Abstract
Die Grazer Jugendwohlfahrt folgt seit dem Jahr 2004 dem umstrittenen Modell der Sozialraumorientierung von Wolfgang Hinte. Im vorliegenden Artikel werden die Selbstrepräsentationen der lokalen Trägerorganisationen dieses Modells mithilfe einer qualitativ-quantitativen Inhaltsanalyse auf ihre expliziten Ziele, impliziten Normen und deren jeweilige Realisierung in der Praxis untersucht. Es zeigt sich, dass die Ankerbegriffe des Grazer Sozialraummodells „Individualisierung“, „Ausrichtung am Willen“ der Klient_innen, „Ressourcen- statt Defizitorientierung“ sowie „Einbeziehung des Sozialraums“ primär auf der rhetorisch-programmatischen Ebene zu finden sind. Die Praxis ist von einer Ausrichtung an Zielgruppen und einer Defizitorientierung geprägt, die Hilfsangebote werden nicht sozialraumspezifisch ausgerichtet, der „Wille“ der Klient_innen nicht thematisiert, und der Sozialraum realisiert sich als Verwaltungseinheit.