Abstract
Eine alltagsorientierte Perspektive von älteren Menschen in Wohn- oder Pflegehäusern ist in der Einrichtungsforschung Sozialer Arbeit selten und bildete den Ausgangspunkt für ein einjähriges Forschungsprojekt zu Aneignung und sozialen Interaktionen in Gemeinschaftsflächen. Mittels eines institutionell-räumlichen Forschungsansatzes zielte unsere explorative Fallstudie in einem Wiener Senior*innenwohnhaus darauf ab, über teilnehmende Beobachtungen alltägliche Routinen und Nutzungen zu erschließen sowie Beziehungsverhältnisse aus Perspektive älterer Menschen raumrelational zu rekonstruieren.
Die Ergebnisse weisen z.B. darauf hin, dass der Einzug als biographischer Bruch reflektiert wird, die persönliche Eigenständigkeit für ein außerinstitutionelles Alltagsleben entscheidend ist und Menschen mit geringerer Mobilität stärker auf Räume, soziale Beziehungen und Unterstützung im Haus verwiesen sind. In den Aufenthaltszonen zeigt sich ein vielfältiges soziales Gefüge unter den Bewohner*innen, die sich mit Blick auf Zugehörigkeit, insbesondere entlang von kognitiver Gesundheit und Klasse, ausdifferenziert. Den ‚gebauten Raum‘ mit seiner funktionalen Ausstattung scheinen Bewohner*innen oft als gegeben wahrzunehmen, ihre Anpassungsleistungen an eine institutionalisierte soziale Ordnung erscheinen ebenfalls hoch. Eine bedarfsorientierte fachliche Einrichtungspraxis steht u.a. vor der Herausforderung, ressourcenorientierte und partizipative Methoden zu nutzen, um den Bedürfnissen, Wünschen und Ideen älterer Menschen im Alltag Geltung zu verschaffen.
Schlagworte: Institutionelle Räume, Soziale Arbeit und ältere Menschen, Alltag, Aneignung, Senior*innen, Wohnen, Einrichtungsforschung
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Currently, there are only a few papers on the everyday perspectives of older people living in residential and nursing homes. The present research project has been conducted over a year and discusses acquisition and social interaction in common spaces of a residential home in Vienna. Using spatio-institutional research methods, our exploratory case study aimed to reconstruct daily routines and social relations from the perspective of older people.
The results suggest, for example, that moving into a residential home is often reflected as a rupture of the old person’s biography and sense of self. Personal mobility is crucial for maintaining lived spaces outside the institution. Residents with higher frailty are more dependent on spaces, relationships, and support inside the residential home. We identified diverse social relations among the residents along different „zones of mobility“ within the residential home. The boundaries seem to be set along group belonging, especially regarding cognitive health and class. The ‘built space’ seems to be seen as given, and residents showed great capacities of adaption to institutional norms. A needs-oriented institutional practice is confronted with the challenge of using resource-oriented and participative methods to meet the wishes, needs, and ideas of the elderly.
Keywords: institutional space, social work with the elderly, everyday life, appropriation, older people, housing, institutional research