunden, da
Männer immer wieder versuchten, Zweifel an der „sittlich-moralischen“ Integrität der Frauen zu
schüren und das Augenmerk auf angeblich andere potenzielle Väter zu lenken (vgl. Eckerl 2024).
Im untersuchten Zeitraum dürften minderjährige „Mündel“ im Rahmen der Hausbesuche und im
Falle von fürsorgerischen Eingriffen zumeist nicht selbst befragt worden sein, es wurde lediglich
über sie berichtet. Die Fallanalysen der Studierenden belegen, dass die Adressat:innen der Kinder-
und Jugendhilfe in die Entscheidungsprozesse nicht einbezogen wurden. Selbst im Falle von
Kindesabnahmen blieben die Wünsche der betroffenen Kinder bzw. Jugendlichen unberücksichtigt
– sie finden sich zumeist nicht einmal in Form von Notizen in den Akten. So versuchten
Fürsorgerinnen in den untersuchten Fällen etwa bei angeordneten Heimunterbringungen im Vorfeld
nicht, bestimmte Verhaltensweisen der Minderjährigen ursächlich zu verstehen. Sie zogen keine
gelinderen Maßnahmen in Erwägung und intervenierten nicht zugunsten der Kinder, indem sie z.B.
den Verbleib in vertrauten Pflegefamilien unterstützten (vgl. Böhm 2024: 31).
Es war zudem auffällig, dass Fürsorgerinnen in ihrer Dokumentationspraxis häufig auf
äußerliche Merkmale der Minderjährigen, aber auch auf Gang, Haltung und Mimik eingingen und
diese mit Charaktereigenschaften und vermeintlich psychischen Erkrankungen verknüpften (z.B.:
„Gesundes Rechtsempfinden ist vorhanden, ebenso Gutmütigkeit. Doch drückt ihr Mienenspiel,
ebenso der starre Blick, eine krankhaft gestörte Seele aus“, vgl. Thorwartl 2024: 19). Auf Grundlage
der ausgearbeiteten Fallbeispiele wurde deutlich, dass Fürsorgerinnen normabweichendes
Verhalten in der frühen Zweiten Republik zumeist nicht als Resultat schwieriger Lebenslagen
interpretierten, sondern vermeintliche Erbfaktoren dafür verantwortlich machten. So rekonstruierte
Bernhard Thorwartl (2024) einen Fall, in dem Fürsorgerinnen einem vierjährigen Mädchen ein „sexuell
abnormales“ (ebd.: 27) Verhalten in Gegenwart von Buben unterstellten. Sowohl die Pflegemutter
als auch die Fürsorgerinnen befürchteten, dass das kleine Mädchen in die Fußstapfen der Mutter
treten könnte, der ebenfalls ein sexuell unangepasstes Verhalten attestiert wurde. Die Pflegefamilie
beschloss in weiterer Folge, das Mädchen wegzugeben und begründete dies mit der Sorge, dass
das leibliche Kind der Familie „verderben“ könnte (vgl. ebd.: 26–28).
Insgesamt zeichnen die Aktenanalysen ein detailliertes Bild von Misogynie, patriarchalen
Gesellschaftsstrukturen und asymmetrischen Machtverhältnissen. Sie verdeutlichen, wie
Unehelichkeit vom Fürsorgeregime als gesellschaftliches Problem mit/konstruiert wurde.
Insbesondere in der Nachkriegszeit galt „ledige“ Mutterschaft als moralische Bedrohung für die
österreichischeGesellschaftsordnung–einProblem,welchemmitdemMittelderAmtsvormundschaft
als Surrogat für den Vater bzw. die väterliche Gewalt begegnet wurde (vgl. Schölper 2010: 444). Ab
den 1970er Jahren begann sich die Haltung gegenüber alleinerziehenden Müttern im Zuge der
Neuen Frauenrechtsbewegung und der 1968er-Reformbewegungen allmählich zu ändern, was
sich auch in den Familienrechtsreformen der 1970er widerspiegelt. Während Deutschland bereits
1969 die generelle Amtsvormundschaft für unehelich geborene Kinder beseitigte (vgl. Buske 2004),
dauerte es in Österreich weitere 20 Jahre, bis sich veränderte Lebens- und Familienformen auch
rechtlich in der offiziellen Abschaffung dieses Instrumentes niederschlugen.
Die von Marcel Irmler (2024) interviewten ehemaligen Sozialarbeiterinnen empfanden die
gesetzlich vorgesehene Kontrolle in den Jahren vor der Gesetzesänderung als ungerecht und veraltet
(„also diese Mündelaufsicht war ein Relikt aus dem Patriarchat“; ebd.: 18). So ist es auch nicht weiter
erstaunlich, dass sie die Gesetzesänderung von 1989 als längst überfällig bezeichneten (vgl. ebd.:
29). Man habe nie leichtfertig Kinder „wegen irgendetwas“ abgenommen, rechtfertigte sich auch
eine von Alexandra Berger (2024: 26) interviewte ehemalige Fürsorgerin. Bereits auf der Grundlage
erster explorativer Aktenanalysen wurde deutlich, dass die Anforderungen an „ordnungsgemäße“
Haushaltsführung und Erziehung sowie die impliziten (moralischen) Erwartungen an „ledige“
Mütter hoch gewesen sein dürften. Hingegen dürfte es für Pflegefamilien – abgesehen von
ausreichend Platz – kaum Auflagen gegeben haben (vgl. ebd.: 21). Als Folge dieser vergleichsweise
nachlässigen Praxis habe es im Bezirk „Pflegenester“ gegeben, so die Interviewte; zumeist seien
das Bauernfamilien gewesen, die auf ihren Höfen gezielt viele Kinder aufnahmen. Teilweise habe
sich diese Umgebung als kindeswohlgefährdend erwiesen (z.B. sexueller Missbrauch). In solchen
Fällen seien Kinder nachträglich in Heimen untergebracht worden, so eine pensionierte Fürsorgerin
aus Niederösterreich im Interview (vgl. ebd.: 27; zur Ausbeutung von Wiener Pflegekindern durch
Bauern und Gewalterfahrungen in Pflegefamilien, siehe Raab-Steiner/Wolfgruber 2014).
4
Reflexion und Relevanz für die sozialarbeiterische Ausbildung
Der für unsere Bachelorprojektwerkstatt gewählte interdisziplinäre Zugang erwies sich aus unserer
Perspektive in mehrfacher Hinsicht als innovativ, relevant und adäquat für die Ausbildung zukünftiger
Sozialarbeiter:innen. Dies möchten wir im folgenden Kapitel ausführlicher darlegen.
4.1 Fachlichkeit und (sozialarbeitsrelevante) Problemlagen im Wandel
Soziale Arbeit hat sich als eine Instanz zur Bearbeitung gesellschaftlicher Probleme und
Krisenerscheinungen entwickelt und etabliert (vgl. Dollinger 2004). Welche Problemlagen als
bearbeitungsbedürftig gelten, wurde und wird im Laufe der Zeit unterschiedlich interpretiert. Mit dem
Fokusauf„ledige“MütterundderenKinderrücktedieBachelorprojektwerkstattjenezeitspezifischen
Vorstellungen von Geschlechterrollen, Familie, Mutterschaft, Erziehung, Kindheit und Jugend in
den Forschungsfokus, die auf das Professionsverständnis der Kinder- und Jugendfürsorge in den
1950er bis 1980er Jahren einwirkten und die zugleich durch das Fürsorgeregime re/produziert
wurden. Kriegsbedingt kam es während der Zeit des Nationalsozialismus zur Verschiebung von
Geschlechterrollen und Verantwortungsbereichen (vgl. etwa Meyer/Schulze 1992). Nach dem
Kriegsende waren Frauen dadurch selbständiger und autonomer geworden. Mit der Rückkehr der
Männer aus dem Krieg bzw. der Gefangenschaft bemühten sich relevante gesellschaftliche Akteure,
patriarchale Geschlechterverhältnisse bzw. die vermeintliche „alte Ordnung“ rasch zu re/etablieren
(vgl. Thurner 1995: 19–23). Idealisierte Vorstellungen von Familie, adäquater Mutterschaft und
Erziehung aber auch von den Kindern und Jugendlichen selbst entfalteten in der frühen Zweiten
Republik daher eine große normative Kraft. Die Beseitigung der sogenannten Jugendverwahrlosung
wurde zum zentralen Paradigma ausgerufen, beschäftigte die zentralen Akteur:innen der Kinder- und
Jugendhilfe und war Bestandteil fachlicher Debatten (zur Pathologisierung der Nachkriegsjugend,
siehe z.B. Blaschitz 2009: 227–244; Ralser et al. 2017: 217–225). In den untersuchten Akten wurde
zudem deutlich, wie ungebrochen sich bestimmte Denkmuster und Ausdrücke aus der Zeit des
Nationalsozialismus (Stichworte u.a. „asozial“ und „arbeitsscheu“) mitunter in den Akten der
Nachkriegszeit wiederfinden.
Mittels eines kritischen Blicks auf vergangene Praktiken der Sozialen Arbeit können heutige
Studierende ein vertieftes Verständnis dafür entwickeln, wie sich die Fachlichkeit ihrer Profession
im Laufe der Zeit veränderte. Als angehende Sozialarbeiter:innen erkennen sie bestenfalls die
Relevanz und Wirkmächtigkeit gesellschaftlicher Normen und deren Auswirkungen sowie die
Verstrickungen der eigenen Profession in Macht- und Herrschaftsverhältnisse. Entsprechend führten
die gemeinsamen Aktenauswertungen zu produktiven Irritationen: So wurde u.a. deutlich, wie wenig
parteilich sich die damalige Kinder- und Jugendhilfe an die Seite der minderjährigen „Mündel“
und ihrer Mütter stellte und wie autoritär-paternalistisch der professionelle Habitus oftmals war.
Wichtige professionelle Kriterien, die heute als selbstverständlich erscheinen und auch im Rahmen
der Ausbildung gelehrt werden, besaßen damals noch keine Gültigkeit: der Fokus auf vorhandene
Ressourcen, der Einbezug der Nutzer:innen in sozialarbeiterische Entscheidungen, der Schutz der
Integrität, transparente Verfahren sowie methodisches Handeln und professionelle Reflexivität (vgl.
Businger/Raumsauer 2017: 29).
Die Beschäftigung mit dem Quellenkorpus ermöglichte es den Studierenden, ihren
Wissensstand über historische Arbeitsrealitäten und Lebenswelten zu vertiefen. Dies befähigte sie,
neue Perspektiven auf die gegenwärtige sozialarbeiterische Praxis zu entwickeln und diese auch in
Relation zu setzen. Die Konturen der gegenwärtigen Fachlichkeit traten auf diese Weise deutlicher
hervor. Die Frage, wie wohl in Zukunft auf die heutige sozialarbeiterische Praxis geblickt werden wird,
beschäftigte die Studierenden dabei besonders intensiv. Diese selbstreflexive Frage signalisiert,
wie wichtig es ist, auch in der Gegenwart jene „sozialen Praktiken der Sozialen Arbeit in den Blick
zu nehmen, über die sie mit daran beteiligt ist, Gesellschaft in der Weise mit hervorzubringen, wie
sie sich momentan darstellt“ (Hartmann/Hünersdorf 2011: 17). Während es mit zeitlichem Abstand
einfacher ist, Ausschlussprozesse eindeutig als solche zu erkennen, dürfte das selbst/reflexive
Hinterfragen gegenwärtiger sozialarbeiterischer Praktiken aufgrund der fehlenden (eigenen) Distanz
ungleich schwieriger sein. Um dies im Rahmen der sozialarbeiterischen Ausbildung einzuüben,
könnten sich zukünftige Lehrforschungsprojekte beispielsweise mit der Frage beschäftigen, welche
„wrong types of mothers“ (Brown 2015) zu unterschiedlichen Zeiten gesellschaftlich konstruiert und
zugleich moralisiert wurden und werden.
4.2 Methodenkompetenz, eigene Dokumentationspraxis und Intersektiona-
lität
DieRechercheinArchivenunddiequellenkritischeAktenauswertungermöglichtefürdieStudierenden
neue Zugänge und Perspektiven, sowohl in Hinblick auf Methodik als auch auf Selbst/Reflexion. Die
historische Aufarbeitung sensibilisierte die Studierenden – als zukünftige Aktenproduzent:innen – in
hohem Ausmaß für die Wirkmacht gesellschaftlicher Norm- und Wertvorstellungen auch im Kontext
sozialarbeiterischer Sprach- und Handlungspraxis. Dies entspricht sowohl unseren Eindrücken als
auch dem Feedback der Studierenden zur Lehrveranstaltung. Insbesondere die Analyse der oft
abwertenden Sprache in der Aktenführung erwies sich als geeignet, um mit den Studierenden über
die sozialarbeiterische Dokumentationspraxis zu diskutieren und diese zu reflektieren. So gaben
einige der Studierenden an, dass sie dies von nun an im Hinterkopf behalten würden, wenn sie
in Zukunft selbst über Klient:innen schrieben. Das (neu erworbene) Wissen, dass die von ihnen
produzierten Akten die zukünftige Forschung als relevante Quellen interessieren könnte, dürfte hier
auch eine Rolle spielen.
Als besonders relevant erwies sich die konsequent angewandte Quellenkritik, welche die
Studierenden in ihren schriftlichen Arbeiten sehr ernst nahmen. Eine Studierende wies zudem
während ihrer Bachelor-Abschlussprüfung darauf hin, dass sie im Rahmen ihrer Arbeit in einer
sozialpädagogischenEinrichtungDokumentenichtmehralsWiedergabeeinerobjektiven,nichtweiter
hinterfragbaren Wirklichkeit betrachten könne. Stattdessen würde sie automatisch danach fragen,
wer das Dokument mit welcher Motivation verfasst habe, warum und wie etwas dargestellt werde
und auch, was ggf. ausgeblendet worden sein könnte. Kurz: Studierende können anhand historischer
Fürsorgeakten methodengeleitet lernen, zwischen den Zeilen und gegen den Strich zu lesen. Ein
solcher Zugang ist auch nötig, um diskriminierende und bevormundende Verwaltungsprozeduren
als solche benennen zu können: Die quellenkritische Arbeit lenkt/e den Blick auf frauenspezifische
Erfahrungen mit der lokalen Kinder- und Jugendhilfe. Neben der Geschlechterdimension erwiesen
sich auch andere Differenzkriterien als handlungsleitende Prämissen in der Fürsorgearbeit; in den
untersuchten Fällen waren das vor allem Klasse, race, Körperlichkeit, dis/ability und Sexualität.
Die Arbeiten der Studierenden verdeutlichen, wie wichtig ein intersektionaler Zugang als
wesentlicher Bestandteil des Fachwissens Soziale Arbeit ist. Mündelakten sind geeignete Quelle,
um einen solchen Ansatz empirisch anwenden zu können. Im Laufe des Projektes gewannen
wir den Eindruck, dass die Aktenanalyse bzw. die Auseinandersetzung mit der historischen
Praxis sowohl in der Methodenausbildung als auch in den Abschlussarbeiten der Sozialen
Arbeit eher ein Nischendasein führt. Andere Disziplinen, wie etwa die universitär verankerten
Erziehungswissenschaften,weisenhingegenstärkereAmbitionenauf,historischeEntwicklungslinien
nachzuzeichnen und auch die dunklen Kapitel der Kinder- und Jugendhilfe zu untersuchen. Die
Erfahrungen aus dem Lehrforschungsprojekt zeigen, wie lohnend die Beschäftigung mit Akten und
ihrem Erkenntnispotential für die Analyse von immanenten Entscheidungsheuristiken ist – sowohl
in der Ausbildung als auch in der Forschung von Sozialarbeiter:innen und Sozialpädagog:innen.
5
Ausblick und Plädoyer
5.1 Weiterer Forschungsbedarf
Wir sehen unsere Projektwerkstatt als ein wichtiges Mosaiksteinchen, um auch in Niederösterreich
die komplexe Geschichte der Kinder- und Jugendfürsorge systematisch zu beleuchten – ein
Vorhaben, das noch in den sprichwörtlichen Kinderschuhen steckt. Auch die Studierenden
ermittelten im Rahmen ihrer Bachelorarbeiten weiteren Forschungsbedarf: Neben der allgemeinen
Auseinandersetzung mit der Geschichte der Sozialen Arbeit in Niederösterreich sind etwa Fragen
der Fremdunterbringung von Kindern und Jugendlichen in Pflegefamilien und Heimen sowie deren
Legitimierungen von Seiten der Fürsorge noch kaum untersucht; immer wieder wurden Kinder für
eine bestimmte Zeit in der heilpädagogischen Beobachtungsstation in Mödling untergebracht, teils
aus fragwürdigen Gründen (z.B. Bettnässen). Auch hier fehlt bislang eine umfassende Aufarbeitung
des Trends zur „Heilpädagogisierung“ der lokalen Fürsorgearbeit in der frühen Zweiten Republik.
Die gesellschaftliche Degradierung und Pathologisierung von „ledigen“ Müttern im Rahmen
von oft lang andauernden Vaterschaftsfeststellungen bedürfen ebenfalls weiterer Forschung.
Neben der umfassenden Analyse von geschlechtsspezifischen Ordnungsvorstellungen wäre der
Einbezug weiterer Differenzkriterien (v.a. Klasse, race, Sexualität, Körperlichkeit und dis/ability)
ein ertragreiches Forschungsvorhaben. Und nicht zuletzt wäre es wichtig, sich systematisch der
Frage nach den Kontinuitäten von Denkmustern aus der Zeit des Nationalsozialismus innerhalb der
Sozialen Arbeit zu widmen.
5.2 Plädoyer für eigene Professionsgeschichtsschreibung
Im Rahmen der Projektwerkstatt wurde deutlich, wie wichtig es ist, die Aufarbeitung der
Professionsgeschichte nicht ausschließlich anderen Disziplinen zu überlassen, sondern
interdisziplinäre Zusammenarbeit anzustreben. Im Lehrforschungsprojekt erwies sich dieser Ansatz
als sehr erfolgversprechend: Neben unseren Expertisen aus der Geschichte und der Soziologie
brachten die Studierenden ihre eigenen Einblicke und ihre eigenen Fragestellungen aus der Sozialen
Arbeit mit, die mitunter andere Lesarten des Quellenmaterials zuließen. So etwa berichtete einer der
Studierenden, der im Feld der Kinder- und Jugendhilfe arbeitete, dass er in seiner Dokumentation
teils gezielt spezifische sprachliche Codes verwenden würde: Um ein – wenn nach Ermessen des
Teams nötiges – rasches Handeln des Jugendamtes sicherzustellen, würde er bei der Schilderung
von Vorfällen bestimmte Keywords verwenden (müssen).
Eines der zentralen Ergebnisse der studentischen Arbeiten war zudem, dass Fürsorgerinnen
in den Akten meist anonym blieben; lediglich anhand der wechselnden Handschriften/Schreibstile
lassen sich Personalwechsel feststellen bzw. vermuten. Während wir Lehrveranstaltungsleiterinnen
dies zunächst ausschließlich als eine immanente Form der Machtausübung interpretierten, wiesen
uns u.a. unsere Studierenden als (angehende) Sozialarbeiter:innen darauf hin, dass dies auch dem
Schutz der Fachkräfte dienen könne. Es kam bzw. komme vereinzelt vor, dass Fürsorgerinnen/
Sozialarbeiter:innen tätlichen Angriffen ausgesetzt waren bzw. seien. In beiden angeführten
Beispielen wird Insider:innenwissen sichtbar, das durch interdisziplinäre Zusammenarbeit mitunter
zu differenzierteren Ergebnissen führen kann.
Soziale Arbeit versteht sich selbst als eine Menschenrechtsprofession (vgl. Staub-
Bernasconi 2019). Teils erscheint diese Setzung als normativ überhöht. Ausgeblendet bleibt ihre
Funktion als Instrument der Herrschaftssicherung. Wenn sich die Soziale Arbeit ihrer eigenen
Professionsgeschichte widmet und vergangenes Unrecht selbst aufarbeitet – wie etwa das
diskriminierende Handeln der Behörden gegenüber „ledigen“ Müttern und ihren Kindern, die
weitreichendenEingriffeindasLebender„amtsbevormundeten“Menschen, dieFremdplatzierungen
und die zugefügte Gewalt –, dann nimmt sie dieses Bekenntnis ernst.
Verweise
i
Die Bachelorprojektwerkstatt wurde in Kooperation zwischen dem Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung und dem Ludwig
Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung, eingebunden in das niederösterreichische Forschungsnetzwerk Interdisziplinäre
(02.09.2025)
und
ii
Wir setzen den Begriff „ledig“ in Anführungszeichen, um dessen Problematik zu markieren – und möchten uns an dieser Stelle bei Li
Gerhalter (Leitung Sammlung Frauennachlässe an der Universität Wien) für die diesbezüglichen und konstruktiven Gespräche bedanken.
Beim Ausdruck „ledig“ handelt es sich um einen mittlerweile veralteten Begriff, der in unseren Augen nicht mehr dem Zeitgeist des
21. Jahrhunderts entspricht. Zudem weist er nach Einführung des ABGB 1811 und der damit erfolgten juristischen Etablierung einer
patriarchalen Familienstruktur im 19. und 20. Jahrhundert einen diminutiven Beigeschmack auf. Andere, vermeintlich neutrale Begriffe
wie „Alleinerzieherin“ verweisen bei näherer Betrachtung ebenfalls auf einen patriarchalen, heteronormativen Hintergrund: Das Adjektiv
„allein“ suggeriert eine Abweichung von der (vermeintlichen) Norm der „Zweielternschaft“ – warum sonst müsste man es explizit anführen.
Zusätzlich wird hierdurch verschleiert, dass die Mütter oft sehr wohl auf ein Netzwerk von weiteren Erziehenden, z.B. ihre Eltern oder
Geschwister, zugreifen konnten/können.
iii Die Einführung der Berufsvormundschaft 1910, die damit ermöglichte Ablösung der bis dahin tätigen ehrenamtlichen Einzelvormünder
und die Generalvormundschaft 1914 markieren den zeitlichen Beginn der amtlichen Vormundschaft, ausgeübt und institutionalisiert
durch die damals nach und nach entstandenen Bezirksjugendämter (vgl. Hiebl 2022: 188).
iv
Im vorliegenden Beitrag verwenden wir für die genannten Fürsorgerinnen ausschließlich die weibliche Form, da unseres Wissens im
untersuchten Zeitraum Männer keine Fürsorgebesuche abstatteten, sondern ausschließlich in Leitungspositionen im Fürsorgewesen
tätig waren. Aufgrund der Entwicklung der Kinder- und Jugendfürsorge hin zu einem Bereich der heutigen Sozialen Arbeit und angesichts
des damit einhergehenden Generations- und Paradigmenwechsels sowie dem vermehrten Erscheinen von männlichen Sozialarbeitern
gendern wir Sozialarbeiter:innen im Gegensatz dazu.
v
Die Publikation der Forschungsergebnisse eines aktuellen Projektes, das sich mit der Fürsorgepraxis im Kontext der Salzburger
Heilpädagogik im Zeitraum 1945–1970 beschäftigt, befindet sich derzeit in Vorbereitung. Vanessa Blaha berichtete über Ergebnisse
des Projektes im Rahmen einer Ilse Arlt Lecture am 15. Oktober 2024 (vgl. dazu Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung 2024).
vi
Unter der Bezeichnung „Mehrverkehrseinrede“ wird eine Argumentationsstrategie verstanden, die immer wieder im Rahmen von
Vaterschaftsfeststellungen vor Gericht von mutmaßlichen Vätern angewandt wurde. Sie bestand in der Unterstellung, dass die Frau in
dem in Frage kommenden Zeitraum mit zumindest einem weiteren Mann Geschlechtsverkehr gehabt habe. Wurde dieser Argumentation
vom Gericht Glauben geschenkt, sank die Wahrscheinlichkeit, dass der Mann als Vater anerkannt wurde und somit Alimente zahlen
musste (vgl. dazu für Deutschland Buske 2004: 80).
vii KM steht für Kindsmutter.
viii
Das Jugendamt reichte in Vertretung des minderjährigen Kindes Berufung gegen den Gerichtsbeschluss ein, dem zufolge der
potenzielle Vater als solcher auszuschließen sei. Niederösterreichisches Landesarchiv, BH St. Pölten, Karton 1114, Gruppe XV, Aktnr. M
35/52, Antrag auf Berufung C 127/60.
ix Die (nicht publizierte) Autobiografie von Erika H. findet sich in der Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen des Instituts
für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien.
x Beim Zitieren aus den BA-Arbeiten übernehmen wir die jeweilige Bezeichnungspraxis der Studierenden.
xi
Diese Bezeichnung verdanken wir Martina Rödl, Archivarin am Niederösterreichischen Landesarchiv und u.a. zuständig für die
Bestände der Bezirkshauptmannschaften. Wir möchten uns an dieser Stelle zudem für die professionelle Betreuung und Beratung
unserer Studierenden bedanken.
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Über die Autorinnen
Mag.a Dr.in Anne Unterwurzacher
Ist seit März 2019 als Senior Researcher am Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung in
St. Pölten beschäftigt; seit 2016 Leitung des Forschungsverbundes Migration im Rahmen des
Forschungsnetzwerkes Interdisziplinäre Regionalstudien (first). Arbeitsschwerpunkte sind u.a.:
Lagerunterbringung im Rahmen von Zwangsmigration, interdisziplinäre Migrationsforschung,
Geschichte der niederösterreichischen Kinder- und Jugendhilfe. Zahlreiche Forschungsprojekte in
der soziologischen und historischen Migrationsforschung.
Nadjeschda Stoffers, BA BA MA
Hat Geschichte und Germanistik in Wien studiert und ist derzeit Universitätsassistentin an der
Universität Graz. Seit 2021 ist sie zudem wissenschaftliche Mitarbeiterin des Ludwig Boltzmann
Instituts für Kriegsfolgenforschung, 2023/24 war sie als Lektorin an der FH St. Pölten tätig.
Nadjeschda Stoffers ist Mitglied des Forschungsnetzwerks first, stellvertretende Obfrau des Vereins
fernetzt und Mitglied des Arbeitskreises Kindheitsgeschichte. In ihrer Dissertation forscht sie aktuell
zur Geschichte der „Napola“ Traiskirchen.