Hanna Lichtenberger. „Man kann schon sehen, dass da Unterschiede sind.“ Klassismus gegenüber armutsbetroffenen Eltern in  
elementarpädagogischen Einrichtungen. Deutungen, Mechanismen und Dis-kriminierungserfahrungen. soziales_kapital, Bd. 31  
(2025). Rubrik: Sozialarbeitswissenschaſt. Eisenstadt. Printversion: http://www.soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/article/  
31. Ausgabe, 2025  
Geschlechtergerechtigkeit  
„Man kann schon sehen,  
dass da Unterschiede sind.“  
Klassismus gegenüber armutsbetroffenen Eltern  
in elementarpädagogischen Einrichtungen  
Deutungen, Mechanismen und  
Diskriminierungserfahrungen  
Hanna Lichtenberger  
Zusammenfassung  
Die multiplen Krisen unserer Gegenwart verstärken Kinderarmut und die negativen  
Folgen für die Betroffenen. Elementarpädagogischen Einrichtungen wird in der sozial- und  
bildungspolitischen Debatte zumeist eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung sozialer Ungleichheit  
und der Prävention negativer Folgen von Kinderarmut zugeschrieben. Voraussetzung dafür  
ist jedoch, dass die Einrichtungen und ihre Fachkräfte armutssensibel arbeiten. Der Artikel  
präsentiert Forschungsergebnisse einer quantitativen Online-Befragung von 540 Mitarbeitenden  
elementarpädagogischer Einrichtungen in Österreich. Untersucht wurden die Wahrnehmungen der  
Fachkräfte hinsichtlich armutssensibler Strategien und Klassismus-relevanter Haltungen. Deutlich  
wird: Fachkräfte kompensieren fehlende Informationen über Familiensituationen häufig durch das  
Lesen sichtbarer „Armutsindikatoren“. Darüber hinaus verknüpfen sie Hinweise auf strukturelle  
Hürden mit einer an der Erwerbsnorm ausgerichteten Bewertung elterlicher Erwerbsbiografien.  
Drittens erschweren ein Gleichheitsparadigma sowie mangelnde personelle und finanzielle  
Ressourcen der Einrichtungen die Umsetzung einer flächendeckenden armutssensiblen Strategie.  
Schlagwörter: Kinderarmut, Klassismus, armutssensibles Handeln, Armutsprävention,  
Elementarpädagogik, Armut  
Abstract  
The present moment is characterized by numerous crises, which have the effect of  
intensifying child poverty and the negative consequences for those affected. In the context of social  
and education policy debates, early childhood education and care (ECEC) institutions are typically  
assigned an important role in addressing social inequality and preventing the adverse consequences  
of child poverty. However, this presupposes that these institutions and their professionals work in  
a poverty-sensitive manner. This article presents the findings from a quantitative online survey of  
540 employees in ECEC institutions in Austria. The study examined professionals’ perceptions  
regarding poverty-sensitive strategies and attitudes relevant to classism. The results reveal the  
following: Firstly, in the absence of information regarding family circumstances, professionals often  
compensate by relying on visible „indicators of poverty.“ Secondly, references to structural barriers  
are linked by professionals to assessments of parents’ employment biographies that are aligned with  
the norm of paid work. Thirdly, an equality-as-sameness paradigm, as well as insufficient personnel  
and financial resources within institutions, impede the implementation of a comprehensive poverty-  
sensitive strategy.  
Keywords: child poverty, classism, poverty-aware action, poverty prevention, early childhood  
education, poverty,  
1
Einleitung  
Kinderarmut ist eine zentrale Herausforderung für elementarpädagogische Einrichtungen –  
schließlich ist in Österreich mehr als jedes fünfte Kind von Armut oder materieller/sozialer  
Ausgrenzung bedroht (vgl. Statistik Austria 2025: 86). Der Auftrag elementarpädagogischer  
Einrichtungen wird häufig mit der Trias Betreuung–Bildung–Erziehung beschrieben (für kritische  
Reflexionen vgl. u.a. Holztrattner 2023: 6–8). Zusätzlich kommt ihnen ein Auftrag zur Herstellung  
von „Chancen“ bzw. Armutsprävention durch die Politik zu (vgl. BGBl. Nr. 99/2009: Art. 1), was in  
der Literatur differenziert betrachtet wird (vgl. z.B. Salchegger/Höller/Herzog-Punzenberger/Breit  
2021). Die Expertin für frühkindliche Bildung und Bildungsungleichheit, Kirsten Fuchs-Rechlin,  
betont, dass es besonders auf die Qualität einer elementarpädagogischen Einrichtung ankomme, ob  
dort Chancengerechtigkeit umgesetzt wird (vgl. Fuchs-Rechlin 2020: 185, 192). Zu dieser Qualität  
gehört „die lebensweltliche und alltagsorientierte Ausrichtung der Arbeit sowie die Einbindung der  
Familien“ (Fuchs-Rechlin 2020: 219) ebenso wie eine armutssensible Ausrichtung auf allen Ebenen  
(Zugang, Konzept, Interaktion, Organisation etc.) (vgl. ebd.).  
Von diesen Überlegungen ausgehend präsentiert der folgende Artikel Forschungsergebnisse  
zu Wahrnehmungen von elementarpädagogischen Fachkräften zum Thema Kinderarmut, die  
insbesondere hinsichtlich armutssensibler Strategien oder Klassismus-relevanter Haltung  
untersucht werden. Datengrundlage bilden eine quantitative Online-Befragung (Fragebogen mit  
geschlossenen, halboffenen und offenen Fragen) von 540 Mitarbeitenden elementarpädagogischer  
Einrichtungen in Österreich, die im Rahmen einer Kooperation der Volkshilfe Österreich und der  
Kinderfreunde Österreich erstellt wurde.  
2
Kinderarmut im Kapitalismus  
Armut ist ein strukturelles, mehrdimensionales Phänomen, dessen Wurzeln in der Verfasstheit  
kapitalistischer Gesellschaften liegen (vgl. Butterwegge 2021: 20). Armut ist zudem ein soziales  
Verhältnis und Teil der sozialen Strukturbildung: Sie ist für die Reproduktion von ungleichen  
Gesellschaften funktional. Kinderarmut stellt eine spezifische Form sozialer Ungleichheit dar, die  
mit der geringen Verfügbarkeit von Ressourcen – also ökonomischem, kulturellem oder sozialem  
Kapital (vgl. Bourdieu 2021: 195–209) – einhergeht. Kinderarmut ist demnach kein Sammelbegriff  
für verschiedene benachteiligte Lebenslagen, sondern muss in der Intersektion mit anderen  
Strukturkategorien (Generation/Alter, Staatsbürger:innenschaft, Geschlecht oder Gesundheit/  
Körperlichkeit etc.) reflektiert werden (vgl. Hunner-Kreisel/März 2019: 133–137). Neben der  
Ressourcenknappheit, die sich aus der gesellschaftlichen Positionierung ergibt, gilt es zusätzlich,  
Klassismus als Unterdrückungsform zu reflektieren, wenn über soziale Ungleichheit gesprochen  
wird. Der Begriff Klassismus beschreibt die Abwertung und Diskriminierung aufgrund der  
Klassenzugehörigkeit bzw. -herkunft (vgl. Seeck/Theißl 2020: 11).  
Ein Aufwachsen in Armut kann für Betroffene lebenslange negative Effekte bedeuten. Es gibt  
zahlreiche Studien zu den Nachteilen und Ungleichheiten, die entlang dem Lebenslagenkonzept  
(vgl. exemplarisch Holz/Laubstein/Seddig 2016: 40) in vier Dimensionen beschrieben werden  
können: der materiellen, kulturellen, gesundheitlichen und sozialen (vgl. exemplarisch Butterwegge/  
Holm/Imholz/Klundt/Michels 2003; WHO 2020). Die Langzeit-Untersuchungen aus dem  
Forschungszusammenhang des Frankfurter Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS) im  
Auftrag der Arbeiterwohlfahrt (AWO) zeigten u.a.,  
-
dass armutsbedingte Ungleichheiten bereits im Vorschulalter zu Tage treten können (vgl.  
Hock/Holz/Simmedinger/Wüstendörfer 2000: 47–60),  
-
dass sich Armut auf alle Dimensionen des kindlichen Lebens auswirkt und dass  
kompensatorische Unterstützungsnetzwerke außerhalb der Familien einen positiven Effekt  
auf die kindliche Entwicklung haben können (vgl. Holz/Skoluda 2003: 52),  
dassnegativeAuswirkungenaufdenEntwicklungsverlaufvonKindernumsostärkerauftreten,  
je früher und länger diese Kinder unter Armutsbedingungen aufwachsen (vgl. Holz/Richter/  
Wüstendörfer/Giering 2006: V).  
-
Ob und welche (Langzeit-)Folgen Armut in der frühen Kindheit hat, hängt von vielen Faktoren  
ab, etwa von der Qualität der familiären Beziehungen, vom sozialen und kulturellen Kapital der  
Eltern, von der Frage eines sicheren Aufenthalts, des Umfeldes sowie ihren Handlungs- und  
Bewältigungsstrategien, aber auch von der Qualität öffentlicher (und wohnortnaher) Infrastruktur  
und anderer kompensatorischer Netzwerke, die das Kind beim Aufwachsen begleiten (vgl. Fuchs-  
Rechlin 2020: 185–219; Hock/Holz/Kopplow 2014: 38–39; Holz 2021: 4–5).  
3
Armutssensibles Handeln in elementarpädagogischen Einrichtungen  
Elementarpädagogische Einrichtungen verfügen nicht über den politischen Gestaltungsspielraum,  
Armut zu bekämpfen. Sie können aber Teil der oben genannten kompensatorischen Netzwerke  
sein, die zusammen mit anderen Akteur:innen gegen die armutsspezifischen Nachteile betroffener  
Kinder wirken – und zwar dann, wenn sie armutssensibel arbeiten. Armutssensibles Arbeiten meint  
den Abbau „armutsbedingter Barrieren, Vermeidung von Stigmatisierungen und Partizipation an  
allem, um allen Heranwachsenden Teilhabe an allem Geschehen zu ermöglichen“ (Holz 2021:  
7–8). Armutssensibles Arbeiten bedingt ein wertschätzendes, informiertes und empathisches  
Handeln gegenüber armutsbetroffenen Personen, ihrer Lebenslage sowie ihren Bedürfnissen und  
Belastungen. Dies kann sich im zwischenmenschlichen Umgang, in Organisationen und auf der  
Ebene der gesellschaftlichen Strukturen zeigen (vgl. Holz 2021: 7–9; Fuchs-Rechlin 2020: 221–222).  
Voraussetzungen dafür, dass Fachkräfte armutssensibel handeln können, ist eine selbstreflexive  
Professionalität, die die eigenen Bewertungsmuster (z.B. hinsichtlich elterlichen Entscheidungen)  
kritisch und vor dem Hintergrund struktureller Armutsursachen im Blick hat (vgl. Holz 2021: 8–10;  
Prigge/Lochner/Simon/Bastug 2019: 194). Letzteres ist von Bedeutung, wenn armutssensibles  
Handeln nicht zu einer individuellen Haltungsfrage der Fachkräfte bzw. der Einrichtungen gemacht  
werden soll. Armut ist ein für kapitalistische Gesellschaften konstitutives Ungleichheitsverhältnis,  
das nicht durch seine „Pädagogisierung“ aufgehoben werden kann.  
4
Forschungszugang und Daten  
Im Sommer 2022 wurde im Zuge der Erarbeitung einer von den Kinderfreunden Österreich  
und der Volkshilfe Österreich erarbeiteten Handreichung zu armutssensiblem Handeln in  
elementaren Bildungseinrichtungen (vgl. Gruber-Pruner/Lichtenberger/Pfeifer/Rehner 2022) eine  
quantitative Online-Umfrage durchgeführt. Die Umfrage richtete sich an Fachkräfte elementarer  
Bildungseinrichtungen in Österreich und war über die Plattform Survio.com zugänglich (n=540  
Personen). Zur Unterstützung der Akquise von Respondent:innen versendeten zwei private Träger  
undeineArbeitnehmer:innenvertretungdenLinkanihreMitarbeitenden. Weiterswurdesieinsozialen  
Medien und in themenrelevanten Newslettern beworben. Zusätzlich angeschrieben wurden zudem  
Leitungen burgenländischer Gemeindekindergärten, weil die beiden Träger in diesem Bundesland  
keine Kinderbetreuungseinrichtungen betreiben.  
Überproportional viele Respondent:innen arbeiteten in Wien. Weiters ist zu beachten,  
dass durch die freiwillige Online-Teilnahme nur ein kleiner Teil der Beschäftigten erreicht  
werden konnte. Auch sind Leiter:innen der Einrichtungen stärker vertreten als beispielsweise  
Elementarpädagog:innen und Kindergartenassistent:innen, die kaum am PC arbeiten bzw. nicht  
immer über eine berufliche Mail-Adresse verfügen. Im Folgenden werden einige Ergebnisse der  
quantitativen Umfrage vorgestellt, die für die Analyse besonders relevant sind.  
Die Umfrage zeigt, dass die Mehrheit der Fachkräfte über den finanziellen Hintergrund  
der Familien in den Einrichtungen eher wenig bis gar nichts weiß. Darüber hinaus fühlt sich ein  
Drittel durch die Ausbildung nicht genügend vorbereitet auf den Umgang mit armutsbetroffenen  
Familien. Die Fachkräfte wurden gebeten, jene drei Aspekte zu nennen, an denen sie Kinderarmut  
am stärksten in ihrem Arbeitsalltag wahrnehmen (multiple choice):  
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-
-
-
59,3% nannten die „Ausstattung der Kinder“,  
38,3% „Zahlungsprobleme beim Kindergartenbeitrag“,  
32,0% „Abwesenheit bei kostenpflichtigen Aktivitäten“,  
24,3% „Inanspruchnahme von Zuschüssen (z.B. Befreiung vom Essensbeitrag)“.  
Anschließend wurden die Teilnehmenden nach Erfahrungen und Hinweisen zum Thema Kinderarmut  
befragt. 78 Respondent:innen (14,4%) gaben zum Teil sehr umfangreiche Antworten. Diese wurden  
mit MAXQDA nach Kuckartz und Rädiker (2020: 14) manuell und den Prinzipien einer inhaltlich  
strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse konzept- und datengeleitet codiert. Sie werden folgend  
und mit Blick auf das forschungsleitende Interesse nach Klassismen und armutssensiblen Strategien  
dargestellt.  
Tabelle 1: Überblick über die gebildeten Über- und Unterkategorien  
4.1 Blick auf Ursachen von Armutslagen (strukturelles Phänomen, Flucht,  
Migration, Erwerbsarbeit)  
Die von den Fachkräften genannten Ursachen für Armutslagen lassen sich in drei Cluster bündeln:  
Erstens gibt es jene Deutungen, die Armut als strukturelles oder mehrschichtiges Phänomen  
verstehen. Mehrere Fachkräfte beschreiben Armut als Ergebnis ineinandergreifender Faktoren,  
wie Arbeitsmarktchancen, Transferregime, hohe Fixkosten, und rücken damit gesellschaftliche  
Rahmenbedingungen in den Vordergrund (Respondent:in (R): R 7; R 31; R 145; R 167).  
Zweitens nennen die Fachkräfte Ursachen von Armut, die sich auf die Abweichung von  
der Norm der (Vollzeit-)Erwerbsarbeit konzentrieren. Als bestehende Hürden hinsichtlich der  
Arbeitsmarktintegration werden z.B. Sprache, Aufenthalts- und Arbeitsberechtigungen sowie  
Care-Verpflichtungen genannt (vgl. etwa R 6, R 486). Derartige Argumente verbinden sich zum Teil  
mit anderen Deutungen der Normabweichung: „Kindergarten bietet Eltern die Möglichkeit einer  
Berufstätigkeit nachzugehen. Dies kommt leider durch sehr häufige Sprachbarrieren nicht zur  
Umsetzung.ElternbekommenkeinenJob,weilsienichtDeutschsprechen,keineArbeitsberechtigung  
haben oder nicht arbeiten wollen.“ (R 167; vgl. zu fehlender Erwerbsmotivation, auch im Kontext  
hoher Transferleistungen R 223) Eine Fachkraft knüpft den Bezug von Versicherungs- bzw.  
Transferleistungen an die Vollzeitarbeit eines anderen Haushaltsmitglieds (vgl. R 450; R 167). Solche  
Aussagen verschränken strukturelle Barrieren mit Bewertungen von Erwerbslosigkeit bzw. geringer  
Erwerbsintensität, wodurch systemische Herausforderungen als individuelles Wollen/Nicht-Wollen  
umgedeutet werden.  
Drittens sind in den Antworten der Fachkräfte Deutungen zu finden, die Flucht und Migration  
als Risikokonstellation für Armut verstehen. Dies wird insbesondere in Bezug auf bestimmte Gruppen  
(z.B. Menschen aus der Ukraine; vgl. R 373; R 508; R 246) argumentiert.  
4.2 Dimensionen von Kinderarmut  
Eingebracht wurden auch Beobachtungen zu Effekten von Armut in verschiedenen Bereichen (z.B.  
Ernährung, Gesundheit, Übergang zur Schule, Wahrnehmungen zur materiellen Ausstattung). In  
diesen Segmenten geht es weniger um die Beurteilung der Elternschaft als um die Aufzählung von  
Herausforderungen für das armutsbetroffene Kind. Zum Teil sind diese Argumente verbunden mit  
der Kritik an fehlender Infrastruktur, etwa hinsichtlich fehlender Logopädie-Kassenplätze (vgl. R  
435; ähnlich R 351). Beschrieben wurden Lebenslagen besonderer Prekarität (vgl. R 290; R 199; R  
202). Auch die Belastung durch Kosten wie den Betreuungsbeitrag bzw. Nebenkosten wurden von  
den Respondent:innen thematisiert (vgl. R 425; R 16; R 429; R 427; R 515).  
Dieser Überkategorie wurden auch Segmente zugeordnet, die Wahrnehmungen zu  
Diskriminierung aufgrund von Armut zum Inhalt haben. Sie lassen sich unterscheiden in die  
Wahrnehmungen von Diskriminierung durch Gesellschaft, Politik und Verwaltung einerseits (vgl. R  
484; R 247) und andererseits die Diskriminierung durch elementarpädagogische Fachkräfte (vgl.  
z.B. R 484; R 6). In diesem Zusammenhang wird auch die Tabuisierung von Armut im beruflichen  
Kontext kritisiert (R 144; R 6). Zu klassistischer Abwertung von Kindern durch Kinder gibt es kein  
Fragment.  
4.3 Erweiterung bzw. Umdeutung des Armutsbegriffs  
IndenAntwortenderFachkräftendensichauchStrategien,dieaufeineErweiterungbzw.Umdeutung  
des Armutsbegriffs hindeuten. Dabei wird Armut umgedeutet und der Begriff bezeichnet nicht mehr  
nur eine Positionierung in der Gesellschaft, sondern eine Qualität der sozialen Familienbeziehungen,  
beispielsweise wenn von der „Armut an Familienleben“ (R 185; vgl. auch R 488) die Rede ist. Den  
Begriff „emotionale Armut“ verwenden drei Respondent:innen etwa wie folgt: „Oft hapert es an der  
sozialen, emotionalen Armut und der Eigenverantwortung der Eltern (Erziehungspflicht)“ (R 513; vgl.  
auch R 235; R 33).  
4.4 Beurteilung von Elternschaft Armutsbetroffener  
Der Überkategorie „Beurteilung von Elternschaft Armutsbetroffener“ wurde ein Viertel der codierten  
Segmente zugeordnet. Sie besteht aus den folgenden fünf Untercodes: Kritik am (vermeintlich)  
fehlendenBewusstseinfürBildungundindividuelleFörderung(4.4.1), KritikanfehlenderZuwendung,  
Liebe, Ansprache (4.4.2), Vernachlässigung von Grundbedürfnissen (4.4.3), mangelnde finanzielle  
Kompetenz (falsche Prioritätensetzung beim Haushaltsbudget (4.4.4), fehlende Bereitschaft, Hilfe  
anzunehmen (4.4.5).  
4.4.1 Kritik am fehlenden Bewusstsein für Bildung und individuelle Förderung  
Diese Bewertung armutsbetroffener Elternschaft ist besonders relevant für die Ausgestaltung  
der Bildungspartner:innenschaft mit den Eltern und damit für die armutssensible Praxis. In den  
Antworten findet sich z.B. die Deutung, dass Armutsbetroffene der Bildung ihrer Kinder keine oder  
zu wenig Bedeutung beimessen (vgl. z.B. R 14; R 170, R 176, R 475). So wurde z.B. geurteilt,  
dass diese Gruppe „kein Geld für Bildung investieren“ wolle. Die Bildungsferne der Eltern wird in  
einem weiteren Fragment als Ursache dafür gesehen, dass professionelle Förderangebote nicht  
angenommen werden (vgl. R 235).  
4.4.2 Kritik an fehlender Zuwendung, Liebe, Ansprache  
Wie schon bei der Umdeutung des Armutsbegriffs deutlich wurde, bringen Respondent:innen  
Armut auch in Zusammenhang mit fehlender Zuwendung und Liebe durch die Eltern (vgl. R 185; R  
31; R 235). Die Anforderungen an gute Elternschaft beschreibt eine Fachkraft wie folgt: „Die einzige  
Forderung an Eltern ist, ihrem Kind so viel und so gut sie können Liebe, Geborgenheit, Zeit und  
Sicherheit zu schenken.“ (R 31) Dies blendet andere Erfordernisse (z.B. materielle Sicherheit) aus  
und impliziert zugleich, die hier formulierte Norm werde im Zusammenhang mit Armut zumindest  
seltener erfüllt. Eine Fachkraft verbindet fehlende Zuwendung auch mit erhöhtem Medienkonsum  
(vgl. R 235).  
4.4.3 Vernachlässigung von Grundbedürfnissen  
Von den Fachkräften werden außerdem Probleme bei der Erfüllung von Grundbedürfnissen, wie  
Hygiene oder Bekleidung, angesprochen, die auch Vernachlässigung implizieren: „Häufigste  
Auffälligkeiten sind zu kleine Schuhe, Jacken, kaputtes Gewand, Kinder gehen wenig duschen  
und sind schmutzig – stinken.“ (R 290; vgl. auch R 261) Auch bei der Versorgung mit (gesunden)  
Lebensmitteln werden Versorgungsmissstände angesprochen (vgl. R 512; R 501; R 202).  
4.4.4 Mangelnde finanzielle Kompetenz (falsche Prioritätensetzung beim  
Haushaltsbudget)  
Bestehende Versorgungslücken werden in zahlreichen Antworten mit vermeintlichen  
Fehlentscheidungen armutsbetroffener Eltern beim Einsatz des Haushaltsbudgets in Verbindung  
gebracht: „Leider habe ich schon die Erfahrung gemacht, dass manchen Eltern gewisse  
Statussymbole (Auto, teure Schuhe,...) wichtiger/mehr wert sind, als die Förderung und gute  
Versorgung ihrer Kinder :-(“ (R 14; vgl. R 545) Neben der Anschaffung dieser „Statussymbole“  
wird auch der Kauf von elektronischen Geräten (vgl. R 461), Zigaretten (vgl. R 170; R 513), Alkohol  
(vgl. R 501; R 513) oder inadäquatem Spielzeug kritisiert: „Oft ist zu beobachten, dass zu oft zu  
viel Unnötiges gekauft wird (ungesundes Essen, kleine Spielmitbringsel). Für passende adäquate  
Kleidung sind dann oft keine finanziellen Mittel mehr übrig.“ (R 202)  
Eingefordert wird explizit oder implizit eine Privilegierung der Bedürfnisse der Kinder  
bzw. dessen, was als Erfordernis für die Kinder gesehen wird (vgl. R 14; R 170). Angesichts der  
fehlenden finanziellen Kompetenzen wird vorgeschlagen, Transferleistungen über zweckgebundene  
Gutscheine (vgl. R 186; R 170; R 202; R 64) auszuzahlen oder den falschen Einsatz der Ressourcen  
durch Kontrollen (vgl. R 153; R 512; R 501) zu verhindern. Armutsbetroffene werden hier primär  
als Leistungs-Empfänger:innen gedeutet, die „Unterstützung in der Haushalts-Finanzplanung“  
(R 202) benötigen. Eine Fachkraft unterstellt Familien, mehr Kinder zu bekommen, um höhere  
Transferleistungen zu erhalten (vgl. R 171).  
4.4.5 Fehlende Bereitschaft, Hilfe anzunehmen  
Eine weitere Dimension der Beurteilung schlechter Elternschaft ist die fehlende Bereitschaft, Hilfe  
anzunehmen bzw. Anweisungen der Fachkräfte zu folgen (vgl. z.B. R 235; R 3; R 31). In diesem  
Kontext gibt es auch Segmente, die Deutungen zu Scham und Angst vor Diskriminierung beinhalten  
(vgl. R 241; R 253; R 435). So wird betont, dass Eltern die „Armut verstecken“ (R 280), wodurch  
Unterstützung erschwert wird (vgl. R 280; R 24). Hinsichtlich der Thematisierung von Scham können  
zwei Stoßrichtungen in den Antworten unterschieden werden: Einerseits werden die eigene Praxis  
sowie Notlagen und Strategien von Betroffenen reflektiert (vgl. z.B. R 253), andererseits wird das  
Sprechen über Scham durch die Reflexion von Beschämung in der Einrichtung ersetzt: „Den Eltern  
ist es eher peinlich, wenn sie Briefe mit Rechnungen bekommen und möchten dies meist nicht vor  
anderen Eltern bekommen.“ (R 195)  
4.5 (Kein) Armutssensibles Handeln  
In dieser Überkategorie wurden Deutungen der Fachkräfte analysiert, die den Auftrag elementarer  
Bildungseinrichtungen im Kontext Armut abwehren, solche, die auf der Grundlage eines  
Gleichheitsparadigmas mit Kindern und Familien arbeiten, und solche Antworten, in denen  
armutssensible Strategien/Erfahrungen individueller Fachkräfte und/oder Einrichtungen deutlich  
werden.  
Das Anerkennen eines Auftrags der Elementarpädagogik hinsichtlich Armutsprävention  
ist Grundlage für eine armutssensible Praxis. Weniger als jede:r zehnte Respondent:in ist jedoch  
der Ansicht, dass die Milderung/Bekämpfung von Armut kein Teil des Auftrags elementarer  
Bildungseinrichtungen ist. In den offenen Antworten finden sich Segmente, die diese Ablehnung  
begründen. Eine Fachkraft argumentiert: „Ich denke, dass die Elementarpädagogik selbst genug  
‚Baustellen‘ hat – daher denke ich nicht, dass es die Aufgabe der Pädagog*innen sein kann, Eltern  
auch noch bezüglich ‚Armut‘ zu unterstützen.“ (R 164; vgl. auch 144) Eine andere Person wehrt den  
Auftrag aufgrund fehlender personeller Ressourcen ab (vgl. R 261).  
Einige Segmente implizieren ein „Gleichheitsparadigma“ in Bezug auf die Kinder in der  
Einrichtung. Diesen Deutungen entsprechend sind alle Kinder gleich, „egal ob Arm oder Reich“,  
sie müssen „gleich behandelt werden in den Einrichtungen“ (R 216; vgl. auch R 370). Dabei  
wird Gleichheit nicht notwendig vorausgesetzt, sondern zum Teil auch als Ergebnis konkreter  
Handlungen verstanden, die jedoch an unterschiedliche Akteur:innen rückgebunden werden: In  
den Antworten wird sie zum einen als Resultat der Interaktionen der Kinder (wie verhalten sich  
die Kinder untereinander, wie nehmen sie Armut wahr) ausgelegt, zum anderen als Ergebnis des  
professionellen Handelns seitens der Fachkräfte thematisiert (vgl. z.B. R 6 vs. R 283). Ersteres kann  
dazu führen, die Verantwortung für die Herstellung von „Gleichheit“ an die Kinder abzugeben und  
sie nicht als Ergebnis der Arbeit der Beschäftigten bzw. als ihre Verantwortung zu sehen.  
In zahlreichen Antworten wird von Erfahrungen und konkreten Ideen in Gruppen/  
Einrichtungen berichtet, die im Sinne einer armutssensiblen Praxis bereits umgesetzt werden oder  
als solche gewertet werden. Dazu gehören einerseits der Verweis auf armutssensible öffentliche  
Infrastruktur und Sozialpolitik (vgl. R 16) und andererseits individuelle Strategien, die einzelne  
Fachkräfte umsetzen: „Ich selber borge Familien Spielmaterialien, wasche immer wieder Wäsche  
im Kiga und stelle den Kindern Kleidung zur Verfügung“ (R 144; vgl. auch R 279). Aber auch die  
Strategien von Einrichtungen werden genannt: „In unserem Kindergarten versuchen wir den Eltern  
durch Senkung der Betreuungsbeiträge entgegen zu kommen, auch wenn das bedeutet, dass der  
Verein davon Schaden nimmt.“ (R 267; vgl. auch R 199)  
4.6 Wunsch nach Veränderung  
Einige Respondent:innen formulierten den Wunsch nach Veränderung im Kontext der  
Armutsprävention. Diese zielen entweder darauf ab, armutsbetroffene Kinder in den Einrichtungen  
effektiver unterstützen zu können, oder darauf, Kinder generell besser abzusichern. So äußerten  
Fachkräfte den Wunsch nach einem beitragsfreien bzw. leistbaren Kindergarten (vgl. R 5),  
einer „Grundausstattung an Kleidung“ (R 297) in den Einrichtungen und Weiterbildung (vgl. R  
131; R 182; R 298), Hilfestellungen für die Kommunikation mit armutsbetroffenen Familien (vgl.  
R 59) sowie Informationen zu Stellen, an denen Armutsbetroffene finanzielle Hilfen erhalten  
(vgl. R 58; R 302). Auch Rufe nach einer besseren finanziellen Absicherung von Familien im  
Allgemeinen und armutsbetroffenen Familien im Besonderen, nach strukturellen Verbesserungen  
der Arbeitsbedingungen in der Elementarbildung oder der Realisierung von Kinderrechten und  
kindgerechten Investitionen sind enthalten (vgl. R 147; R 256; R 429; R 469, R 480).  
5
Armutssensibles Handeln unter prekären Bedingungen – Reflexion der  
empirischen Daten  
Armutsbekämpfung übersteigt den Handlungsspielraum elementarer Bildungseinrichtungen,  
denn die Wurzeln von Armut liegen in der gegenwärtigen Gesellschaftsformation. Entsprechend  
widersprüchlich ist der gesellschaftliche Auftrag an elementarpädagogische Einrichtungen,  
Chancengerechtigkeit zu fördern und armutspräventiv zu wirken. Nichtsdestoweniger können  
elementarpädagogische Einrichtungen armutssensibel handeln und Beschämung verhindern.  
Daher ist es notwendig, sich mit den Wahrnehmungen der Fachkräfte analytisch zu beschäftigen  
und zu untersuchen, wo klassistische Zuschreibungen passieren.  
Aus der Zusammenschau der vorgestellten Ergebnisse ergibt sich ein ambivalentes  
Bild hinsichtlich des armutssensiblen Handelns in elementarpädagogischen Bereichen. Wie  
folgend gezeigt wird, wurden zum einen klassistische, für eine armutssensible Arbeit hinderliche  
Argumentationen gefunden (5.1). Als zentrale Herausforderungen für armutssensibles Handeln  
erweisen sich zudem das Gleichheitsparadigma, die Wahrnehmungen zu Scham sowie die  
Umdeutung des Armutsbegriffs und der Personalmangel (5.2). Zu guter Letzt finden sich im Material  
Hinweise darauf, dass armutsspezifische Ungleichheiten und bestehende Diskriminierung sehr wohl  
erkannt und bearbeitet werden. So nannten Fachkräfte armutssensible Strategien, sie äußerten  
Kritik an den Bedingungen elementarpädagogischer Arbeit und thematisierten Kinderarmut als  
gesellschaftliches Problem (5.3).  
5.1 Klassistische, für armutssensible Arbeit hinderliche Argumentationen  
Die erhobenen Daten zeigen, dass Fachkräfte in elementaren Bildungseinrichtungen oft nur  
unzureichend über die finanzielle Situation der Familien informiert sind. Das führt dazu, dass fast  
60% der Fachkräfte Kinderarmut nur anhand der Ausstattung als ‚Armutsindikator‘ (vgl. Kerle/  
Schäfer 2023: 33) erkennen. Dies begünstigt die Reproduktion klassistischer Vorurteile – besonders  
wenn diese Armutsindikatoren mit einer Bewertung der Eltern in Verbindung stehen. Zahlreiche  
Segmente enthalten Differenzierungen zwischen ‚guter‘ und ‚schlechter‘ Elternschaft und zeigen  
klassistische Argumentationsmuster. Gemeint sind damit Abwertungen armutserfahrener Eltern  
aufgrund „vermeintlicher Erziehungs- und Sorgeinkompetenz“ (Kerle/Schäfer 2023: 31; vgl. auch  
Simon/Prigge/Lochner/Thole 2019). Abwertungen finden sich mit Blick auf die Hygiene, Ernährung,  
Zuwendung, Bildung und insbesondere hinsichtlich der Verwendung des Haushaltsbudgets.  
Beispielhaft dafür sei nochmals das vorhergehend bereits genannte Zitat angeführt: „Oft  
ist zu beobachten, dass zu oft zu viel ‚Unnötiges‘ gekauft wird (ungesundes Essen, kleine  
Spielmitbringsel [...]).“ (R 202) Grundlage dieser Aussage ist eine Vorstellung vom Nötigen (gesundes  
Essen und gutes Spielzeug), wobei unterstellt wird, dass armutsbetroffene Eltern dieses „oft“ nicht  
gewährleisten. Gleichzeitig werden finanzielle Kompetenzen infrage gestellt. Kerle und Schäfer  
(2023) argumentieren mit Bezug auf Bourdieu, dass erst eine größere Menge an Kapital einen  
legitimen Habitus konstituiert (vgl. Bourdieu 2021: 382). So kann ein „kleines Spielmitbringsel“ eine  
legitime Kaufentscheidung sein, armutsbetroffenen Personen wird dies aufgrund ihrer finanziellen  
Situation jedoch abgesprochen. Die Beweggründe dafür, warum „kleine Spielmitbringsel“ gekauft  
werden, werden ausgeblendet. Neben der kritischen Reflexion der eigenen Bewertung von Gütern  
ist es von Bedeutung, „den Blick auf die Klassenposition“ zu wenden, „um Gewalt von Klassismus  
umfänglich erfassen zu können“ (Kerle/Schäfer 2023: 33). So könnte es sein, dass Spielsachen  
der Vorrang gegeben wird, weil z.B. größere Wünsche nicht erfüllt werden können oder dies den  
Vorlieben/Spielroutinen des Kindes entspricht.  
Im Mittelpunkt der zitierten Aussage, die exemplarisch für dieses Segment ist, steht die  
Kritik an der (schlechten, unzureichenden etc.) Bewältigung der Armutslage (Unnötiges wird  
gekauft), nicht der Umstand der Armut selbst. Die Thematisierung falscher Prioritätensetzung im  
Haushaltsbudget folgt dem klassistischen Narrativ des „unökonomischen Verhaltens“ (Kerle/Schäfer  
2023: 33). Dieses trägt dazu bei, dass Armut als „selbstverschuldet gedeutet und individualisiert“  
(ebd.) wird. Dies ist ein zentrales Merkmal gegenwärtiger „Unterschichtsdiskurse“ (Chassé 2016:  
35–37). Mit Bourdieu kann zudem darauf verwiesen werden, dass Geschmack und Vorlieben (z.B.  
bei Spielsachen) klassenspezifisch geprägt sind. Seitens der Fachkräfte könnten sie auch ein Mittel  
zur Abgrenzung nach unten sein (vgl. Bourdieu 2021: 278–285).  
In Antworten, die sich mit der Verbindung von Armut und (Nicht-)Erwerbstätigkeit  
beschäftigen, wurde einerseits ein Bewusstsein für strukturelle Herausforderungen deutlich, mit  
denen bestimmte Gruppen am Arbeitsmarkt konfrontiert sind. Andererseits gab es auch Deutungen  
zum unterstellten fehlenden „Arbeitswillen“. Verlängert wird dadurch das Narrativ und mithin die  
diskursive Trennung von „würdigen“ und „unwürdigen“, also unschuldigen und selbstverschuldeten  
Armen (vgl. exemplarisch Kerle/Schmidt/Ober/Bliemetsrieder/Weise 2019). Zugleich wird eine Norm  
von Erwerbsarbeit unterstellt. Eltern, die dieser nicht entsprechen wollen, werden individuell für ihre  
Armutslage, aber auch für die ihrer Kinder verantwortlich gemacht.  
5.2 Herausforderungen für armutssensibles Handeln  
Als besonders herausfordernd für armutssensibles Handeln kann das in den Segmenten gefundene  
Gleichheitsparadigma betrachtet werden. Kerle (2021) versteht dies als „Inszenierung des positiven  
Blicks“, der dazu führen kann, dass Armut und/oder armutssensibles Handeln von den Fachkräften  
als irrelevant identifiziert werden. Das Problem an der – sicherlich wünschenswerten egalitären  
– Gleichbehandlung ist natürlich, dass eben nicht allen Kindern die gleichen Ressourcen zur  
Verfügung stehen. Entsprechend betont auch Holz (2021: 5): „Präventionsgrundsatz ist ‚Ungleiches  
muss ungleich behandelt werden‘“.  
Eine weitere Herausforderung ist der Umgang mit Scham, insbesondere wenn die Scham  
der Eltern als Reaktion auf ihre Armutslage, nicht als Reaktion auf Beschämung gedeutet wird.  
Je weniger strukturelle Ursachen von Armut und die damit einhergehenden gesellschaftlichen  
Abwertungen bei den Fachkräften präsent sind, je wahrscheinlicher ist die Wahrnehmung von Scham  
als individuellem Problem der Eltern (vgl. Prigge/Simon/Kerle 2023: 193–195; vgl. weiterführend  
Kerle/Prigge/Simon 2022: 32–35). Dieser Deutung zufolge können sich Eltern ‚doppelt schuldig  
gemacht‘ haben: Wie vielfach nahegelegt wurde, ist die Scham aufgrund der selbstverschuldeten  
Armutslage auch der Grund dafür, bestimmte Unterstützungsleistungen nicht anzunehmen.  
Versuche, Armut umzudeuten und verschiedene Probleme, wie ein anregungsarmes Umfeld,  
fehlendeZuwendung, FormenderVernachlässigungetc., unterdenBegriffderArmutzusubsumieren  
(vgl. dazu auch Kerle et al. 2019: 45), bezeichnen Simon, Kerle und Prigge (2022: 98–108) als  
klassistische Strategie der „Ent_nennung“. Strukturelle/materielle Ursachen von Armut (z.B. im  
Rahmen des postfordistischen Arbeitsmarktes; vgl. Chassé 2016: 46–48) werden ausgeblendet. Das  
könnte dazu führen, dass auch der armutssensible Handlungsauftrag von Fachkräften umgedeutet  
wird. Der vielfach benannte Umstand, dass eine „individuelle Förderung von Kompetenzen und  
Interessen der Kinder mit unseren Personalschlüsseln und der Vertretungssituation einfach nicht  
möglich“ (R 515, vgl. auch R 261; 425; R 480) sei, stellt eine weitere Herausforderung für eine  
armutssensible Praxis dar.  
5.3 Vorhandene armutssensible Strategien und Deutungen  
ImempirischenMaterialwerdenDeutungenundStrategiensichtbar,dieimSinneeinesarmutssensiblen  
Handelns bereits von Fachkräften und/oder Einrichtungen umgesetzt werden. So zeigten zahlreiche  
Segmente, dass es Wissensbestände über die mit Armut zusammenhängenden Ungleichheiten  
beim Kind, das Anerkennen und Erkennen von Diskriminierung sowie kompensatorische Strategien  
von Fachkräften und Einrichtungen gibt.  
Dass eine armutssensible Arbeit in elementarpädagogischen Einrichtung nicht alleine  
eine Haltungsfrage der Pädagog:innen ist, die auf der Ebene des kulturellen Kapitals von  
Armutsbetroffenen adressiert werden kann, wird von Kerle (2021: 193) unterstrichen – dies führe zu  
einer „zunehmenden Entpolitisierung der pädagogischen Praxis“ (ebd.: 194). Auf den „handfesten  
Skandal“ Kinderarmut (Butterwegge 2021: 19) hinzuweisen, könnte Teil eines an den Kinderrechten  
orientierten politischen Handlungsauftrags der Elementarpädagogik sein – auch und gerade  
angesichts des politischen Mandats der Sozialen Arbeit.  
6
Abschluss  
Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung unterstreichen, dass elementarpädagogische  
Einrichtungen nicht per se Orte sind, an denen Ungleichheit ausgeglichen wird. Vor allem  
dann nicht, wenn personelle, armutssensible und multiprofessionelle Ressourcen fehlen und  
armutsbekämpfende Sozialpolitik nicht die Realität ist. Deutlich wird, dass Armut, armutssensible  
Sprache und Klassismus-Reflexion wichtige Bestandteile des Lehrplans für Elementarpädagogik  
sein und sich auch in der Weiterbildung wiederfinden müssen. Denn klassismuskritische  
Reflexionen sind für die Arbeit mit armutsbetroffenen Familien von großer Bedeutung. Von ebenso  
großer Relevanz ist es, die strukturellen Ursachen von Kinder- und Familienarmut zu überwinden  
und allen Kindern in Österreich ein Aufwachsen ohne Armut zu garantieren. Die Ergebnisse zeigen  
darüber hinaus, dass eine armutssensible Soziale Arbeit in elementarpädagogischen Einrichtungen  
dringend nötig ist – insbesondere wenn es um die Beziehungsarbeit und nachhaltige Unterstützung  
der Eltern geht.  
Aus einer sozialpolitischen Perspektive ist festzuhalten: Während mit dem Chancen-Index  
für Schulen bereits ein Modell zur sozialindizierten Ressourcenverteilung existiert, fehlt es derzeit  
an Ideen für ein vergleichbares Modell für elementarpädagogische Einrichtungen. Derzeit gibt  
es keinen kostenfreien Zugang zu elementarpädagogischen, den Kriterien für Vereinbarkeit von  
Beruf und Familie entsprechenden, qualitativ hochwertigen und armutssensiblen Bildungsplätzen  
in ganz Österreich. Dafür braucht es Investitionen, die angesichts der aktuellen budgetären Lage  
noch weiter auf sich warten lassen – und das, obwohl die negativen Folgen von Kinderarmut die  
Gesellschaft viele Milliarden Euro im Jahr kosten.  
Verweise  
i
Alle weiteren Ergebnisse der Umfrage sind hier einsehbar: https://www.kinderarmut-abschaffen.at/fileadmin/user_upload/Media_  
(31.10.2025)  
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Über die Autorin  
Hanna Lichtenberger  
Ist Sozialwissenschafterin und leitet das Team „Sozialpolitik und Forschung“ in der Volkshilfe  
Österreich. Sie forscht zu Kinderarmut und Sozialpolitik und lehrt an diversen Hochschulen.