Abstract
Die Digitalisierung als „neues“ Phänomen scheint einiges an Altem zu bergen. Obwohl digitale Technologien systemisch aufgebaut sind, bergen sie in ihrem binären Grundcode eine begrenzende Struktur. Somit prozessieren sie eher systematisch als systemisch, womit sie einer starken Tendenz der post-postmodernen Gesellschaft entsprechen. So ist die Digitalisierung eine Herausforderung, die der Gesellschaft durch ihre Begrenzungen Innovationen abverlangt, die die Frage nach dem Sinn des Lebens erneut stellt und die Frage danach, wer letztendlich die Verantwortung für Entscheidungen in unseren Verwaltungssystemen tragen soll. Für die Soziale Arbeit stellt sich insbesondere die Frage nach dem Vertrauen oder Misstrauen, das Menschen sich entgegenbringen. Jeder digitale Verwaltungsmechanismus beinhaltet diese ideologische Dichotomie. Die Frage: „Ist Klient*in selbstverantwortlich in die Krise geschlittert oder hat die Systematik der Systeme diese Krise provoziert?“ stellt sich von jeher grundsätzlich in der sozialen Arbeit. Die Digitalisierung rückt diese Frage erneut in den Vordergrund, da die Basisannahmen unserer Verwaltungssysteme im Zuge dieser Umstellung neu zu verhandeln sind. Doppelte Kontingenz (gegenseitige Abhängigkeit) kann hierbei berücksichtigt werden oder nicht. Eine tatsächlich systemische Aushandlung von Bedürfnissen würde es ermöglichen, einander gleichberechtigter und vertrauensvoller zu begegnen, sowie digitale Technologien in diesem Sinne zu nützen.
Schlagworte: Digitalisierung - Systemtheorie – Systematik/Systemik - Post-postmoderne -Verantwortung – Vertrauen – Doppelte Kontingenz
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Digitization as a „new“ phenomenon seems to be harboring plenty of the well-known. Despite the fact that its technologies are systemic and operate in networks, their base code is binary and as such represents a rigid and limiting structure. Digital technologies analyze and produce in a systematic rather than a systemic manner, thus manifesting a strong tendency of post-postmodern society. Digitization, therefore, represents a challenge demanding innovation from society as a result of its limitations and once again posing the question of what is the purpose of life and who should bear the responsibility for decisionmaking in the context of our administrative systems. For social work specifically, it raises the issue of trust vs. mistrust – are clients responsible for steering themselves into critical conditions, or does the systematic modus operandi of our systems produce these critical conditions and clients get caught in them? A truly systemic negotiation of needs on the basis of double contingency (mutual dependency) would allow us to interact in a more trusting manner and on equal footing. It would allow us to make use of digital technologies in this constructive manner.
Keywords: Digitization – systems theory – systematic/systemic – post-postmodernity – responsibility – trust – double contingency